Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.11.1987, Az.: 2 A 119/85

Übergangsgebühr; Übergangsgebührnisse; Soldat; Fachausbildung; Ausbildungsverhältnis; Anrechnung; Einkommen; Wehrbereichsgebührnisamt

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.11.1987
Aktenzeichen
2 A 119/85
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1987, 12837
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1987:1124.2A119.85.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade 25.04.1985 - 1 A 52/82
nachfolgend
BVerwG - 28.02.1991 - AZ: BVerwG 6 C 20/88

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer Lüneburg - vom 25. April 1985 geändert.

Die Beklagte wird - unter Teiländerung des Bescheides des Wehrbereichsgebührnisamtes II vom 8. Dezember 1981 und des Widerspruchsbescheides der Wehrbereichsverwaltung II vom 15. Februar 1982 - verpflichtet, dem Kläger wegen der beantragten Übergangsgebührnisse für sechs Monate einen neuen Bescheid nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats zu erteilen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen, die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 9/10 und die Beklagte 1/10. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

1

I.

Nach 8jähriger Dienstzeit als Soldat auf Zeit standen dem Kläger Übergangsgebührnisse nach § 11 Abs. 2 SVG für die Zeit vom 1. April 1980 bis 30. September 1981 zu. In dieser Zeit besuchte er im Rahmen einer ihm bewilligten Fachausbildung zum "Masseur und medizinischen Bademeister" zunächst für ein Jahr die Massageschule in .... In der Zeit vom 1. April 1981 bis zum 30. September 1981 folgte der Ausbildungsabschnitt "Klinikum" an der dortigen Diana-Klinik. Damit war der Anspruch auf eine Fachausbildung gemäß § 5 Abs. 5 SVG bis auf einen Rest von zwei Monaten und sieben Tagen verbraucht. Auf Antrag des Klägers verlängerte die Wehrbereichsverwaltung II mit Bescheid vom 15. September 1981 die Fachausbildung des Klägers um sechs Monate. Daraufhin bewilligte ihm das Kreiswehrersatzamt ... mit Bescheid vom 2. Oktober 1981 als ergänzende Fachausbildung das "Anerkennungspraktikum", das der Kläger vom 1. Oktober 1981 bis 30. April 1982 beim Kurzentrum ... leistete.

2

Am 8. Oktober 1981 beantragte der Kläger, ihm gemäß § 11 Abs. 3 SVG die Übergangsgebührnisse weiter zu zahlen. Unter Hinweis darauf, daß ein Einkommen aus der Fachausbildung auf diese Übergangsgebührnisse anzurechnen wäre, wurde der Kläger um eine Verdienstbescheinigung für die Zeit vom 1. Oktober 1981 bis 30. April 1982 gebeten. Der Kläger legte diese vor, wies aber darauf hin, daß infolge der Anrechnung seines von der Ausbildungsstätte bezogenen Einkommens bereits der Ausbildungszuschuß weggefallen sei, so daß nach den Bestimmungen nicht auch noch die Übergangsgebührnisse versagt oder gekürzt werden könnten.

3

Mit Bescheid vom 8. Dezember 1981 bewilligte das Wehrbereichsgebührnisamt II dem Kläger für die Dauer der verlängerten Fachausbildung (1. Oktober 1981 bis zunächst 30. April 1982) Übergangsgebührnisse. Da diese nach der Verwaltungsvorschrift zu § 11 Abs. 3 SVG jedoch zusammen mit einem Einkommen aus dem Ausbildungsverhältnis 90 % der letzten Dienstbezüge nicht übersteigen dürften, ergebe sich in den Monaten Oktober und November 1981 sowie Januar bis April 1982 kein Zahlbetrag, weil der Kläger nach der vorgelegten Bescheinigung im Ausbildungsverhältnis ein monatliches Einkommen von 2.278,15 DM erziele, während die 90 % - Höchstgrenze bei 2.096,13 DM liege. Anders sei es nur im Dezember 1981; unter Einbeziehung der Sonderzuwendung ergebe sich für diesen Monat ein Zahlbetrag von 1.314,93 DM.

4

Der Kläger erhob hiergegen am 4. Januar 1982 Widerspruch und verwies auf die Verwaltungsvorschrift, nach der die Anrechnung des Einkommens auf die Übergangsgebührnisse nur insoweit zulässig sei, als es nicht bereits auf den Ausbildungszuschuß angerechnet werde. Dies sei bereits seit dem 1. April 1981 der Fall.

