Amtsgericht Braunschweig
Urt. v. 26.06.2015, Az.: 119 C 1147/15

Rückzahlung einer vom Unternehmer gezahlten Darlehensbearbeitungsgebühr als Preisnebenabrede zur Finanzierung eines Pkw

Bibliographie

Gericht
AG Braunschweig
Datum
26.06.2015
Aktenzeichen
119 C 1147/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 26951
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGBRAUN:2015:0626.119C1147.15.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
LG Braunschweig - 30.09.2015 - AZ: 8 S 341/15

In dem Rechtsstreit
...
hat das Amtsgericht Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 19.06.2015 durch die Richterin am Amtsgericht Geyer für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagte hat zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet.

  4. 4.

    Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Rückzahlung einer von ihm als Unternehmer gezahlten Darlehensbearbeitungsgebühr.

Die Parteien schlossen am 30.07.2010 einen Unternehmerdarlehensvertrag zur Finanzierung eines Pkw Der Kläger unterzeichnete hierzu ein von der beklagten Darlehensgeberin vorgefertigtes Formular. Darin war neben der Darlehenssumme nebst Zinsen auch eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 348,32 € vermerkt. Hinsichtlich der Einzelheiten des Darlehensvertrags wird auf BI. 26 - 29 d. A. verwiesen. Der Vertrag ist zwischenzeitlich beendet. Der Kläger fordert nunmehr die geleistete Bearbeitungsgebühr von der Beklagten zurück.

Er ist der Auffassung, die Beklage habe die Bearbeitungsgebühr zu Unrecht erhoben. Es handele sich bei ihr um eine AGB-Klausel, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhalte. Zur Begründung bezieht sich der Kläger auf die aktuelle BGH-Rechtsprechung zu Bearbeitungsentgelten, BGH XI 405/12 und BGH XI ZR 170/13.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 348,32 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4,9 % seit 01.09.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, die von dem Kläger zitierte Rechtsprechung gelte nur bei Verbraucherkreditverträgen und sei aufgrund der Unternehmereigenschaft des Klägers vorliegend nicht anwendbar.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensbearbeitungsgebühr in Höhe von 348,32 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative BGB. Der Kläger hat die entsprechende Zahlung aufgrund wirksamer Vertragsbestimmungen, auf die sich die Parteien geeinigt haben, vorgenommen und kann sie nun nicht zurückverlangen.

1.

Die im Darlehensvertrag der Parteien als "Bearbeitungsgebühr" bezeichnete Klausel stellt eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB dar. Gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind AGB für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Bei der Bestimmung über das Bearbeitungsentgelt handelt es sich um eine vorformulierte Vertragsbedingung. Sie ist von der Beklagten zum Zwecke wiederholter Verwendung im Vertragstext schriftlich fixiert worden, wird nach bestimmten Vorgaben errechnet und sodann regelmäßig in den Vertrag einbezogen. So ist es auch beim Kläger geschehen.

2.

Die Klausel ist trotz der Unternehmereigenschaft des Klägers einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB zugänglich, § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB.

3.

Die Vereinbarung des Bearbeitungsentgeltes stellt auch eine kontrollfähige Preisnebenabrede dar. Die laufzeitunabhängige Zahlung ist weder Hauptleistung für die Darlehensgewährung noch Vergütung für zusätzlich angebotene Sonderleistungen auf vertraglicher Grundlage. Vielmehr soll mit ihr der Aufwand der Bank bei der Abwicklung und Auszahlung eines Darlehens abgegolten werden. Damit ist das Bearbeitungsentgelt als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB zugänglich (vgl. BGH XI ZR 405/ 12). Mit ihm wird von dem Leitbild des Darlehensvertrages, wie es sich aus § 488 BGB ergibt, abgewichen (vgl. BGH aaO.).

4.

Die Vereinbarung des Bearbeitungsentgelts hält allerdings der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB stand, da mit ihr bei Verwendung gegenüber einem Unternehmer keine unangemessene Benachteiligung verbunden ist.

a)

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind Entgeltklauseln in AGB, die von wesentlichen Grundgedanken der Rechtsvorschriften abweichen, zwar grundsätzlich nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (vgl. BGH XI ZR 219/98, BGH XI ZR 78/08), die unangemessene Benachteiligung wird hierdurch jedoch lediglich indiziert (vgl. BGH XI ZR 405/12 Rn 69).

b)

Bei einem Unternehmerkredit - wie hier - führt die somit gebotene umfassende Interessenabwägung letztlich zur Angemessenheit der Klausel. Die vom Kläger angeführte BGH-Rechtsprechung zu Unzulässigkeit von Bearbeitungsentgelten ist insoweit nicht übertragbar (so auch OLG München 27 U 1088/14, LG München 22 0 21794/13, LG Augsburg 31 0 3164/14). Sie stützt sich argumentativ insbesondere auf Besonderheiten bei Verbraucherkreditverträgen (vgl. BGH XI 405/12 Rn 77 f.). So führt der BGH zur Begründung der Unangemessenheit aus, dass die Vereinbarung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts letztlich eine Umgehung des § 501 BGB darstelle und der vollständige Einbehalt des Bearbeitungsentgeltes bei vorzeitiger Vertragsbeendigung das jederzeitige Ablösungsrecht aus § 500 Abs. 2 BGB gefährde, welches gemäß § 511 BGB zwingend sei (vgl. BGH a.a.O.. Rn 79, 80). Diese Argumentation ist auf den Unternehmer schon deshalb nicht übertragbar, da die §§ 491 - 510 BGB gemäß § 511 BGB nur für Verbraucherdarlehensverträge gelten. Hinzu kommt, dass im Vergleich zwischen Verbraucherkreditverträgen und Unternehmerkreditverträgen die Fallkonstellationen und Interessenlagen der Beteiligten nicht vergleichbar sind. So ist der Unternehmer im geschäftlichen Verkehr nicht zuletzt aufgrund seiner Kenntnis von Gebräuchlichkeiten im Handelsverkehr weniger schutzwürdig als der Verbraucher. Dem Unternehmer dürfte die im Geschäftsverkehr gebräuchliche Wahlmöglichkeit zwischen der Erhebung eines Bearbeitungsentgeltes bei gleichzeitig niedrigerem Zinssatz oder einem höheren Zinssatz unter Wegfall des Bearbeitungsentgeltes geläufig sein. Wenn er sich dann für die eine oder andere Variante entscheidet, so dürfte dies auf unternehmerischen Gesichtspunkten beruhen und ist entsprechend zu respektieren. Darüber hinaus fehlt es im Verhältnis zwischen Unternehmer und Bank an der für einen Verbraucherkreditvertrag typischen situativen Unterlegenheit des Verbrauchers. Die Übertragung der vom Kläger angeführten BGH-Rechtsprechung zur Unzulässigkeit von Bearbeitungsentgelten auf Unternehmerkreditverträge würde im Ergebnis dazu führen, dass auch weltweit operierende Firmen in den Genuss eines Verbraucherschutzes kämen, ohne dass ein Bedarf bei ihnen ersichtlich ist. Das Gericht setzt hier beim Unternehmer auf die Stärkung von Eigenverantwortlichkeit statt auf eine Fürsorge, die letztlich bevormundend ist.

Mangels Hauptanspruch scheitern auch jegliche Nebenansprüche.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung wird zugelassen (§ 511 Abs. 4 ZPO). Die Frage, ob die BGH-Rechtsprechung zu Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherkreditverträgen auch auf Unternehmerkreditverträge Anwendung findet, ist bislang nicht geklärt. Dies wäre im Sinne der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wünschenswert.

Geyer Richterin am Amtsgericht