Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 17.12.2003, Az.: 6 A 5940/02
Anwendung; aufschiebende Wirkung; Dauer; Fairnessgebot; mündliche Prüfung; Nichtbestehen; Nichtbestehen der Prüfung; Prüfung; Prüfungsordnung; Prüfungszeit; Überschreitung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 17.12.2003
- Aktenzeichen
- 6 A 5940/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48302
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 12 Abs 1 GG
- § 80 Abs 5 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Gibt die Prüfungsbehörde in der Ladung zu einer Prüfung eine bestimmte Fassung der Prüfungsordnung an, ist sie für das weitere Prüfungsverfahren regelmäßig an diese Erklärung gebunden.
2. Ein Prüfungsfehler liegt regelmäßig vor, wenn die vorgeschriebene Prüfungsdauer erheblich überschritten wird und nicht festgestellt werden kann, dass der Bewertungsspielraum der Prüfer ausnahmsweise auf eine bestimmte Note reduziert war.
3. Hat der Prüfling einen Bescheid über das vorzeitige Nichtbestehen der (Hochschul-) Prüfung angefochten, ist die Prüfungsbehörde verpflichtet, die weiteren von ihm studienbegleitend erbrachten Prüfungsleistungen zeitnah zu bewerten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid über das endgültige Nichtbestehen seiner Diplomprüfung.
Der Kläger ist als Student im Studiengang Feinwerktechnik bei der Beklagten eingeschrieben und befand sich im Sommersemester 2003 im 13. Fachsemester. Im Hauptstudium belegt er das Pflichtfach Regelungs- und Steuerungstechnik 1. Zu Beginn seines Studiums galt hierfür die Diplomprüfungsordnung der Beklagten für die Studiengänge Physik-, Mess- und Feinwerktechnik in der Fassung vom 13.12.1996 (DPO 1996). Im Verkündungsblatt der Beklagten vom 01.08.2001 wurde der Allgemeine Teil der Prüfungsordnung für die Studiengänge der Beklagten (DPO-AT 2001) bekannt gegeben.
Nach Zulassung zur Diplomprüfung erbrachte der Kläger im Fach Regelungs- und Steuerungstechnik 1 am 07.01.2000, 05.01.2001 und 09.01.2002 und 17.04.2002 Prüfungsleistungen, die jeweils mit der Note 5,0 (nicht ausreichend) bewertet wurden. Außerdem war der Kläger bereits von den für diese Prüfungsleistungen vorgesehenen Terminen am 03.07.2000 und 28.06.2001 zurückgetreten.
Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 25.04.2002 mit, er könne "eine mündliche Ergänzungsprüfung (§ 12 der DPO 1996) ablegen". Der Termin hierfür sei der 16.05.2002. Auf Bitten des Klägers wurde dieser Termin jedoch verschoben. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses teilte ihm daher mit Schreiben vom 10.06.2002 noch einmal mit, dass er "eine mündliche Ergänzungsprüfung (§ 12 der DPO 1996) ablegen" könne; der Termin hierfür sei nunmehr der 28.06.2002.
Die mündliche Ergänzungsprüfung fand sodann am 28.06.2002 statt. Ausweislich des Prüfungsprotokolls (Beiakte A, Bl. 36-29), das in vorgedruckter Form den Zusatz "(Dauer der mündlichen Prüfung je Prüfling: 15 bis 30 min. gemäß § 8 DPO)" enthält, dauerte sie von 10.03 Uhr bis 10.50 Uhr, mithin 47 Minuten, und wurde wiederum mit der Note 5,0 (nicht ausreichend) bewertet.
Mit Bescheid vom 01.07.2002 teilte der stellvertretende Vorsitzende des Prüfungsausschusses der Beklagten dem Kläger mit, er habe die mündliche Ergänzungsprüfung "gemäß § 12 der gültigen Diplomprüfungsordnung" nicht bestanden. Zu weiteren Prüfungen sei er daher nicht mehr zugelassen und eine Fortsetzung des Studiums nicht möglich. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 17.07.2002 Widerspruch und begründete diesen mit Schreiben vom 31.07.2002. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2002 als unbegründet zurück.