5

Den Widerspruch wies die Wehrbereichsverwaltung II mit Bescheid vom 15. Februar 1982 zurück und führte aus, das Wehrbereichsgebührnisamt sei zu Recht davon ausgegangen, daß bei der Festsetzung der Übergangsgebührnisse für den Weiterbewilligungszeitraum die gleiche Obergrenze gelte, die bisher für die Übergangsgelder des Klägers maßgebend gewesen sei (90 v.H.). Die vom Kläger angestrebte Berechnungsart laufe darauf hinaus, daß stattdessen 105 v.H. als Versorgungsbezüge gezahlt würden, was nicht der Sinn des Gesetzes sein könne.

6

Am 12. März 1982 hat der Kläger den Verwaltungsrechtsweg beschritten und sich auf den Standpunkt gestellt, daß es auch für die Zeit der verlängerten Fachausbildung bei den Übergangsgebührnissen verbleiben müsse, die ihm bisher gewährt worden seinen.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Wehrbereichsgebührnisamtes II vom 8. Dezember 1981 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Wehrbereichsverwaltung II vom 15. Februar 1982 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 1. Oktober 1981 bis zum 30. April 1982 Übergangsgebührnisse ohne Anrechnung seines Einkommens aus der Fachausbildung zu gewähren.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 25. April 1985 dem Verpflichtungsantrag entsprochen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die Höhe der Übergangsgebührnisse unrichtig berechnet, weil die Anrechnung von Einkommen aus der Fachausbildung unzulässig sei; dafür fehle die erforderliche gesetzliche Grundlage. Auf die Höhe der Übergangsgebührnisse könne die Verlängerung des Gewährungszeitraumes keinen Einfluß nehmen. Die Höhe sei in § 11 Abs. 2 SVG unabhängig davon festgelegt, ob der ehemalige Soldat anderweitige Einkünfte erziele oder nicht. Es fehle eine Anrechnungsregelung, wie sie etwa in § 5 Abs. 4 Satz 3 SVG für den Ausbildungszuschuß enthalten sei. Wie auch das OVG Rheinland-Pfalz mit dem von der Beklagten vorgelegten Urteil vom 20. Dezember 1978 entschieden habe, verbleibe es für die Zeit der verlängerten Fachausbildung bei den Übergangsgebührnissen, die dem ehemaligen Zeitsoldaten schon bisher gewährt worden seien. Der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, daß die Ausbildung ohne Sorge um den Lebensunterhalt wahrgenommen werden könne. Dabei könne für den Verlängerungszeitraum nichts anderes als für den vorangehenden Zeitraum gelten. Soweit die Beklagte aus dem vorgelegten Urteil des OVG Rheinland-Pfalz anderweitige Folgerungen ziehe, sei darauf hinzuweisen, daß es sich dort um die Anrechnung von Einkommen aus dem öffentlichen Dienst gehandelt habe, wofür abweichend von § 53 SVG ein besonderer Erlaß bestanden habe. Um Einkommen aus dem öffentlichen Dienst gehe es im Falle des Klägers nicht. Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum SVG (VMBl 1973, 206) könnten nicht zu einer anderen Beurteilung führen, da sie, soweit sie eine Anrechnung des Einkommens aus der Fachausbildung vorsähen, mit dem Gesetz nicht vereinbar seien. Das der Behörde bei einer Entscheidung nach § 11 Abs. 3 SVG zustehende Ermessen könne vielmehr nur durch ein Gewähren oder Nichtgewähren der Verlängerung zum Ausdruck kommen; es erstrecke sich nicht auf die Berechnung der Übergangsgebührnisse. Für diese bleibe § 11 Abs. 2 SVG maßgebend.

12

Gegen dieses am 15. Juli 1985 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Juli 1985 Berufung eingelegt und trägt im wesentlichen vor: Das Verwaltungsgericht ziehe unzulässigerweise § 11 Abs. 2 SVG bezüglich der Höhe der weiter bewilligten Übergangsgebührnisse heran. Dabei werde verkannt, daß es sich bei § 11 Abs. 3 SVG um eine Kann-Leistung handele, die von der Verlängerung der Fachausbildung nach § 5 Abs. 7 SVG abhängig sei, die ihrerseits eine Kann-Leistung darstelle. Hierzu seien aufgrund der Ermächtigung des § 92 SVG die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften ergangen; deren Rechtmäßigkeit und korrekte Anwendung in einem vergleichbaren Fall sei durch das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. September 1984 - 11 UE 126/84 - bestätigt worden. Die Revision hiergegen habe das Bundesverwaltungsgericht am 28. Januar 1987 zurückgewiesen. Dementsprechend seien hier die

