Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 18.09.1986, Az.: 12 UF 277/85

Versorgungsanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung und Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst im Versorgungsausgleich; Rechtmäßigkeit der Durchführung eines Versorgungsausgleichs; Schuldrechtlicher Ausgleich im Lauf der Zeit abschmelzender Zulagen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
18.09.1986
Aktenzeichen
12 UF 277/85
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1986, 15968
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1986:0918.12UF277.85.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Northeim - 22.10.1985 - AZ: 12 F 338/84

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Zur Ermittlung des Wertunterschiedes der beiderseits erworbenen Versorgungen ist bei den Parteien eines Versorgungsausgleiches von den tatsächlich bei Eheende gezahlten Rentenbeträgen auszugehen, soweit diese das jeweils fiktiv hochgerechnete Altersruhegeld übersteigen und mit einer Entziehung der höheren Beträge nicht mehr zu rechnen ist.

  2. 2.

    Wenn öffentlich-rechtlicher und schuldrechtlicher Versorgungsausgleich in derselben Entscheidung durchzuführen sind, müssen auch die nur für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich in Betracht kommenden Anwartschaften mitberücksichtigt werden, um feststellen zu können, welcher Ehegatte insgesamt die werthöheren Anwartschaften erworben hat und deshalb ausgleichspflichtig ist.

  3. 3.

    Eine gesetzliche Regelung für den schuldrechtlichen Ausgleich im Lauf der Zeit abschmelzender Zulagen läßt sich aus § 1587f BGB nicht entnehmen läßt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Regelung abschmelzender Versorgungsbestandteile übersehen worden und deshalb eine - ausfüllungsbedürftige - Lücke in der gesetzlichen Regelung der einzelnen nach § 1587f BGB dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterliegenden Fallgestaltungen gegeben ist. Denn zumindest das Vorhandensein zeitlich begrenzter Versorgungen war dem Gesetzgeber bereits bekannt.

  4. 4.

    Es ist nicht Sinn des Abänderungsverfahrens, über die Verringerung und den Wegfall der einmal festgesetzten Ausgleichsrente hinaus auch noch zeitweise im Wege des Rückausgleichs in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzugreifen. Wenn aber späteren Änderungen der an beide Parteien gezahlten Ausgleichsbeträge nicht in vollem Umfang Rechnung getragen werden kann, erscheint es angemessener, diese im Verhältnis zu den Gesamtversorgungen beider Parteien geringfügigen Beträge im Versorgungsausgleich insgesamt außer Betracht zu lassen.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin und die Anschlußbeschwerde des Antragsgegners wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Northeim vom 22. Oktober 1985 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich teilweise geändert und wie folgt gefaßt:

Vom Versicherungskonto Nr. 50 130418 V 009 des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte werden Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 39,41 DM, bezogen auf den 30. September 1984 als Ende der Ehezeit, auf das Versicherung Skonto Nr. 50 060821 S 521 der Antragsteller in bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte übertragen.

Ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich findet zwischen den Parteien nicht statt.

Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.533,32 DM (39,41 × 12 = 472,92; 171,70 × 12 = 2.060,40).

Gründe

1

I.

Beschwerde und Anschlußbeschwerde führen zu Änderungen der angefochtenen Entscheidung, die im wesentlichen dem Begehren der Antragsteller in Rechnung tragen.

2

Die 1921 geborene Antragsteller in und der 1918 geborene Antragsgegner haben am 29.7.1960 geheiratet. Beide sind kinderlos geblieben. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin ist dem Antragsgegner am 27.10.1984 zugestellt worden.

