Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 03.04.2020, Az.: 6 B 522/20

Adresse; Daten; Daten, personenbezogen; Datenschutz; Kammer; Kammerwahl; Wahl; Wahlwerbung; Werbung; Zahnarzt; Recht der freien Berufe hier: Antrag nach § 123 VwGO

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
03.04.2020
Aktenzeichen
6 B 522/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 50449
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2020:0403.6B522.20.00

Amtlicher Leitsatz

Die Herausgabe von personenbezogenen Daten im Zusamenhang mit Kammerwahlen ist zum Zwecke der Wahlwerbung im Einzelfall gerechtfertigt.

[Gründe]

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Herausgabe des Verzeichnisses der Kammerangehörigen der Antragsgegnerin für den Wahlkreis 1 zum Zwecke der Wahlwerbung für die bevorstehende Wahl zur Kammerversammlung der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller ist Zahnarzt im Ruhestand und Mitglied der Antragsgegnerin. Er ist Mitglied und Landesvorsitzender des Freien Verbandes deutscher Zahnärzte (FVDZ) und kandidiert für die im Zeitraum vom 23. April 2020 bis zum 11. Mai 2020 anstehende Wahl der Kammerversammlung der Antragsgegnerin für den Wahlkreis 1. Im Internet bietet der Antragsteller Ferienimmobilien zur Vermietung an F..

Mit Schreiben vom 17. Februar 2020 wandte sich der Antragsteller in seiner Funktion als Landesvorsitzender der FVDZ an die Antragsgegnerin und bat im Namen und im Auftrag der Kandidaten auf den Listen des FVDZ in allen Wahlkreisen zur Kammerwahl 2020 darum, dem Landesverband alle Kontaktdaten, die dem Wählerverzeichnis für die Wahlen zur Kammerversammlung der Antragsgegnerin entsprechen, auf elektronischen Datenträgern bis zum 21. Februar 2020 zur Verfügung zu stellen. Hierauf antwortete die Antragsgegnerin nicht.

Der Antragsteller beantragte mit anwaltlichem Schreiben vom 10. März 2020 eine Zusage, dass ihm bezüglich der anstehenden Wahlen zur Kammerversammlung der Antragsgegnerin das gesamte Verzeichnis der Kammerangehörigen für den betreffenden Wahlkreis zum Zwecke der Wahlwerbung in Dateiform zur Verfügung zu stellen sei.

Die Antragsgegnerin lehnte nach einem Beschluss ihres Vorstandes in einer Sitzung am 11. März 2020 diesen Antrag mit Bescheid vom 18. März 2020 ab und stellte im Wesentlichen darauf ab, dass es weder eine gesetzliche Anspruchsgrundlage noch eine datenschutzrechtliche Legitimation für die begehrte Zusage auf Herausgabe der vom Antragsteller geforderten Daten gebe.

Am 20. März 2020 hat der Antragsteller einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes gestellt. Zur Begründung trägt er vor, dass es im Rahmen des ihm zustehenden passiven Wahlrechts und Minderheitenschutzes sowie seines Rechts auf Chancengleichheit erforderlich sei, alle Wahlberechtigten in seinem Wahlbezirk postalisch anzuschreiben, um diesen Wahlwerbung zukommen zu lassen. Er sei darauf angewiesen, die Adressen der Wahlberechtigten zu erfahren, da ihm nur hierdurch unmittelbare Wahlwerbung möglich sei.

§ 22 des Kammergesetzes für die Heilberufe Niedersachsen (HKG) verweise darauf, dass das Nähere zur Wahl durch die Heilberufekammer zu regeln sei, allerdings enthalte die Wahlordnung der Antragsgegnerin planwidrig nichts zu den allgemeinen Wahlgrundsätzen, obgleich zum Wahlgrundsatz der Gleichheit der Wahl auch die Gleichheit der Bewerber durch Wahlvorbereitung, wie etwa Wahlwerbung, gehöre. Um diese Gleichheit zu gewährleisten, bedürfe es eines legitimen Mittels des Bewerbers, sich die Adressen der Wahlberechtigten zu verschaffen. Das Recht auf Wahlwerbung als allgemeiner Wahlgrundsatz gelte unbeschadet gesetzlicher Regelungen auch für die Antragsgegnerin.