Die vom Kläger bereits am 31.01.2002 abgegebene Diplomarbeit und die von ihm am 10.07.2002 unter Vorbehalt seitens der Beklagten angefertigte Klausur im Fach Angewandte Mathematik sind bislang nicht bewertet worden. Im Übrigen hat der Kläger alle erforderlichen Prüfungsleistungen erbracht und bestanden.
Der Kläger hat am 06.12.2002 Klage erhoben.
Zur Begründung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die mündliche Ergänzungsprüfung vom 28.06.2002 sei verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden und das Prüfungsergebnis beruhe auf diesem Verfahrensfehler. Der Bescheid der Beklagten vom 01.07.2002 und ihr Widerspruchsbescheid vom 12.11.2002 seien deswegen rechtswidrig und aufzuheben. Er habe einen Anspruch auf erneute Durchführung der mündlichen Ergänzungsprüfung im Fach Regelungs- und Steuerungstechnik 1. Ferner seien seine Klausur im Fach Angewandte Mathematik und seine Diplomarbeit zu bewerten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 01.07.2002 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 12.11.2002 gefunden hat, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung vertritt die Beklagte im Wesentlichen die Auffassung, die mündliche Ergänzungsprüfung vom 28.06.2002 sei ordnungsgemäß durchgeführt und rechtsfehlerfrei mit der Note 5,0 (nicht ausreichend) bewertet worden, so dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien und der Kläger keinen Anspruch mehr auf Fortsetzung des Prüfungsverfahrens habe.
Der Rechtsstreit ist mit Beschluss der Kammer vom 22.05.2003 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
Das Gericht bewilligte dem Kläger mit Beschluss vom 03.07.2003 für das Verfahren im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf diesen Beschluss, der den Beteiligten bekannt ist, verwiesen.
Mit Verfügung vom 11.08.2003 unterbreitete das Gericht den Beteiligten einen Vorschlag für den Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs. Dieser kam nicht zu Stande.
Mit Schriftsätzen vom 11.11.2003 und 12.11.2003 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Die Beklagte regte zwar mit weiterem Schriftsatz vom 18.11.2003 noch einmal eine Beweiserhebung durch Vernehmung der Prüfer als Zeugen an, erklärte hierzu jedoch am 16.12.2003 fernmündlich, dies sei nicht als Widerruf des Einverständnisses mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu verstehen; sie sei weiterhin mit einer solchen Entscheidung einverstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten (Beiakte A) sowie die als weitere Beiakten beigezogenen Vorschriften der DPO 1996 (Beiakte B) und der DPO-AT 2001 (Beiakte C) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 VwGO durch den Berichterstatter als Einzelrichter. Dieser kann mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die statthafte Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO) ist zulässig und begründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 01.07.2002 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 12.11.2002 gefunden hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), ist rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten, so dass der Bescheid und der Widerspruchsbescheid aufzuheben sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Einer weitergehenden Klage des Klägers bedurfte es im Übrigen nicht mehr, denn es ist davon auszugehen, dass die Beklagte das Prüfungsverfahren des Klägers nunmehr auch ohne dies fortsetzen wird (vgl. zu Klageziel und Klageart Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2: Prüfungsrecht, 3. Aufl., Rn. 381 ff.).
Als Rechtsgrundlage des Bescheides käme nur § 28 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 2 DPO 1996 in Betracht. Danach erteilt die oder der Vorsitzende des Prüfungsausschusses dem Prüfling einen schriftlichen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid, wenn die Diplomprüfung endgültig nicht bestanden ist, was dann der Fall ist, wenn eine Fachprüfung oder die Diplomarbeit mit „nicht ausreichend“ bewertet ist oder als derart bewertet gilt und eine Wiederholungsmöglichkeit nicht mehr besteht. Dies setzt indes wiederum voraus, dass die Bewertung einer Fachprüfung (oder der Diplomarbeit) mit der Note „nicht ausreichend“ rechtmäßig zu Stande gekommen ist. Diese Voraussetzungen liegen hier hinsichtlich der Fachprüfung des Klägers im Fach Regelungs- und Steuerungstechnik 1 nicht vor.