3

Die Parteien haben in der Ehezeit vom 1.7.1960 bis 30.9.1984 (§ 1587 Abs. 2 BGB) Versorgungsanwartschaften jeweils in der gesetzlichen Rentenversicherung und auf Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst gegenüber der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) erworben. Die ehezeitlich erworbenen Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung betragen bei der Antragstellerin unter Zugrundelegung der bei Eheende gezahlten Erwerbsunfähigkeitsrente 839,70 DM (Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 12.3.1986) und beim Antragsgegner unter Zugrundelegung des bei Eheende gezahlten flexiblen Altersruhegeldes 957,50 DM (ebenfalls Auskunft der BfA vom 12.3.1986). Die Antragsteller in hat ferner eine Rente aus der Höheversicherung von monatlich 5,09 DM erworben (Auskunft der BfA vom 4.1.1985).

4

Beide Parteien waren bis zum jeweiligen Eintritt des Rentenfalles im öffentlichen Dienst beschäftigt, die Antragstellerin seit 1948, der Antragsgegner seit 1960. Sie erhielten demgemäß zu diesem Zeitpunkt bereits Versorgungsrenten der Zusatzversorgung (VBL). Deren Ehezeitanteil betrug nach der Berechnung der VBL (Auskunft vom 24.7.1985) unter Berücksichtigung der zum 1.1.1985 wirksam gewordenen 19. Änderung der VBL-Satzung bei der Antragsteller in 376,59 DM. Diese erhielt bei Eheende aufgrund der Übergangsregelung gemäß § 99 Abs. 3 der VBL-Satzung eine Besitzstandsrente mit einem Ehezeitanteil von 626,79 DM. Die Besitzstandsrente verminderte sich in der Vergangenheit ab 1.7.1983 bei jeder Erhöhung in der gesetzlichen Rentenversicherung um 39,23 DM. Dieser Bestandteil ihrer Zusatzversorgung wird gemäß Bescheid der VBL vom 24.4.1986 seit dem 1.1.1986 nicht mehr gezahlt. Aufgrund der Übergangsregelung des § 97 c Abs. 2 der VBL-Satzung ist an die Antragstellerin neben der Versorgungsrente ein Ausgleichsbetrag zu zahlen. Dieser beträgt 419,53 DM mit einem Ehezeitanteil von 199,94 DM (Auskunft der VBL vom 24.7.1985). Der Ausgleichsbetrag wird bei jeder Anpassung der Versorgungsrenten nach dem 1.1.1990 um 1/6 seines Anfangsbetrages = 60,92 DM abgebaut, jedoch höchstens um den Betrag der Erhöhung der Gesamtversorgung.

5

Der Ehezeitanteil der Versorgungsrente des Antragsgegners beträgt unter Berücksichtigung der zum 1.1.1985 wirksam gewordenen 19. Änderung der VBL-Satzung 340,30 DM (Auskünfte der VBL vom 3.7.1985 und 12.6.1986). Der Antragsgegner erhält ferner aufgrund der Übergangsregelung des § 97 c Abs. 2 der VBL-Satzung neben der Versorgungsrente einen Ausgleichsbetrag von 504,63 DM mit einem Ehezeitanteil von 283,29 DM. Dieser Betrag wird bei jeder Anpassung der Versorgungsrenten nach dem 1.1.1987 um 1/6 seines Anfangsbetrages = 84,10 DM abgebaut, höchstens jedoch um den Betrag der Erhöhung der Gesamtversorgung.

6

Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich zwischen ihnen durchgeführt. Es hat dabei die fiktiv errechneten Anwartschaften auf Altersruhegeld in der gesetzlichen Rentenversicherung, jedoch ohne die Rente der Antragstellerin aus der Höher Versicherung, sowie ihre Versorgungsrenten in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen und zugunsten der Antragsteller in Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung von 44,75 DM übertragen. Es hat ferner wegen der Ausgleichsbeträge bzw. Besitzstandsrente den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt und dabei die Antragstellerin verpflichtet, an den Antragsgegner ab Rechtskraft des Urteils monatlich 171,70 DM zu zahlen.

7

Hiergegen richten sich die Rechtsmittel der Parteien.