Übergangsgebührnisse 1.783,10 DM,
der Ausbildungszuschuß 312,90 DM,
und der noch nicht durch Anrechnung auf den
Ausbildungszuschuß verbrauchte Einkommensteil 1.965,25 DM
zu addieren. 4.061,25 DM.
Die 90 % = Höchstgrenze - 2.096,13 DM
sei damit überschritten um 1.965,12 DM.
13

Da dieser Betrag die Übergangsgebührnisse übersteige, seien sie nicht mehr zu zahlen.

14

Die Beklagte beantragt,

15

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer Lüneburg - vom 25. April 1985 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

16

Der Kläger beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen,

18

und faßt seinen im ersten Rechtszug gestellten Antrag dahin,

19

die Beklagte zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 1. Oktober 1981 bis zum 30. April 1982 Übergangsgebührnisse ohne Anrechnung seines Einkommens der Fachausbildung zu gewähren und den angefochtenen Bescheid vom 8. Dezember 1981 aufzuheben, soweit er diesem Antrag entgegensteht.

20

Er hält der Beklagten entgegen: Wenn man schon mit der Systematik des Gesetzes argumentiere, könne man nicht über § 11 Abs. 3 SVG im Verlängerungszeitraum, für den Übergangsgebührnisse gezahlt würden, Einkommen aus der Fachausbildung anrechnen, was zuvor für den Regelzeitraum gemäß § 11 Abs. 2 SVG gerade nicht möglich sei. Das Einkommen sei auch nicht im öffentlichen Dienst erzielt, so daß auch § 53 SVG unanwendbar sei. Er sei beim Kurzentrum Lüneburg, einer GmbH, beschäftigt gewesen.

21

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift verweisen. Die den Kläger betreffenden Besoldungs- und Versorgungsvorgänge haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

22

II.

Die Berufung der Beklagten ist rechtzeitig und in richtiger Form eingelegt worden. Gegenstand der Überprüfung ist gemäß § 128 VwGO das ursprüngliche, auf volle Gewährung der Übergangsgebührnisse für den umstrittenen Zeitraum gerichtete Klagebegehren, wobei der Kläger den Aufhebungsantrag in der Berufungsverhandlung sachdienlich eingeschränkt hat.

23

Die Berufung ist zum überwiegenden Teil begründet. Entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts stehen dem Kläger nur gekürzte Übergangsgebührnisse zu.

24

1. Als Grundlage für den Klaganspruch kommt nur § 11 Abs. 3 des Soldatenversorgungsgesetzes (Fassung vom 9. 10. 1980, BGBl I S. 1957 - SVG -) in Betracht, weil die Zeit, für die dem Kläger nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SVGÜbergangsgebührnisse zugestanden hatten, mit dem 30. September 1981 abgelaufen war. Nach § 11 Abs. 3 SVG können, wenn die Fachausbildung nach § 5 Abs. 7 SVG verlängert wird, für die Zeit der Verlängerung die Übergangsgebührnisse über die in § 11 Abs. 2 SVG bestimmten Zeiträume hinaus gewährt werden. Diese Voraussetzungen trafen für den Kläger während eines Teils des umstrittenen Zeitraums zu. Seine Fachausbildung bedurfte nach den unanfechtbar gewordenen Festsetzungen einer Verlängerung nach § 5 Abs. 7 SVG jedenfalls für die Zeit nach dem 7. Dezember 1981, weil an diesem Tage sein ursprünglicher Anspruch auf die Fachausbildung (§§ 5 Abs. 5 Nr. 3, 5 a Abs. 1 Nr. 2 SVG) ablief. Dauert der Anspruch auf eine reguläre Fachausbildung länger als der reguläre Bezug der Übergangsgebührnisse, so ist insoweit § 11 Abs. 3 SVG seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Ob es dem Willen des Gesetzes entsprechen kann, die früheren Zeitsoldaten während einer gemäß § 5 a Abs. 1 SVG verlängerten Fachausbildung schlechter zu stellen als während eines zeitlich noch später liegenden Verlängerungszeitraumes nach § 5 Abs. 7 SVG, mag zweifelhaft erscheinen. Jedenfalls wird man entsprechend dem Wortlaut des § 11 Abs. 3 SVG die Weitergewährung dem Umfang nach auf die Verlängerungszeit nach § 5 Abs. 7 SVG, hier nach dem Bescheid vom 15. September 1981 auf 6 Monate, beschränken müssen. Welchem tatsächlichen Zeitabschnitt des siebenmonatigen Anerkennungspraktikums die sechs Monate Verlängerungszeit zuzuordnen sind, wird die Beklagte erforderlichenfalls noch regeln müssen.