Denn die mündliche Ergänzungsprüfung des Klägers im Fach Regelungs- und Steuerungstechnik 1 vom 28.06.2002 ist nach Überzeugung des Gerichts verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden, und es ist nicht mit hinreichender Gewissheit auszuschließen, dass das Prüfungsergebnis auf diesem Verfahrensfehler beruht.
Offen bleiben kann dabei, ob auf das Prüfungsverfahren des Klägers objektiv-rechtlich die DPO 1996 oder die entsprechenden Bestimmungen der DPO-AT 2001 anzuwenden gewesen wären. Für Ersteres dürfte jedoch sprechen, dass der Kläger sein Prüfungsverfahren unter Geltung der DPO 1996 begonnen hat und eine wesentliche Änderung der Prüfungsbedingungen im laufenden Prüfungsverfahren unzulässig ist (Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 2. Aufl., Rn. 21; Salzwedel in: Flämig u.a., Handbuch des Wissenschaftsrechts, Band 1, 2. Aufl., S. 722 f., jeweils m.w.N.). Dieser Gesichtspunkt dürfte dann allerdings auch der Anwendung der - ausgesprochen unübersichtlichen - Übergangsvorschrift in § 29 Abs. 3 DPO-AT 2001 auf den Kläger entgegen stehen.
Entscheidend ist, dass die Beklagte selbst dem Kläger in den Ladungen zur mündlichen Ergänzungsprüfung vom 25.04.2002 und 10.06.2002 mitgeteilt hat, die mündliche Ergänzungsprüfung werde nach "§ 12 der DPO 1996" durchgeführt. Erklärt eine Prüfungsbehörde gegenüber einem Prüfling in der Ladung zu einer Prüfung aber ausdrücklich, die Prüfung werde nach einer bestimmten Prüfungsordnung durchgeführt, so muss sie sich auf Grund des im Prüfungsrecht in besonderem Maße geltenden Fairnessgebotes an dieser Erklärung festhalten lassen und kann sich später nicht darauf berufen, tatsächlich habe eine andere Prüfungsordnung zu Grunde gelegt werden sollen. Mithin durfte sich der Kläger auf die genannten Erklärungen der Beklagten verlassen und sich dementsprechend darauf einstellen, dass der durchzuführenden Prüfung (weiterhin) die DPO 1996 zu Grunde gelegt wird. Hiervon ist im Übrigen auch die Beklagte selbst zunächst offensichtlich ausgegangen. Denn abgesehen davon, dass sie für die Protokollierung der streitigen Prüfung einen Vordruck verwendet hat, der auf § 8 Abs. 4 Satz 3 DPO 1996 verweist, wird in dem angefochtenen Bescheid vom 01.07.2002 ausdrücklich ausgeführt, der Kläger habe die mündliche Ergänzungsprüfung "gemäß § 12 der gültigen Diplomprüfungsordnung" nicht bestanden; die mündliche Ergänzungsprüfung ist jedoch nur in der DPO 1996 in § 12 geregelt, während sie in der DPO-AT 2001 in § 13 behandelt wird. Die Beklagte kann daher jedenfalls nicht mit dem Einwand gehört werden, objektiv-rechtlich seien die Vorschriften der DPO-AT 2001 anzuwenden gewesen.
Die danach maßgeblichen Verfahrensvorschriften der DPO 1996 sind hier nicht eingehalten worden. Denn es liegt jedenfalls ein Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz i.V.m. § 8 Abs. 4 Satz 3 DPO 1996 vor. Danach beträgt die Dauer der Prüfung je Prüfling 15 bis 30 Minuten. Hier dauerte die Prüfung vom 28.06.2003 tatsächlich 47 Minuten und überstieg die vorgeschriebene Höchstdauer von 30 Minuten mithin um etwa 57 %.
