Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 03.04.1974, Az.: 9 U 183/73

Umlenkrollen an Bandförderern ; Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ; Pflicht zur Unfallverhütung ; Rückgriff der Berufsgenossenschaft

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
03.04.1974
Aktenzeichen
9 U 183/73
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1974, 11576
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1974:0403.9U183.73.0A

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die Bestimmung des § 642 RVO umfasst nicht alle Rückgriffsansprüche der Sozialversicherungsträger. Der einjährigen Verjährung sind vielmehr nur solche Ansprüche des Sozialversicherungsträgers gegenüber dem Unternehmer unterworfen, die ihre Grundlage in einer bindend festgestellten Leistungspflicht des Trägers der Unfallversicherung haben.

  2. 2.

    Bei dem Schadensersatzanspruch gem. § 640 RVO geht es darum, dem Sozialversicherungsträger eine Entlastung deswegen zu verschaffen, weil er - ohne dem Verletzten dessen Mitschuld an seinem Unfall entgegenhalten zu können - infolge groben Verstoßes im Bereich des Unternehmers oder von Betriebsangehörigen Leistungen zu erbringen hat.

In dem Rechtssstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 1974
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. F. und
die Richter am Oberlandesgericht J. und M.
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. Oktober 1973 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts L. geändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin 3.522,44 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Juni 1972 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagten zu 2 bis 5 betreiben unter der Firma der Beklagten zu 1 und in der Rechts form einer offenen Handelsgesellschaft ein Fuhrunternehmen und an verschiedenen Orten Kies- und Sandabbau. Am 16. November 1970 erlitt der bei den Beklagten in deren Kiesabbaubetrieb in T. beschäftigte Arbeiter E. H. dort einen Arbeitsunfall. Er war mit dem Abschmieren der Umlenkrolle eines laufenden Förderbandes beschäftigt, verlor auf nachgiebiger Sandunterlage den festen Stand und geriet unversehens an der Auflaufstelle des Förderbandes mit dem rechten Arm zwischen dieses und die Rolle. Dadurch erlitt er Quetschungen, Hautabschürfungen und Platzwunden. Die Klägerin hat als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlaß des Unfalls für ärztliche Dienstleistungen, Medikamente, Krankenhauskosten, Verletztengeld und Fahrtkosten insgesamt 3.522,44 DM aufgewendet. Diese verlangt sie im Wege des Rückgriffs gemäß § 640 RVO von den Beklagten ersetzt.

2

Sie hat die Auffassung vertreten, das lose vor der Umlenkrolle aufgehängte Stück Förderbandgummi, das allerdings vorhanden war, stelle keine ordentliche Schutzvorrichtung dar, zu deren Anbringung die Beklagten nach den Unfallverhütungsvorschriften verpflichtet gewesen seien. Denn das Stück Förderband habe, damit der mit dem Abschmieren befaßte Arbeitnehmer an die Schmierstelle gelangen konnte, mit einer Hand hochgehoben werden müssen. Damit sei die Auflaufstelle des Bandes zwangsläufig freigelegt worden, die durch die Schutzvorrichtung gerade stets so verdeckt sein sollte, daß niemand in die Auflaufstelle geraten konnte. Die Klägerin erachtet es als grobe Fahrlässigkeit der Beklagten, daß keine wirksame Schutzvorrichtung angebracht gewesen sei. Denn auf die Notwendigkeit wirksamer Vorrichtungen und die Art ihrer Ausführung seien die Betreiber von Förderbändern vielfach durch Druckschriften hingewiesen worden. Im Betrieb H. der Beklagten sei bei einer Betriebsprüfung im April 1970 das Fehlen der Schutzvorrichtung an einem Förderband auch ausdrücklich beanstandet und es sei Abhilfe verlangt worden.

3

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an sie 3.522,44 DM zu zahlen.

4

Die Beklagten haben

Klagabweisung

5

beantragt.

6

Sie haben sich zunächst darauf berufen, der Rückgriffsanspruch der Klägerin sei verjährt. Dazu haben sie auf § 642 RVO verwiesen. Im übrigen haben sie die Auffassung vertreten, die geschilderte Vorrichtung sei ausreichend. Sollte sie nicht ausreichend sein, so könne doch nicht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit erhoben werden. Schließlich habe der technische Aufsichtsbeamte der Klägerin diese Vorrichtung nicht beanstandet.

