Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 16.12.1977, Az.: 2 U 180/77

Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erstattung von im Voraus entrichteten Pachtzines

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.12.1977
Aktenzeichen
2 U 180/77
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1977, 16189
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1977:1216.2U180.77.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 25.05.1977 - AZ: 6 O 10/77

Fundstellen

  • MDR 1978, 492-493 (Volltext mit amtl. LS)
  • WuM 1980, 186 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Anspruch auf Erstattung vorausbezahlter Pachtzinsen

In dem Rechtsstreit
...
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 1977
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht O. und
der Richter am Oberlandesgericht K. und Dr. S.
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 25. Mai 1977 verkündete Teilurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer des Beklagten wird auf 5.300,- DM festgesetzt.

Entscheidungsgründe

1

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

2

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat richtig entschieden.

3

Nachdem die Parteien die beiden Pachtverträge vom 23. Dezember 1971 und vom 5. November 1973 einverständlich aufgehoben und nicht bis zu dem ursprünglich vorgesehenen Ende durchgeführt haben, richtet sich der Anspruch des Klägers auf Erstattung des im voraus entrichteten Pachtzinses gemäß § 581 Abs. 2 BGB nach § 557 a Abs. 1 BGB und dem dort in Bezug genommenen Rücktrittsrecht. Die von Strutz in NJW 1968 S. 1955/1956, vertretene Auffassung,§ 557 a BGB sei bei Miet- und Pachtaufhebungsverträgen nicht anwendbar, ist unzutreffend. Diese Bestimmung ist durch das Zweite Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. Juli 1964 - BGBl. I S. 457 - in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt und an die Stelle von § 543 Abs. 2 und § 555 BGB a.F. gesetzt worden, in denen nur der Fall der Kündigung geregelt war, während § 557 a Abs. 1 BGB nunmehr schlechthin von der Beendigung des Mietverhältnisses spricht. Der Gesetzeszweck ist eindeutig. Durch § 557 a BGB soll der Mieter bei jeder Art der vorzeitigen Vertragsbeendigung davor geschützt werden, den nicht verbrauchten und somit zuviel entrichteten Mietzins einzubüßen (ebenso Schopp, ZMR 1969, 161 sowie in Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6. Aufl., 1975, Anm. 2 zu § 557 a; s. auch Soergel-Sieber-Mezger, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., 1967, Anm. 3 - allerdings unter unzutreffender Berufung auf BGH LM Nr. 62 zu § 812 = NJW 1964, 37 [BGH 07.10.1963 - VIII ZR 139/62] -; Gelhaar in BGB-RGRK, 12. Aufl., 1977, Anm. 3 und Palandt-Putzo, Bürgerliches Gesetzbuch, 37. Aufl., 1978, Anm. 2 a, sämtlich zu§ 557 a). Daß der Vermieter bei der vorzeitigen Aufhebung des Vertrages regelmäßig (und so auch in dem vorliegenden Fall) nach Rücktrittsrecht haftet, ergibt sich daraus, daß der Gesetzgeber die Rücktrittshaftung als Grundsatz und die Bereicherungshaftung als Ausnahmefall beschrieben hat. Wenn beide Parteien den Vertrag einverständlich aufgehoben haben, hat das auch der Vermieter zu vertreten. Es gilt dann der Grundsatz der Rücktrittshaftung. Das ist auch interessegerecht denn mit dem Willensentschluß, das Mietverhältnis vorzeitig zu beenden, begibt sich der Vermieter, obwohl er rechtlich dazu nicht gezwungen ist, in eine Lage, die dem durch einen Rücktritt herbeigeführten Abwicklungsverhältnis entspricht. Er weiß, daß er durch die Vertragsbeendigung die Mietsache vorzeitig zurückerhält und daß er demgemäß zuviel Mietzins empfangen hat. Diesen Mietzinsanteil muß er zurückerstatten, und zwar, wie es in § 557 a Abs. 1 BGB grundsätzlich bestimmt ist, "nach Maßgabe des § 347" (im Ergebnis ebenso Pergande, Wohnraummietrecht, 1968, Anm. 3 i zu § 557 a; anders Schopp, ZMR 1969, 161, 162, der hierin eine Benachteiligung des Vermieters erblickt und in Anlehnung an die §§ 323 ff BGB eine Interessenabwägung aus dem Rechtsgedanken des § 254 BGB empfiehlt). Der Beklagte haftet somit aus den Pachtverträgen nach Rücktrittsrecht auf Erstattung der zuviel gezahlten Pachtzinsen. Das sind mindestens die dem Kläger in dem angefochtenen Urteil zugesprochenen 5.300,- DM nebst Zinsen.

