Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.10.2015, Az.: 7 W 40/15 (L)

Wegfall der Hofeseigenschaft

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
29.10.2015
Aktenzeichen
7 W 40/15 (L)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 37768
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2015:1029.7W40.15L.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Dannenberg - 24.04.2015 - AZ: 5 Lw 127/14

Fundstellen

  • AUR 2016, 99-102
  • AuUR 2016, 99-102
  • ErbR 2016, 603
  • FamRZ 2016, 1112
  • NJOZ 2016, 673
  • ZEV 2016, 226

Amtlicher Leitsatz

1. Lässt ein Hofeigentümer, der trotz abgeschlossener landwirtschaftlicher Ausbildung einen landwirtschaftsfremden Beruf ergriffen hat, den Betrieb jahrzehntelang durch ein verwandte, im selben Dorf ansässige Familie im Wege der Verpachtung bewirtschaften, und setzt er den derzeitigen Betriebsführer testamentarisch zum Hoferben ein, spricht das gegen eine Auflösung der Betriebseinheit und damit gegen einen Wegfall der Hofeseigenschaft außerhalb des Grundbuchs.

2. Löscht das Landwirtschaftsgericht aufgrund fehlerhafter Ermittlung des Wirtschaftswertes durch das Finanzamt von Amts wegen den Hofvermerk, steht das der Hofeseigenschaft nicht entgegen. Es gibt nämlich keine Vermutung dafür, dass eine Besitzung ohne oder mit gelöschtem Hofvermerk nicht Hof sei.

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Dannenberg vom 24.04.2015 wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die im Grundbuch von P. Blatt ...3 verzeichnete Besitzung am 28. September 2014 ein Hof im Sinne der Höfeordnung gewesen ist.

2. Die Gerichtskosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Beteiligte zu 1 und der Beteiligte zu 2 jeweils zur Hälfte; die Haftung für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens ist nach § 25 I GNotKG erloschen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

3. Der Geschäftswert wird für die erste (insoweit in Abänderung des Beschlusses vom 24.04.2014) und zweite Instanz auf jeweils 51.944,24 Euro festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 streiten um die Hofeigenschaft einer ursprünglich im Eigentum des am 28.09.2014 verstorbenen A. B. stehenden landwirtschaftlichen Besitzung, verzeichnet im Grundbuch von P., Blatt ...3. Für die Besitzungen des Verstorbenen war seit dem 20.03.1949 ein Hofvermerk eingetragen. Dieser Hofvermerk ist in dem Verfahren 5 Lw 70/05 des Amtsgerichtes Danneberg (Elbe) auf Ersuchen des Landwirtschaftsgerichtes gelöscht worden. Dieses erfolgte von Amts wegen aufgrund einer Mitteilung des Finanzamtes L., wonach der Wirtschaftswert auf 4.178,79 Euro gesunken sein sollte. Diese Mitteilung erfolgte offensichtlich aufgrund von falschen Tatsachen. Im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens wurde eine Ackerfläche fälschlicherweise als Gehölz bewertet. Der wahre Wirtschaftswert beträgt 6.237,00 Euro. Das Finanzamt L. hat die dahingehenden Feststellungen aus dem Privatgutachten des Sachverständigen M. H. gegenüber dem Landwirtschaftsgericht als richtig bestätigt. Der steuerlich gesondert geführte Einheitswert für das Hofgrundstück (Hof- und Gebäudefläche) beträgt 6.749,06 €. Der Grundbesitz ist schuldenfrei.

Der im Grundbuch von P. Blatt ...3 verzeichnete Grundbesitz weist eine Fläche von 42,4973 ha auf, bestehend aus 18,5131 ha Ackerland, 0,1596 ha Grünland und 0,3577 ha Gebäudeflächen, sowie 20,2698 ha Wald und 3,1972 ha Brach-, Sumpf- und Teichfläche.

