Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 19.10.2017, Az.: 9 A 148/16

Aufenthalt; Flüchtlingseigenschaft; gewöhnlicher Aufenthalt; Registrierung; staatenlose Palästinenser; Syrien; UNRWA; Zuerkennung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
19.10.2017
Aktenzeichen
9 A 148/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54028
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Flüchtlingseigenschaft eines staatenlosen, bei der UNRWA registrierten, Palästinensers aus Syrien, der Syrien bürgerkriegsbedingt verlassen hat.

Tenor:

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Mai 2016 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110% des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Der am D. geborene Kläger ist staatenloser Palästinenser mit gewöhnlichem Aufenthalt in Syrien und islamischen Glaubens. Am 05. November 2015 stellte der Kläger einen Asylantrag, wobei er diesen im Rahmen der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 18. Mai 2016 in Eisenhüttenstadt auf die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz beschränkte. Im Rahmen der Anhörung gab er im Wesentlichen an, er habe sich bis zu seiner Ausreise in Latakia im Flüchtlingslager Ramel aufgehalten. Dort habe er mit seinen Eltern, einem Bruder und einer Schwester gelebt. Syrien habe er im August 2015 verlassen. Am 15. September 2015 sei er in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Seine Eltern lebten in Deutschland; in Syrien befänden sich noch die Großmutter und seine Tanten. Hinsichtlich seiner schulischen Ausbildung gab er an, er habe das Abitur abgelegt und sodann ein Jahr „Pflegedienst“ studiert, jedoch keinen Abschluss erlangt. Wehrdienst habe er nicht geleistet, da er aufgrund seiner Ausbildung zurückgestellt gewesen sei. Er sei kein Berufssoldat, Angehöriger von Sicherheitsbehörden oder Angehöriger der Polizei gewesen. Auch sei er nicht Mitglied einer nichtstaatlichen, bewaffneten Gruppierung oder in einer sonstigen politischen Organisation gewesen. Er sei zu keinem Zeitpunkt festgenommen oder verhaftet oder von einem Gericht verurteilt worden. Grund für seine Ausreise sei der Krieg gewesen. Manchmal seien die Universität oder auch andere Ortschaften bombardiert worden. Ihm persönlich sei nichts zugestoßen, er sei auch nicht verfolgt worden. Bei einer Rückkehr nach Syrien wisse er nicht, was mit ihm passieren würde. Aber man werde ihn bestimmt nicht „großartig“ empfangen, da er das Land illegal verlassen habe.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2016, zugestellt am 30. Mai 2016, erkannte das Bundesamt dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zu (Ziffer 1.). Im Übrigen lehnte es das Schutzgesuch ab (Ziffer 2.). Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen nicht vor. Eine Individualverfolgung sei dem syrischen Staat nicht zuzurechnen. Eine Verfolgung durch nichtstaatliche Dritte sei nicht geltend gemacht worden. Dem Sachvortrag des Klägers sei keine gezielte und damit individuelle Rechtsgutverletzung zu entnehmen, welche Voraussetzung für die Gewährung des internationalen Schutzes nach § 3 AsylG sei. Der Kläger habe auch nicht vorgetragen, dass ihm bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung drohe. Soweit er erklärt habe, wegen den allgemeinen Lebensbedingungen, durch den Krieg bedingt, aus Syrien ausgereist zu sein und sich in Deutschland eine bessere Zukunftsperspektive zu erhoffen, führe dies zu keiner anderen Bewertung.

