Landgericht Braunschweig
Urt. v. 02.07.2020, Az.: 5 O 1407/19 (534)

Darlehenswiderruf; Gesetzlichkeitsfiktion; Kaskadenverweis; Kreditschutzbrief; verbundener Vertrag

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
02.07.2020
Aktenzeichen
5 O 1407/19 (534)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 71587
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Der Hinweis in den Darlehensbedingungen darauf, dass der Darlehensnehmer im Falle des Widerrufs des Darlehensver-trags eine durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme des Fahrzeugs entstandene Wertminderung unter beispielhafter Aufzählung eines Wertverlusts aufgrund der Zulassung eines PKWs zu ersetzen hat, ist nicht zu beanstanden.

2. Im Rahmen von § 492 Abs. 2 BGB ist ein Verweis des Darlehensvertrags auf die in dem ausgehändigten Merkblatt „Eu-ropäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ enthaltenen Angaben zulässig.

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klagepartei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche nach Widerruf eines zur Finanzierung eines Neuwagens geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrags mit der externen Vorgangsnummer XXX.

Die Klagepartei erwarb einen XXX zu einem Kaufpreis von 32.500,00 €. Sie leistete eine Anzahlung an das veräußernde Autohaus und schloss zur Finanzierung des restlichen Kaufpreises mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über insgesamt 20.500,00 € netto. Als Sicherheit vereinbarten die Parteien u.a. die Übereignung des erworbenen Fahrzeugs an die Beklagte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Darlehensantrag der Klagepartei vom 21.02.2014 (Anlage K2) verwiesen. Den vom Autohaus zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen waren u.a. die Darlehensbedingungen der Beklagten und eine Widerrufsinformation beigefügt. Wegen der Einzelheiten des Inhalts der Widerrufsinformation wird auf Seite 5 der Anlage K2 verwiesen.

Die Klagepartei widerrief ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung mit Schreiben vom 19.03.2018 und forderte die Beklagte erfolglos auf, den Widerruf und die Rückabwicklung zu bestätigen innerhalb von zwei Wochen. (vgl. Anlage K5).

Nach Widerruf leistete die Klagepartei unter Vorbehalt an die Beklagte die weiteren Darlehens- sowie die Schlussrate.

Die Klagepartei nimmt die Beklagte nunmehr u.a. auf Rückzahlung erbrachter Tilgungsleistungen, der geleisteten Anzahlung in Anspruch und Ersatz für die Nutzung des Kapitals abzüglich von Wertersatz für gefahrene Kilometer in Höhe von 15.160,71 €. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf S. 2 des Schriftsatzes vom 29.04.2020 (Bl.66 d.A.) verwiesen.

Die Klagepartei ist der Ansicht, sie habe ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrags als Verbraucher abgegebene Willenserklärung wirksam widerrufen. Sie sei nicht ausreichend und zutreffend über ihr Widerrufsrecht gemäß Art. 247 § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EGBGB informiert und ihr seien bei Vertragsschluss nicht alle nach § 356b Abs. 2 BGB i.V.m. § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB a.F. geforderten Pflichtangaben mitgeteilt worden, weshalb die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs nicht abgelaufen gewesen sei.

Die Klagepartei hat ursprünglich angekündigt als Antrag zu 1. zu beantragen, es solle festgestellt werden, dass die Klagepartei ab ihrer Widerrufserklärung weder Zins – noch Tilgungsleistungen schulde aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag. Nunmehr hat die Klagepartei mit dem am 29.05.2020 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz von diesem Tage den Antrag zu 1. für erledigt erklärt und den vorherigen Antrag zu 2. und nunmehrigen Antrag zu 1. um einen Teilbetrag von 3.885,74 € zurückgenommen.

Die Klagepartei beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 21.467,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des KFZ der Marke XXX mit der Fahrzeug-Ident-Nr. XXX nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren;

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des KFZ XXX (Fahrzeug-Identnr. XXX) in Verzug befindet;

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Rechtsschutzversicherung des Klägers, XXX Rechtsschutzversicherung AG zur Schaden-Nummer XXX vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.730,01 € zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 102,00 € zu zahlen.