4

Dasselbe hätte - jedenfalls wegen dieses Betrages - zu gelten, wenn der Umfang des Erstattungsanspruchs entsprechend der in § 557 a Abs. 1 vorgesehenen Rechtsfolgenverweisung auf die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung oder - bei Unanwendbarkeit des § 557 a Abs. 1 BGB - unmittelbar nach den §§ 812 ff BGB zu beurteilen wäre; denn auch dann wäre der Beklagte verpflichtet, die zuviel entrichteten und noch in seinem Vermögen vorhandenen 5.300,- DM zurückzuzahlen.

5

Die Einwendungen des Beklagten sind allesamt unbegründet. Es ist richtig, daß sich der Beklagte bei der Ermittlung der Höhe des auf den Vertrag vom 23. Dezember 1971 entfallenden Erstattungsanspruchs verrechnet hat. Von den 12.000,- DM ist der für die tatsächliche Laufzeit des Vertrages bezahlte Pachtzins abzuziehen. Das sind 57 Monate zu je 30,- DM, also 1.710,- DM und nicht 1.725,- DM. Dieser Rechenfehler wirkt sich aber zum Nachteil des Klägers aus. Darum hat dieser Fehler nichts zu besagen.

6

Der Beklagte meint, bei dem vorausgezahlten Pachtzins handle es sich "um den jeweils per Vertragsbeginn kapitalisierten Jahresmietzins" (S. 3 seines Schriftsatzes vom 15. August 1977). Das haben die Parteien aber nicht vereinbart, und auch die übrigen Umstände bieten für die Ansicht des Beklagten keine Grundlage. Davon abgesehen ist seine Rechnung falsch. Wie der Kläger in der Berufungsbeantwortung vom 1. November 1977 zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich dann sogar für ihn, den Kläger, noch ein Mehrbetrag.

7

Ebensowenig hat der Beklagte mit der erklärten Aufrechnung wegen der Reparaturkosten Erfolg. Im ersten Rechtszug hat er sich auf die Behauptung beschränkt, der Kläger habe nicht ein einziges Mal "zu den häufig fällig werdenden Reparaturen der Boxen beigetragen", sondern die von seinen Pferden "verursachten Beschädigungen ... durch den Beklagten bzw. seine Beauftragten durchführen lassen", und diese Kosten beliefen sich, wie ein Sachverständigengutachten ergeben werde, "im Durchschnitt" auf jährlich 200,- DM für jede Box (S. 4 seines Schriftsatzes vom 26. April 1977). Damit hat der Beklagte seiner Plficht zur näheren Darlegung (Substantiierung) seines Anspruchs auf Erstattung der "Reparaturkosten" im Sinne von Nr. 6 des Vertrages vom 23. Dezember 1971 (der auch für den Vertrag vom 5. November 1973 gilt) nicht genügt. Es gibt auch keinen Erfahrungssatz von der Art, daß bei einer vertragsgemäß genutzten Pferdebox jährlich für 200,- DM Reparaturen auszuführen sind. Der Beklagte hätte also behaupten und darlegen müssen, welche Beschädigungen im einzelnen entstanden sind und welche Kosten ihre Beseitigung verursacht hat. Das hat er nicht getan. Darum ist das Landgericht auf seine Beweisantritte (Zeugnis der Pferdepfleger H. und L., a.a.O. benannt) nicht eingegangen und hat diese Gegenansprüche als unbegründet abgewiesen. Das ist nicht zu beanstanden. Im zweiten Rechtszug sagt der Beklagte nichts Neues, sondern bleibt bei seiner Behauptung, es seien "Reparaturkosten von (mindestens) 200,- DM tatsächlich angefallen" (S. 5 seines Schriftsatzes vom 15. August 1977).

8

Hiernach wird die Berufung zurückgewiesen. Auf die hilfsweise Anregung des Beklagten, die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, geht der Senat nicht ein. Für eine Zurückverweisung besteht kein Anlaß.

9

Die Entscheidung über die Kosten, die Vollstreckbarkeit und die Beschwer beruht auf § 97 Abs. 1, auf § 708 Nr. 10 i.V. mit § 713 und auf § 546 Abs. 2 ZPO.