Der Beteiligte zu 1 ist aufgrund eines notariellen Testamentes vom 03.07.1980 Testaments- und Hoferbe des verstorbenen A. B. Der verstorbene A. B. setzte den Beteiligten zu 1 als alleinigen Erben und zugleich als Hofeserben ein. Der Beteiligte zu 1 ist ausgebildeter Landwirt und bewirtschaftete einen zu den Besitzungen des verstorbenen A. B. benachbarten Hof, den er mittlerweile an seinen Sohn zur Bewirtschaftung übertragen hat. Der Beteiligte zu 2 ist der nichteheliche Sohn des Verstorbenen. Die streitgegenständlichen Besitzungen gehörten ursprünglich dem gemeinsamen Großvater des Beteiligten zu 1 und des Verstorbenen, dem Landwirt He. B. Der Mutter des verstorbenen A. B., E. B., wurde 1940 der Hof durch Übergabevertrag vom 1.11.1940, umgeschrieben im Grundbuch am 9.8.1941, übertragen in zeitlichem Zusammenhang mit der Geburt des Erblassers am 2.12.1940. Über die Herkunft und Identität des Vaters des Verstorbenen - vermutlich ein Zwangsarbeiter aus Po. - ist bis heute nichts bekannt. Der Großvater des Beteiligten zu 1 verunglückte 1943 oder 1944 bei einem Unfall mit einem Pferdegespann tödlich. Daraufhin wurden die streitgegenständlichen Besitzungen an den Vater des Beteiligten zu 1 verpachtet, da Frau E. B. zu einer Bewirtschaftung alleine nicht in der Lage war. Der verstorbene A. B. selbst hat eine landwirtschaftliche Ausbildung abgeschlossen. Er selbst arbeitete danach in verschiedenen Stellungen, zuletzt bis zu seiner Verrentung im Jahr 2005 etwa 20 Jahre in der Senatsverwaltung in Ha. Er selbst war stets ledig und hatte auch keine weiteren Kinder als den Beteiligten zu 2. Er erlitt Ende 2008 einen schweren Schlaganfall; bis zu seinem Tod war dann der Beteiligte zu 1 als Betreuer bestellt.

Der Beteiligte zu 2 ist der am 31.03.1994 geborene nichteheliche Sohn des Verstorbenen. Die Vaterschaft des Verstorbenen wurde aufgrund eines Blutgutachtens bewiesen und durch das zuständige Gericht festgestellt. Der Verstorbene zahlte seit der Vaterschaftsfeststellung regelmäßig Unterhalt für den Beteiligten zu 2. Der Beteiligte zu 2 besuchte den Verstorbenen später einige Male in P.

Der Beteiligte zu 2 hat einen Realschulabschluss erworben und besitzt eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Fachlageristen. Diesen Beruf kann er jedoch aufgrund einer bestehenden Drogenabhängigkeit nicht regelmäßig ausüben. Momentan befindet er sich in der Psychiatrie in U. zur Behandlung. Der Beteiligte zu 2 hat das notarielle Testament des Verstorbenen angefochten.

Die Beteiligten zu 3 - 6 sind Ersatzvermächtnisnehmer aufgrund des notariellen Testaments vom 03.07.1980 des Verstorbenen. Diese sollen als Vermächtnis 30 Prozent des Wertes des Grundbesitzes in bar erhalten. Hierzu ist nach dem Willen des Verstorbenen ein Wertgutachten bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen anzufertigen.

Eine Hofstelle ist in der ... in P., Ortsteil Lo. vorhanden. Das Hofhaus steht seit 2008 leer, ist jedoch in einem bewohnbaren Zustand. Auf der Hofstelle befindet sich zudem eine Scheune, welche durch den Sohn des Beteiligten zu 1 auch heute noch als Unterstellmöglichkeit für den Maschinenpark genutzt wird. Die Ackerflächen sind mit Pachtvertrag vom 21.12.2000 erneut an den Betrieb Hei. verpachtet worden (verlängert am 30.09.2012 bis zum 30.9.2014); angebaut werden dort Kartoffeln, Zuckerrüben, Roggen, Triticale, Silomais und auch auf besseren Standorten Weizen. Der zu den Besitzungen gehörende Wald wird durch die Forstbetriebsgemeinschaft bewirtschaftet. Es handelt sich um einen Kiefern- und Eichenwald.

Der Beteiligte zu 1 hat die Ansicht vertreten, dass die Löschung des Hofvermerkes aufgrund falscher Tatsachen erfolgt sei, und diese Löschung für die Beurteilung des Vorliegens der Hofeseigenschaft zum Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen nicht heranzuziehen sei. Es habe stets dem Willen des Verstorbenen entsprochen den Hof als solchen zu erhalten. Aus diesem Grund sei auch eine Verpachtung an den Beteiligten zu 1 erfolgt, durch welche die Existenz des Hofes, gerade auch aufgrund der engen familiären Verbundenheit, gesichert werden sollte.