8

Die Antragstellerin macht geltend, der Versorgungsausgleich müsse insgesamt zu ihren Gunsten durchgeführt werden. Sie beantragt, soweit ein schuldrechtlicher Ausgleich wegen der Ausgleichsbeträge in Betracht komme, auch diesen zu ihren Gunsten durchzuführen.

9

Der Antragsgegner macht mit der Anschlußbeschwerde geltend, bei der Antragstellerin müsse auch ihre Rente aus der Höherversicherung berücksichtigt werden. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich sei jedenfalls, wie vom Amtsgericht vorgenommen, zugunsten des Antragsgegners durchzuführen. Dies sei wegen der Vermögensverhältnisse der Antragstellerin auch nicht grob unbillig.

10

II.

Zwischen den Parteien ist im Ergebnis nur der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchzuführen. Die Bestandteile der beiderseitigen Versorgungen, die auf diesem Wege nicht ausgeglichen werden können, unterliegen auch nicht dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.

11

Zur Ermittlung des Wertunterschiedes der beiderseits erworbenen Versorgungen ist bei beiden Parteien von den tatsächlich bei Eheende gezahlten Rentenbeträgen auszugehen, soweit diese das jeweils fiktiv hochgerechnete Altersruhegeld übersteigen und mit einer Entziehung der höheren Beträge nicht mehr zu rechnen ist (vgl. BGH FamRZ 1982, 33;  1984, 673und 1985, 688). Diese Voraussetzungen liegen hier bei beiden Parteien vor. Die Antragstellerin hatte bei Eheende ihr 63. Lebensjahr bereits vollendet und brauchte deshalb mit dem Wegfall der Erwerbsunfähigkeitsrente nicht mehr zu rechnen. Beim Antragsgegner kam eine Entziehung des flexiblen (höheren) Altersruhegeldes nicht mehr in Frage, weil er bei Eheende bereits das 65. Lebensjahr vollendet hatte (Auskunft der BfA vom 12.3.1986). Die dazu neu erteilten Rentenauskünfte der BfA entsprechen den aufgezeigten Rechtsprechungsgrundsätzen. Der Ehezeitanteil ist darin jeweils ausgehend von den der tatsächlich gezahlten Rente zugrundeliegenden Werteinheiten bestimmt worden. Bedenken gegen die Richtigkeit der für beide Parteien neu mitgeteilten Renten und ihres jeweiligen Ehezeitanteils (Auskunft der BfA vom 12.3.1986 nebst Anlagen) sind von den Parteien nicht vorgebracht und auch nicht ersichtlich. Die ehezeitlich erworbenen Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung betragen demgemäß monatlich für die Antragstellerin 839,70 DM und für den Antragsgegner 957,50 DM.

12

Die Antragstellerin hat ferner in der gesetzlichen Rentenversicherung eine nicht den Rentenanpassungen unterliegende Anwartschaft aus der Höher Versicherung von monatlich 5,09 DM erworben (Auskunft der BfA vom 4.1.1985). Auch insoweit sind gegenüber der Auskunft zur Berechnung dieser Rente Bedenken von den Parteien nicht vorgebracht und nicht ersichtlich. Die der Höher Versicherung zugrundeliegenden freiwilligen Beiträge bleiben gemäß § 32 b AVG bei der Ermittlung der für die Antragstellerin maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage unberücksichtigt. Die insoweit erlangte - statische - Höherversicherung bleibt als zusätzliche Rente auch gegenüber der jetzt zugrundegelegten Erwerbsunfähigkeitsrente erhalten. Dieser Rentenbestandteil ist zur Herstellung der Vergleichbarkeit mit den dynamischen Rentenanwartschaften in eine solche unter Verwendung der Barwertverordnung und der Rechengrößen umzurechnen. Es ergibt sich dann ein Betrag von 2,63 DM (5,09 × 12 × 7,8 = 476,42 DM; 476,42 × 0,01678802 × 0,3288750 = 2,63).