Dieser Verfahrensfehler ist auch beachtlich.
Denn zum einen handelt es sich bei der Regelung in § 8 Abs. 4 Satz 3 DPO 1996 um keine unverbindliche Ordnungsvorschrift, sondern um eine strikte Verfahrensregelung, indem festgelegt wird, dass die Prüfung zwingend "bis 30 Minuten ... beträgt"; eine Abweichung hiervon im Ermessen der Prüfer ist nicht vorgesehen.
Zum anderen ist die Überschreitung der vorgeschriebenen Höchstdauer um deutlich mehr als 50 % auch offensichtlich nicht geringfügig.
Schließlich kann nicht mit hinreichender Gewissheit ausgeschlossen werden, dass der Fehler Einfluss auf das Prüfungsergebnis gehabt hat. Dies ist bei einer nicht nur geringfügigen Überschreitung der zwingend vorgeschriebenen Prüfungshöchstdauer regelmäßig nur dann nicht der Fall, wenn nach Ablauf der regulären Prüfungszeit unter den zur Entscheidung berufenen Prüfern Einigkeit über das bis dahin erzielte Ergebnis bestand und das nach - rechtswidriger - Fortsetzung der Prüfung festgestellte Ergebnis davon nicht abweicht. Fehlt es hingegen an einer rechtzeitigen Ergebnisfeststellung und war der Bewertungsspielraum der Prüfer zu diesem Zeitpunkt auch nicht aus besonderen, von der Prüfungsbehörde nachzuweisenden Gründen "auf Null", d.h. auf die später festgesetzte Note reduziert, so kann regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass die Leistungen des Prüflings in der - rechtswidrigen - Verlängerungsphase auf das danach (erstmals) festgestellte Prüfungsergebnis ohne Einfluss geblieben sind (so zutreffend OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.07.1991 - 22 A 1533/89 - NVwZ-RR 1992, 246). So liegt es hier.
Denn einerseits fehlt es jedenfalls an einer Protokollierung eines Prüfungsergebnisses nach spätestens 30 Minuten. Auch sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die Prüfer überhaupt bewusst gewesen sind, dass die Prüfung nur längstens 30 Minuten hätte dauern dürfen, und sie sich zu diesem Zeitpunkt bereits Gedanken über ein bestimmtes Prüfungsergebnis gemacht hätten. Vielmehr dürfte es sich mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit so verhalten, dass die Prüfer irrtümlich von der in § 13 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 9 Abs. 4 Unterabsatz 2 Satz 1 DPO-AT 2001 vorgesehenen Prüfungsdauer von bis zu 45 Minuten ausgegangen sind.
Dann müsste jedoch festgestellt werden können, dass der Bewertungsspielraum der Prüfer hier ausnahmsweise auf das auch später festgestellte Prüfungsergebnis, also die Note 5,0 (nicht ausreichend), reduziert gewesen ist, wobei die Beklagte insoweit die sog. materielle Beweislast trägt, die Nichterweislichkeit dieses Punktes mithin zu ihren Lasten geht. Dies ist hier der Fall. Denn das Gericht hält es angesichts der soeben dargelegten Umstände des Falles für nicht hinreichend sicher auszuschließen, dass der Bewertungsspielraum der Prüfer bei Einhaltung der vorgeschriebenen Prüfungsdauer eine bessere Bewertung der Leistung des Klägers ermöglicht hätte.