25

2. Die dem Kläger während seines Anerkennungspraktikums gezahlte Vergütung führt nicht zum Ruhen der bewilligten Übergangsgebührnisse nach § 53 SVG, weil es sich dabei nicht um Einkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst (§ 53 Abs. 1, 6 SVG) handelte. Nach der vom Senat eingeholten Auskunft der Stadt Lüneburg vom 18. November 1987 wurde der Kläger bei der GmbH beschäftigt, die das Kurzentrum Lüneburg betreibt. Die vorgelegten Vergütungsbescheinigungen hat zwar der Oberstadtdirektor ausgestellt; die Vergütung ist aber von der Stadt "für Rechnung der GmbH" geleistet worden. Was unter "Verwendung im öffentlichen Dienst" zu verstehen ist, regelt § 53 Abs. 5 SVG im wesentlichen gleichlautend mit § 53 Abs. 5 des Beamtenversorgungsgesetzes und dem früheren § 158 Abs. 5 des Bundesbeamtengesetzes. Der Begriff geht nicht so weit wie derjenige des § 40 Abs. 7 Bundesbesoldungsgesetz; insbesondere reicht es für die versorgungsrechtlichen Ruhensvorschriften nicht aus, daß an dem Arbeitgeber eine öffentlich-rechtliche Körperschaft nur "beteiligt" ist. Bei Eigengesellschaften öffentlich-rechtlicher Körperschaften greift deshalb die Ruhensregelung nicht Platz (Plog/Wiedow, BBG § 158, RdZ. 18).

26

3. Der Kläger erhebt Anspruch auf eine Leistung, die nach der Kann-Vorschrift des § 11 Abs. 3 SVG im Ermessen der Beklagten steht. Die Beklagte hat aber das Ermessen der zuständigen Behörden durch die auf der Grundlage des § 92 SVG erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften (VwV) vom 10. Mai 1973 - VMBl 1973, 206 - dahin gebunden, daß die Übergangsgebührnisse für den Verlängerungszeitraum auf Antrag weiter zu zahlen sind (VwV zu § 11, Nr. 6 Satz 1), allerdings nur innerhalb bestimmter, vom sonstigen Einkommen abhängiger Grenzen (VwV zu § 11, Nr. 6 Satz 2). Mit dieser Verwaltungspraxis wird das Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (vgl. § 114 VwGO).

27

Demgegenüber hält das Verwaltungsgericht die Gestaltungsmöglichkeiten der Beklagten für eingeschränkt. Nach seiner Ansicht dürfen die Übergangsgebührnisse, wenn sie weiter bewilligt sind, nur vollständig und unverkürzt gewährt werden; sie dürfen nach dieser Ansicht, ebenso wie die Übergangsgebührnisse im Falle des § 11 Abs. 2 SVG nicht durch eine Anrechnung von Einkünften aus der Fachausbildung vermindert werden. Damit verkennt das Verwaltungsgericht sowohl den Inhalt der Bewilligung als auch die Reichweite der erteilten Ermächtigung.

28

a) Das Verwaltungsgericht legt den Bescheid der Beklagten über die Bewilligung weiterer Übergangsgebührnisse vom 8. Dezember 1981 unrichtig aus. Die Beklagte hat ihr Ermessen, wie der Wortlaut des Bescheides ergibt und dem Kläger auch schon im früheren Schriftwechsel verdeutlicht worden war, nicht im Sinne einer uneingeschränkten Bewilligung ausüben wollen. Es widerspricht deshalb dem Wortlaut und Sinn des Bescheides, ihn gleichsam in einen uneingeschränkt bewilligenden Teil als begünstigenden Verwaltungsakt und einen die Anrechnung verfügenden Teil als belastenden Verwaltungsakt aufzuspalten und die Beklagte unter Aufhebung der Belastung an der Begünstigung festzuhalten, die sie doch gerade nicht ohne die gleichzeitige Belastung hatte gewähren wollen. Das Verwaltungsgericht versucht damit, der Ermessensbetätigung der Beklagten eine wesentlich veränderte Richtung zu geben. Damit wird die gerichtliche Kontrollbefugnis (§ 114 VwGO) überschritten. Anders wäre es nur, wenn der Ermessensspielraum auf Null reduziert wäre. Das ist indessen nicht der Fall.

