Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 08.12.2014, Az.: 12 B 2986/14

Bleibevereinbarung; Zusage

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
08.12.2014
Aktenzeichen
12 B 2986/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42597
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Eine Hochschule darf von Bleibevereinbarungen über die unbefristete Nutzung eines Raumes durch einen Professor und Lehrstuhlinhaber nach Ablauf von 12 Jahren wegen grundlegender Änderung der Verhältnisse abweichen.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu untersagen, den ihm zur Verfügung gestellten Raum N06 räumen zu lassen, bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist zwar zulässig (1.), aber unbegründet (2.).

1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft. Der Antragsteller wendet sich nicht gegen einen Verwaltungsakt, so dass vorrangiger einstweiliger Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht in Betracht kommt (§ 123 Abs. 5 VwGO). Er begehrt in der Sache die (weitere) Erfüllung der ihm gemachten Zusage vom 10. Januar 2002, dass ihm der von ihm genutzte Raum N06 unbefristet zur Verfügung gestellt wird. Den von ihm aus der Zusage abgeleiteten Anspruch müsste er im Wege einer Leistungsklage verfolgen (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 21. Oktober 2008 – 9 S 1507/06 -, juris; OVG Münster, Urteil vom 27. November 1996 – 25 A 3079/93 -, NVwZ-RR 1997, 475; OVG Bautzen, Urteil vom 21. Januar 2010 – 2 A 156/09 -, NVwZ-RR 2010, 522 [OVG Sachsen-Anhalt 17.12.2009 - 3 L 362/08]; OVG Lüneburg, Beschluss vom 5. August 2010 – 2 ME 170/10 -, juris). Die Antragsgegnerin hat bereits seit mehreren Jahren darauf gedrängt, dass der Antragsteller den Raum N06 räumt. Da die Beteiligten sich – auch nach Einschaltung eines Rechtsanwaltes ab 2012 – auf eine einvernehmliche Lösung nicht einigen konnten, teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass der fragliche Raum freigeräumt werde. Hierbei handelt es sich um eine Maßnahme der Raumverteilung innerhalb der Hochschule und damit mangels Außenwirkung nicht um einen Verwaltungsakt. Die Organisationsmaßnahme berührt den Antragsteller nicht in seiner persönlichen Rechtsstellung und auch nicht in seinem in beamtenrechtlicher Sicht statusrechtlichen Amt. Betroffen ist allein sein konkreter Aufgabenbereich und damit sein funktionelles Amt im konkreten Sinn (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 5. August 2010, a.a.O.). Die Organisationsmaßnahme betrifft zwar die dem Antragsteller aus der Zusage zustehende Rechtsstellung, aber auch insoweit nur seine Amtsausführung; sie ist erkennbar nicht darauf gerichtet, seine ihm als Professor in seiner beamtenrechtlichen Position zukommende zusätzliche (dienstrechtliche) Rechtsstellung der Forschung und Lehre in seinem Fach einzuschränken. Dass dem Antragsteller sein sich aus Art. 5 Abs. 3 GG abgeleiteter Anspruch auf Mindestausstattung beschnitten und damit seine wissenschaftliche Arbeit unmöglich gemacht wird, ist nicht ersichtlich. Auch der Antragsteller gibt an, dass ihm mit dem Raum N124, der ihm weiterhin zur Verfügung stehe, das Mindestmaß einer wissenschaftlichen Tätigkeit (in räumlicher Hinsicht) gewährt werde.

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO muss der Antragsteller dabei sowohl den Anordnungsanspruch, d.h. den materiellen Anspruch, für den er vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch den Anordnungsgrund, der insbesondere die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet, glaubhaft machen. Der Antragsteller hat weder den Anordnungsgrund (2.1.) noch den Anordnungsanspruch (2.2.) glaubhaft gemacht.

2.1. Der Antragsteller hat schon den Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht hat nach § 123 Abs. 1 VwGO grundsätzlich nur vorläufige Regelungen zu treffen und einem Antragsteller nicht schon im vollen Umfang, wenn auch nur für beschränkte Zeit und unter dem Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das zu gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Eine Ausnahme gilt dann, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht (vgl. hierzu nur u.a. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 – 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69 = NJW 1989, 827). Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt.

Mit seinem Antrag, der Antragsgegnerin zu untersagen, den Raum N06 räumen zu lassen, begehrt der Antragsteller schon im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Rechtsposition, die er im Hauptsacheverfahren anstreben müsste, und damit eine Vorwegnahme der Hauptsache. Er will den Raum weiterhin – bis zum Abschluss eines (noch nicht anhängigen) Hauptsacheverfahrens – nutzen. Den hierfür erforderlichen Anordnungsgrund, dass ihm ohne die begehrte einstweilige Anordnung erhebliche ohne die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zumutbare Nachteile entstünden, und damit die bei Vorwegnahme der Hauptsache besonderen Anforderungen hat er nicht glaubhaft gemacht.