7

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Verjährungseinrede durchgreifen lassen.

8

Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen diese Auffassung. Im übrigen wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen.

9

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 3.522,44 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Juni 1972 zu zahlen.

10

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

11

hilfsweise,

ihnen Vollstreckungsnachlaß, notfalls gegen Sicherheitsleistung zu gewähren mit der Maßgabe, daß die Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer Großbank oder einer öffentlichen Sparkasse geleistet werden kann.

12

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Im übrigen treten sie dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Sie meinen, die Klägerin müsse sich ein eigenes Verschulden anrechnen lassen, weil sie den Betrieb in T. nicht habe überprüfen lassen. Auch das Mitverschulden des Arbeitnehmers Hund müsse berücksichtigt werden. Denn dieser habe die Schmierstelle bei laufendem Förderband nicht bedienen dürfen.

13

Die Parteien, die das angefochtene und zur Sachdarstellung im einzelnen in Bezug genommene Urteil vorgetragen haben, haben zur Sache verhandelt nach Maßgabe ihrer im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze, auf die verwiesen wird.

Entscheidungsgründe

14

Die Berufung hat Erfolg. Die Beklagten zu 2-5 haben den Unfall grob fahrlässig herbeigeführt. Sie und die Beklagte zu 1 haben deshalb die der Höhe nach unstreitigen Aufwendungen der Klägerin zu ersetzen. Der Rückgriffsanspruch ist nicht verjährt.

15

Es ist nicht zu bezweifeln, daß der Unfall des Arbeiters Hund durch die Beklagten herbeigeführt worden ist. Die von der Klägerin erlassene, hier einschlägige Unfallverhütungsvorschrift 10.1 "Stetigförderer" schreibt in § 2 Abs. 1 ausdrücklich vor, die Umlenkrollen an Bandförderern müßten so verdeckt sein, daß niemand in die Auflaufstellen geraten könne. Diese Vorschrift haben die Beklagten nicht beachtet. Denn es ist unterlassen worden, eine wirksame Vorrichtung an dem Förderband zu installieren, mit der verhindert werden konnte, daß jemand bei laufendem Band in die Auflaufstelle zwischen dem Förderband und der Umlenkrolle geriet. Wäre die Auflaufstelle fest abgedeckt worden, so hätte der Arbeiter Hund beim Abschmieren nicht mit dem Arm dorthin geraten können.

16

Die Vorrichtung, die hier angebracht war, stellte keinen wirksamen Schutz gegen die Gefahr dar, die verhütet werden sollte. Wie die zu den Akten gebrachten Lichtbilder von der Unfallstelle zeigen, liegt die Gefahrenstelle mehr oder weniger offen, so daß sie mühelos erreicht werden kann. Es ist nicht der Sinn der hier zum Schutze der Arbeiter vor Verletzungen anzubringenden Vorrichtung, daß der Schmiernippel gesichert wird, wie die Beklagten (S. 6 der Berufungsantwort) anzunehmen scheinen. Wie wirksame Schutzvorrichtungen beschaffen sein müssen, läßt sich den von der Klägerin zu den Akten gebrachten Druckschriften entnehmen: Sie müssen so fest angebracht Sein, daß sie nicht unbeabsichtigt oder, falls beabsichtigt, ohne besonderen Aufwand unwirksam gemacht werden können,

17

Das war hier keineswegs der Fall. Der Gummilappen war mühelos zu umgehen. Er mußte sogar nach der unwidersprochenen Darstellung der Klägerin über den Unfallhergang hochgehoben werden, wenn die Rolle mittels des Schmiernippels geschmiert wurde.

