Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 21.07.1977, Az.: 5 Wx 9/77

Wohnungseigentum; Wohnungseigentümer; Erwerb; Teilungserklärung; Verwalter; Hausordnung; Anbringung; Namensschild; Musik; Musikinstrument; Ruhestörung; Gewerbe; Beruf

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
21.07.1977
Aktenzeichen
5 Wx 9/77
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1977, 10957
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1977:0721.5WX9.77.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 6 T 353/76
AG Oldenburg - 30 II 70/75

Tenor:

Die weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden je zur Hälfte den Antragstellern und den Beteiligten zu 2., 4., 7. und 8. als Gesamtschuldner auferlegt.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Der Geschäftswert bzw. Wert des Beschwerdegegenstandes wird für alle drei Instanzen auf 5.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragsteller und Antragsgegner zu 2. - 8. sind Wohnungseigentümer des Wohnhauses ... in ... Eigentümer des Grundstückes war früher die Beteiligte zu 7. Diese hat das Wohnhaus für Interessenten an dem Erwerb von Wohnungseigentum erstellt und an die übrigen Beteiligten zu 1. - 8. verkauft. In § 7 der einzelnen Kaufverträge hieß es:

2

"Die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer und ihre Beziehungen untereinander sowie die zum Verwalter sind durch die in der Teilungserklärung und in dem Verwaltervertrag getroffenen Vereinbarungen geregelt. Käufer erkennt diese Vereinbarungen hiermit an und tritt in diese vom Tage der Wohnungsübergabe an ein.

3

Der gleiche Eintritt erfolgt in die sonstigen im Interesse der Wohngemeinschaft von der Verkäuferin bzw. vom Verwalter noch abzuschließenden Verträge."

4

§ 6 Abs. 3 der 1969 abgegebenen Teilungserklärung lautete:

5

"Im übrigen gilt die vom Hausverwalter aufzustellende Hausordnung."

6

§ 2 des von jedem Käufer unterzeichneten Verwaltervertrages bestimmte u.a.:

7

"Die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters ergeben sich aus den §§ 20 bis 28 WEG, der Teilungserklärung und aus diesem Vertrag.

8

Insbesondere hat der Verwalter folgende Rechte und Pflichten:

9

1) Eine Hausordnung aufzustellen ..."

10

Verwalterin war zunächst die Beteiligte zu 7., vertreten durch die ... Immobilien-GmbH in ....

11

Diese hat nach Einzug der Eigentümer in das Haus unter dem 16.11.1970 eine Hausordnung erstellt, in der es in Ziff. 4 u.a. hieß:

12

"Das Reinigen und Ausklopfen von Decken, Teppichen und dergl. darf nur im Hofe oder an einem dafür bestimmten Platze geschehen. An der Straßenseite wie auf den Balkonen dürfen Betten und Wäsche nicht herausgehängt werden.

13

Von 22 Uhr bis 7 Uhr und in der zu vereinbarenden Zeit der Mittagsruhe von 15 Uhr bis 15 Uhr darf kein ruhestörendes Geräusch gemacht werden, insbesondere keine Musik. Ausnahmen bei Familienfeiern, Gesellschaften und dergl. sind zulässig."

14

Nach dem Einzug brachte der Antragsteller ... der angestellter Musiklehrer ist, an der Hausfront des Hauses folgendes Schild an:

15

"...

16

Violin-Pädagoge

17

Beratung bei An- und Verkauf

18

von Streichinstrumenten."

19

Am 3.2.1971 fand die erste Eigentümerversammlung statt. Im Protokoll ist dazu unter 5 d) folgendes vermerkt:

20

"Anbringung des Namensschildes an der Hausfront von Herrn ....

21

Zunächst wies Frau ... darauf hin, daß das Schild vertragswidrig angebracht war, da hierzu alle Eigentümer angehört werden mußten. Um ähnlichen Vorfällen entgegenzutreten, wurde festgehalten, daß bei Angelegenheiten, die die Gemeinschaft betreffen, möglichst die Eigentümer-Versammlung abgewartet werden soll; bei Dringlichkeit kann durch Rundlauf über den Hausverwalter, wobei alle Eigentümer unterzeichnen müssen, ein Entschluß gefaßt werden.