Der Beteiligte zu 1 hat beantragt,

festzustellen, dass der im Grundbuch von P. Blatt ...3 verzeichnete Grundbesitz am 28.09.2014 ein Hof im Sinne der Höfeordnung war.

Der Beteiligte zu 2 hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 2 ist der Ansicht, dass der Einheitswert der Besitzungen sich allein anhand des Bescheides des Finanzamtes L. zu orientieren habe, und demnach weniger als 5.000 Euro betrage. Es habe keine Wertänderungen gegeben, welche zu einer Veränderung des Einheitswertes bzw. Wirtschaftswertes geführt hätten.

Das Landwirtschaftsgericht ist nach Anhörung des Beteiligten zu 1 zu dem Ergebnis gelangt, die Besitzung sei im Zeitpunkt des Hoferbfalls kein Hof im Sinne der Höfeordnung mehr gewesen. Die am 15.12.2005 erfolgte Löschung des Hofvermerkes wegen Minderung des Wirtschaftswertes sei konstitutiv und hätte nur durch Neufestsetzung durch das Finanzamt abgeändert werden können. Das Landwirtschaftsgericht sei bei seiner Entscheidung an diese Festsetzung durch das Finanzamt gebunden, eigene Feststellungen dürfe das Gericht nicht treffen. Es bleibe demnach bei dem Einheitswert vom 14. Oktober 2004, welcher in Rechtskraft erwachsen sei und demnach auch für die Beurteilung der Hofeseigenschaft am 28.09.2014 maßgeblich sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 1 mit seiner Beschwerde und macht geltend, dass die Annahme des Landwirtschaftsgerichtes, dass allein der durch das Finanzamt L. am 14.10.2004 festgesetzte Wirtschaftswert für die Beurteilung der Hofeseigenschaft maßgeblich sei, verfehlt sei. Der Wirtschaftswert sei aufgrund einer fehlerhaften Bezeichnung von Ackerflächen als Gehölz festgesetzt worden. Dieses belegt auch das Gutachten des Sachverständigen H. Das Gericht sei bei seiner Entscheidung gerade nicht an die Festsetzung gebunden, sondern könne frei von den Festsetzungen des Finanzamtes entscheiden, ob am 28.09.2014 ein Hof im Sinne der Höfeordnung vorlag.

Der Beteiligte zu 1 beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass es sich bei dem im Grundbuch von P. Blatt ...3 verzeichneten Grundbesitz am 28.09.2014 um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt hat.

Der Beteiligte zu 2 beantragt,

die Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurückzuweisen.

Folgende Akten lagen dem Senat zu Informationszwecken vor und waren Gegenstand der mündlichen Erörterungen:

5 Lw 70/05, 3 XVII B 638, 3 XVII B 488 Band 1 - 3, 5 VI 499/14, 5 IV 203/80, 3 VII B 659 Band 1 und 2, Grundakten Grundbuch von P., Blatt ...3, alle Amtsgericht Dannenberg, Einheitswertakte Lo. Blatt ...4 des Finanzamts L., Vormundschaftsakte des Landkreises L.-D. betreffend T. B. sowie 12 C 608/94 Amtsgericht Lüneburg.

II.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist zulässig und begründet.

1. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 ist nach § 9 LwVG i. V. m. §§ 58 ff. FamFG als Beschwerde zulässig. Die Beschwerdefrist nach § 63 FamFG ist eingehalten, die Beschwerdeberechtigung nach § 59 FamFG gegeben. Der Beteiligte zu 1 zählt als notariell bestimmter Allein- bzw. Hofeserbe des Erblassers zu dem antragsberechtigten Personenkreis, der nach § 11 Abs. 1 Buchst. a) HöfeVfO im Wege eines besonderen Feststellungsverfahrens entscheiden lassen kann, ob im Zeitpunkt des Erbfalls ein Hof im Sinne der Höfeordnung vorgelegen hat.