18

Es beruht auf grober Fahrlässigkeit, daß nur der leicht zu entfernende Gummilappen in der Nähe der Auflaufstelle zwischen Band und Rolle aufgehängt war. Die Beklagten haben nicht nur die Unfallverhütungsvorschrift unbeachtet gelassen. Ihnen war für ihren Betrieb in H. r aus Anlaß der Betriebsprüfung im April 1970 bei einem gleichartigen Förderband aufgegeben, die Auflaufstelle so zu verdecken, daß niemand in die Auflaufstelle geraten konnte. Das mußte die Beklagten in besonderem Maße veranlassen, sich eingehend darüber zu informieren, wie der geforderte Schutz auszusehen hatte und alle von ihnen betriebenen Förderbänder zu sichern. Umständlicher eigener Überlegungen dazu bedurfte es nicht. Die Druckschriften der Klägerin geben hinreichend viele Möglichkeiten an. Keine der von der Klägerin an ihre Mitglieder ausgehändigten Druckschriften zeigt eine auch nur annähernd so ungeeignete Vorrichtung, wie sie an dem Förderband im Betrieb Tramm angebracht war. Daß den Beklagten etwa diese Druckschriften nicht zugänglich gewesen sind, behaupten sie selbst nicht. Damit, daß die Beklagten nur eine derart unzulängliche Vorrichtung angebracht haben, haben sie außer acht gelassen, was jedem hätte einleuchten müssen, der Förderbänder betreibt und für den Schutz der Arbeiter an der Auflaufstelle zwischen Band und Rolle zu sorgen hat.

19

Die Beklagten haben die erforderliche Sorgfalt damit in ungewöhnlich großem Maße verletzt. Denn sie waren bei einer Prüfung des Betriebes in H. auf die Abstellung der dort vorliegenden gleichartigen Mängel ausdrücklich hingewiesen worden. Gleichwohl haben sie offensichtlich nichts unternommen, um sich darüber zu informieren, wie eine wirksame Schutzvorrichtung beschaffen sein mußte. Wenn sie angesichts der von der Klägerin aufgezeigten Möglichkeiten zu dem ganz ungeeigneten Mittel gegriffen haben, das dann zu dem Unfall geführt hat, so zeigt das, daß es den Beklagten nur darum zu tun war, der äußeren Gestalt nach überhaupt etwas zu unternehmen. Sie haben damit objektiv schwer und subjektiv unentschuldbar gegen die Anforderungen der verkehrserforderlichen Sorgfalt verstoßen. Der Senat legt damit seiner Entscheidung den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit zugrunde, wie er in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angewandt wird. Die Ausfüllung dieses Rechtsbegriffs obliegt tatrichterlichem Ermessen (vgl. BGH LM Nr. 2 a zu § 640 RVO). Zur Zulassung der Revision wegen dieser Frage besteht deshalb kein Anlaß.

20

Zur Entlastung der Beklagten kann es auch nicht dienen, daß sie ihren Arbeitern, wie sie behaupten, eingeschärft hatten, das Förderband erst stillzusetzen und dann die Rollenlager abzuschmieren. Auf die Beachtung derartiger mündlicher Anweisungen durften die Beklagten nicht vertrauen. Denn die allgemeine Erfahrung lehrt, daß mündliche Anordnungen ihre Wirksamkeit nach und nach verlieren und daß sie schließlich, solange "alles gut geht", nicht mehr beachtet werden. Dafür, daß die Beklagten aufgrund ständiger Überwachung ihrer Arbeiter davon überzeugt sein durften, die mündliche Anweisung sei ihnen in Fleisch und Blut übergegangen, keiner der Arbeiter habe auch je nur den Versuch gemacht, sich über die Anordnung hinwegzusetzen, liegt nichts vor.

21

Subjektive Besonderheiten, die sie von dem schweren Vorwurf der groben Fahrlässigkeit entlasten könnten, haben die Beklagten für keinen von ihnen vorgetragen. Wie ihr Betrieb im einzelnen organisiert ist, kann die Klägerin nicht wissen. Die Beklagten haben hierzu nichts vorgetragen. Es muß danach für alle Beklagten zu 2-5 davon ausgegangen werden, daß ihnen gleichermaßen die Fürsorge für ihre Arbeiter obgelegen hat, daß sie nach der Organisation des Betriebes der Beklagten zu 1 sämtlich auch mit den technischen Belangen befaßt waren und daß jedem von ihnen zur Last fällt, grob nachlässig das außer Acht gelassen zu haben, was die Klägerin mit ihrer Unfallverhütungsvorschrift und der Anweisung vom April 1970 verlangt hatte. Die Beklagten zu 2-5 haften deswegen nach § 640 RVO. Die Haftung der Beklagten zu 1 beruht auf § 641 RVO, weil jeder der Beklagten zu 2-5, die die Beklagte zu 1 vertreten, den Unfall grob fahrlässig herbeigeführt hat.

