Amtsgericht Cloppenburg
Urt. v. 23.02.2001, Az.: 17 C 253/00 (XVII)
Zusendung von Gewinnmitteilungen durch ein gewerblich tätiges Unternehmen; Übersendung des Gewinns gegen eine Vorab-Kostenpauschale
Bibliographie
- Gericht
- AG Cloppenburg
- Datum
- 23.02.2001
- Aktenzeichen
- 17 C 253/00 (XVII)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 28841
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGCLOPP:2001:0223.17C253.00XVII.0A
Rechtsgrundlagen
- § 661a BGB
- § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG
Fundstellen
- NJW-RR 2001, 1274-1275 (Volltext mit red. LS)
- RRa 2001, 234
Das Amtsgericht Cloppenburg hat
auf die mündliche Verhandlung vom 02.02.2001
durch
den Richter Dr. Pellegrino
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Beklagte wird verurteilt,
- a)
an die Klägerin kostenlos einen verbindlichen Urlaubsscheck inklusive Reiseunterlagen für 2 Personen im Wert von 498,00 DM pro Person für eine exklusive 9-tägige Urlaubsreise nach Spanien (Orangenküste) inklusive Übernachtung und Frühstück für die Reisetermine Herbst bis Winter 2000 und Frühjahr 2001 zu übergeben,
- b)
an die Klägerin 1.000,00 DM Zug um Zug gegen Buchung der angebotenen Reise nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem Diskontüberleitungsgesetz vom 9. Juni 1998 ab Buchung der Reise zu zahlen.
- 2.)
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.)
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.900,00 DM vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in dieser Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin erhielt am 15.08.2000 von der Beklagten ein Schreiben u.a. mit folgendem Inhalt: ..., denn Sie, Frau ..., sind der glückliche Gewinner des 3. Preises unserer Hauptziehung und haben hiermit einen Urlaubsscheck für 2 Personen (Wert je Person DM 498,-) für eine exclusive 9-tägige Urlaubsreise nach Spanien (Orangenküste) gewonnen (Übernachtung, Frühstück etc.) Reisetermin: "Herbst - Winter 2000 + Frühjahr 2001". Ferner enthielt das Schreiben die Erklärung, dass der Hauptsponsor der Beklagten, Azahar-Tours/Spanien, für jeden Gewinnbucher einen Tausender als Taschengeld dazu steuere, den die Beklagte in bar auszahlen werde. Nach dem weiteren Inhalt sollten Reiseunterlagen und Bargeld auf einem Tagesausflug überreicht werden. In dem Schreiben befindet sich die weitere Erklärung "Wir senden Ihnen Ihre Reiseunterlagen auch gerne gegen eine Vorab-Kostenpauschale von DM 40,- (für Porto und gesonderte Bearbeitung) zu". Die Klägerin forderte den Beklagten am 16.08.2000 auf, den Urlaubsscheck für zwei Personen im Wert von je 498,00 DM sowie das Taschengeld von 1.000,00 DM bis spätestens Montag, den 28.08.2000 auszuhändigen, was die Beklagte ablehnte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf das mit der Klageschrift zur Akte gereichte Schreiben der Beklagten verwiesen (Bl. 10 d.A.).
Die Klägerin trägt vor, dass die Beklagte zur Herausgabe der Urlaubsschecks verpflichtet sei. Bei dem versprochenen Geldbetrag handele es sich um einen DM-Betrag.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin kostenlos einen verbindlichen Urlaubsscheck inklusive Reiseunterlagen für 2 Personen im Wert von 498,00 DM pro Person für eine exklusive 9-tägige Urlaubsreise nach Spanien (Orangenküste) inklusive Übernachtung und Frühstück für die Reisetermine Herbst bis Winter 2000 und Frühjahr 2001 zu übergeben.
- 2.
die Beklagte ferner zu verurteilen, an die Klägerin 1.000,00 DM Zug um Zug gegen Buchung der angebotenen Reise nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem Diskontüberleitungsgesetz vom 9. Juni 1998 ab Buchung der Reise zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, sie habe keine Gewinnmitteilung übersandt und auch keinen Gewinn versprochen. Sie habe lediglich dem Veranstalter, der Firma "..." ein Postfach zur Entgegennahme von Antwortkarten zur Verfügung gestellt. Die Klägerin habe einen Anspruch auf einen Reisescheck im Wert von 498,00 DM gewonnen, der auf die Reise in Anrechnung gebracht werden könne. Zur Übersendung der Reiseunterlagen hätte die Klägerin eine Vorab-Kostenpauschale in Höhe von 40,00 DM zahlen müssen. Als Taschengeld seien lediglich Spanische Peseta geschuldet, wobei eine Auszahlung nur an diejenigen erfolge, die eine entsprechende Reise buchten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat zunächst aufgrund § 661 a BGB einen Anspruch auf Übersendung der Reisegutscheine und -unterlagen.