29

b) Auch soweit das Verwaltungsgericht den Wortlaut und den Gesetzeszusammenhang auswertet, kann ihm nicht gefolgt werden. § 11 Abs. 3 SVG ist nicht dahin auszulegen, daß die Übergangsgebührnisse nur in ungekürzter Form weiterbewilligt werden könnten.

30

Allerdings gibt es im Gesetzestext Anzeichen dafür, daß der Gesetzgeber unter den Übergangsgebührnissen im Sinne des § 11 Abs. 3 SVG eine der gleichnamigen Regelleistung (§ 11 Abs. 2 SVG) auch der Höhe nach grundsätzlich gleichwertige Versorgungsleistung verstanden hat. Für eine solche Übereinstimmung spricht die Verwendung des bestimmten Artikels im § 11 Abs. 3 SVG ("die Übergangsgebührnisse"). Eine im Verhältnis zu den Übergangsgebührnissen nach § 11 Abs. 2 SVG regelmäßig gekürzte Versorgung wäre genauer mit einem anderen Begriff, etwa Übergangszuschuß, bezeichnet worden. Aus § 11 Abs. 4 SVG ergibt sich zwar, daß eine Teilgewährung von Übergangsgebührnissen in einem anderen Fall gesetzlich vorgesehen ist; dies könnte aber gerade auch darauf schließen lassen, daß der Gesetzgeber eine ausdrückliche Ermächtigung zur Teilung für erforderlich hielt. Ferner ist aus § 5 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 SVG zu ersehen, daß der Gesetzgeber das Problem einer Anrechnung von Einkünften aus der Fachausbildung durchaus gesehen hat; dies hat aber nur dort - beim Ausbildungszuschuß - zu einer Anrechnungsregelung geführt. Es liegt somit nahe, daß der Gesetzgeber bei der Ermächtigung, Übergangsgebührnisse weiter zu gewähren (§ 11 Abs. 3 SVG), sich nicht veranlaßt gesehen hat, gleichfalls eine Anrechnung oder Kürzung mit Rücksicht auf sonstige Einkünfte vorzusehen.

31

Indessen kann nach Ansicht des Senats die Reichweite des durch § 11 Abs. 3 SVG eingeräumten Ermessens nicht allein vom Begriff der Übergangsgebührnisse her bestimmt werden. Es ist zu berücksichtigen, daß die der Behörde übertragene Entscheidung eine vollständige Versagung weiterer Übergangsgebührnisse einschließt. Darin kommt zum Ausdruck, daß es der Gesetzgeber nicht in jedem Fall für zweckmäßig, billig oder sachgerecht hält, frühere Zeitsoldaten während einer verlängerten Fachausbildung über die gesetzliche Regelfristen hinaus zu versorgen. Der wesentliche Grund hierfür ist offenbar, daß während der fortgesetzten Fachausbildung nicht in jedem Fall weiterhin ein Alimentationsbedarf besteht. Demnach kann auch eine Teilversorgung in Gestalt eines Übergangszuschusses dem Zweck der Ermächtigung entsprechen, nämlich dann, wenn der frühere Zeitsoldat zwar über sonstige Einkünfte verfügt, diese aber hinter seiner Versorgung während der bisherigen Fachausbildung zurückbleiben.