13

Weiterhin sind einzubeziehen die von beiden Parteien in der Ehezeit erworbenen Versorgungsrenten gegenüber der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Die insoweit gewährten Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung waren bei Eheende unverfallbar und unterliegen deshalb gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB dem öffentlichen-rechtlichen Versorgungsausgleich. Zwar kommt es für die Bewertung der Höhe einer Versorgung grundsätzlich auf die Verhältnisse bei Eheende und nicht auf die Verhältnisse bei Erlaß der Entscheidung an (vgl. BGHZ 81, 100 und 93, 122 = FamRZ 1985, 363). Jedoch sind gesetzliche Änderungen zwischen Ende der Ehezeit und dem Zeitpunkt der Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 90, 52 = FamRZ 1984, 565 = NJW 1984, 1544 für die Beamtenversorgung). Entsprechendes hat für die Zusatz Versorgung des öffentlichen Dienstes zur Berücksichtigung der hier maßgeblichen 19. Änderung der VBL-Satzung zu gelten, auch wenn diese Satzung keine Gesetzesqualität hat (vgl. BGHZ 93, 122[BGH 06.12.1984 - III ZR 147/83]).

14

Der vom Antragsgegner in der Ehezeit erworbene Teil der Versorgungsrente beträgt nunmehr 340,30 DM (Auskünfte der VBL vom 3.1.1985 und 12.6.1986). Bei der Berechnung der Versorgungsrente ist die dem Antragsgegner tatsächlich gezahlte Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zugrundegelegt worden. Die von der Antragstellerin wegen der Berechnung des Ehezeitanteils beim Antragsgegner erhobenen Bedenken greifen nicht durch. Sie ist durch diese Berechnung nicht benachteiligt. Dem steht nicht entgegen, daß die Antragstellerin schon erhebliche Zeit vor der Eheschließung Angehörige des öffentlichen Dienstes war, während der Antragsgegner erst kurz nach der Eheschließung Angehöriger des öffentlichen Dienstes geworden ist. Diese Umstände wirken sich auf die Höhe der beiderseits erworbenen Zusatzversorgung nicht aus. Deren Höhe hängt wesentlich davon ab, daß bei der gesamtversorgungsfähigen Zeit neben den durch VBL-Umlagen belegten Zeiten auch die in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten mitberücksichtigt werden. Die Dauer der Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst ist demgegenüber nicht ausschlaggebend (§ 42 VBL-Satzung). Die VBL-Rente des Antragsgegners hat also nur wegen der Berücksichtigung vor der Ehe liegender Zeiten aus der gesetzlichen Rentenversicherung die hier erreichte Höhe, an welcher die Antragstellerin insgesamt unter Berücksichtigung des Ehezeitanteils angemessen beteiligt wird. Bei der Berechnung des Ehezeitanteils ist zutreffend nach der sog. VBL-Methode verfahren worden (BGHZ 93, 122[BGH 06.12.1984 - III ZR 147/83]). Zu der dort vorgenommenen Berechnung im einzelnen werden, abgesehen von der oben behandelten Berechnung des Ehezeitanteils, von den Parteien keine Bedenken vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

15

Für die Antragstellerin ist als Versorgungsrente ein monatlicher Betrag von 376,66 DM zugrundezulegen. Dieser Anteil ist zwar in der Auskunft der VBL vom 24.7.1985 mit 376,59 DM angegeben. Gegen die Richtigkeit dieser Auskunft sind von den Parteien Bedenken nicht vorgebracht und auch sonst, von der im folgenden behandelten geringfügigen Abweichung abgesehen, nicht ersichtlich. Wenn auch in der Auskunft der VBL vom 12.6.1986 die Zusatz Versorgung für die Antragstellerin nicht ausdrücklich erwähnt ist, ergibt sich aus der hier zu prüfenden Auskunft vom 24.7.1985, daß darin als gesetzliche Rente der bei Ende der Ehezeit tatsächlich gezahlte Betrag, allerdings in Höhe von 1.564,35 DM statt 1.564,20 DM (Auskunft der BfA vom 12.3.1986), nicht aber die fiktiv errechnete monatliche Rentenanwartschaft von 1.552,10 DM (vgl. Auskunft der BfA vom 4.1.1985) zugrundegelegt worden ist. Bei Verringerung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf 1.564,20 DM erhöht sich die Versorgungsrente auf 790,31 DM. Der Ehezeitanteil von 47,66 % beträgt dann 376,66 DM.