Andere Möglichkeiten der Wahlwerbung, die gleich geeignet wären, alle Wahlberechtigten zu erreichen, stünden ihm nicht zur Verfügung. Es sei nur ein eingeschränkter Personenkreis wahlberechtigt und diese Personen bzw. ihre Adressen seien nicht alle durch allgemein zugängliche Quellen zu ermitteln. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass die Antragsgegnerin die Möglichkeit einräume, Links auf ihrer Internetseite zu platzieren, damit sich die Wahlberechtigten auf den Internetseiten der Bewerber über deren Programme informieren könnten. Hierüber seien weder die Bewerber der Wahl noch die Wahlberechtigten, z. B. über das amtliche Mitteilungsblatt, informiert worden. Obwohl er sich bereits mit einem Schreiben vom 17. Februar 2020 mit der Bitte an die Antragsgegnerin gewandt habe, ihm die Adressen der Wahlberechtigten zur Verfügung zu stellen, habe sie ihn auch zu diesem Zeitpunkt nicht über diese Möglichkeit informiert. Auch im Verwaltungsverfahren habe sie ihn über diese Möglichkeit nicht informiert. Er bestreite zudem, dass dies den Mitgliedern des Vorstandes der Antragsgegnerin bekannt und ein entsprechender Beschluss gefasst worden sei.

Überdies könne er über das Internet nicht jeden erreichen. Denn ein nennenswerter Teil der Bevölkerung und damit auch der wahlberechtigten Mitglieder der Antragsgegnerin habe einen eingeschränkten Zugang zum Internet oder nutze dieses Medium nicht. Es sei zudem nicht jedem Bewerber möglich, in der heutigen Zeit einen Internetauftritt zu Wahlkampfzwecken zu erstellen und es laufe dem Demokratieprinzip zuwider, die Bewerber auf dieses Medium zu beschränken. Vielmehr vereitele die Antragsgegnerin jegliche Informationen des Bewerbers bzw. des Verbandes über sein Wahlprogramm. Nicht einmal in dem amtlichen Mitteilungsblatt sei eine Werbung möglich, weil dieses frei von berufspolitischer Werbung sein solle.

In anderen Bundesländern gebe es gesetzliche Regelungen zur Überlassung personenbezogener Daten zum Zwecke der Wahlwerbung. Auch das Bundesmeldegesetz sehe eine Regelung vor, wonach politische Parteien Daten der Wähler übermittelt bekämen.

Datenschutzrechtliche Regelungen stünden der Herausgabe nicht entgegen. Gemäß Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe e) der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DSGVO) i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes (NDSG) sei die Übermittlung personenbezogener Daten an eine nicht öffentliche Stelle zulässig, soweit die empfangende Stelle ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft mache und kein Grund zu der Annahme bestehe, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Personen an der Geheimhaltung überwiege. Sein Interesse sei dadurch begründet, dass er als Kandidat für die Kammerversammlung berufsständische Interessen und Belange der Zahnärzteschaft wahrnehmen wolle. Schutzwürdige Interessen der Wahlberechtigten stünden dem nicht entgegen. Diese seien "Zwangsmitglieder" der Antragsgegnerin und müssten mit postalischer Wahlwerbung rechnen. Es stehe kein weniger "einschneidendes" Mittel zur Verfügung, das gleich geeignet sei, über die Kandidatur und Agenda zu informieren. Auf die Einwilligung der Betroffenen komme es nach dieser Vorschrift nicht an. Er versichere, dass er sich nach Erhalt der begehrten Daten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 NDSG gegenüber der Antragsgegnerin verpflichte, die Daten nur für den Zweck zu verarbeiten, zu dem sie ihm übermittelt würden.

Soweit die Antragsgegnerin darauf verweise, dass § 5 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 NDSG europarechtswidrig sei, überzeuge die von ihr genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu einer Regelung in Bayern nicht. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei nicht bindend und außerdem sei diese Frage nicht zur Vorabentscheidung dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt worden. Unabhängig davon sehe die DSGVO vor, dass nationale Regelungen erlassen werden könnten, wenn die Datenverarbeitung in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolge. § 5 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 NDSG sei hinreichend bestimmt und regele gerade die von ihm begehrte Herausgabe der Daten. Ein berechtigtes Interesse im Sinne dieser Vorschrift liege nach Satz 7 des Erwägungsgrundes 47 der DSGVO vor, wenn personenbezogene Daten zum Zwecke der Direktwerbung verarbeitet würden. Selbst wenn § 5 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 NDSG nicht einschlägig wäre, komme es auf die Abwägung nach Art. 6 Absatz 1 Satz 1 lit. f) DSGVO an, die zu seinen Gunsten ausgehe.

Eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache liege nicht vor, da aufgrund der anstehenden Wahlen ein Abwarten auf den rechtskräftigen Ausgang des Hauptsacheverfahrens den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verletzten würde.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm zeitnah im Hinblick auf die zwischen dem 23. April 2020 und 11. Mai 2020 anberaumten Wahlen zur Kammerversammlung der Antragsgegnerin das gesamte Verzeichnis der Kammerangehörigen für seinen Wahlkreis zum Zwecke der Wahlwerbung in Dateiform zur Verfügung zu stellen; das Verzeichnis der Kammerangehörigen hat Name, Vorname und postalische Anschrift der betreffenden Kammermitglieder zu enthalten.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

den Antrag abzulehnen.

Sie erwidert:

An die Wahlberechtigten versende sie postalisch die Wahlunterlagen. Wahlwerbung hingegen würde von ihr aus ökologischen und ökonomischen Gründen nicht versendet werden. Ein entsprechender Wunsch der Wahlberechtigten sei hierzu nie geäußert worden. Zudem würden sämtliche die Wahl betreffenden Informationen, nämlich Wahlfristen und Wahlangaben, über ihr Mitteilungsblatt, das Niedersächsische Zahnärzteblatt (NZB) veröffentlicht. Darüber hinaus hätten alle Wahlkandidaten die Möglichkeit, einen Link auf ihrer Internetseite zu platzieren, damit die Wahlberechtigten sich auf der Internetseite des Kandidaten über dessen Programm informieren könnten. Außerdem informierten die zwei großen Verbände, die in ihren Organen vertreten seien, sowohl auf deren Internetseite als auch in Schriftform über die bevorstehende Kammerwahl. Insbesondere informiere der FVDZ, dessen Mitglied der Antragsteller in leitender Funktion des Landesverbandes sei.

Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Eine datenschutzrechtliche Legitimation für die Herausgabe der Daten liege nicht vor. Die Herausgabe stelle einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Weil hierfür keine Einwilligung der Betroffenen vorliege, bedürfe es einer gesetzlichen Grundlage, die die Voraussetzungen und den Umfang der Beschränkung hinreichend klar regele und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspreche. Hiermit korrespondierten auch europarechtliche Grundlagen, wie Artikel 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

Zwar regele Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe e) DSGVO die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, wenn sie für die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe erforderlich sei und die Aufgabe im öffentlichen Interesse liege oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolge, die dem Verantwortlichen übertragen worden sei. Allerdings handele es sich hierbei nicht um eine eigenständige Rechtsgrundlage, die eine datenschutzrechtliche Verarbeitung legitimieren könnte. Nach Artikel 6 Abs. 3 Satz 1 DSGVO müsste eine solche Rechtsgrundlage im Unionsrecht oder im Recht der Mitgliedstaaten normiert sein. Diese Voraussetzung erfülle § 5 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 NDSG nicht. Diese Regelung beziehe sich nur auf den unbestimmten Rechtsbegriff des "berechtigten Interesses an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten" und enthalte keine klare Aufgabenbeschreibung, die in Ansätzen erkennen lasse, dass es um Wahlwerbung einer Wahl gehen könnte. Außerdem sei es dabei erforderlich, dass die Personen, die von der Datenverarbeitung betroffen seien, hinreichende Garantien zur Wahrung ihrer Rechte hätten, wie sie in § 50 des Bundesmeldegesetzes oder in § 14 Abs. 5 des hessischen Heilberufsgesetzes vorgesehen seien. Solche Garantien enthalte § 5 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 NDSG nicht. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NDSG sei im Übrigen nicht europarechtskonform. Dies habe das Bundesverwaltungsgericht zu einer ähnlichen Regelung in Bayern entschieden. Zudem sei die Regelung nicht verfassungskonform, weil sie nicht bestimmt genug sei.