32

Insoweit hält der Senat den Gedankengang in dem von der Beklagten vorgelegten Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. September 1984 - 11 UE 126/84 - für überzeugend. Danach führte eine "alles oder nichts"-Ermächtigung, würde sie bedarfsorientiert angewandt, zu groben Unstimmigkeiten: Übergangsgebührnisse sind mit 75 % der bisherigen Dienstbezüge meist ein bedeutender Betrag. Kommt dieser zu einer Ausbildungsvergütung hinzu, die nur gerade das Existenzminimum deckt, so ist der frühere Zeitsoldat wirtschaftlich verhältnismäßig gut gestellt, auch wenn durch die zeitliche Begrenzung (§ 11 Abs. 3 iVm § 5 Abs. 7 SVG) eine dauernde Begünstigung nicht erreicht wird. Würde nun bei einem Einkommen, das etwas oberhalb des Existenzminimums liegt, die Weitergewährung vollständig versagt, so wären die hiervon Betroffenen im wirtschaftlichen Ergebnis viel schlechter gestellt als diejenigen, die eine nur wenig niedrigere Ausbildungsvergütung beziehen. Um hier eine sachwidrige Ungleichbehandlung zu vermeiden, erscheint es geradezu durch den Gleichheitsgrundsatz geboten, die Übergangsgebührnisse während der verlängerten Ausbildungsdauer gestaffelt oder gleitend nach der Höhe der Bedürftigkeit zu bewilligen. Mit dem Zweck der Ermächtigung ist diese Handhabung jedenfalls dann vereinbar, wenn sie mit einer Ermessensbindung einhergeht, durch die im Ergebnis ein Rechtsanspruch auf Weiterbewilligung der Übergangsgebührnisse bei entsprechendem Unterhaltsbedarf während einer verlängerten Fachausbildung begründet, eine nach dem Gesetz an sich mögliche vollständige Versagung bei anderweitigem Einkommen also in eine gleitende Teilversagung abgemildert wird.

33

c) Der Kläger mißversteht die Ermessensbindung, wenn er der VwV zu § 11 SVG, Nr. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ein Anrechnungsverbot für den Fall entnimmt, daß das Einkommen aus der Fachausbildung bereits gemäß § 5 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 SVG auf den nach § 5 Abs. 4 Satz 2 SVG zustehenden Ausbildungszuschuß angerechnet wird. Wenn nach der genannten Verwaltungsvorschrift die Anrechnung des Einkommens auf die Übergangsgebührnisse "nur insoweit" zulässig ist, "als es nicht bereits auf den Ausbildungszuschuß angerechnet wird", so ist dies, entsprechend der üblichen Ausdrucksweise in Rechtsvorschriften, eine Regelung, die sich nur auf denjenigen Teil des Einkommens bezieht, der auf den Unterhaltszuschuß angerechnet worden ist. Würde die Vorschrift entgegen ihrem Wortsinn so gehandhabt, wie sie der Kläger verstanden wissen möchte, so blieben hohe Einkünfte, bei denen die wirtschaftliche Situation durch die Anrechnung auf den verhältnismäßig geringfügigen Ausbildungszuschuß (15 % der bisherigen Dienstbezüge) nur wenig verändert wird, weitgehend anrechnungsfrei, während viel niedrigere Einkünfte derjenigen, die die Voraussetzungen eines Ausbildungszuschusses nicht erfüllen, einer viel höheren Anrechnung ausgesetzt wären. Die Auswirkungen wären ähnlich unbefriedigend wie bei der zuvor erörterten "alles oder nichts"-Entscheidung.

34

4. Dennoch kommt die Vorschrift in Nr. 6 Satz 2 Halbsatz 2 der VwV zu § 11 SVG dem Kläger zugute, weil sich aus ihr ergibt, daß ein Teil der dem Kläger bewilligten Übergangsgebührnisse anrechnungsfrei bleiben muß. Der Vorschrift ist zu entnehmen, daß bei der Bemessung der Übergangsgebührnisse der Umstand, daß dem Kläger während seiner Fachausbildung ein Anspruch auf Ausbildungszuschuß zugestanden hat, nicht zu seinem Nachteil unberücksichtigt bleiben darf. Er muß m. a. W. besser gestellt werden als ein weiter auszubildender früherer Zeitsoldat, der, weil die Fachausbildung seine Arbeitskraft nicht überwiegend in Anspruch nimmt, keinen Anspruch auf einen Ausbildungszuschuß hat.

35

Allerdings besteht nach dem Vorbringen der Beklagten eine andere Verwaltungspraxis, und auch der Hessische VGH hat in dem genannten Urteil eine Berechnung gebilligt, die darauf hinausläuft, den Ausbildungszuschuß als Einkommen auch dann zu berücksichtigen, wenn er wegen anzurechnenden Einkommens aus der Fachausbildung nicht mehr zu gewähren ist. Damit wird von dem Ermessen nach § 11 Abs. 3 SVG fehlerhaft Gebrauch gemacht.