16

Darüber hinaus haben beide Parteien keine Versorgungsanrechte erworben, die im öffentlich-rechtlichen oder dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen und deshalb für die Ermittlung des Ausgleichspflichten gemäß § 1587 a Abs. 1 BGB von Bedeutung sind. Wenn - wie hier - öffentlich-rechtlicher und schuldrechtlicher Versorgungsausgleich in derselben Entscheidung durchzuführen sind, müssen auch die nur für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich in Betracht kommenden Anwartschaften mitberücksichtigt werden, um feststellen zu können, welcher Ehegatte insgesamt die werthöheren Anwartschaften erworben hat und deshalb ausgleichspflichtig ist. Schon aus diesem Grunde kann im Grundsatz eine Regelung, wie sie vom Amtsgericht getroffen worden ist, in Fällen dieser Art nicht in Betracht kommen.

17

Es kommt deshalb darauf an, ob die den Parteien aufgrund der 19. Änderung der VBL-Satzung gezahlten Ausgleichsbeträge auf die Versorgungsrente einschließlich der ursprünglich an die Antragstellerin gezahlten Besitzstandsrente mit ihrem Ehezeitanteil in irgendeiner Form dem Versorgungsausgleich unterliegen. Diese Frage ist zu verneinen.

18

Hinsichtlich der nach Art. 2 § 2 des 2. HStruktG aufgrund der Änderungen zu § 55 BeamtVG gezahlten - abschmelzenden - Ausgleichsbeträge ist vom Bundesgerichtshof entschieden worden, daß diese Zahlungen nicht dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich unterliegen, jedoch offen gelassen, ob insoweit ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich stattfindet (BGHZ 90, 52, 68) [BGH 01.02.1984 - IVb ZB 49/83]. Für die hier in Frage stehenden Ausgleichsbeträge hat entsprechendes zu gelten. Diese Zahlungen einschließlich der der Antragstellerin in der Vergangenheit zugeflossenen Besitzstandsrente nach § 99 Abs. 3 VBL-Satzung unterliegen deshalb nicht dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich.

19

Die hier fraglichen Beträge unterliegen jedenfalls im vorliegenden Fall auch nicht dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.

20

Soweit das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung an die Besitzstandsrente der Antragstellerin angeknüpft hat, ist der Antragsteller in zuzugeben, daß die darin enthaltene Versorgungsrente hätte abgesetzt werden müssen. Im übrigen hat sich diese Frage durch Zeitablauf erledigt. Die Besitzstandsrente wird seit dem 1.1.1986 an die Antragstellerin nicht mehr gezahlt, wie sich aus dem Bescheid der VBL vom 25.4.1986 ergibt, d.h. dieser Teil ist inzwischen abgeschmolzen. Einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich kann aber frühestens ab Rechtskraft der Ehescheidung einsetzen, die hier aufgrund der Neuregelung zu § 629 a ZPO am 3.5.1986 eingetreten ist. Zu diesem Zeitpunkt erhielt aber die Antragstellerin Zahlungen aus der Besitzstandsrente nicht mehr.

21

Die im folgenden zu untersuchenden Ausgleichsbeträge betragen unter Zugrundelegung der VBL-Auskünfte mit ihrem jeweiligen Ehezeitanteil derzeit beim Antragsgegner 283,29 DM und bei der Antragstellerin 199,88 DM (zur Verringerung des in der Auskunft vom 24.7.1985 angegebenen Betrages von 194,94 DM s.o.).