2. Der Grundbesitz P. Blatt ...3 erfüllt formal die Kriterien eines Hofes i. S. d. § 1 HöfeO. Der Wirtschaftswert des Hofes beträgt 6.237,00 Euro. Der Wirtschaftswert beträgt weniger als 10.000 Euro, aber mehr als 5.000 Euro. Für die Besitzung wurde am 20.03.1949 der Hofvermerk eingetragen. Damit ist der Grundbesitz 1976 Hof im Sinne der HöfeO geblieben (§ 1 I 3 HöfeO i. V. m. Art. 3 § 1 I des 2. Ges. zur Änderung der HöfeO v. 29.3.1976).

Allein die Löschung des Hofvermerkes durch das Verfahren des Amtsgerichts Dannenberg kann die Hofeseigenschaft nicht entfallen lassen. Die Festsetzung des Wirtschaftswertes auf weniger als 5.000 Euro durch das Finanzamt L. erfolgte aufgrund einer fehlerhaften Bewertung des Flurstückes 30/0 nach der Beendigung eines vor Ort durchgeführten Flurbereinigungsverfahrens. Das Landwirtschaftsgericht ist bei seiner Bewertung nicht an die Feststellung des Finanzamtes gebunden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 19.06.2012, Az 10 W 6/12 und BGH Beschluss vom 15.04.2011, NJW 2011, 2133 [BGH 15.04.2011 - BLw 9/10]). Das Landwirtschaftsgericht kann demnach selbst ermitteln, welchen Wirtschaftswert die Grundbesitzungen haben. Das Gutachten des Sachverständigen H. legt dar, dass die Festsetzung des Wirtschaftswertes durch das Finanzamt aufgrund einer falschen Annahme erfolgte. Die Löschung erfolgte demnach rechtsfehlerhaft. Gegenüber dem Landwirtschaftsgericht hat das Finanzamt L. bestätigt, dass der Wirtschaftswert des Gutachtens der richtige ist. Damit hat kein Absinken des Wirtschaftswertes unter 5.000 € stattgefunden mit der Folge, dass die Amtslöschung des Hofvermerks unrichtig war. Die weiteren Voraussetzungen des Hofesbegriffs aus § 1 Höfe (Vorhandensein einer Hofstelle, Alleineigentum einer natürlichen Person) waren im Zeitpunkt des Erbfalls erfüllt. Dass der Hofvermerk zum Zeitpunkt des Erbfalls aufgrund des Irrtums bei der zwischenzeitlichen Neufestsetzung des Wirtschaftswertes tatsächlich - wenn auch zu Unrecht - von Amts wegen gelöscht war, steht der Hofeseigenschaft nicht entgegen. Denn es gibt keine Vermutung dafür, dass eine Besitzung ohne oder mit gelöschtem Hofvermerk nicht Hof sei (Lüdtke-Handjery/v.Jeinsen, HöfeO, 11. Aufl. 2015, § 5 HöfeVfO, Rn. 9).

3. Die Hofeseigenschaft ist auch nicht außerhalb des Grundbuchs entfallen durch endgültige Auflösung der Betriebseinheit.

a) Ein Wille des Eigentümers zur Löschung des Hofvermerkes lag nicht vor. Das Vorliegen eines solchen vermeintlichen Willens des Herrn A. B. wird durch das Gericht nicht erkannt. Es ist kein Wille des Erblassers zu erkennen, welcher zum Ausdruck bringt, dass dieser seine Besitzungen nicht als Hof führen wollte. Vielmehr hat der Erblasser mehrfach gegenüber seinen Verwandten erklärt, dass die Besitzungen ein Hof bleiben sollen. Auch die Bewirtschaftung des Waldes wurde völlig unabhängig von den Feldarbeiten, welche der Beteiligte zu 1 durchführte, fortgesetzt. Bis zu dem Todestag des Erblassers wurden Landwirtschaftskammerbeiträge durch den Erblasser geleistet, darüber hinaus findet sich in den betriebswirtschaftlichen Auswertungen bis zuletzt eine Versicherung für einen Traktor. Ferner spricht der Erblasser auch in seinem Testament von seinem Erben und Hofeserben. Eine Abänderung des Testamentes erfolgte, auch nach Bekanntwerden der Vaterschaft zu dem Beteiligten zu 2, nicht. Vielmehr wurde gegenüber dem Beteiligten zu 1 gerade mehrfach betont, dass aufgrund des Vorliegens der Hofeseigenschaft gerade keine erbrechtlichen Veränderungen zu erwarten seien.