Die Beklagte hat der Teilerledigungserklärung der Klagepartei widersprochen und beantragt,

die Klage insgesamt abzuweisen.

Für den Fall, dass das Gericht von einem wirksamen Widerruf der Klagepartei ausgehen würde, beantragt die Beklagte im Wege der Hilfswiderklage,

festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Umgang mit dem Fahrzeug der Marke XXX mit der Fahrgestellnr. XXX zu leisten, der zur Prüfung dessen Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise nicht notwendig war.

Die Klagepartei beantragt,

die Hilfswiderklage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei unbegründet. Die Widerrufsinformation sei ordnungsgemäß und der Darlehensvertrag enthalte sämtliche Pflichtangaben, so dass der Darlehensvertrag zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs nicht mehr habe widerrufen werden können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

1.

Die Klagepartei hat infolge des erklärten Widerrufs gegen die Beklagte keinen Rückzahlungsanspruch gemäß § 346 i.V.m. §§ 495, 355, 357, 358 BGB in der bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses jeweils gültigen Fassung. Im Folgenden wird jeweils auf die zu diesem Zeitpunkt geltende Fassung der zitierten Vorschrift Bezug genommen. Die Bindung der Klagepartei an ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung ist nicht durch den Widerruf der Klagepartei entfallen.

Der Klagepartei stand kein Widerrufsrecht gemäß §§ 495, 355 BGB mehr zu, als sie den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehens gerichteten Willenserklärung erklärte. Die 14-tägige Widerrufsfrist war zu diesem Zeitpunkt abgelaufen. Gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB beginnt die Widerrufsfrist mit Vertragsschluss zu laufen. Ein Nichtbeginn des Fristlaufs nach § 356b Abs. 2 BGB wegen etwaig nicht ordnungsgemäßer Information der Klagepartei über ihr Widerrufsrecht oder wegen des Fehlens der weiteren Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB kommt vorliegend nicht in Betracht, da die Beklagte die Klagepartei ordnungsgemäß über das ihr zustehende Widerrufsrecht informiert (a)) und auch die weiteren Pflichtangaben erteilt hatte (b)).

a) Die Klagepartei wurde ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert.

Ob hinsichtlich der streitgegenständlichen Widerrufsinformation die Gesetzlichkeitsfiktion nach § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB eingreift, kann dahinstehen, da die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht geeignet ist, den Verbraucher in die Irre zu führen oder Missverständnisse hinsichtlich seiner Verbraucherrechte zu verursachen.

Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ist es, den Verbraucher vor einer übereilten Bindung an seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung zu schützen. Ihm soll deshalb bei Entscheidungen mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und Tragweite wie dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags Gelegenheit gegeben werden, den Vertragsabschluss noch einmal zu überdenken. Widerrufsangaben müssen deshalb umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Der Verbraucher soll durch sie nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Leitbild ist für das hier maßgebliche Recht, das vollharmonisiertes Unionsrecht umsetzt, der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2016 - XI ZR 101/15, zit. nach juris, dort Rn. 32, 33; OLG Braunschweig, Beschluss vom 15.05.2017 - 9 U 105/16).

Ob der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde, richtet sich nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen unter Zugrundelegung des gesetzlichen Musters als Auslegungshilfe für die Frage der Deutlichkeit der Belehrung. Das Muster in Anlage 6 zu Art. 247 EGBGB spiegelt dabei die Auffassung des Gesetzgebers darüber wieder, welchen Inhalt eine ordnungsgemäße Belehrung haben soll (OLG Stuttgart, Urteil vom 06.12.2016 - 6 U 170/16). Soweit der Darlehensgeber Formulierungen aus diesem Muster benutzt, ist davon auszugehen, dass diese Formulierungen nach Auffassung des Gesetzgebers für eine deutliche Widerrufsinformation geeignet sind. Lediglich soweit einzelne Textpassagen fehlen oder hinzugefügt werden, ist zu prüfen, ob die Widerrufsbelehrung dadurch insgesamt undeutlich und verwirrend wird.