36

Zwar sind Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze anzuwenden und auszulegen. Vielmehr handelt es sich um Willenserklärungen der Verwaltung, die auch durch eine gegenteilige Handhabung der Verwaltungspraxis entkräftet werden können. Bei der Ausgestaltung der Ermessenspraxis unterliegt die Beklagte aber Beschränkungen aufgrund gesetzlicher Bindungen. Sie kann ein anderweitiges Einkommen früherer Zeitsoldaten nur anrechnen, soweit das nicht zu willkürlichen Ergebnissen führte. Dies wäre der Fall, wenn bei dem grundsätzlich nicht zu beanstandenden Höchstgrenzenverfahren dem früheren Zeitsoldaten nicht nur, wie es Nr. 6 Satz 2 Halbsatz 1 der VwV zu § 11 SVG vorsieht, ein tatsächlich gezahlter Ausbildungszuschuß als Teil des Einkommens angerechnet würde, sondern wenn er sich auch entgegenhalten lassen müßte, ein durch Anrechnung nach § 5 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 SVG weggefallener Ausbildungszuschuß gehöre zu seinen Einkünften. Im Ergebnis würde dadurch das Einkommen, soweit es zur Anrechnung auf den Ausbildungszuschuß verwendet worden ist, nochmals zur Anrechnung auf die Übergangsgebührnisse verwendet, ein Ergebnis, daß durch Nr. 6 Satz 2 Halbsatz 2 der VwV zu § 11 SVG offenbar gerade vermieden werden sollte. Es mußte auch vermieden werden, weil eine Doppelanrechnung dem besonderen Zweck des Ausbildungszuschusses widerspräche. Denn es treffen hier zwei unterschiedlich ausgestaltete Anrechnungsformen zusammen. Die Anrechnung nach § 5 Abs. 4 Satz 3 Halbs. 2 SVG zehrt selbst bei geringstem Einkommen aus der Fachausbildung den Ausbildungszuschuß auf; es werden also nicht durch eine Höchstgrenzenregelung unbedeutende Einkommensteile anrechnungsfrei gelassen. Anders als diese vollständige Anrechnung wirkt sich die Ruhensregelung nach Nr. 6 Satz 2 der VwV zu § 11 SVG auf obere Bereiche des Einkommens aus, indem die Übergangsgebührnisse auf den Differenzbetrag zwischen dem erzielten Einkommen und einer festgelegten Höchstgrenze gekürzt werden, also nur dann ganz wegfallen, wenn das Einkommen die Höchstgrenze überschreitet. Würde hierbei das Einkommen unabhängig davon, ob und inwieweit es bereits nach § 5 Abs. 4 Satz 3 Halbs. 2 SVG angerechnet worden ist, undifferenziert erfaßt, so wäre es letztlich gleichgültig, ob der Versorgungsempfänger auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Ausbildungszuschuß erfüllt hatte oder nicht. Dieses Ergebnis erscheint willkürlich. Der Ausbildungsausschuß soll dem früheren Zeitsoldaten dazu verhelfen, daß er auch den mit einer intensiven Ausbildung für ihn verbundenen finanziellen Mehraufwand aufbringen kann. Er gehört damit, wie § 5 Abs. 4 Satz 2 SVG festlegt, zu den Kosten der dem früheren Zeitsoldaten zustehenden Fachausbildung. Entfällt der Zuschuß infolge der Anrechnung des für dieselbe Ausbildung vom Arbeitgeber gezahlten Einkommens, so wird der Zweck jetzt von dem angerechneten Einkommensteil erfüllt. Dieser darf deshalb nicht als frei verfügbar behandelt werden. Er muß daher bei sinnentsprechender Anwendung der Ruhensvorschrift außer Betracht bleiben, ähnlich wie dies nach § 53 Abs. 3 SVG bei Aufwandsentschädigungen zu geschehen hat. Die in der Rechtsprechung zu anderen Anrechnungsfällen entwickelten abweichenden Lösungen (vgl. BVerwG, Urt. vom 19. 10. 1965, DVBl S. 142) sind auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Vielmehr ist daraus im Umkehrschluß zu gewinnen, daß dann, wenn es der Anrechnungszweck gebietet, nur ein reduziertes Einkommen in die Ruhensregelung einzubeziehen ist. Dafür spricht vor allem ein Vergleich mit der Situation derjenigen, die einen Ausbildungszuschuß auch dem Grunde nach nicht beanspruchen konnten. Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 SVG wird ein Ausbildungszuschuß nicht gewährt, wenn die Arbeitskraft durch die Teilnahme an der Fachausbildung nicht überwiegend in Anspruch genommen wird. Wird in diesen Fällen ein Einkommen erzielt - sei es aus der Fachausbildung, sei es aus sonstiger Tätigkeit - so kann es verwendet werden, ohne daß davon zunächst diejenigen Kosten der Ausbildung bestritten werden müssen, die, wie das Gesetz unterstellt, bei einer die Arbeitskraft überwiegend beanspruchenden Fachausbildung entstehen. Auch dieses Einkommen führt zum vollständigen Wegfall der Übergangsgebührnisse erst dann, wenn es 90 % der bisherigen Dienstbezüge überschreitet; d.h. es steht ein nichtzweckgebundener Betrag von 90 % zur Verfügung. Wer ein gleichhohes Einkommen hat, das zuvor zum Wegfall eines sonst zustehenden Ausbildungszuschusses geführt hat, bleibt mit dem zusätzlichen Bedarf in Höhe der durch § 5 Abs. 4 Satz 2 SVG pauschalierten Kosten belastet; sein Einkommen ist insoweit nicht in gleicher Weise frei verfügbar.

