Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 23.09.1975, Az.: 2 Ws 360/75
Rechtmäßigkeit der Anordnung der Fesselung eines Angeklagten bei jedem Verlassen der Anstalt
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 23.09.1975
- Aktenzeichen
- 2 Ws 360/75
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1975, 15704
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1975:0923.2WS360.75.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 15.08.1975 - AZ: 5 Ls 5/75
Rechtsgrundlagen
- § 119 Abs. 5 Nr. 2 StPO
- § 119 Abs. 6 S. 2 StPO
- § 304 StPO
Fundstelle
- NJW 1975, 2219-2220 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Diebstahl
In dem Strafverfahren
...
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 23. September 1975
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx
den Richter am Oberlandesgericht xxx sowie
den Richter am Landgericht xxx
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß des Vorsitzenden der Strafkammer II des Landgerichts Osnabrück vom 15. August 1975 wird mit der Maßgabe verworfen, daß die getroffene Anordnung auf die Verschubung und Vorführung zum Hauptverhandlungstermin eingeschränkt wird.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Die Beschwerde des Angeklagten richtet sich gegen den Beschluß, durch den der Vorsitzende der Strafkammer II des Landgerichts Osnabrück angeordnet hat, daß der Angeklagte bei jedem Verlassen der Anstalt zu fesseln ist.
Das nach § 304 StPO zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Gründe des angefochtenen Beschlusses rechtfertigen an sich grundsätzlich die Maßnahme, wie der neue Ausbruch des Angeklagten vom 1. September 1975 beweist. Nur kann sie nicht zu der uneingeschränkten Weise bestehen bleiben.
Die Fesselung stellt den stärksten Eingriff in die Bewegungsfreiheit des Betroffenen dar und ist deshalb an besonders strenge Voraussetzungen geknüpft. (Löwe-Rosenberg, StPO 22. Aufl. Anm. III 9 zu § 119) Diese lassen eine generelle Anordnung einer solchen Maßnahme für lediglich denkbare zukünftige Ereignisse nicht zu. Vielmehr ist stets auf den Einzelfall abzustellen. Dafür sprich die Vorschrift des § 119 Absatz 5 Nr. 2 StPO, die eine Würdigung der Umstände des Einzelfalles fordert.
Für die Zulässigkeit einer generellen Regelung durch den Richter besteht auch insoweit kein Bedürfnis. Denn in dringenden Fällen läßt es das Gesetz zu, daß Personen, unter dessen Aufsicht der Verhaftete steht, vorläufige Maßnahmen treffen dürfen (§ 119 Abs. 6 Satz 2 StPO), die allerdings der Genehmigung des Richters bedürfen (§ 119 Abs. 6 Satz 3 StPO).
Da Hauptverhandlungstermin am 28. Oktober ansteht, hat der Senat die angeordnete Maßnahme auf dieses überschaubare Ereignis eingeschränkt. Ob weitere Maßnahmen zu treffen sein werden, muß der Einzelfall entscheiden.
Danach war zu erkennen, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.