Nach diesen Maßstäben ist die der Klagepartei übergebene Widerrufsinformation nicht zu beanstanden. Die Beklagte unterrichtet, wie von Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 sowie § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) EGBGB gefordert, zutreffend über die Dauer und den Beginn der Widerrufsfrist, den Beginn der Rückabwicklungsfrist, über die Rückabwicklung des Darlehensvertrags sowie die Widerrufsfolgen.

Im Einzelnen:

aa) Die Belehrung ist entgegen der Ansicht der Klagepartei nicht dadurch fehlerhaft, dass sie hinsichtlich einer etwaigen Anmeldung zu dem Kreditschutzbrief (KSB/KSB Plus) belehrt wurde, als ob es sich bei diesem um einen verbundenen Vertrag handeln würde. Dabei kann offen bleiben, ob es sich bei einem etwaigen - von der Klagepartei tatsächlich nicht erklärten - Beitritt zur Gruppenversicherung „KSB Plus“ um einen verbundenen Vertrag im Sinne von § 358 BGB handelt, weil diese Einordnung auf die Richtigkeit der Widerrufsbelehrung keinen Einfluss hat. Die Einbeziehung des KSB in die weitere Umsetzung der Gestaltungshinweise zu verbundenen Verträgen stellt eine zulässige vertragliche Erweiterung des Widerrufsrechts dar. Zugunsten des Verbrauchers von dem gesetzlichen Muster der Widerrufsinformation abweichende Vereinbarungen sind zulässig (BGH, Urteil vom 22.11.2016 - XI ZR 434/15, zit. nach juris, dort Rn. 29). Die Gruppenversicherung ist in der Widerrufsinformation unter der Zwischenüberschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ aufgeführt. Darin ist unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts gemäß §§ 133, 157 BGB ein an einen dieser beitretenden Darlehensnehmer gerichtetes, begünstigendes Angebot der Beklagten zu sehen, die von ihr abgeschlossene Gruppenversicherung als mit dem Darlehensvertrag verbundenes Geschäft einzuordnen. Dieses ihn begünstigende Angebot nimmt ein der Versicherung beitretender Darlehensnehmer durch die Unterschrift an. Die Konsequenz, dass im Fall des Widerrufs der Anmeldung zum KSB/KSB Plus Ansprüche der Beklagten auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags gegen den beitretenden Darlehensnehmer ausgeschlossen sind, hat die Beklagte zutreffend in der Widerrufsinformation aufgeführt (vgl. ebenfalls LG Köln, Urteil vom 10.10.2017 - 21 O 23/17 sowie LG Heilbronn, Urteil vom 30.01.2018 - 6 O 358/17).

Die Bezugnahme der Widerrufsinformation auf den Komplex „Anmeldung zum KSB/KSB Plus“ ist auch sonst nicht verwirrend. Die Klagepartei wusste, dass sie keine Anmeldung zum KSB/KSB Plus abgeschlossen hatte. Weiß der Verbraucher, dass er sich nicht zum KSB/KSB Plus angemeldet hat, so versteht er auch, dass die diesbezüglichen Passagen der Widerrufsinformation für ihn nicht einschlägig sind und ersatzlos wegfallen. Dies ergibt sich auch aus der Bezugnahme auf die Anmeldung zum KSB/KSB Plus vorausgehenden Formulierung „und/oder“ (OLG Braunschweig, Beschluss vom 15.05.2017 - 9 U 105/16).