22

Herr ... sagte aus, daß er kein Gewerbe im Hause ausübt.

23

Danach wurde folgende Abstimmung durchgeführt:

24

Für die Entfernung des Schildes stimmten: Herrn H. und Frau ... = 271/1.000

25

Für die Beibehaltung des Schildes stimmten: Familie ... und Frau ... = 549/1.000

26

Stimmenthaltung: Familie ... und Fräulein ... = 180/1.000

27

Damit kann das Schild, unter der Voraussetzung, daß Herr ... kein Gewerbe ausübt, an Ort und Stelle bleiben."

28

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 3.11.1975 wurden zu Ziff. 5 des Protokolls unter anderem folgende Beschlüsse gefaßt:

29

"Ec

30

Wäsche darf auf den Balkonen getrocknet werden, sofern die Höhe des Ständers, auf dem die Wäsche aufgehängt ist, die Höhe der Balkonbrüstung nicht übersteigt.

31

Der Antrag wurde gegen die Stimme von Herrn ... angenommen. Unter die "Höhe der Balkonbrüstung" ist die Oberkante des Metallrahmens zu verstehen.

32

Ed

33

Das Lüften von Betten und Bekleidung darf auf den Balkonen geschehen, wenn diese Gegenstände nicht über die Balkonbrüstung gehängt werden.

34

Der Antrag wurde bei einer Gegenstimme von Herrn ... mit 8 Stimmen angenommen.

35

Ef

36

In Zukunft dürfen keine Schilder mehr an der Hausfront angebracht werden; vorhandene Schilder sind zu entfernen.

37

Die Abstimmung ergab folgende Stimmenverteilung: 7 Stimmen dafür, 1 Enthaltung (Fräulein ...), 1 Gegenstimme (Herr ...).

38

Eg

39

Musikinstrumente dürfen nur in Zimmerlautstärke gespielt werden.

40

Die Abstimmung ergab folgende Stimmenverteilung: 6 Stimmen dafür, 2 Stimmenthaltungen (Frl. ... und Eheleute ...),1 Stimme dagegen (Herr Z.).;

41

Die Antragsteller haben beantragt, diese Beschlüsse für ungültig zu erklären, weil die Beschlüsse zu Ec, Ed und Eg in Widerspruch zu der durch Mehrheitsbeschluß nicht abänderbaren Hausordnung stünden und der Beschluß Ef dem früheren Beschluß vom 3.2.1971 widerspreche.

42

Die Antragsgegner haben beantragt, diese Anträge zurückzuweisen.

43

Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 29.4.1976 festgestellt, daß der Beschluß zu Eg unwirksam ist, und hat im übrigen die Anträge der Antragsteller zurückgewiesen.

44

Dagegen haben die Antragsteller und Antragsgegner zu 2., 4., 7. und 8. sofortige Beschwerde eingelegt, die Antragsteller mit dem Ziel, daß auch die Beschlüsse zu Ec, Ed und Ef für unwirksam erklärt werden sollen, die Antragsgegner zu 2., 4., 7. und 8. mit dem Ziel, den Beschluß zu Eg aufrechtzuerhalten.

45

Das Landgericht hat durch Beschluß vom 1.2.1977 die eingelegten Rechtsmittel zurückgewiesen. Dieser Beschluß ist den Antragstellern am 9.2., den Antragsgegnern zu 2., 4., 7. und 8. am 8.2.1977 zugestellt worden. Am 22.2.1977 haben die Beteiligten zu 2., 4., 7. und 8. gegen den Beschluß des Landgerichts sofortige weitere Beschwerde eingelegt, am 23.2.1977 die Antragsteller "weitere sofortige Anschlußbeschwerde."

