Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 24.06.1996, Az.: 22 W 18/96
Anforderungen an die Unterschrift eines Testamentes; Zulässigkeit der Unterzeichnung eines Testamentes am oberen Blattrand; Einheitlicher und zusammenhängender Errichtungsakt als Voraussetzung der Niederschrift eines Testamentes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 24.06.1996
- Aktenzeichen
- 22 W 18/96
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 16995
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1996:0624.22W18.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Osterholz-Scharmbeck - 26.01.1995 - AZ: 8 VI 123/94
- LG Verden - 03.01.1996 - AZ: 2 T 102/95
Rechtsgrundlage
- § 2247 BGB
Fundstelle
- NJW 1996, 2938 (Volltext mit red. LS)
In der Nachlaßsache
hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
sowie die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 vom 7. Februar 1996 gegen den Beschluß der zweiten Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 3. Januar 1996
am 24. Juni 1996
beschlossen:
Tenor:
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 werden der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts Osterholz-Scharmbeck vom 26. Januar 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde an das Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 170.000,00 DM.
Gründe
Die weitere Beschwerde ist begründet. Die Entscheidung des Landgerichts, das Testament des Erblassers vom 28. August 1969 sei nicht wirksam unterschrieben worden, beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG).
1.
Der Erblasser konnte sein am 28. August 1969 errichtetes Testament ausnahmsweise - wie geschehen - formwirksam gemäß § 2247 BGB im linken oberen Blattbereich über dem Text seiner handschriftlichen Verfügungen unterschreiben. Zwar muß ein Testament im Regelfall als Abschluß am Schluß des fortlaufenden Textes unterschrieben werden; es sind aber mangels freien Raumes am Textende Ausnahmen möglich (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 54. Aufl., § 2247 Rn. 12). Hier konnte das der Entscheidung des Landgerichts zugrunde liegende Testament sinnvollerweise am Textende nicht mehr vom Erblasser unterschrieben werden. Die letzte Zeile seiner handschriftlichen Bestimmungen endet nur knapp 3 cm vom rechten Blattrand entfernt, wohingegen seine oben auf das Testament gesetzte Unterschrift einen Raum von fast 6 cm benötigt hat. Auf der nachfolgenden, vorletzten Zeile des Blattes konnte der Erblasser nicht unterschreiben, denn dort hat seine Mutter bis über die Mitte der letzten Zeile des Blattes hin handschriftlich eine Bestätigung des Testaments niedergelegt, die sie dann in der Mitte rechts des Blattendes über 7 cm hin unterschrieben hat. Im Bereich der von der Mutter gelassenen Freiräume des Blattes verbot sich für den Erblasser das Setzen seiner Unterschrift, denn diese wäre dann sinnwidrig dem von seiner Mutter geschriebenen Text zuzuordnen gewesen. Weiter schied für den Erblasser die grundsätzlich für zulässig angesehene Möglichkeit, sein Testament, um dessen Text zu decken, quer zu unterschreiben (vgl. dazu Soergel/Harder, BGB, 12. Aufl., § 2247 Rn. 28; Staudinger/Baumann, BGB, 13. Aufl., § 2247 Rn. 94), aus, denn es ist im Bereich des gesamten fortlaufenden Textes sowohl links als auch rechts jeweils bis zum Blattende hin beschrieben worden. Die Vorschrift des § 2247 BGB ist in einem solchen Ausnahmefall dahin auszulegen, daß eine wirksame Unterschrift auch über dem Text des Testaments geleistet werden kann, denn mangels freien Raumes kann dann eine solche Unterschrift als Fortsetzung und Abschluß des darunterstehenden Testaments angesehen werden (vgl. BayObLG FamRZ 1986, 728, 730; BayObLGZ 81, 79, 85). Es bestehen hier keine Zweifel, daß der Inhalt des Testaments von der darüber stehenden Unterschrift des Erblassers gedeckt sein sollte, denn er hat nicht nur seine Mutter um ein schriftliches Zeugnis am Schluß seines Testaments bemüht, sondern seiner Unterschrift noch das Wort "gezeichnet" vorangestellt, mit dem die Unterschriftsleistung durch den Verfasser selbst noch besonders herausgehoben werden sollte.
2.
Unabhängig von den vorstehenden Feststellungen wäre das Testament auch nach den vom Landgericht zugrunde gelegten Tatsachen auf der Grundlage des Vorbringens des Beteiligten zu 1 noch am 13. Oktober 1975 wirksam handschriftlich abschließend errichtet worden. Die Niederschrift eines Testaments muß nicht in einem einheitlichen, zusammenhängenden Errichtungsakt erfolgen (vgl. Staudinger/Baumann, a.a.O., § 2247 Rn. 46), so daß der Erblasser nicht gehindert war, den Text am 28. August 1969 niederzulegen, um ihn dann erst am 13. Oktober 1975 zu unterschreiben. Die von dem Erblasser allerdings nur auf einem Briefumschlag geleistete Unterschrift, in dem das Testament verschlossen wurde, stellt sich hier gleichwohl als Fortsetzung und Abschluß des anliegenden Testaments dar (vgl. Staudinger/Baumann, a.a.O., § 2247 Rn. 97; Soergel/Harder, a.a.O., § 2247 Rn. 29), denn neben der Unterschrift enthält die Beschriftung auf dem Briefumschlag nur Angaben zum Ort und zum Datum sowie den Text: "Mein letzter Wille". Dieser Aufschrift kommt keine selbständige Bedeutung zu, denn nach dem vom Landgericht zugrunde gelegten Sachverhalt ist der Erblasser nach juristischer Beratung so verfahren, um wegen möglicher Zweifel an der Wirksamkeit seines Testaments etwaige Formmängel zu beheben. Es ist nicht ersichtlich, daß er mit der Beschriftung auf dem Umschlag andere Zwecke verfolgte und diese losgelöst von dem umschlossenen Testament eine selbständige Bedeutung haben sollte.
3.
Der Entscheidung des Amtsgerichts haften die gleichen Rechtsverstöße wie der des Landgerichts an, so daß der Senat auch über die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 26. Januar 1995 entscheiden konnte. Die Sache war an das Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck zur erneuten Entscheidung über die Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1 und 2 zurückzuverweisen. Das Amtsgericht wird dabei nunmehr von der Formwirksamkeit des handschriftlichen Testaments vom 28. August 1969 auszugehen haben.
4.
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: 170.000,00 DM.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 KostO.