Dem Willen des Erblassers stehen auch keine objektiven Tatsachen entgegen, die dem Vorliegen eines Hofes widersprechen.

b) Die landwirtschaftliche Besitzung hat ihre Hofeseigenschaft, auch nicht dadurch verloren, dass die landwirtschaftlichen Flächen seit 1944 an die verwandte Familie Hei. verpachtet sind.

Die wirtschaftliche Betriebseinheit des Hofes wurde nicht aufgelöst. Von landwirtschaftlichen Besitzungen kann dann gesprochen werden, wenn und solange über den Bestand einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke hinaus noch eine wirtschaftliche Betriebseinheit vorhanden ist oder jedenfalls ohne weiteres wiederhergestellt werden kann (OLG Köln, Beschluss vom 05.11.2012, Az: 23 WLw 7/12, Jurisdokument, Rdnr. 10). Für eine solche Betriebseinheit sind nicht nur die notwendigen (statischen) Betriebsmerkmale erforderliche, wie Wohn- und Wirtschaftsgebäude, landwirtschaftliche Einrichtungen und sonstiges Zubehör. Vielmehr muss dieses auch zu einer Organisationseinheit zusammengefasst sein oder zumindest - ohne weiteres - ggfs. nach entsprechender Wiedereinrichtung und Ergänzung wieder zu einer Organisationseinheit zusammenzuführen sein. Wenn der landwirtschaftliche Betrieb als potentiell leistungsfähige Wirtschaftseinheit in der Lebenswirklichkeit nicht mehr existiert und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Eigentümer eine funktionsfähige Betriebseinheit in absehbarer Zeit wiederherstellen kann oder will, ist ein Hof im Sinne der Höfeordnung nicht mehr vorhanden (OLG Oldenburg, Beschluss vom 27.09.2005, Az: 10 W 31/04, Jurisdokument, Rdnr. 29). Maßgeblich ist damit, ob die Betriebseinheit im Zeitpunkt des Erbfalls bereits auf Dauer aufgelöst war (BGH, Beschluss vom 29.11.2013, Az.: BLw 4/12, Jurisdokument, Rdnr. 39).

Die Beantwortung der Frage der Hofeigenschaft bedarf einer umfassenden Gesamtwürdigung und Bewertung aller in Betracht kommender Tatsachen wie z. B. das Vorhandensein von einsetzbaren lebenden und toten Inventars, geeigneten Wirtschaftsgebäuden und landwirtschaftlichen Flächen, das Vorhandensein eines geeigneten Hofnachfolgers sowie Art und Weise und vor allem Grund der Aufgabe der Bewirtschaftung sowie die Prüfung der Frage, ob aus betriebswirtschaftlicher Sicht unter Berücksichtigung des erforderlichen Kapitaleinsatzes die Wiederinbetriebnahme des Hofes aus den Erträgnissen des Hofes bezahlt werden kann, ohne dessen Existenz in Frage zu stellen (OLG Celle, Urteil vom 16.06.2008, Beschluss vom 16.06.2008, Az.: 7 W 105/07 (L), Jurisdokument Rdnr. 25). Maßgebliche Bedeutung kommt darüber hinaus auch dem geäußerten, ggf. an Kriterien festzumachenden Willen des Hofeigentümers zu, da die endgültige Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebes naturgemäß von seinem Willen getragen sein muss. Dabei ist jedoch der Wunsch des Hofeigentümers, die Betriebseinheit zu erhalten, dann unbeachtlich, wenn sämtliche objektive Kriterien gegen die tatsächliche Durchführbarkeit dieser Absicht sprechen (BGH, Beschluss vom 29.11.2013 Az.: BLw 4/12, aaO., Rdnr. 45; OLG Celle, Beschluss vom 21.10.2002, Az: 7 W 27/02 (L), Jurisdokument, Rdnr. 27; OLG Celle, Beschluss vom 21.03.2011, Az: 7 W 126/10 (L), Jurisdokument, Rdnr. 47; OLG Köln, Beschluss vom 05.11.2012, Az: 23 WLw 7/12, Jurisdokument, Rdnr. 10).