Der Kläger hat am 13. Juni 2016 Klage erhoben.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, syrischen Staatsangehörigen drohe im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien ungeachtet individuell geltend gemachter Verfolgungsgründe mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung und längerem Aufenthalt im Ausland. Beachtet werden müsse auch, dass er gemeinsam mit seiner ganzen Familie nach Deutschland eingereist sei. Die gesamte Familie, darunter auch sein Zwillingsbruder, hätten die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt bekommen. Es erscheine auch vor diesem Hintergrund höchst fraglich, warum die Handhabung bei ihm nunmehr eine andere sei. Der Verfolgungsgrund sei in dem Merkmal der politischen Überzeugung zu sehen. Ihm drohe zudem die Rekrutierung in eine Armee, aus deren Reihen heraus Kriegsverbrechen und Folter begangen würden. In Syrien bestehe für männliche Staatsangehörige eine allgemeine Wehrpflicht. Mittlerweile gelte als allgemein bekannt, dass besonders männliche syrische Staatsangehörige sich bei Wiedereinreise in das durch die syrische Regierung kontrollierte Gebiet der Einberufung in den Wehrdienst gegenübersähen und ihnen eine harte Strafe drohe, wenn sich dem Wehrdienst vor der Ausreise durch Flucht entzogen worden sei. Die Wehrdienstentziehung könne von der syrischen Regierung zusätzlich als regimefeindliche politische Überzeugung angesehen werden, die für diese nicht vertretbar sei. Er müsse daher mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bei seiner Rückkehr nach Syrien mit der Einziehung in die Armee rechnen. Er befinde sich im wehrpflichtigen Alter zwischen 18 und 42 Jahren. Wehrdienst habe er bisher noch nicht geleistet, da er sich zum Zeitpunkt seiner Einberufung in einem Ausbildungsverhältnis aufgrund seines Studiums an der Universität E. in F. befunden habe. Aufgrund dessen sei er vom Wehrdienst befreit gewesen. Das Studium habe 4 Jahre dauern sollen, sodass die Freistellung für eben diesen Zeitraum ausgestellt worden sei. Mit Abschluss des Studiums habe die Freistellung erlöschen sollen, so dass er Wehrdienst hätte leisten müssen. Es habe sich somit um eine befristete Freistellung gehandelt. Ein Schreiben, welches die Freistellung belege, sei ihm zwar zugestellt worden, dieses habe er jedoch bei seiner Flucht aus Syrien in seiner Heimat zurückgelassen. Nach alledem sei zu befürchten, dass ihm neben Menschenrechtsverletzungen und Folter auch die Einziehung in die Armee drohe. Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens gab der Kläger zudem an, er sei bei der UNRWA registriert. Hierzu legte er unter dem 07. Juni 2017 einen Familien-Registerauszug aus den Zivilregistern der palästinensischen Araber vor (Bl. 25 - 27 d. GA).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 23. Mai 2016 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich unter Bezugnahme auf den angegriffenen Bescheid,

die Klage abzuweisen.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 17. August 2017 auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

In dem Termin zur mündlichen Verhandlung ist kein Vertreter der Beklagten erschienen. Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung des Gerichts informatorisch befragt worden. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19. Oktober 2017 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin, da die Kammer ihr den Rechtsstreit durch Beschluss vom 17. August 2017 gemäß § 76 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) übertragen hat.

Die Klage hat Erfolg. Das Gericht konnte in der Sache einseitig mündlich verhandeln und entscheiden, obwohl im Termin zur mündlichen Verhandlung kein Vertreter der Beklagten erschienen ist, da die Beklagte mit dem Hinweis auf diese Möglichkeit zum Termin geladen wurde (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die Klage ist zulässig und auch begründet. Dem Kläger steht im gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 HS 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu. Der Bescheid des Bundesamtes vom 23. Mai 2016 ist rechtwidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit darin die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt worden ist (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Der Kläger ist als staatenloser Palästinenser Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG.

Flüchtling ist nach § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG (vgl. auch Art. 12 Abs. 1 lit. a Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU v. 13.12.2011) ein Ausländer, der den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen gem. Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) genossen hat, ihm aber ein solcher Schutz oder Beistand aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist; er genießt dann den Schutz der Richtlinie „ipso facto“, d.h. unmittelbar, ohne dass es einer Einzelfallprüfung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft bedürfte.

Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 AsylG ist die Flüchtlingseigenschaft auch in diesem Fall vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in einem Asylverfahren zu prüfen und festzustellen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.06.2017 - A 11 S 664/17; OVG Saarland, Urt. v. 21.09.2017 - 2 A 447/17 - juris, Rn. 20f.). Die Prüfungsbefugnis des Bundesamtes ist in Fällen der vorliegenden Art allerdings darauf beschränkt, festzustellen, ob der Antragsteller tatsächlich Schutz und Beistand von UNRWA genossen hat und ob dieser aus von seinem Willen unabhängigen Gründen entfallen ist und keine Ausschlussgründe nach Abs. 2 vorliegen (OVG Saarland, Urt. v. 21.09.2017 - 2 A 447/17 - juris, Rn. 21).

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat hierzu in seiner Entscheidung vom 21. September 2017 (2 A 4477/17 - juris, Rn. 22) ausgeführt:

„Von dieser Bestimmung sollen vor allem die durch den arabisch/israelischen Konflikt 1948/49 betroffenen und in der Folgezeit von der United Nations Relief and Work Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA) als Sonderorganisation der Vereinten Nationen im Nahen Osten betreuten palästinensischen Flüchtlinge erfasst werden, die in Jordanien, Syrien, im Libanon, im Gaza-Streifen und auf der Westbank leben. Im Vordergrund der Schutz- und Beistandsgewährung standen dabei humanitäre Erwägungen gegenüber Personen, die infolge dieses Konflikts ihr Heim und ihren Unterhalt verloren hatten, ohne Rücksicht darauf, ob sie politische Flüchtlinge im Sinne des Art. 1 A Nr. 2 GK waren.“

Organisation bzw. Institution im Sinne der vorgenannten Bestimmungen ist somit hier die UNRWA. Als Nachweis einer Inanspruchnahme des Schutzes oder Beistandes genügt es, wenn die Betroffenen von UNRWA förmlich registriert wurden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.06.2017 - A 11 S 664/17; OVG Saarland, Urt. v. 21.09.2017 - 2 A 447/17 - juris, Rn. 22). Dabei ist die Flüchtlingseigenschaft nicht auf den 1948 betroffenen und in der Folge registrierten Personenkreis beschränkt, sondern bezieht insbesondere alle Abkömmlinge mit ein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.06.2017 - A 11 S 664/17 m. w. N.; OVG Saarland, Urt. v. 21.09.2017 - 2 A 447/17 - juris, Rn. 22).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft (vgl. Urt. v. 19.12.2012 - C-364/11, Rn. 59 ff.) ist allerdings die bloße Abwesenheit der Betreffenden vom Gebiet der Schutzgewährung oder die freiwillige Entscheidung, dieses zu verlassen, regelmäßig unzureichend, um die Annahme zu rechtfertigen, der Schutz sei weggefallen. Hinzukommen muss, dass der Wegfall, insbesondere die Ausreise aus dem Schutzgebiet durch Umstände bzw. Zwänge verursacht wurde, die vom Willen der Betroffenen unabhängig sind, wobei für die Beurteilung im Einzelnen die Maßstäbe des Art. 4 Abs. 3 Anerkennungsrichtlinie sinngemäß herangezogen werden können (EuGH, Urt. v. 19.12.2012 - a.a.O., Rn. 64; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.06.2017 - A 11 S 664/17, Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist ein palästinensischer Flüchtling dann als gezwungen anzusehen, das Einsatzgebiet des UNRWA zu verlassen, wenn er sich in einer „sehr unsicheren persönlichen Lage befindet und es dieser Organisation unmöglich ist, ihm in diesem Gebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der ihr übertragenen Aufgabe im Einklang stehen“ (EuGH, a. a. O., Rn. 63; OVG Saarland, Urt. v. 21.09.2017 - 2 A 447/17 - juris, Rn. 23).