bb) Entgegen der Ansicht der Klagepartei werden auch die Rechtsfolgen des Widerrufs zutreffend dargestellt. Die Beklagte hat hier den Gestaltungshinweis 8c) a.E. der Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB wörtlich übernommen. Dass sich in Ziff. 6 a) der Darlehensbedingungen der Beklagten eine abweichende Formulierung in Bezug auf den Wertersatz findet, ist unschädlich. In Ziff. 6 a) der Darlehensbedingungen heißt es zwar, dass der Darlehensnehmer im Fall des Widerrufs des Darlehensvertrages eine durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme des Fahrzeugs entstandene Wertminderung zu ersetzen hat. Dazu wird dort beispielhaft der Wertverlust aufgrund der Zulassung eines Pkw genannt. Demgegenüber heißt es in der Widerrufsinformation einschränkend, dass die Wertersatzpflicht nur in Betracht kommt, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war. Letztere Formulierung gibt zwar eindeutiger den Inhalt von § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB wider. Dies führt aber nicht dazu, dass die Formulierung in den Darlehensbedingungen rechtswidrig wäre. Eine Regelung, dass jede Ingebrauchnahme des Fahrzeugs zur Wertersatzpflicht führe, enthält auch Ziffer 6 a) der Darlehensbedingungen nicht. Die dort beispielhaft erwähnte Zulassung eines Fahrzeuges ist nicht als Untersuchung oder Testen einer Ware einzuordnen, weshalb dort richtigerweise darauf hingewiesen wird, dass schon die Zulassung des Fahrzeuges zu einem ersatzpflichtigen Wertverlust führen kann (so auch: LG Düsseldorf, Urteil vom 05. Dezember 2017 – 11 O 37/17 –, juris Rn. 51; LG Ulm, Urteil vom 30.07.208 – 4 O 399/17 – Anlage B12; a.A. LG Ravensburg, Urteil vom 07. August 2018 – 2 O 259/17 –, juris, wo die Formulierung in den Darlehensbedingungen ohne nähere Begründung für inhaltlich falsch gehalten wird). Die beiden Informationen sind auch nicht widersprüchlich. Die Formulierung in der Widerrufsinformation ist lediglich etwas ausführlicher als die Formulierung in den Darlehensbedingungen und ergänzt diese.

cc) Die Verwendung des sogenannten „Kaskadenverweises“ ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Beklagte belehrt damit in ausreichender Form über den Beginn der Widerrufsfrist. Die Formulierung, „die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“ ist entgegen der Ansicht der Klagepartei nicht zu beanstanden. Sie informiert für sich klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist. Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher kann die Bedingungen, unter denen die Widerrufsfrist anlaufen soll, aus einer in dieser Weise erteilten Widerrufsinformation erschließen. Auch die Erläuterung des § 492 Abs. 2 BGB mittels in Klammern gesetzter Beispiele, stellt eine hinreichende Belehrung dar (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2016 - XI ZR 101/15, WM 2016, 706). Die Bezugnahme auf eine allgemein zugängliche Norm wie § 492 Abs. 2 BGB ist klar und verständlich. Eine vollständige Auflistung sämtlicher von § 492 Abs. 2 BGB geforderter Pflichtangaben würde letztlich dazu führen, dass dem Verbraucher eine kaum mehr lesbare Information erteilt werden müsste. Das vom Gesetzgeber bereitgestellte Muster sieht ebenfalls eine beispielhafte Auflistung vor.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26.03.2020 (C-66/19, veröffentlicht in juris). Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Union in der zitierten Entscheidung ausgeführt, Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48 sei dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 dieser Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweist (EuGH, Urteil vom 26. März 2020 – C-66/19 –, Rn. 49, juris) mit der Folge, dass der - auch vorliegend von der Beklagten - verwendete sogenannte „Kaskadenverweis“ der Richtlinie zuwiderlaufe.