22

Das Verschulden auf der Seite der Beklagten wird nicht durch ein Mit verschulden des Arbeiters H. gemindert. Es mag sein, daß der Arbeiter Hund unvorsichtig gewesen ist und daß er sich sogar über Anweisungen der Beklagten hinweggesetzt hat. Anders als bei dem auf § 1542 RVO beruhenden Regreßanspruch, bei dem vom Geschädigten abgeleitete Ansprüche geltend gemacht werden und bei denen dessen Schadensbeitrag ins Gewicht fallen kann, verfolgt die Klägerin gegenwärtig einen für sie durch die Reichsversicherungsordnung originär geschaffenen Ersatzanspruch. Bei ihm geht es darum, dem Sozialversicherungsträger eine Entlastung deswegen zu verschaffen, weil er - ohne dem Verletzten dessen Mitschuld an seinem Unfall entgegenhalten zu können - infolge groben Verstoßes im Bereich des Unternehmers oder von Betriebsangehörigen) Leistungen zu erbringen hat. Das hat der Bundesgerichtshof im Anschluß an die gleichlautende Rechtsprechung des Reichsgerichts zu § 903 RVO a. F. wiederholt auch in Kenntnis der Gegenstimmen im Schrifttum entschieden, die eine Berücksichtigung des Mitverschuldens des Verletzten für angebracht halten (vgl. zuletzt BGH NJW 73, 1497). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Sie war dem Gesetzgeber bei der Neuordnung des Unfallversicherungsrechts bekannt. Wenn er gleichwohl die einschlägigen Vorschriften in UVNRG - vom 30. April 1963 insoweit nicht geändert hat, ist davon auszugehen, daß diese Rechtsprechung auch dem Willen des Gesetzgebers entspricht.

23

Vergebens erstreben die Beklagten auch eine Minderung ihrer Ersatzpflicht mit dem Vorbringen, die Klägerin selbst treffe ein Mitverschulden daran, daß in dem Betrieb in Tramm (noch) keine wirksame Schutzvorrichtung an dem Förderband angebracht war. Daß ein technischer Aufsichtsbeamter der Klägerin den Betrieb der Beklagten in T. vor dem Unfall überhaupt kontrolliert hat, ihm hierbei der Mangel wirksamer Schutzvorrichtungen an diesem Förderband hätte auffallen müssen, er diesen Mangel aber unbeanstandet gelassen habe, haben die Beklagten selbst nicht behauptet. Dazu wäre aller Anlaß gewesen, nachdem die Klägerin unter Hinweis auf den die Betriebsstätte in H. betreffenden Besichtigungsbericht vom 16. April 1970 ausdrücklich erklärt hatte, eine Kontrolle habe nur in dem Betrieb in H. stattgefunden. Denn es wäre Sache der Beklagten, rechtzeitig alle Umstände darzutun, aus denen sich über Mitschuldvorwurf - übersehen einer fehlenden Schutzvorrichtung in Tramm - ergeben könnte.

24

Im übrigen könnte der Mit Verschuldens einwand immer nur insoweit Erfolg haben, als die Klägerin mit Rücksicht auf eigenes früheres Verhalten gerade den Beklagten gegenüber mit ihrer Forderung nach vollem Ersatz billigerweise nicht durchdringen darf (BGH VersR 1970, 344 mit Zitaten). Hier geht es vordringlich um eine Pflichtverletzung der Beklagten. Im Verhältnis zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ist es Aufgabe der Beklagten, für den betriebssicheren Zustand ihrer Arbeitsgeräte zu sorgen. Die Pflicht zur Unfallverhütung im konkreten Einzelfall liegt bei ihnen, grundsätzlich aber nicht bei der Klägerin. Das hat der Bundesgerichtshof in der nach wie vor umstrittenen Frage, ob der nach § 640 RVO Rückgriff nehmenden Berufsgenossenschaft der Einwand mitwirkenden eigenen Verschuldens entgegengehalten werden kann, zuletzt in der zur Veröffentlichung im Nachschlagewerk bestimmten Entscheidung vom 15. Januar 1974 (VI ZR 90/72) ausgesprochen.