46

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist nach den §§ 45 WEG, 27 FGG statthaft (vgl. Bärmann WEG 3. Aufl. § 45 Rdn. 3) und auch form- und fristgerecht erhoben. Dasselbe gilt auch von dem als weitere sofortige Anschlußbeschwerde bezeichneten Rechtsmittel der Antragsteller Zwar ist die Zulässigkeit einer Anschlußbeschwerde im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit bestritten (Bärmann § 45, Rdn. 5; Keidel-Winkler, FGG, 10. Aufl. § 22 Rdn. 7). Indessen braucht hierauf nicht näher eingegangen zu werden, da die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller hier ebenfalls innerhalb der Rechtsmittelfrist eingelegt ist und damit als eigenständige sofortige weitere Beschwerde behandelt werden kann. Der Senat geht mangels entgegenstehenden Vorbringens davon aus, daß mit jedem der beiden Rechtsmittel der Teil des landgerichtlichen Beschlusses angefochten werden soll, durch den die Beschwerdeführer jeweils beschwert sind, die Beteiligten zu 2., 4., 7. und 8. durch die Aufhebung des Beschlusses zu Eg, die Antragsteller durch die Bestätigung der Beschlüsse zu Ec, Ed und Ef.

47

Die sofortigen weiteren Beschwerden sind sachlich nicht begründet, da die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht.

48

Die Vorinstanzen sind zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß gegen die Wirksamkeit der Beschlüsse zu Ec, Ed und Ef rechtserhebliche Bedenken nicht bestehen, hingegen der Beschluß zu Eg der Aufhebung unterliegt.

49

Die Beschlüsse zu Ec und Ed betreffen den Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Balkone. Nach § 15 Abs. 2 WEG können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsgemäßen Gebrauch beschließen, sofern nicht eine Vereinbarung nach § 15 Abs. 1 WEG entgegensteht. Eine solche Gebrauchsregelung geschieht üblicherweise in Form einer Hausordnung nach § 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG, deren Aufstellung zu einer ordnungsgemäßen, dem Interesse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört.

50

Soweit die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt ist, können die Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 3 WEG eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsgemäße Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen. Die Beschlüsse Ec und Ed sind typische Hausordnungsbeschlüsse. Gegen ihre Zulässigkeit und Wirksamkeit sind begründete Bedenken nicht zu erheben. Es unterliegt der Verwaltungsautonomie der Wohnungseigentümer, den Gebrauch der Balkone in solcher Weise zu regeln. Nach Auffassung der Antragsteller beinhalten die Beschlüsse eine Erweiterung der Hausordnung vom 16.11.1970. Das könnte insoweit zweifelhaft sein, als in der Hausordnung lediglich das "Heraushängen" von Betten und Wäsche auf den Balkonen untersagt war. Darunter könnte man nur das auffällige Herüberhängen über die Balkonbrüstung verstehen. Eine solche Handhabung soll nach den Beschlüssen Ec und Ed aber auch nicht erlaubt sein, da die Brüstung als Sichtgrenze dienen soll. Indessen haben die Wohnungseigentümer die Hausordnung offenbar früher dahin ausgelegt, daß auf den Balkonen überhaupt keine Wäsche getrocknet und keine Betten und Kleidungsstücke gelüftet werden sollten. Das ergibt sich aus dem Protokoll vom 29.11.1974 zu 5.2 und der Abmahnung durch den Verwalter vom 3.12.1974. Geht man davon aus, so ist durch die Beschlüsse Ec und Ed ein erweiterter Gebrauch der Balkone beschlossen worden, so daß sich die von den Antragstellern aufgeworfene Frage stellt, ob die Hausordnung vom 16.11.1970 in dieser Form geändert werden durfte. Diese Frage ist zu bejahen. Die Hausordnung war nicht Bestandteil einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer i. S. der §§ 15 Abs. 1, 10 Abs. 1 WEG. Sie beruhte auf der Teilungserklärung der früheren Alleineigentümerin. Die Teilungserklärung war nach § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam geworden. Durch die Teilungserklärung kann der Eigentümer des Grundstücks das Verhältnis der späteren Wohnungseigentümer untereinander regeln. Die vom Alleineigentümer im voraus festgestellte Ordnung des Gerneinschaftsverhältnisses bestimmt den dinglichen Umfang und Inhalt des Wohnungseigentums und ist für dessen spätere Erwerber verbindlich, ohne daß es einer weiteren vertraglichen Vereinbarung bedürfte (KG NJW 1956, 1679/1680). Eine Hausordnung kann materieller Bestandteil einer solchen Teilungserklärung des Alleineigentümers sein. Das ist jedoch wegen der im Zeitablauf veränderlichen Verwaltungsbedürfnisse selten zweckmäßig und vorliegend auch nicht der Fall. Nicht der gesamte formelle Inhalt einer Teilungserklärung bestimmt den dinglichen Umfang der einzelnen Sondereigentumsrechte. Entscheidend ist vielmehr, ob der Inhalt der Teilungserklärung erkennbar rechtsgestaltende Wirkung für alle Zukunft entfalten und deshalb nur einstimmig abgeändert werden sollte (BayObLGZ 1975, 201 ff/204 für die Teilungserklärung der Miteigentümer). Bei einer Regelung über die Benutzung der Balkons ist das nur schwerlich anzunehmen. Im übrigen ist die vom ersten Verwalter hier aufgestellte Hausordnung nicht einmal formeller Bestandteil und damit Inhalt der Teilungserklärung gewesen. Die Teilungserklärung ermächtigte den Verwalter zur Aufstellung einer Hausordnung und die Wohnungseigentümer zur Einhaltung dieser Ordnung. Damit war aber der jeweilige Inhalt der Hausordnung ebensowenig verbindlich gemacht wie eine entsprechende von den Wohnungseigentümern gem. § 15 Abs. 2, 21 Abs. 5 WEG getroffene Verwaltungsregelung. Darum durften die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit die Hausordnung, wie geschehen, ändern. Sie haben damit nicht Sondereigentumsrechte unzulässig beschränkt, im Gegenteil den Gebrauch des Sondereigentums gegenüber den Bestimmungen der Hausordnung noch vertretbar erweitert.