22

Der Senat stützt seine Auffassung, diese Ausgleichsbeträge auch dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nicht zu unterwerfen, in der Hauptsache darauf, daß eine gesetzliche Regelung für den schuldrechtlichen Ausgleich derartiger im Lauf der Zeit abschmelzenden Zulagen sich aus § 1587 f BGB nicht entnehmen läßt (vgl. BGH a.a.O.). Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Regelung derart abschmelzender Versorgungsbestandteile übersehen worden und deshalb eine - ausfüllungsbedürftige - Lücke in der gesetzlichen Regelung der einzelnen nach § 1587 f BGB dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterliegenden Fallgestaltungen gegeben ist. Denn zumindest das Vorhandensein zeitlich begrenzter Versorgungen war dem Gesetzgeber bekannt (vgl. §§ 3, 4 Abs. 2 BarwertVO a.F.; §§ 4, 5 Abs. 2 BarwertVO in der ab 1.6.1984 geltenden Fassung). Wenn der Gesetzgeber auch derartige sich mit der Zeit verringernde und dann wegfallende Zulagen in den Versorgungsausgleich hätte einbeziehen wollen, hätte anläßlich der gesetzlichen Neuregelungen zu § 55 BeamtVG durch das 2. HStruktG Gelegenheit und auch Veranlassung bestanden, im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu §§ 1587 a und f BGBÄnderungen vorzunehmen, wenn die im Zusammenhang damit neu geschaffenen Ausgleichsbeträge und Besitzstandsregelungen dem Versorgungsausgleich hätten unterworfen werden sollen. Für die Auffassung, daß der Gesetzgeber davon ausging, die hier angesprochenen Ausgleichsbeträge und Besitzstandsregelungen würden weder dem öffentlich-rechtlichen noch dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterliegen, deshalb sei eine gesetzliche Regelung entbehrlich, spricht auch die Stellungnahme der Bundesregierung, wie sie in der erwähnten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Neuregelung des § 55 BeamtVG wiedergegeben ist.

23

Hinzukommen im vorliegenden Fall noch weitere Erwägungen. Die tatsächliche Abschmelzung der Ausgleichsbeträge ist bei den Parteien praktisch nicht vorhersehbar. Die Verringerung kann beim Antragsgegner zum 1.1.1987 und bei der Antragstellerin zum 1.1.1990 mit den oben angegebenen Beträgen beginnen. Diese Beträge stellen die Obergrenze dar. Die tatsächliche Verringerung hängt von der jeweiligen Erhöhung der Gesamtversorgung ab. Zwar wären derartige Änderungen bis zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich gemäß § 1587 g Abs. 2 BGB zu berücksichtigen; es können auch spätere, allerdings nur wesentliche Änderungen bei den festgesetzten Ausgleichszahlungen gemäß §§ 1587 g Abs. 3, 1587 d Abs. 2 BGB berücksichtigt werden. Diese gegenwärtig nur hypothetisch übersehbare Abschmelzung der beiderseitigen Ausgleichsbeträge kann wegen der bei den Parteien unterschiedlichen Entwicklung dazu führen, daß zunächst noch der Ausgleichsbetrag des Antragsgegners höher ist, dann aber zeitweise bei der Antragstellerin ein Überhang entsteht, bis auch ihr Ausgleichsbetrag vollständig abgeschmolzen ist. In diesem Fall würde sich der Ehezeitanteil (56,14 %) vom Ausgleichsbetrag des Antragsgegners von 283,29 DM bei ausreichender Erhöhung der Gesamtversorgung jeweils zum 1.7. der Jahre ab 1987 mit Ablauf des 30.6.1992 erledigt haben, während sich der Ehezeitanteil (47,66 %) des Ausgleichsbetrags der Antragsteller in von anfänglich 199,88 DM erstmals ab 1.7.1990 verringern und dann fortlaufend bis 30.6.1995 ganz erledigt haben würde. Möglich ist aber auch, daß sich der Ausgleichsbetrag auf Seiten des Antragsgegners bei nur geringfügiger Erhöhung der Gesamtversorgung in den Jahren bis 1990 in geringerem Ausmaß verändert und die beiderseitigen Ausgleichsbeträge bei einer dann nur noch geringfügigen Differenz für die Zukunft eine etwa gleichartige Entwicklung nehmen.