Jedoch obliegt die Entscheidung darüber, ob im Rahmen des nationalen Rechts ein Spielraum für eine richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung besteht, den nationalen Gerichten (vgl. BGH, Urteil vom 03. Juli 2018 – XI ZR 702/16 –, Rn. 13, m.w.N., juris). Von diesen ist zu berücksichtigen, dass eine richtlinienkonforme Auslegung nicht dazu führen darf, dass das Regelungsziel des Gesetzgebers in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird, oder dazu, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird. Demgemäß kommt eine richtlinienkonforme Auslegung nur in Frage, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht. Der Grundsatz gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung und Rechtsfortbildung darf nicht zu einer Auslegung des nationalen Rechts contra legem führen (vgl. hierzu insgesamt: BGH, Urteil vom 03. Juli 2018 – XI ZR 702/16 –, Rn. 13, m.w.N, juris). Eine richtlinienkonforme Auslegung scheidet daher aus, wenn das nationale Recht und der Wille des nationalen Gesetzgebers eindeutig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2019 – XI ZR 44/18, Rn.17, juris). Vorliegend ist das deutsche Gesetz und der Wille des deutschen Gesetzgebers bezüglich der Zulässigkeit des Verweises auf eine gesetzliche Vorschrift zwecks Umschreibung der Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist derart eindeutig, dass eine entgegenstehende richtlinienkonforme Auslegung ausscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2019 – XI ZR 44/18, Rn.17, juris). Auch eine richtlinienkonforme Fortbildung kommt nicht in Betracht, weil es unter Heranziehung der Gesetzesbegründung an einer verdeckten Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes fehlt (BGH, Beschluss vom 19.03.2019, XI ZR 44/18, Rn. 17; OLG Stuttgart, Beschluss vom 04. Februar 2019 – 6 U 88/18 –, juris Rn. 19).

dd) Auch die von der Beklagten verwendete Passage zu den „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ begründet entgegen der Ansicht der Klagepartei keine Fehlerhaftigkeit der Widerrufsinformation. Die Beklagte hat damit den Gestaltungshinweis 8a der Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB wörtlich übernommen. Soweit der Darlehensgeber Formulierungen aus diesem Muster benutzt, ist davon auszugehen, dass diese Formulierungen nach Auffassung des Gesetzgebers für eine deutliche Widerrufsinformation geeignet sind. Hinzu kommt, dass vorliegend an den Darlehensnehmer überhaupt kein Betrag ausgezahlt worden ist, so dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.01.2011 – XI ZR 356/09 – auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden ist.

b)

Die Klagepartei hat die nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB erforderlichen Pflichtangaben erhalten.

Im Rahmen von § 492 Abs. 2 BGB ist ein Verweis des Darlehensvertrags auf die in dem ausgehändigten Merkblatt „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ (Anlage B3) enthaltenen Angaben zulässig. Die vertraglichen Pflichtangaben können auch in Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen erteilt werden, soweit sie klar und verständlich sind und ihre Gestaltung es einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher ermöglicht, die jeweils einschlägigen Angaben aufzufinden (BGH, Urteil vom 04.07.2017 - XI ZR 741/16, zit. nach juris, dort Rn. 24 ff.). Eines gesonderten Hinweises auf den Standort der Informationen bedarf es im Vertragsformular nicht (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.03.2017 - 17 U 204/15, zit. nach juris, dort Rn. 40).

Im Einzelnen:

aa) Die gemäß Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB geforderten Angaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung werden in Nr. 2 lit. c) der Darlehensbedingungen unter Bezugnahme auf die vom „Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen“ und Aufzählung der hierfür maßgeblichen Faktoren mit einer Kappungsgrenze nach oben zutreffend wiedergegeben. Der Bundegerichtshof hat für eine mit Ausnahme der vorliegend fehlenden pauschalen Entschädigung im Wesentlichen wortlautidentische Belehrung entschieden, dass diese den Anforderungen nach der genannten Vorschrift genügt (BGH, Urteil vom 05.11.2019, XI ZR 650/18, Rn. 40-50, zitiert nach juris). Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Die fehlende Pauschalierung ist unschädlich, weil eine Pauschalierung nach Erwägungsgrund 39 der Richtlinie 2008/48/EG zwar zulässig, nicht aber erforderlich ist.

Soweit die Klagepartei weiter rügt, die Beklagte habe nicht im Vertrag festgelegt, welche von den vom Bundesgerichtshof anerkannten Berechnungsmethoden sie vorliegend anwenden werde, begründet dies ebenfalls keinen Informationsfehler der Beklagten. Eine Festlegung im Darlehensvertrag ist gerade nicht erforderlich. Der Verbraucher kann mit diesen Begriffen für sich nichts anfangen. Entscheidend ist, dass die Angaben - wie vorliegend - geeignet sind, dem Darlehensnehmer die zuverlässige Abschätzung seiner finanziellen Belastung im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 16/11643 S. 87; BGH, a.a.O.).

bb) Entgegen der Ansicht der Klagepartei liegt auch kein Verstoß gegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB, wonach der Verbraucherdarlehensvertrag klar und verständlich Angaben zu dem einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages enthalten muss, vor.

