Amtsgericht Celle
Beschl. v. 02.09.2009, Az.: 8 F 8161/08

Anspruch eines nichtehelichen Kindes auf Umgang mit einem leiblichen Elternteil gegen dessen erklärten Willen

Bibliographie

Gericht
AG Celle
Datum
02.09.2009
Aktenzeichen
8 F 8161/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 45672
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGCELLE:2009:0902.8F8161.08.0A

Fundstellen

  • FF 2010, 507
  • FamFR 2010, 117
  • FamRZ 2010, 1681

Beschluss
...
hat das Amtsgericht - Familiengericht - Celle auf die mündliche Verhandlung vom 12.08.2009 durch den Richter am Amtsgericht ...
beschlossen:

Tenor:

  1. I.

    Der Antrag auf Umgangsrecht wird zurückgewiesen.

  2. II.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben mit Ausnahme der Kosten, die durch das Ausbleiben des Antragsgegners im Termin vom 21.01.2009 entstanden sind. Diese Kosten hat der Antragsgegner zu tragen.

  3. III.

    Der Streitwert wird auf 3.000,-EUR festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die jetzt 15 1/2 -jährige Antragstellerin begehrt Umgangskontakte mit dem Antragsgegner, ihrem Vater. Zu diesem hatte sie bisher noch nie persönlichen Kontakt und kennt ihn lediglich von einem Foto, das vor ihrer Geburt entstanden ist. Der Versuch einer brieflichen Kontaktaufnahme ist bereits vor Jahren gescheitert.

2

Der Antragsgegner ist verheiratet und Vater einer neunjährigen Tochter. Seine Familie weiß von der Existenz der Antragstellerin. Auch zahlt er für sie Unterhalt. Jedoch lehnt er jeglichen Kontakt zu ihr ab. Dies geht so weit, dass er trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens ohne ausreichende Entschuldigung dem Gerichtstermin vom 21.01.2009 ferngeblieben ist.

3

Die Antragstellerin macht im Wesentlichen geltend, sie wolle ihren Vater endlich persönlich kennenlernen. Sie fühle sich dazu alt genug. Wie alle anderen Jugendlichen ihres Alters auch, wolle sie sagen können, dass sie einen Vater hat. Ein Kontakt könne auch außerhalb der Familie des Antragsgegners stattfinden.

4

Die Antragstellerin beantragt,

das Umgangsrecht der Antragstellerin mit dem Antragsgegner wie folgt zu regeln:

5

1. Die Antragstellerin hat das Recht, einen Nachmittag von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr an einem Samstag mit dem Antragsgegner zu verbringen.

6

2. Für den Fall eines positiven Erstkontaktes hat die Antragstellerin das Recht, drei Wochenenden im Jahr mit dem Antragsgegner zu verbringen.

7

Der Antragsgegner beantragt,

diese Anträge zurückzuweisen.

8

Er lässt im Wesentlichen vortragen, er lehne jeden Kontakt zur Antragstellerin ab. Die zwangsweise Regelung eines Umgangsrechts mit der Antragstellerin würde für seine Familie ein erhebliches Problem darstellen. Das Familiengefüge würde erheblich gestört, wenn von außen eine bisher völlig fremde Person sich sozusagen mit an den Tisch setzen würde.

9

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

10

Das zuständige Jugendamt wurde beteiligt.

11

II.

Der Antrag war zurückzuweisen, wenn auch nicht aus den vorstehend wiedergegebenen Gründen, auf die sich der Antragsgegner stützt.

12

Grundsätzlich dient der Umgang mit dem Elternteil, bei dem sich das Kind nicht aufhält, dem Kindeswohl. Deswegen besteht regelmäßig auch ein Recht des Kindes auf Umgang. Es ist einem Elternteil zumutbar, zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet zu werden, wenn dies dem Kindeswohl dient (BVerfG, Urteil vom 1.4.2008 -1 BvR 1620/04).

13

Allerdings - und dies ist hier entscheidend - dient ein Umgang, der nur mit Zwangsmitteln gegen einen umgangsunwilligen Elternteil durchgesetzt werden kann, in der Regel nicht dem Kindeswohl (BVerfG a.a.O.).

14

Vorliegend lässt der Antragsgegner seine Tochter mit anwaltlichem Schriftsatz vom 29.09.2008 als "völlig fremde Person" bezeichnen, durch die sein "Familiengefüge erheblich gestört" würde. Er sagt dies über sein leibliches Kind.

15

Die - zutiefst verständlichen - Kontaktwünsche seiner Tochter sind angesichts dieser Vehemenz, mit der sich der Antragsgegner gegen sie zur Wehr setzt, unrealistisch. Es wäre schon kaum zu erwarten, dass sich ein Umgang - auch mit Zwangsmitteln - überhaupt durchsetzen ließe. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein durch Zwangsmittelandrohung bewirkter Umgang dem Kindeswohl dienen würde, bietet auch der Vortrag der Antragstellerin nicht.

16

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 1, 30 Abs. 2, 94 Abs. 3 S. 2 KostO, 13a FGG.

17

Die Kosten waren grundsätzlich gegeneinander aufzuheben. Jedoch ist der Antragsgegner trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens unentschuldigt nicht zum Termin am 21.01.2009 erschienen. Er hat vortragen lassen, verhandlungsunfähig zu sein und sich auf ein Attest vom 25.11.2008 berufen. Dieses Attest bescheinigt ihm zwar "verhandlungsunfähig" zu sein, bezieht sich aber ausdrücklich auf die "derzeitige gesundheitliche Konstitution" des Antragsgegners, also die am 25.11.2008. Über die Verhandlungsfähigkeit am 21.01.2009 sagt das Attest naturgemäß nichts aus.

18

Dem Antragsgegner war laut Protokoll vom 21.01.2009 aufgegeben worden, ein aktuelles Attest über Verhandlungs(un)fähigkeit beizubringen. Er war darauf hingewiesen worden, dass das Gericht ohne ein solches Attest von Verhandlungsfähigkeit am 21.01.2009 ausgehen werde. Da ein solches Attest nicht beigebracht wurde, ist das Ausbleiben unentschuldigt, so dass der Antragsgegner die dadurch entstandenen Kosten allein zu tragen hat.

Richter am Amtsgericht