37

Offensichtlich hat sich der Dienstherr bei der Ermessensbindung durch Nr. 6 Satz 2 Halbs. 2 der VwV zu § 11 SVG von dem Ziel leiten lassen, aus diesen Gründen eine Doppelanrechnung auszuschließen. Dem widerspricht es auch nicht, wenn im vorangehenden Halbsatz 1 die Einbeziehung eines Ausbildungszuschusses in das Einkommen vorgesehen ist. Dies kann sich nur auf Fälle beziehen, in denen neben einer die Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nehmenden Fachausbildung (§ 5 Abs. 4 Satz 2 SVG) noch Gelegenheit zu "anderer selbständiger oder nicht selbständiger Arbeit" besteht. Wenn neben dem daraus erzielten Einkommen der Ausbildungszuschuß ungekürzt gewährt wird, stellt sich bei Hinzutreten von Übergangsgebührnissen nicht das Problem einer Doppelanrechnung, sondern allenfalls die Frage, ob es angemessen ist, in diesen Fällen eine gleichartige Höchstgrenzenberechnung vorzunehmen wie dann, wenn kein Ausbildungszuschuß zusteht. Wenn dieses Problem in den Verwaltungsvorschriften unbewältigt geblieben ist, ist dies noch kein Grund, im vorliegenden Fall die sachgerechte Lösung in Nr. 6 Satz 2 Halbs. 2 der VwV zu § 11 SVG unbeachtet zu lassen oder durch den fiktiven Ansatz des durch Anrechnung weggefallenen Ausbildungszuschusses zu umgehen.

38

Vielmehr ist nur der durch die Anrechnung auf den Ausbildungszuschuß noch nicht in Anspruch genommene Teil des monatlichen Einkommens (2.278,15 DM - 312,90 DM = 1.965,25 DM) der Höchstgrenze von 2.096,13 DM gegenüberzustellen, so daß sich als Differenz ein restlicher Anspruch auf Übergangsgebührnisse in Höhe von 130,88 DM monatlich ergibt. Auf die Einzeldarstellung in der Verfügung vom 26. November 1986 wird Bezug genommen.

39

Bei der erforderlichen Neuregelung (§ 113 Abs. 4 Satz 2 VwGO) bedarf es, wie ausgeführt, noch der Festlegung des Verlängerungszeitraums und einer dementsprechenden Zuordnung des vom Kläger erzielten Einkommens.

40

Schon jetzt ist absehbar, daß sich für den Kläger bei der Neuberechnung ein sehr viel geringerer Anspruch ergeben wird, als er ihn mit dem Klagantrag geltend gemacht hat. Aus dem geschätzten Verhältnis ergibt sich die nach § 155 Abs. 1 VwGO ausgesprochene Kostenteilung. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO.

41

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 VwGO zugelassen worden, weil die Frage, ob die Abweichung von der Ermessenspraxis der Beklagten, was den Nichtansatz des durch Anrechnung weggefallenen Ausbildungszuschusses betrifft, grundsätzlich bedeutsam erscheint. Nicht abgewichen ist der Senat damit allerdings von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Januar 1987 - BVerwG 6 C 96.84 -, in dem die vom Hessischen VGH (Urt. vom 17. 9. 1984, aaO) ausdrücklich gebilligte Berechnungsweise der Beklagten nicht inhaltlich überprüft worden ist.

42

Zeller

43

Sommer

44

Dehnbostel