25

Die Beklagten können mithin, da der Klägerin eine Pflichtverletzung (durch übersehen einer fehlenden Schutzvorrichtung) nicht vorzuwerfen ist, billigerweise nicht einen Teil der Verantwortung auf die Klägerin abwälzen.

26

Die Revision wegen dieser Frage zuzulassen besteht schon aus tatsächlichen Gründen kein Anlaß.

27

Die Beklagten haben danach die der Höhe nach unstreitigen Aufwendungen der Klägerin für den Arbeiter H. zu ersetzen.

28

Der Ersatzanspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Die Bestimmung des § 642 RVOüber die einjährige Verjährung von Rückgriffsansprüchen findet sich zwar im Zusammenhang mit den hier anzuwendener Bestimmungen der §§ 640, 641 RVO. Sie umfaßt jedoch nicht schlechthin alle Rückgriffsansprüche der Sozialversicherungsträger. Der einjährigen Verjährung sind vielmehr nur solche Ansprüche des Sozialversicherungsträgers gegenüber dem Unternehmer unterworfen, die ihre Grundlage in einer bindend festgestellten Leistungspflicht des Trägers der Unfallversicherung haben. Die bindende Feststellung setzt einen förmlichen schriftlichen Bescheid voraus (§ 1583 RVO), aus dem der Berechtigte - hier: der Arbeiter Hund - ersehen kann, ob er die ihm zustehenden Leistungen erhält. Der Bescheid muß überdies nach § 1590 RVO den Vermerk enthalten, daß er rechtskräftig (bindend) wird, wenn der Berechtigte nicht binnen eines Monats nach Zustellung einen näher erläuterten Rechtsbehelf einlegt. Daß ein solcher förmlicher schriftlicher Bescheid an den Arbeiter Hund ergangen ist, haben die Beklagten, die das Vorliegen der Voraussetzung für den Eintritt der Verjährung darzutun haben, nicht dargetan. Mit solcher Darlegung würde ihnen nichts Unzumutbares abgefordert. Denn sie hätten unschwer die Möglichkeit, sich bei dem Arbeiter Hund zu erkundigen, welche Bescheide er von der Klägerin erhalten hat. Im übrigen spricht aber auch nichts dafür, daß die Klägerin dem Arbeiter H. für die ihre Ersatzforderung zugrundeliegenden Leistungen einen förmlichen schriftlichen Bescheid erteilt hat. Denn die förmliche Feststellung hat nach § 1569 a Abs. 1 RVO zu geschehen, wenn es sich handelt um a) Gewährung von Renten, die nicht nur für die Vergangenheit gewährt werden, b) Änderung, Entziehung und Ruhen von Renten, c) Pflege, Heilanstaltspflege oder Anstaltspflege und d) Abfindungen. Um derartige Leistungen der Klägerin an den Arbeiter Hund geht es hier jedoch nicht. Die Klägerin ist nämlich nur für Krankenbehandlungskosten und Krankengeld (§ 768 Nr. 1 RVO) aufgekommen. Derartige Leistungen werden zwar nach § 1568 RVO ebenfalls "festgestellt", jedoch ergeht die Feststellung nicht im Wege eines förmlichen, sondern, soweit das Krankengeld in Frage steht, in aller Regel formlosen Bescheides. Dessen Übermittlung setzt jedoch die einjährige Verjährungsfrist für den Kläger der Unfallversicherung nicht in Laufe

29

Liegen die Voraussetzungen für den Eintritt der einjährigen Verjährung nicht vor, so bewendet es bei der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 642 RVO, Diese war bei Klagerhebung noch nicht verstrichen.

30

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 7 ZPO, wobei § 713 a ZPO berücksichtigt ist.