Das im Datenschutzrecht verankerte Erforderlichkeitsprinzip sei ebenso nicht erfüllt. Der Antragsteller könne die Adressen angestellter Zahnärzte über zahlreiche Suchportale im Internet recherchieren. Bereits in Rente befindliche Zahnärzte könnten über das Internet erreicht werden, beispielsweise über einen Link auf ihrer Internetseite. Außerdem könnten die Wahlberechtigten über die Informationsmedien des FVDZ über deren Programm und deren Kandidaten erreicht werden. Darüber hinaus könnten sich alle Wahlberechtigten über die anstehende Wahl, über die im NZB berichtet werde, selbst informieren. Das NZB würde für alle Mitglieder gedruckt werden und sei auf ihrer Internetseite elektronisch abrufbar.

Unabhängig davon gehe die nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NDSG erforderliche Abwägung zwischen den Interessen des Antragstellers und den Interessen aller 8.000 Mitglieder zulasten des Antragstellers aus. Der Gesetzgeber habe nicht gewollt, dass die Daten zum Zwecke der Wahlwerbung ausgehändigt würden. Die Betroffenen müssten auch nicht mit der Weitergabe ihrer Daten zum Zwecke der Wahlwerbung rechnen. Hierüber und über ein ihn zustehendes Widerrufsrecht würden die Mitglieder bei ihrer Anmeldung nicht informiert werden. Die Reichweite ihres gesetzlichen Auftrags umfasse zwar die Durchführung der Wahl der Kammerversammlung, nicht aber die Weitergabe von Daten zum Zwecke der Wahlwerbung. Anders sei dies in den Bundesländern, in denen es eine gesetzliche Grundlage hierfür gebe. Wahlwerbung werde durch sie nicht grundsätzlich verhindert, weil heutzutage die Möglichkeit der Information über das Internet bestehe und daher - anders als in der Entscheidung des Nordrhein-Westfälischen Oberverwaltungsgerichts - keine Notwendigkeit für die "postalische" Werbung mehr bestehe. Außerdem habe sie dann keinen Einfluss mehr darauf, was mit den Daten geschehe, an denen auch die Verbände ein großes Interesse hätten. Selbst wenn die Voraussetzungen dieser Norm vorlägen, so handele es sich hierbei nicht um eine Anspruchsgrundlage zur Herausgabe der Daten, denn sie regele nur die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten.

Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe f) DSGVO sei nicht anwendbar, weil diese Regelung gemäß Artikel 6 Absatz 2 DSGVO nicht für Behörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben gelte. Die Antragsgegnerin sei eine Körperschaft öffentlichen Rechts und agiere bei der Vorbereitung der Kammerwahlen im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages zur Durchführung der Kammerwahlen gemäß den §§ 18 ff. HKG. Hierunter würde auch die Weitergabe der Daten zum Zwecke der Wahlwerbung fallen. Selbst wenn diese Vorschrift anwendbar wäre, würde die Abwägung wie im Rahmen des § 5 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 NDSG ausfallen.

Anders könnte der Fall nur dann beurteilt werden, wenn zur Wahrung der Chancengleichheit allen anderen Wahlbewerbern die Daten legitim zur Verfügung gestellt würden. Das sei aber nicht der Fall. Insofern werde die Chancengleichheit unter allen Bewerbern sogar gewahrt.

Eine spezialgesetzliche Grundlage im HKG oder ihrer Wahlordnung für die Herausgabe der Daten liege nicht vor. Der Verweis auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein- Westfalen gehe ins Leere, weil es in dem zugrundeliegenden Fall eine solche gesetzliche Regelung gebe, die hier fehle. Auch sei die fehlende Regelung in ihrer Wahlordnung nicht planwidrig, sodass eine analoge Anwendung nicht in Betracht komme.

Im Übrigen bestehe keine gesetzliche Grundlage für die Zusage zur Herausgabe der Daten.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Gemäß § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO und § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) hat der Antragsteller sowohl die Eilbedürftigkeit der begehrten gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) als auch seine materielle Anspruchsberechtigung (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Das Gericht kann grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Grundsätzlich ausgeschlossen, da mit dem Wesen einer einstweiligen Anordnung nicht vereinbar, ist es daher, eine Regelung zu treffen, die rechtlich oder zumindest faktisch auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinausläuft (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 66a). Mit der Herausgabe des Wählerverzeichnisses der Kammerangehörigen für den Wahlbezirk des Antragstellers würde die Hauptsache vorweggenommen. Denn die Bekanntgabe dieser Daten durch die Herausgabe ist nicht rückgängig zu machen. Das ist nur ausnahmsweise möglich, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig wäre, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache sprechen würde (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 123 Rn. 14). Das ist der Fall. Denn eine Verpflichtung zur Herausgabe der Daten an den Antragsteller bereits im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ist schlechterdings notwendig und die zu erwartenden Nachteile in einem Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen. Der Antragsteller könnte anderenfalls sein verfassungsrechtlich garantiertes Recht auf Wahlwerbung nicht in ausreichender Weise wahrnehmen. Die Kammerwahlen beginnen bereits am 23. April 2020 und dauern nur bis zum 11. Mai 2020 an.