24

Zwar kann dieser unterschiedlichen Entwicklung der Ausgleichsbeträge bei der Anpassung der im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich geschuldeten Ausgleichsrente unter Berücksichtigung der gemäß § 1587 k BGB entsprechend anwendbaren unterhaltsrechtlichen Vorschriften zur gegenseitigen Auskunftspflicht und zum Verzuge theoretisch Rechnung getragen werden. Soweit es dabei wenigstens zweitweise auch dazu kommen kann, daß die bisher insgesamt ausgleichsberechtigte Antragstellerin jedenfalls hinsichtlich der schuldrechtlichen Ausgleichsrente zur Ausgleichspflichtigen werden kann, bestehen dagegen nach Auffassung des Senats bei der hier gegebenen Fallgestaltung grundsätzliche Bedenken aus der gesetzlichen Regelung des Versorgungsausgleichs. Im Grundsatz kann immer nur ein Ehegatte der gemäß § 1587 a BGB ausgleichspflichtige Teil mit den werthöheren Anwartschaften sein. Von diesem nur in einer Richtung stattfindenden Ausgleich, wie dies für den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich in § 1587 b Abs. 3 Satz 3 BGB vorgeschrieben ist, ist eine Ausnahme mit der Möglichkeit eines Rückausgleichs dann erforderlich, wenn öffentlich-rechtlicher und schuldrechtlicher Versorgungsausgleich nicht gleichzeitig durchgeführt werden können, weil die Voraussetzungen für den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich noch nicht vorliegen. Im vorliegenden Fall ist aber über öffentlich-rechtlichen und schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gleichzeitig zu entscheiden. Die Frage eines "Rückausgleichs" würde sich erst im Zuge von Änderungsentscheidungen nach §§ 1587 g Abs. 3, 1587 d Abs. 2 BGB ergeben. Nach Auffassung des Senats ist es nicht Sinn dieses Abänderungsverfahrens, über die Verringerung und den Wegfall der einmal festgesetzten Ausgleichsrente hinaus auch noch zeitweise im Wege des Rückausgleichs in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzugreifen. Wenn aber späteren Änderungen der an beide Parteien gezahlten Ausgleichsbeträge nicht in vollem Umfang Rechnung getragen werden kann, erscheint es angemessener, diese im Verhältnis zu den Gesamtversorgungen beider Parteien geringfügigen Beträge im Versorgungsausgleich insgesamt außer Betracht zu lassen.

25

Dem Versorgungsausgleich unterliegen deshalb nur die Gesamtanwartschaften von 1.297,80 DM beim Antragsgegner (BfA-Rente und VBL-Versorgungsrente) und 1.218,99 DM bei der Antragstellerin (BfA-Rente, Höherversicherungsrente und VBL-Versorgungsrente). Die Hälfte der Differenz von 78,81 DM beträgt 39,41 DM.

26

In Höhe des Betrages von 39,41 DM ist der Versorgungsausgleich zwischen den Parteien durchzuführen. In dieser Höhe sind gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB zugunsten der Antragstellerin Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung von den in ausreichendem Maße werthöheren Rentenanwartschaften des Antragsgegners aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu übertragen.

27

Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der mit dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zusammenhängenden Fragen die weitere Beschwerde zugelassen.

28

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 93 a ZPO, 17 a GKG.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.533,32 DM (39,41 × 12 = 472,92; 171,70 × 12 = 2.060,40).