(a) Der Bundesgerichtshof hat in jeder Hinsicht überzeugend anhand Wortlaut, Systematik, Telos, Entstehungsgeschichte und der verschiedenen Sprachfassungen der zugrunde liegenden Richtlinie 2008/48/EG hergeleitet, dass diese Vorschrift sich nur auf das in der genannten Richtlinie vorgesehene Kündigungsrecht für unbefristete Darlehensverträge aus der Vorschrift des § 500 Abs. 1 BGB bezieht (BGH, Urteil vom 05.11.2019, XI ZR 650/18, Rn. 26-38, zitiert nach juris). Dieses kam bei dem vorliegenden befristeten Darlehensvertrag nicht zum Tragen. Über weitere Kündigungsrechte – insbesondere das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 314 BGB – musste die Beklagte die Klagepartei danach nicht aufklären.

(b) Durch diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auch zugleich geklärt, dass es nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB nicht des Hinweises auf mögliche Formvorschriften – insbesondere diejenige aus § 492 Abs. 5 BGB – und auch nicht des Hinweises auf sonstige allgemeine mögliche Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Kündigung bedarf. Denn wenn sich Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB nur auf das Kündigungsrecht nach § 500 Abs. 1 BGB bezieht, kann danach nicht auch ein Hinweis auf andere Form- und sonstige Vorschriften, insbesondere nicht auf solche für die Form einer etwaigen Kündigung des Darlehensgebers nach § 492 Abs. 5 BGB geschuldet sein (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 15.10.2019, a.a.O. S. 2314 f).

(c) Schließlicht ist es auch nicht erforderlich, über eine Form der Kündigung des Darlehensnehmers aufzuklären. Diese ist formfrei möglich. Der angemessen aufmerksame und verständige Darlehensnehmer kann daher aus fehlenden Angaben zu Formvorschriften die zutreffende Schlussfolgerung ziehen, dass eine Kündigungserklärung nicht an eine bestimmte Form gebunden ist.

cc) Die Beklagte hat die Klagepartei auch über die Auszahlungsbedingungen nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB informiert. Diese Angaben erfordern auch die Angabe, dass der Darlehensnehmer etwas Anderes erhält, z.B. die Befreiung von einer Verbindlichkeit oder einen Gegenstand (BT-Drucks. 16/11643, Seite 124). Die Angaben über die eigentlichen Auszahlungsbedingungen finden sich auf Seite 5 des Darlehensantrags unterhalb der Widerrufsinformation. Danach sollte das Darlehen bei Annahme des Darlehensantrags durch die Beklagte an die „Verkäufer-/Vermittler-/Reparaturfirma“ überwiesen werden. Auszahlungsbedingung ist danach allein die Annahme des Antrags. Auch wenn hier mehrere Fälle genannt werden und die Verwendung des Begriffs „Firma“ in diesem Zusammenhang juristisch unsauber ist, kann der angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher ohne weiteres erkennen, welcher der genannten Fälle auf seinen Vertragsschluss zutrifft. Was der Darlehensnehmer hierfür erhält, ergibt sich aus Seite 1 des Darlehensantrags, das finanzierte Fahrzeug und die Befreiung von der Kaufpreisschuld. Zumindest der angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher wird bis zur Unterschriftsleistung noch nicht vergessen haben, zu welchem Zweck er den Darlehensvertrag abgeschlossen hat, der Finanzierung eines Fahrzeugs. Dann bleibt ihm auch nicht verborgen, dass er eben dieses Fahrzeug und nicht einen anderen Gegenstand oder eine andere Leistung erhält.