51

Der Beschluß zu Ef regelt den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums an der Hausfront. Wenn einem der Wohnungseigentümer das Sonderrecht an einem Gemeinschaftsgegenstand eingeräumt wird, kann darin eine Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 1 WEG liegen. In ein so erworbenes Recht darf nur durch einstimmigen Beschluß eingegriffen werden (Bärmann § 15 Rdn. 19). Der Ehemann Z. hat kein so gestaltetes Sondernutzungsrecht an der Hausfront erwerben. Dafür fehlt es schon an einer einstimmigen Vereinbarung aller Wohnungseigentümer. Ihm ist lediglich durch Mehrheitsbeschluß die Beibehaltung des Schildes gestattet worden. Dieser Beschluß ergänzte die Hausordnung. Die Befugnis zur Anbringung von Namensschildern wird meistens in der Hausordnung geregelt (Bärmann § 15 Rdn. 7). Darum konnte die Genehmigung, das Hausschild an der Außenfront zu belassen, durchaus erneut zur Disposition der Mehrheit der Wohnungseigentümer gestellt werden. Allerdings muß sich eine erneute Beschlußfassung in vertretbaren Grenzen halten (Weitnauer-Wirths WEG 5. Aufl. § 21 Rdn. 14). Die Mehrheit darf einem Wohnungseigentümer verliehene Sonderbefugnisse nicht ohne weiteres, daß heißt mehr oder weniger willkürlich, wieder entziehen; denn dem können berechtigte Belange des Begünstigten entgegenstehen, insbesondere wenn er aufgrund der ihm eingeräumten Rechte Aufwendungen getätigt hat. So kann es durchaus zweifelhaft sein, ob durch Mehrheitsbeschluß ohne Änderung der Sach- und Rechtslage die Entfernung eines Schildes verlangt werden kann, das der Begünstigte aufgrund eines früheren Mehrheitsbeschlusses erworben und angebracht hat. So lag der Fall hier nicht. Der Antragsteller ... hatte das Schild zunächst ohne Erlaubnis - also auf eigenes Risiko - angebracht, und es ist dann die Beibehaltung des Schildes mehrheitlich geduldet worden. Die Wohnungseigentümer waren bei dieser Sachlage nicht gehindert, die Entfernung des Schildes zu verlangen, wenn sich dafür Gründe ergaben. Solche Gründe haben die Beteiligten zu 2., 4., 7. und 8 vorgebracht, indem sie auf die Beeinträchtigung des Verkaufswertes der einzelnen Wohnungen verwiesen haben. Bedenkt man, daß der Antragsteller ... als angestellter Musiklehrer kein Gewerbe ausübt, also auf die Werbung durch das Schild nicht angewiesen ist, erleidet er durch die Entfernung des Schildes keine Nachteile. Es kann im übrigen sein, daß Passanten aufgrund des Schildes wähnen, sie könnten durch den Antragsteller ... in dessen Wohnung Musikunterricht erteilt bekommen, und deshalb das Haus betreten, um sich hierüber zu erkundigen. Das Haus kann dadurch unnötig von Fremden aufgesucht werden, ohne daß der Antragsteller dadurch Vorteile hätte. Bei dieser Sachlage lag es durchaus in der Verwaltungsautonomie der Miteigentümer die Entfernung des Schildes zu verlangen.