Im Übrigen spricht auch ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Zwar gibt es - anders als beispielsweise in § 14 Abs. 5 des Heilberufsgesetzes für das Land Hessen - im HKG bzw. in der Wahlordnung der Antragsgegnerin keine ausdrückliche Rechtsgrundlage, die die Herausgabe des Wählerverzeichnisses der Kammerangehörigen an den Antragsteller regelt. Das erlaubt es der Antragsgegnerin aber nicht, den Anspruch abzulehnen. Vielmehr hat sie über jeden Antrag eine Einzelfallentscheidung zu treffen, solange keine abstrakt-generellen Regelungen bestehen. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Herausgabe des von ihm geforderten Wählerverzeichnisses der Kammerangehörigen für seinen Wahlbezirk nach § 85a Absatz 1 Satz 1 HKG. Das Gericht kann nach § 114 Satz 1 VwGO nur prüfen, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Das ist hier der Fall. Denn die Antragsgegnerin hat keine Ermessensentscheidung getroffen, weil sie die Herausgabe des Wählerverzeichnisses nach § 85a HKG nicht geprüft hat. Vielmehr hat sie ihre Ablehnung nur darauf gestützt, dass es keine die Herausgabe des Wählerverzeichnisses zum Zwecke der Wahlwerbung betreffende Regelung im HKG bzw. ihrer Wahlordnung gibt und die Voraussetzung datenschutzrechtlicher Vorschriften nicht vorliegen. Im Übrigen ist das Ermessen der Antragsgegnerin auf Null reduziert:

Nach § 85a Absatz 1 Satz 1 HKG darf die Kammer personenbezogene Daten verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. Die Herausgabe des Wählerverzeichnisses der Kammerangehörigen für den Wahlkreis des Antragstellers ist eine Form der Verarbeitung der personenbezogenen Daten im Rahmen der Aufgaben der Antragsgegnerin, die zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist.

Die Antragsgegnerin ist gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Absatz 1 Nummer 4 HKG eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit Teil der mittelbaren Staatsverwaltung, die ihre verfassungsrechtliche Grundlage in dem in Artikel 20 Absatz 1des Grundgesetzes (GG) verankerten Demokratieprinzip hat. Die Wahlen der Kammerversammlung dienen der Vermittlung dieser demokratischen Legitimation mit der Folge, dass für sie - wie für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages nach Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG - die grundlegenden verfassungsrechtlichen Anforderungen einer allgemeinen, gleichen und freien Wahl gelten (Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 2. Auflage 2011, § 7 Rn. 50). Deswegen ist es unschädlich, dass diese Wahlgrundsätze weder in den die Wahl betreffenden Vorschriften der §§ 17 ff. HKG, insbesondere dem § 18 HKG über Wahlgrundsätze und Wahlverfahren, noch in der Wahlordnung der Antragsgegnerin, die gemäß § 22 Satz 1 HKG das Nähere der Wahl regelt, benannt werden. Das für die Wahl der Kammerversammlung geltende Gebot der Allgemeinheit der Wahl verlangt, dass das Wahlrecht allen Wählern gleichermaßen zustehen muss. Dies umfasst nicht nur das aktive Wahlrecht, sondern ebenso das passive Wahlrecht. Das passive Wahlrecht bezieht sich dabei auf das Recht, gewählt zu werden, und das Wahlwerbungsrecht (Butzer in BeckOK Grundgesetz, Epping/Hillgruber, Stand: 01.12.2019, Art. 38 GG Rn. 65).