Die von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 18.11.2003 angeregte Beweiserhebung, durch die bewiesen werden soll, dass die Prüfer sich nach 30 Minuten darüber einig waren, dass die Leistung des Klägers mit der Note 5,0 (nicht ausreichend) zu bewerten gewesen sei, führt das Gericht nicht mehr durch. Denn das Gericht sieht diese nachträgliche Behauptung der Beklagten als nicht hinreichend substantiiert an. Es fehlt nämlich, wie bereits dargelegt, an zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass sich die Prüfer nach Ablauf von 30 Minuten überhaupt Gedanken über das zu diesem Zeitpunkt festzustellende Ergebnis gemacht haben. Warum sich dann, wie die Beklagte weiter behauptet, dieses vermeintliche Ergebnis bei der Fortsetzung der Prüfung nur bestätigen konnte, ist nicht ersichtlich. Hierzu hätte es eines substantiierten Vorbringens etwa anhand des Prüfungsprotokolls bedurft, aus dem sich ergibt, welche Leistungen der Kläger nach 30 Minuten erbracht hatte und warum diese ausnahmsweise zwingend mit der Note 5,0 (nicht ausreichend) zu bewerten waren. Hieran fehlt es indes, und auch das Gericht sieht sich nicht in der Lage, den Sachverhalt insoweit weiter von Amts wegen aufzuklären. Vor diesem Hintergrund erscheint das jetzige Vorbringen der Beklagten als sog. „Behauptung ins Blaue hinein“ und der angeregte Beweis damit als unzulässiger Ausforschungsbeweis.
Danach sind der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid aufzuheben.
Das Gericht weist im Übrigen nur vorsorglich darauf hin, dass die Beklagte das Prüfungsverfahren des Klägers nunmehr fortzusetzen hat:
Hierzu ist zunächst die mündliche Ergänzungsprüfung im Fach Regelungs- und Steuerungstechnik 1 zu wiederholen.
Darüber hinaus hat der Kläger nach § 11 Abs. 1 DPO 1996 einen Anspruch auf zeitnahe Bewertung der von ihm angefertigten Klausur im Fach Angewandte Mathematik. Dem steht der Rechtsstreit um das Bestehen der mündlichen Ergänzungsprüfung im Fach Regelungs- und Steuerungstechnik 1 nicht entgegen. Dies ergibt sich schon ohne Weiteres daraus, dass im Rahmen der Diplomprüfung die Klausuren als Teile der Fachprüfungen (vgl. § 8 Abs. 1 DPO 1996) gemäß § 23 Abs. 3 DPO 1996 studienbegleitend abzulegen sind. Ein Prüfling ist folglich nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, studienbegleitend weitere Prüfungsleistungen zu erbringen, solange das endgültige Nichtbestehen der Prüfung nicht durch Bescheid bestandskräftig festgestellt worden ist. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs (§ 80 Abs. 1 VwGO) gegen einen Bescheid über das endgültige Nichtbestehen der Prüfung nach § 13 Abs. 2 DPO 1996 bewirkt insoweit, dass ein solcher Bescheid der Zulassung des Prüflings zu weiteren Prüfungsleistungen wie auch seinem Anspruch auf (zeitnahe) Bewertung solcher Prüfungsleistungen nach § 11 Abs. 1 DPO 1996 bis zum Eintritt der Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) des Bescheides (§ 80b VwGO) nicht entgegen steht.
Gleiches gilt hinsichtlich der Diplomarbeit des Klägers. Diese ist gemäß § 25 Abs. 8 DPO 1996 ebenfalls zeitnah nach ihrer Abgabe zu bewerten. Insoweit ergibt sich lediglich die Besonderheit, dass diese isolierte Bewertung der schriftlichen Arbeit zunächst nur vorläufigen Charakter hat. Denn die endgültige Note für die Diplomarbeit wird nach § 26 Abs. 4 DPO 1996 aus dem Ergebnis des Kolloquiums und der „vorläufigen Note“ der Diplomarbeit (nach § 25 Abs. 8 DPO 1996) gebildet (vgl. auch § 26 Abs. 2 Satz 1 DPO 1996, wonach die Zulassung zum Kolloquium voraussetzt, dass die Diplomarbeit von einer oder einem Prüfenden „vorläufig“ [nach § 25 Abs. 8 DPO 1996] mit mindestens „ausreichend“ bewertet worden ist).
Die Zulassung zum Kolloquium hängt hingegen, wie dargelegt, von der vorgenannten vorläufigen Bewertung der Diplomarbeit ab (§ 26 Abs. 2 DPO 1996).