Bei Übertragung dieser Grundsätze ist die Hofeigenschaft nicht entfallen.

Der Senat ist bei einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass der Erblasser weder die feststellbare Absicht gehabt hat, die Betriebseinheit der landwirtschaftlichen Besitzungen aufzulösen, noch entsprechend eindeutig Fakten geschaffen hat. Die Tatsache, dass bereits im Jahr 1944 die Ackerflächen vollständig an die Familie des Beteiligten zu 1 verpachtet wurden, reicht angesichts dessen, dass weiterhin Wohn- und Wirtschaftsgebäude in einem nutzbaren Zustand vorhanden sind, sowie aufgrund dessen, dass ein nicht erheblicher Teil an Kiefern- und Eichenwald weiterhin bewirtschaftet wurde, sowie aufgrund der Tatsache, dass der Erblasser mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, dass seine Besitzungen einen Hof darstellen sollen, als Indiz für eine Aufgabe nicht aus.

Der Erblasser hat mehrfach gegenüber seinen Verwandten zum Ausdruck gebracht, dass die Besitzungen einen Hof darstellen sollen. Ferner hat dieser auch in seinem notariellen Testament den Beteiligten zu 1 explizit als Alleinerben und als Hofeserben eingesetzt. Auch nach Bekanntwerden, dass der Beteiligte zu 2 der nichteheliche Sohn des Erblassers ist, hat der Erblasser sein Testament nicht geändert oder angepasst. Hierin kann eine konkludente Bestätigung seines ursprünglichen Willens, welchen er in dem notariellen Testament festgelegt hat, gesehen werden (vgl. Staudinger/Otte, BGB, Neubearbeitung 2012, § 2079 Rdnr. 21, § 2080 Rdnr. 26).

Bis zuletzt zahlte der Erblasser die Beiträge der Landwirtschaftskammer und unterhielt eine Versicherung für einen Traktor.

Für das Vorliegen eines Aufgabewillens des Erblassers spricht auch nicht, dass kein wirtschaftsfähiger Hoferbe vorhanden war. Der Sohn des Erblassers, der Beteiligte zu 2, hatte zwar regelmäßigen Kontakt zu dem Erblasser und besuchte diesen auch einige Male, jedoch verfügt dieser nicht über eine landwirtschaftliche Ausbildung.

Der Erblasser hatte sich selbst bereits früh aus der Landwirtschaft zurückgezogen, obwohl er über eine entsprechende erfolgreich abgeschlossene Lehre verfügte, und hat eine Laufbahn in der Verwaltung eingeschlagen. Die Besitzungen waren jedoch schon damals an die Familie des Beteiligten zu 1 verpachtet. Dieses erfolgte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Identität des Vaters des Erblassers bis heute ungeklärt ist und seine Mutter nach dem Krieg ohne Mann lebte, welcher den Betrieb hätte bewirtschaften können. Die familiären Verflechtungen zwischen dem Erblasser und dem Beteiligten zu 1 sind eng, es handelt sich um Cousins. Die Besitzungen stammen von dem gemeinsamen Großvater des Erblassers und des Beteiligten zu 1, dieser hatte den Betrieb der Mutter des Erblassers überschrieben, da diese 1941 als einzige seiner Töchter bereits einen Sohn geboren hatte.

Aufgrund dieser engen Verflechtungen sah der Erblasser sich selbst nicht in der Pflicht, die Verpachtung an den Beteiligten zu 1 aufzulösen und die Ackerflächen des Betriebes selbst zu bewirtschaften, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass er selbst unverheiratet und lange Zeit kinderlos war. Der wirtschaftsfähige Hofeigentümer ist unter dem Regime der Höfeordnung nicht zu Eigenbewirtschaftung gehalten, er muss lediglich zur Eigenbewirtschaftung befähigt sein. Vor dem Hintergrund der engen familiären Verbindungen setzte der Erblasser sodann auch seinen Vetter, den Beteiligten zu 1, als Hofeserben ein. Ein endgültiger Aufgabewille des Erblassers lässt sich auch hier nicht erkennen.

c) Letztendlich ist der Senat - insbesondere aufgrund der Sachkunde seiner ehrenamtlichen Besitzer - zu dem Schluss gelangt, dass auch eine eigenständige Wiederinbetriebnahme des landwirtschaftlichen Betriebes möglich ist.