Dies zugrunde gelegt hat die Antragsgegnerin als demokratisch legitimierte Körperschaft des öffentlichen Rechts im Rahmen der Kammerwahl sicherzustellen, dass ihre Mitglieder nicht nur ihr aktives Wahlrecht ausüben können, sondern ebenso ihr passives Wahlrecht bezogen auf ihr Wahlwerbungsrecht. Sie hat ihren Mitgliedern, die nach § 21 Absatz 1 Satz 1 HKG zur Kammerversammlung wählbar sind, dabei zu ermöglichen, Wahlwerbung machen zu können, die geeignet ist, alle wahlberechtigten Mitgliedern zu erreichen. Hierzu kann im Einzelfall - wie hier - auch die Herausgabe des Wählerverzeichnisses der Kammerangehörigen an den Bewerber für dessen Wahlkreis gehören, wenn andere Möglichkeiten nach Abwägung der widerstreitenden Interessen der Wahlberechtigten und des Wahlbewerbers nicht (mehr) zur Verfügung stehen.

Die Datenverarbeitung - hier: die Herausgabe des Wählerverzeichnisses der Kammerangehörigen an den Antragsteller für seinen Wahlkreis zum Zwecke der Wahlwerbung - ist erforderlich.

Die Erforderlichkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten setzt auch im Rahmen der Datenverarbeitung nach § 85a HKG voraus, dass ohne sie die der Antragsgegnerin obliegende Aufgabe nicht, nicht vollständig oder nicht in rechtmäßiger Weise erfüllt werden kann, und ist zudem tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Verhältnismäßigkeitsprüfung und deswegen nötige Abwägungen (vgl. Albers/Veit in BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit, 31. Ed. 1.11.2019, DS-GVO Art. 6 Rn. 44). Dies zugrunde gelegt ist kein anderes, gleich geeignetes Mittel ersichtlich, das dem Antragsteller zur rechtzeitigen Wahrnehmung seines Rechts auf Wahlwerbung für die anstehende Kammerwahl verhilft und weniger in die grundrechtlich geschützten Rechte der Betroffenen - hier den Schutz ihrer Daten - eingreift.

Die Bekanntgabe der Daten ist auch verhältnismäßig.

Zwar sind die Daten der Betroffenen schützenswert, allerdings muss den Betroffenen bei der Abgabe ihrer Daten wenigstens bewusst gewesen sein, dass ihre Daten zur Durchführung der Aufgaben der Antragsgegnerin verarbeitet werden. Hierzu zählt die Durchführung der Wahl mitsamt aller wahlvorbereitenden Handlungen. Für diese Aufgabe ist der Schutz dieser Daten aller wahlberechtigten Mitglieder durch § 11 Absatz 1 der Wahlordnung der Antragsgegnerin eingeschränkt. Danach steht allen wahlberechtigten Mitgliedern ein Einsichtsrecht in das Wählerverzeichnis zu. Es ist nicht ersichtlich, dass die Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis nur der Wahrnehmung des aktiven Wahlrechts dienen soll. Konsequenterweise ist hiervon auch die Wahrung des passiven Wahlrechts erfasst. Sind die Daten insoweit nicht vor einer Kenntnisnahme durch den Antragsteller zu schützen, gilt entsprechendes auch für die angeordnete Bekanntgabe dieser Daten an ihn. Denn es ist nicht ersichtlich, dass das passive Wahlrecht anders und noch ausreichend wirksam wahrgenommen werden kann.

Die Antragsgegnerin kann den Antragsteller für die anstehende Wahl zur Kammerversammlung nicht auf die Möglichkeit der Wahlwerbung allein über das Internet verweisen. Dass es dem Antragsteller grundsätzlich möglich ist - und insofern auch zur Wahrung seines passiven Wahlrechts grundsätzlich ausreichend - sein dürfte, Wahlwerbung über das Internet zu machen, ist aufgrund der Vermietung seiner Ferienimmobilien über das Internet anzunehmen. Für die anstehende Wahl ist dabei aber nicht sichergestellt, dass der Antragsteller alle wahlberechtigten Mitglieder der Antragsgegnerin tatsächlich noch erreichen kann. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller zwar im gerichtlichen Verfahren darüber informiert, dass die Möglichkeit bestehe, einen Link auf ihrer Internetseite setzen zu lassen. Mit diesem könnten die Wahlberechtigten auf eine Internetseite des Wahlbewerbers gelangen und sich dort über dessen Programm informieren. Dieser Hinweis reicht für die nun anstehende Wahl aber nicht mehr aus, weil weder erkennbar ist, dass der Antragsteller noch Zeit genug hat, um eine Internetseite für seine Wahlwerbung erstellen zu lassen, noch dass er damit alle Wahlbewerber erreichen könnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin nicht erklärt hat, dass die Wahlberechtigten wissen (können), dass sie über die Internetseite der Antragsgegnerin Informationen zu den Wahlbewerben und ihrem Programm erhalten können. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich alle Mitglieder der Antragsgegnerin vor der anstehenden Wahl von allein auf die Internetseite der Antragsgegnerin begeben, um dort den Links zu den Internetseiten der Bewerber bzw. hier des Antragstellers zu folgen, um sich über deren Programm zu informieren. Die Antragsgegnerin müsste in einem solchen Fall wenigstens alle Wahlberechtigten darüber informiert haben, z.B. über ihr Mitteilungsblatt, dass weitergehende Informationen zu den Wahlbewerbern über ihre Internetseite zu erhalten sind. Denn nur so wäre sichergestellt, dass alle Wahlberechtigten hierüber Kenntnis rechtzeitig erlangen und sich auch diejenigen, die keinen Zugang zum Internet haben, die Informationen verschaffen könnten. Dies gilt umso mehr, wenn die Antragsgegnerin sich weigert, in ihrem Mitteilungsblatt Wahlwerbung zu veröffentlichen oder diese selbst zu versenden.