Diese Angaben werden nicht dadurch unwirksam, dass die Beklagte im Anschluss an die Darlehensbedingungen in einem gesonderten mit einem Kasten umrandeten Textfeld folgende Klausel aufgenommen hat:

„Die Bank ist berechtigt, nach Vertragsschluss unter angemessener Berücksichtigung der berechtigten Belange des Darlehensnehmers zusätzliche Auszahlungsvoraussetzungen für das Darlehen zu bestimmen. ...“

Eine solche Klausel hat keine Auswirkungen auf die bei Vertragsschluss anzugebenden Pflichtangaben. Betroffen von ihr sind vielmehr im Einzelfall sich ergebende nachträgliche Änderungen, deren Angabe der Beklagten bei Vertragsschluss nicht möglich ist. Es ist auch nicht erforderlich, die Pflichtangaben um solche in der Zukunft liegende Änderungen zum Schutz des Verbrauchers zu erweitern. Der Verbraucher ist durch in § 308 Nr. 4 BGB angeordnete Rechtsfolge ausreichend geschützt. Nach § 308 Nr. 4 BGB ist eine Klausel, wie von der Beklagten verwendet, grundsätzlich unwirksam, „wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist“. Auch besteht nach dem weiteren Wortlaut der Klausel keine Pflicht der Klagepartei, etwaig nachträgliche Anforderungen zu erfüllen. An die Nichterfüllung knüpft die Beklagte „lediglich“ ein ihr zustehendes Kündigungsrecht. Eine Verknüpfung mit einem etwaigen Widerrufsrecht des Verbrauchers ist nicht gegeben. Letztlich hat die Klagepartei gar nicht behauptet, dass die Beklagte nachträglich die Auszahlungsbedingungen abgeändert hat.

dd) Die von Art. 247 § 13 Abs. 1 EGBGB geforderte Angabe zum Namen und zur Anschrift des als Darlehensvermittler auftretenden Autohauses befindet sich nach dem von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrag der Klagepartei (S.11 der Klage, Bl.30 d.A.) in den Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite. Dies ist ausreichend. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

ee) Über die Art des Darlehens (Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 2 EGBGB) ist die Klagepartei unterrichtet worden. Die erforderlichen Angaben zu der Art des Darlehens ergeben sich aus §§ 491 ff BGB; zur Art gehören die nähere Ausgestaltung des Vertrags, z.B. Darlehen mit oder ohne bestimmte Laufzeit und/oder regelmäßiger Tilgung oder Tilgung am Laufzeitende (Palandt/Weidenkaff, a.a.O. Art. 247 EGBGB § 3 Rn. 2). Eine schlagwortartige Umschreibung wie der nicht im Gesetz verwendete Begriff „Annuitätendarlehen“ ist nicht erforderlich. Die danach erforderlichen Angaben ergeben sich aus S. 1 des Darlehensantrags der Klagepartei (vgl. Anlage K2).

ff) Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB vor, wonach der Darlehensnehmer über alle sonstigen Kosten, insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsinstruments, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sowie die Bedingungen, unter denen die Kosten angepasst werden können, informiert werden muss. Das in Nr. 4 der Darlehensbedingungen genannte Preis- und Leistungsverzeichnis betrifft nicht „sonstige Kosten“ im Sinne des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB. Jedenfalls liegt kein Vortrag dazu vor, welche „sonstigen Kosten“ vorliegend noch anfallen.

gg) Der gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB erforderliche Hinweis auf den Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan wird am Ende von Ziffer 4 der Darlehensbedingungen genannt. Die Überschrift der Ziffer 4 lautet zwar “Besondere Gebühren und Leistungen“. Dies ist nicht missverständlich, denn bei dem Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan handelt es sich um eine besondere Leistung.

2.

Da der Klagepartei kein Widerrufsrecht zugestanden hat, sind auch die weiteren mit den Anträgen zu 2. und 3. geltend gemachten Ansprüche und der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen nicht begründet. Aus diesen Gründen ist auch der Antrag der Klagepartei, die teilweise Erledigung des Rechtsstreits festzustellen, der in der einseitig gebliebenen Teilerledigungserklärung der Klagepartei enthalten ist, unbegründet.

3.

Über die Hilfswiderklage war nicht zu entscheiden.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 269 Abs. 3 S. 2, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.