Das vorhandene Wohnhaus ist auch heute noch bewohnbar. Dem steht auch nicht entgegen, dass es nicht den neuesten Ansprüchen an die Wärmedämmung entspricht.

Zudem gehört zu den Besitzungen eine Scheune, welche zum Unterstellen von Maschinen und Anbaugeräten geeignet ist. Hierzu wird sie momentan durch den Sohn des Beteiligten zu 1 als Pächter genutzt.

Der Senat geht davon aus, dass ein Wiederanspannen des Betriebes als Nebenerwerbsbetrieb durch die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen im Nebenerwerb erfolgversprechend ist. Die Wiederanspannung als Nebenerwerbsbetrieb ist für die Anerkennung als Hof i. S. der Höfeordnung ausreichend. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Betrieb in dieser Weise auch aus eigenen Mitteln wiederangespannt werden kann.

Der Hof verfügt über eine ausreichend große Hofstelle sowie über 42,497 ha, davon 18,51 ha Ackerland und 20,26 ha werthaltigen und nachhaltig bewirtschafteten Wald.

Dass hinsichtlich der fehlenden landwirtschaftlichen Maschinen Investitionen erfolgen müssen, steht einem Wiederanspannen nicht entgegen, da diese vom finanziellen Umfang überschaubar sind und durch eine Kreditaufnahme finanziert werden können. Die Besitzungen sind bis dato schuldenfrei.

Nach Auffassung der ehrenamtlichen Richter ist zudem eine Vollmechanisierung für den vorliegenden Betrieb mit seiner Flächenstruktur nicht notwendig bzw. lohnenswert. Der Ankauf von landwirtschaftlichen Maschinen kann auf das nötigste begrenzt werden, wobei auch der Kauf von gebrauchten Maschinen ausreichend ist. Im Übrigen könnte auch mit anderen ansässigen Landwirten kooperiert werden oder der Anschluss an einen Maschinenring erfolgen. Auch die Arbeitserledigung durch Lohnunternehmer ist in Erwägung zu ziehen.

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass ein Hof der vorliegenden Größenordnung, welcher schuldenfrei ist, den erforderlichen Investitionsaufwand aufbringen kann und zugleich in der Lage ist ohne weiteres wirtschaftlich ertragreich und mit Gewinn im Nebenerwerb bewirtschaftet werden kann. Auf den landwirtschaftlichen Ackerflächen kann eine vielfältige Fruchtfolge angebaut werden, der Anbau von Kartoffeln, Zuckerrüben, Silomais, Triticale, Roggen ist ohne weiteres möglich. Auf den besseren Standorten kann auch der Anbau von Weizen in die Fruchtfolge integriert werden. Die Flächen liegen nur 12 km von der Elbe entfernt und verfügen über einen relativ hohen Grundwasserspiegel. Der Ar. ist ebenfalls nur 6 km Luftlinie entfernt. Die Beregnung der Flächen im Bedarfsfall ist möglich.

Der zu den Besitzungen gehörende Wald ist 20,26 ha groß und verfügt über einen Kiefern- und Eichenbestand. Der Wald wurde stets fach- und ordnungsgemäß durch die Forstbetriebsgemeinschaft bewirtschaftet.

Nach alledem sind die Aussichten und Möglichkeiten bei dem Wiederaufbau des Hofbetriebes als Nebenerwerbsbetrieb als günstig anzusehen.

III.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus §§ 44, 45 Abs. 1 LwVG. Der Senat hat es für sachgerecht erachtet, für beide Instanzen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 zu teilen und die Erstattung der außergerichtlichen Auslagen nicht anzuordnen.

Die Entscheidung über den Geschäftswert beruht auf §§ 76 Nr. 1, 36,48 GNotKG. Der Gegenstandswert bemisst sich nach dem Vierfachen des für den Grundbesitz festgesetzten Einheitswertes (Wirtschaftswertes) für die Stückländereien (6.237 Euro) und für das Hofgrundstück (6.749,06 €) in Höhe von insgesamt 12.986,06 € und beläuft sich damit auf 24.948 Euro.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG liegen nicht vor.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.