Die Beklagte hat in ihrer Eigenschaft als gewerblich tätiges Unternehmen der Klägerin eine Gewinnmitteilung zugesendet und haftet für die darin enthaltenen Erklärungen persönlich, da sie nach den objektiven Umständen als die Erklärende angesehen werden muss. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass sie lediglich die Antwortschreiben in Empfang nehme und für die Fa. ... gehandelt habe. Ein Vertretungsverhältnis wird in dem Anschreiben nicht ausreichend deutlich gemacht, so dass die Beklagte sich die darin enthaltenen Erklärungen zurechnen lassen muss (§ 164 II BGB). Zwar enthält die Mitteilung auch einen Hinweis auf das Unternehmen .... Es fehlen jedoch jegliche nähere Angaben. Dagegen ist die Anschrift der Beklagten im Kopf und auf der Antwortkarte angegeben. Von entscheidender Bedeutung ist darüber hinaus, dass die Beklagte in dem Schreiben die Erklärungen im eigenen Namen angibt. Die Azahar-Tours wird dagegen hinsichtlich des zusätzlichen Bargeldversprechens nur als Hauptsponsor genannt.
Die Beklagte ist zur Übersendung der versprochenen Unterlagen verpflichtet. Nach der Mitteilung ist allerdings davon auszugehen, dass lediglich Reisegutscheine geschuldet sind. Die Auslegung einer derartigen Gewinnmitteilung hat aus der Sicht des Empfängers zu erfolgen, wobei allerdings ein objektiver Maßstab anzulegen ist (Palandt-Sprau, § 661 a Rdnr. 2). Bei verständiger Würdigung des Schreibens ist ohne weiteres von einem Gewinn auszugehen. Allerdings beschränkt sich dieser lediglich auf Urlaubsschecks im Sinne von Gutscheinen. Dies folgt daraus, dass eben nicht eine Reise an sich versprochen wird, sondern lediglich ein Scheck mit einem bestimmten Wert.
Soweit die Beklagte die Übersendung von der Zahlung einer Vorab-Kostenpauschale in Höhe von 40,00 DM abhängig macht, handelt es sich insoweit um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die nach § 9 II Nr. 1 AGBG unwirksam ist. Zwischen den Parteien wird zwar mit der Gewinnmitteilung und dem damit begründeten Anspruch noch kein Vertragsverhältnis begründet (s. dazu Lorenz, NJW 2000, 3305 ff.). Die Klausel unterliegt dennoch einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz. Eine Anwendung des Gesetzes ist schon dann zu bejahen, wenn eine Bestimmung vorliegt, die für den Verwendungsgegner erkennbar vorvertragliche Beziehungen regeln soll (BGH NJW 1996, 2574). Die Regelung dient nach dem erklärten Willen der Beklagten der Anbahnung eines Reisevertrages. Erst durch Übersendung konnte die Klägerin konkrete Informationen über die Reiseleistungen erhalten. Die Reiseleistungen sollten unter Anrechnung des Gewinns erbracht werden. Es wurde demgemäß ein Vertragsverhältnis angebahnt, das auch der Erfüllung des Gewinnanspruchs dienen sollte.
Diese Klausel benachteiligt die Klägerin unangemessen, weil sie von dem wesentlichen Grundgedanken der Regelung abweicht, dass derjenige der einen Gewinn mitteilt, den zugrundeliegenden Preis zu leisten hat (§ 661 a BGB). Nach dem Sinn und Zweck des § 661 a BGB soll der Unternehmer, der Gewinnmitteilungen macht allein aufgrund des entstandenen Eindrucks zur Leistung des mitgeteilten Preises verpflichtet werden. Eine Annahme oder eine Leistung des Verbrauchers soll gerade nicht mehr erforderlich sein (Palandt-Sprau, § 661 a Rdnr. 1, Lorenz, a.a.O., 3306). Durch die Entrichtung der Pauschale würde aber gerade diese Zielsetzung unterlaufen. Im vorliegenden Fall ist noch zu berücksichtigen, dass einerseits die anzufordernden Unterlagen lediglich der noch vorzunehmenden Buchung dienen und andererseits die Klägerin erst mit Übersendung den konkreten Gehalt des Gewinns erkennen konnte. Demgemäß ist auch nicht ersichtlich, welche zusätzliche Leistung die Klägerin erbringt, die eine Vergütung in der angegebenen Höhe rechtfertigen könnte. Portogebühren konnten allenfalls in Höhe von 3,00 DM anfallen.
Die Klägerin kann darüber hinaus neben den Reiseunterlagen die Zahlung von 1.000,00 DM und nicht, wie die Beklagte meint, 1.000 Spanische Peseta verlangen. Insoweit ist ebenfalls maßgebend, welche Bedeutung der Empfänger eines solchen Schreibens bei verständiger Würdigung beilegen darf. Wird ein entsprechende Ankündigung ohne weitere Spezifizierung in Deutschland zugesendet, dann kann der Empfänger davon ausgehen, dass es sich um einen DM-Betrag handelt. Nach der Art und dem Inhalt der Ankündigung bestand auch kein Anlass an einem derartigen Umfang des Gewinns zu zweifeln.
Der Zinsanspruch ist für den Fall, der Nichtleistung gerechtfertigt. Die Beklagte hat die Zahlung eines entsprechenden DM-Betrages endgültig und ernsthaft abgelehnt, so dass der Verzug mit Buchung der Reise begründet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hingegen auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.