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Es handelt sich bei ihm um einen staatenlosen Palästinenser, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Arabischen Republik Syrien hatte und bei der UNRWA förmlich registriert ist. Dies ergibt sich aus dem vom Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Familien-Registerauszug aus den Zivilregistern der palästinensischen Araber (Bl. 25 - 27 d. GA). Auch wenn es sich hierbei um ein Dokument der syrischen Behörden handelt, aus dem die Registrierung bei der UNRWA nicht unmittelbar hervorgeht, kann hieraus geschlossen werden, dass es eine förmliche Registrierung bei der UNRWA gegeben hat. Diese Bescheinigung bezieht sich auf den Vater des Klägers sowie dessen Ehefrauen. Als Datum der Flucht der Familie ist der G. angegeben. Das Dokument weist auch den Kläger als Kind der genannten Personen aus. Ausweislich des Dokumentes wurde der Kläger am H. eingetragen. Damit hat der Kläger als Abkömmling den Schutz der UNRWA genossen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben hat, das Flüchtlingslager, in dem er gelebt habe, habe nicht unter dem Schutz der UNRWA gestanden; dies sei von der Regierung verwaltet worden. Mit der Prozessbevollmächtigten des Klägers geht das Gericht davon aus, dass sich in dieser Aussage lediglich die Unzufriedenheit des Klägers mit der Betreuung durch die UNRWA manifestiert hat. Der Kläger hat im Folgenden detailliert verschiedene Leistungen geschildert, die die UNRWA für ihn erbracht hat (z. B. Gesundheitsversorgung). Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf einer ihm vorgelegten Landkarte das Flüchtlingslager, in dem er gelebt hat, ausdrücklich als ein solches der UNRWA identifiziert. Im Übrigen genügt es - wie dargelegt - als Nachweis einer Inanspruchnahme des Schutzes oder Beistandes, wenn die Betroffenen von UNRWA förmlich registriert wurden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.06.2017 - A 11 S 664/17 m. w. N.), was hier der Fall ist.

Die Lage der staatenlosen Palästinenser in Syrien ist auch nicht gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.06.2017 - A 11 S 664/17 - juris, Rn. 24; OVG Saarland, Urt. v. 21.09.2017 - 2 A 447/17 - juris, Rn. 25).

Der Schutz durch UNRWA ist für den Kläger aufgrund des Bürgerkrieges im Sinne der oben zitierten Vorschriften entfallen. Zum Zeitpunkt des Wegzugs des Klägers aus Syrien im August 2015 war dieser durch von ihm nicht zu kontrollierende und von seinem Willen unabhängige Gründe gerechtfertigt. Er war nachvollziehbar zum Verlassen Syriens gezwungen und daran gehindert, den von UNRWA gewährten Beistand zu genießen. Von einem freiwilligen Verlassen des Einsatzgebietes der UNRWA kann aufgrund der dort herrschenden Bürgerkriegssituation (die auch die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus zur Folge hatte) nicht ausgegangen werden, zumal der Kläger im Rahmen der persönlichen Anhörung beim Bundesamt angegeben hat, Grund seiner Ausreise sei der Krieg gewesen, die Universität und auch andere Ortschaften seien bombardiert worden. Er befand sich mithin in einer sehr unsicheren persönlichen Lage. Er hat in der mündlichen Verhandlung zudem ausgeführt, es habe auch in dem von ihm bewohnten Flüchtlingslager kriegerische Auseinandersetzungen gegeben.

Schließlich ist nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon auszugehen, dass ihm im Zeitpunkt der Ausreise aus Syrien auch keine Möglichkeit offenstand, in anderen Teilen des Mandatsgebietes den Schutz der UNRWA in Anspruch zu nehmen.

Ein Ausschlussgrund nach Art. 12 Abs. 2 bzw. Abs. 3 der Richtlinie 2011/95/EU liegt nach den Erkenntnissen des Gerichts nicht vor.

Damit liegen die nach der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union erforderlichen Voraussetzungen vor und der Kläger ist „ipso facto“ als Flüchtling anzuerkennen.

Auf die Frage, ob ungeachtet der eo ipso bestehenden Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG der Kläger aufgrund seines individuellen Vorbringens auch nach § 3 Abs. 1 AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beanspruchen kann, ist nach alledem nicht mehr einzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.