Die Antragsgegnerin kann den Antragsteller auch nicht darauf verweisen, dass er sich die Daten über öffentlich zugängliche Quellen, z. B. Suchportale im Internet verschaffen könnte. Selbst wenn der hohe Arbeitsaufwand als zumutbar angesehen würde, ist es wegen der Größe des Wahlkreises 1 offensichtlich nicht sichergestellt, dass der Antragsteller auch alle Wahlberechtigten, insbesondere die Zahnärzte im Ruhestand, erreichen kann.

Die Antragsgegnerin kann den Antragsteller ebenso nicht darauf verweisen, dass er als Mitglied des FVDZ bereits viele Wahlberechtigte schriftlich oder über das Internet erreichen konnte. Selbst wenn er als Einzelbewerber zum Zwecke der Wahlwerbung per Post auf die Mitgliederdaten des FVDZ rechtmäßig zugreifen könnte, erreichte er dadurch nicht alle Wahlberechtigten. Denn auch der FVDV verfügt nicht über die Daten aller Kammerangehörigen, wie aus dem Antrag vom 17. Februar 2020 folgt, den der Antragsteller im Namen des FVDZ gestellt hatte.

Dass der Antragsteller im Namen des FVDZ tätig geworden ist, begründet nicht die Annahme, er werde die Daten nicht nur für seine eigene Wahlwerbung nutzen, sondern auch Wahlwerbung des FVDZ machen oder Daten an diesen weitergeben. Denn der Antragsteller verfolgt gerade nicht mehr die Interessen des FVDZ, sondern ist dazu übergegangen, sich auf seine eigene Wahlwerbung zu beschränken. In diesem Rahmen darf er die Daten nur unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Regelungen im NDSG, dessen Vorschriften nach § 85a Absatz 5 HKG unberührt bleiben, verarbeiten. Das bedeutet insbesondere, dass er die Daten lediglich zu dem Zweck der Wahlwerbung für die anstehende Kammerwahl und nicht darüber hinaus zu anderen Zwecken oder für spätere Wahlen nutzen darf. Der Antragsteller hat die Daten auch nur für diesen Zweck beantragt. Dies schließt allerdings nicht aus, dass der Antragsteller dabei auf seine Funktion in dem Verband und dessen Aufgaben hinweisen darf. Es bestehen keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass etwas Anderes erfolgen könnte.

Nach alledem hat der Antragsteller dem Grunde nach einen Anspruch auf Herausgabe von Anschriften der Wahlberechtigten aus seinem Wahlkreis zum Zwecke der Wahlwerbung, bleibt der Antrag doch zum Teil ohne Erfolg. Denn es ist nicht erforderlich, dass der Antragsteller alle privaten Anschriften der Wahlberechtigen erhält. Die Wahl der Kammerversammlung berührt Interessen der Mitglieder der Antragstellerin in Bezug auf deren berufliche Tätigkeit. Deswegen genügt es für den Antragsteller, die Wahlberechtigten mit deren beruflichen Adressen zu erreichen. Dies gilt auch für die angestellten Zahnärzte, soweit die beruflichen Adressen der Antragsgegnerin bekannt sind. Etwas Anderes gilt für bereits im Ruhestand befindliche Mitglieder oder für solche Mitglieder, deren berufliche Adressen der Antragsgegnerin nicht bekannt sind.