52

Was den Beschluß Eg anbetrifft, so geht der Senat mit den Vorinstanzen davon aus, daß die Beschränkung der Musikausübung auf Zimmerlautstärke einen zu weitgehenden Eingriff in das Sondereigentumsrecht des Antragstellers ... bedeutete. Das Amtsgericht hat bereits zutreffend ausgeführt, daß eine Violine nicht auf Zimmerlautstärke, d.h. so, daß kein Laut aus dem Zimmer dringen kann, mit Erfolg gespielt werden kann. Wer das anstrebt, muß sein Übungsspiel einstellen. Deshalb kommt die Beschränkung auf Zimmerlautstärke praktisch dem Verbot des Musizierens gleich. Ein solches Verbot wäre allenfalls wirksam, wenn es bereits Gegenstand der Teilungserklärung oder einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer wäre. Nur dann wäre der Ausschluß der Musikausübung wirksam festgelegt, und jeder Erwerber könnte sich darauf von vornherein einstellen.

53

Einem schon in die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eingetretenen Miteigentümer kann aber nicht durch Mehrheitsbeschluß das Recht zur Musikausübung gänzlich entzogen werden (Bärmann § 15 Rdn. 9; KG aaO für die Tierhaltung). Wohl kann die Mehrheit die Musikausübung auf bestimmte Tageszeiten beschränken, um dem Bedürfnis der übrigen Wohnungseigentümer nach Ruhe Rechnung zu tragen. Das ist in der Hausordnung vom 26.11.1970 geschehen. Ob die darin festgelegten Zeiten im Hinblick darauf vertretbar sind, daß das Übungsspiel eines Berufsmusikers eventuell über das überlicherweise hinzunehmende Musizieren hinausgehen und die Mitbewohner besonders belästigen kann, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Hier geht es nur um den Bestand des Beschlusses zu Eg, nicht aber darum, welche Regelung statt dessen vielleicht sinnvoll wäre.

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Nach Aufhebung eines Mehrheitsbeschlusses nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG kann zwar der Weg frei sein für eine gestaltende gerichtliche Regelung nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Erforderlich ist dafür aber ein Antrag eines Wohnungseigentümers. Ein solcher ist hier nicht gestellt.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Wertfestsetzung auf § 48 Abs. 2 WEG i.V. mit § 31 KostO. Der Senat hat es für zweckmäßig erachtet, gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO den Wert auch für den 1. und 2. Rechtszug neu festzusetzen. Der Geschäftswert richtet sich nach dem Interesse der Beteiligten an der Entscheidung. Der Senat wertet dieses Interesse höher als die Vorderrichter. Im Vordergrund steht das für den Antragsteller Z. erhebliche praktische Verbot des Musizierens und die Störung der übrigen Mitbewohner durch das Geigenspiel. Das Interesse der Beteiligten an der Regelung dieser Frage ist nicht gering zu bewerten. Das Interesse der Antragsgegner zu 2., 4., 7. und 8. an der Entfernung des Schildes liegt in der behaupteten beachtlichen Wertminderung der einzelnen Eigentumswohnungen. Lediglich das Interesse der Beteiligten an der Aufhebung oder Aufrechterhaltung der Beschlüsse zu Ec und Ed mag geringer bemessen werden. Insgesamt hat es der Senat für angebracht gehalten, zumindest von dem Regelwert des § 30 Abs. 2 KostO auszugehen.

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Dr. ...

57

Dr. ...

58

...

59

Vorstehende Abschrift stimmt mit der Urschrift überein.

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...

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Justizobersekretär