Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 03.09.1986, Az.: 4 W 191/86
Voraussetzungen für den Beginn der Rechtsbehelfsfrist für die gegen einen Zuschlagbeschluss des Amtsgerichts gerichtete weitere Beschwerde
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 03.09.1986
- Aktenzeichen
- 4 W 191/86
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1986, 20335
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1986:0903.4W191.86.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Stade - 30.07.1986 - AZ: 2 T 426/86
Rechtsgrundlagen
- § 88 ZVG
- § 98 S. 2 ZVG
Verfahrensgegenstand
Grundbuch von S. Blatt ... eingetragenen Grundstücke lfd. Nr. 1 und 2 des Bestandsverzeichnisses
In dem Zwangsversteigerungsverfahren
...
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
am 3. September 1986
durch
die Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B. und M. sowie
den Richter am Oberlandesgericht S.
beschlossen:
Tenor:
Die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3) gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 30. Juli 1986 wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird - auch für das Landgericht unter Abänderung der von ihm vorgenommenen Wertfestsetzung - auf 65.000 DM festgesetzt.
Gründe
Die gemäß §568 ZPO zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3), mit der sie sich dagegen wendet, daß das Landgericht ihre sofortige Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluß des Amtsgerichts als unzulässig (verfristet) verworfen hat, ist unbegründet; mit Recht hat das Landgericht ausgesprochen, daß das am 21. Juli 1986 eingegangene Rechtsmittel gegen den am 3. Juli 1986 verkündeten Zuschlagsbeschluß nicht innerhalb der 2-wöchigen Notfrist eingegangen ist. Diese Frist hatte, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des §98 Satz 2 ZVG ergibt, gegenüber der Beteiligten zu 3), die im Versteigerungstermin erschienen war, mit der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses zu laufen begonnen, nicht erst mit der Zustellung dieser Entscheidung. An dem Wortlaut des §§98 Satz 2 ZVG gibt es insoweit entgegen den Auslegungsversuchen der Beteiligten zu 3) nicht zu deuteln; er wird auch nirgends anders verstanden, als ihn das Landgericht verstanden hat (vgl. Zeller ZVG, 11. Aufl., §98 Rdn. 1; OLG Stuttgart Jur. Büro 1976, 972; OLG Köln, RPfleger 1980, 354). Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit §88 ZVG, der - ebenfalls eindeutig - bestimmt, daß den entweder im Versteigerungstermin oder im Verkündungstermin erschienenen Beteiligten der Zuschlagsbeschluß nicht zugestellt zu werden braucht. Daran hat auch die von der weiteren Beschwerde der Beteiligten zu 3) angeführte Neuformulierung des §329 Abs. 3 ZPO nichts geändert, weil die zitierten Vorschriften des ZVG als Spezialregelungen vorgehen. So wie die §§88, 98 ZVG nach ihrem Wortlaut und systematischen Zusammenhang zu verstehen sind, verstoßen sie entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht gegen Verfassungsgrundsätze, etwa gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) oder den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dem Anspruch auf rechtliches Gehör wird dadurch genüge getan, daß der Zuschlagsbeschluß verkündet wird, so daß der im Verkündungstermin anwesende Beteiligte ihn zur Kenntnis nehmen kann oder derjenige, der wenigstens im Versteigerungstermin anwesend war, Gelegenheit hat, sich über die vom Gericht angekündigte Entscheidung über den Zuschlag zu informieren. Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht erkennbar (vgl. OLG Stuttgart a.a.O.); es gibt entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde durchaus sachliche Gründe dafür, einem Beteiligten, der weder im Versteigerungstermin noch im Verkündungstermin anwesend war, die Entscheidung über den Zuschlag zuzustellen, demjenigen, der - wenigstens - den Versteigerungstermin wahrgenommen hat, jedoch nicht (weil damit für diesen Beteiligten klar sein muß, daß eine Entscheidung über den Zuschlag ergehen undöffentlich bekannt gegeben wird); ob - wie das OLG Stuttgart a.a.O., S. 974 meint - die Vorschrift des §88 ZVG eine unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten unbedingt notwendige Abweichung von den Vorschriften der ZPO enthält, mag dahinstehen; das liegt im Bereich des Ermessens des Gesetzgebers.
Eine andere Frage ist, ob und unter welchen Voraussetzungen derjenige, der die Beschwerdefrist versäumt hat, weil er sich darauf verlassen hat, die Frist beginne erst mit der Zustellung der Zuschlagsentscheidung, mit Erfolg Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Notfrist beantragen kann (dazu Zeller a.a.O.,§98 Rdn. 2 Bem. 1 b)); ein solcher Antrag ist hier von der Beteiligten zu 3) nicht gestellt worden.
Der Beschwerdewert war nach dem Interesse der Beteiligten zu 3) an der von ihr erstrebten Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses zu bemessen. Zu Unrecht hat das Landgericht insoweit den Betrag von 24.587,99 DM - den Betrag des Bargebots - angesetzt. Das Interesse der Beteiligten zu 3) muß im Hinblick auf ihre Ausführungen in der an das Landgericht gerichteten Beschwerdebegründung vom 30. Juli 1986 (S. 2, 171) höher angesetzt werden. Er liegt bei mindestens der Hälfte des von der Beteiligten zu 3) angeführten Differenzbetrages von 131.604,20 DM, also bei etwa 65.000 DM.