Ebenso ist es nicht erforderlich, dass der Antragsteller - wie von ihm beantragt - die Daten in Dateiform erhält. Der Antragsteller hat lediglich einen Anspruch darauf, das Wählerverzeichnis zum Zwecke der Wahlwerbung in geeigneter Form zu erhalten. Dies kann sowohl in schriftlicher als auch elektronischer Form geschehen. Der Antragsteller hat nicht dargetan, dass es ihm bei einer Herausgabe des Wählerverzeichnisses in Schriftform nicht möglich ist, Wahlwerbung zu versenden. Die Antragsgegnerin ist nicht verpflichtet, das Wählerverzeichnis in elektronischer Form zu führen. Die Antragsgegnerin hat gemäß § 9 der Wahlordnung ein Wählerverzeichnis zu führen und nach § 10 der Wahlordnung die Wahlberechtigten dort einzutragen. Dieses Wählerverzeichnis ist gemäß § 11 der Wahlordnung zur Einsicht für die Kammerangehörigen auszulegen. Eine elektronische Form des Wählerverzeichnisses ist damit nicht vorgeschrieben. Zwar deutet der Verweis in § 9 der Wahlordnung zur Anlage 1, dem Musterformular des Wählverzeichnisses, und die Formulierung zum Einsichtsrecht ("auszulegen") in § 11 der Wahlordnung auf ein schriftlich zu führendes Wählerverzeichnis hin. Allerdings schließen die Vorschriften in den §§ 9 ff. der Wahlordnung eine elektronische Führung des Wählerverzeichnisses auch nicht ausdrücklich aus.

Die Wahrung der Chancengleichheit steht einer Herausgabe des Verzeichnisses der Kammerangehörigen an den Antragsteller ebenfalls nicht entgegen. Zum einen steht es den übrigen Wahlbewerbern frei, ebenso einen Antrag auf Herausgabe Wählerverzeichnisses der Kammerangehörigen für ihren Wahlkreis zu stellen, wie dies vereinzelt auch geschehen ist. Zum anderen liegt es in der Verantwortung der Antragsgegnerin, über einen solchen Antrag zu entscheiden oder allgemein die Herausgabe des Wählerverzeichnisses der Kammerangehörigen für Wahlbewerber in ihrer Wahlordnung zu regeln, wie es in vergleichbarer Weise die Industrie- und Handelskammer G. in § 11 Absatz 5 ihrer Wahlordnung getan hat. Dies kann aber hier nicht dazu führen, dass dem Antragsteller die Herausgabe des Wählerverzeichnisses der Kammerangehörigen für seinen Wahlkreis verwehrt wird.

Auf die unter den Beteiligten streitige Frage, ob sich ein Anspruch auf Herausgabe des Wählerverzeichnisses der Kammerangehörigen aus Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe e) DSGVO i.V.m. § 5 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 NDSG oder Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe f) DSGVO i.V.m. § 5 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 NDSG ergibt, kommt es nicht an. Diese Regelungen stehen dem aus § 85a HKG hergeleiteten Anspruch nicht entgegen.

Ein Anordnungsgrund liegt vor. Ein Anordnungsgrund für den Erlass einer Regelungsanordnung erfordert das Vorliegen besonderer Gründe, die es unzumutbar erscheinen lassen, den Antragsteller auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Der Anordnungsgrund ist folglich gleichzusetzen mit der Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit der Rechtsschutzgewährung (Nds. OVG, Beschl. v. 28.5.2010 - 8 ME 101/10 -, juris Rn. 3). Die Sache ist eilbedürftig, denn die Wahlen zur Kammerversammlung beginnen bereits am 23. April 2020.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Absatz 1 Satz 3 VwGO. Danach können einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Das ist hier der Fall. Der Antragsteller unterliegt zu einem geringfügigen Teil, und zwar nur soweit er beantragt, ihm das Verzeichnis der Kammerangehörigen in Dateiform zur Verfügung zu stellen und soweit er keine Einschränkungen hinsichtlich der Privatadressen macht.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 53 Absatz 2 Nummer 1 und § 52 Absatz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) unter Berücksichtigung der Ziffer 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der derzeit geltenden Fassung. Der Streitwert war aufgrund der Vorwegnahme der Hauptsache bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts anzuheben. Dies wären gemäß § 52 Abs. 2 GKG 5.000 Euro.