Er behauptet, das in dem Raum N06 vorhandene Archiv von inzwischen ca. 800 (so im Schriftsatz vom 30. September 2014) bzw. 1000 (so in der Antragsschrift) Aktenordnern, das Ergebnis einer langjährigen Forschungsarbeit, permanent für seine Arbeit zu benötigen. Es handelte sich um eine „von ihm über lange Jahre aufgebaute, katalogisierte und stets mit großem personellem wie finanziellem Aufwand (Berufungsgelder, Kernmittel) fortgeführte Sammlung insbesondere von Aufsätzen und Artikeln zu den verschiedenen Bereichen seiner Tätigkeit“ (Seite 12 seines Schriftsatzes vom 30. September 2014). Es handele sich also nicht um ein Archiv im eigentliche Sinne, das eher verwaltet werde; er nutze die Sammlung ständig. Er bezeichnet den Raum deshalb als Dreh- und Angelpunkt seiner Forschungstätigkeit, die durch eine Räumung „extrem behindert, wenn nicht unmöglich gemacht“ (S. 13 des o.g. Schriftsatzes) würde, wenn er in das 13 km entfernte Außenlager der Uni-Bibliothek, in das das Archiv ausgelagert werden solle, fahren müsse.

Weiter trägt er vor, dass sowohl er selbst wie auch seine jeweiligen Mitarbeiter, die seinem Lehrstuhl zugewiesenen Lehrbeauftragten, Hilfskräfte und oft auch Promovenden, Habilitanden sowie Studierende das Nachschlagearchiv fast täglich nutzten. Bei eigener Ortsabwesenheit übermittelten ihm seine Mitarbeiter die notwendigen Unterlagen aus dem Archiv auf elektronischem Weg. In der Zeit, in der er in den Räumlichkeiten der Antragsgegnerin arbeite, nutze er den Archivraum N06 fast täglich, während der Veranstaltungszeiten selbst mindestens an zwei Tagen in der Woche, von seinen Mitarbeitern werde der Raum in der Regel täglich mindestens über mehrere Stunden genutzt. Der Raum werde außerdem zu Dienstgesprächen und als Versammlungsort im Rahmen von außerordentlichen Vorlesungen, Forschungskooperationen und Promotionen genutzt und sei nach dem Sekretariat der im Institut für Katholische Theologie der Antragsgegnerin der am stärksten frequentierte Raum. Ihm dürfe auch während der Dauer eines Hauptsacheverfahrens der Zugriff auf seine Unterlagen und Forschungsergebnisse nicht verwehrt werden.

Die vom Antragsteller umfangreich beschriebene Nutzung des Raumes N06 belegt die für die begehrte Anordnung der einstweiligen Anordnung im Rahmen der Vorwegnahme der Hauptsache erforderliche Notwendigkeit nicht. Er hat nicht glaubhaft gemacht, dass durch die Räumung des Raumes N06 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache schwerwiegende Beeinträchtigungen seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit eintreten. Ihm wird durch die Auslagerung der 800 bzw. 1000 Ordner seine wissenschaftliche Arbeit nicht unmöglich gemacht. Sie beeinträchtigt den geschilderten Ablauf der Tätigkeiten, der Antragsteller kann aber weiterhin wissenschaftlich arbeiten. Nach den Angaben der Antragsgegnerin werden die Ordner des Antragstellers auf gesonderte Regale im Außenlager in Lohne (Brockdorf) aufbewahrt. Zu dieser Außenstelle hat der Antragsteller jederzeit Zutritt. Die Ordner werden von der Bibliotheksverwaltung erfasst und katalogisiert. Sie können außerdem über die Bibliothek angefordert werden. Mitarbeiter der Bibliothek verbringen mindestens dreimal wöchentlich Bücher, Magazine etc. zwischen Außenlager und Bibliothek. An diesem System der Fernleihe können auch der Antragsteller bzw. seine Mitarbeiter etc. teilnehmen. Dieses System und insbesondere die Entfernung zwischen dem Stammgebäude und der Außenstelle in Brockdorf von – wieder der Antragsteller unwidersprochen angibt – 13 km erschwert die wissenschaftliche Arbeit des Antragstellers. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung legt er aber nicht dar. Er behauptet lediglich pauschalierend eine extreme Behinderung bis hin zur Unmöglichkeit seiner Forschungsarbeit. Hierzu gibt die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf einen Auszug aus dem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2013 an, dass der Antragsteller selbst bis zum 6. Januar 2013 und ab 12. Februar 2013 annähernd ohne Unterbrechung bis einschließlich 20. März 2013 und anschließend häufig auswärtige Vortragstätigkeiten, Tagungen, Kongresse, Forschungsaufenthalte durchgeführt bzw. an ihnen teilgenommen habe. Der Antragsteller spricht von Aufenthalten „im Jahr 2013 an 30 Montagen bis Freitagen im Ausland“ (S. 4 des Schriftsatzes vom 12. November 2014). Eine fast tägliche Nutzung des fraglichen Raumes durch den Antragsteller selbst kann damit nicht stattgefunden haben. Entscheidend ist, dass die Archivordner dem Antragsteller auch in der verbleibenden Zeit zugänglich sind, so dass eine wesentliche Beeinträchtigung seiner Lehr- und Forschungsarbeit nicht erkennbar ist.

Diese lässt sich auch durch die Beschreibung der Nutzung des Raumes durch verschiedene Mitarbeiter etc. nicht belegen. Für die wissenschaftliche Arbeit des Antragstellers ist nicht erforderlich, dass seine Mitarbeiter sich (längere Zeit) in dem Raum N06 aufhalten müssen. Dies gilt insbesondere für Promotionsstudierende oder Lehrbeauftragte, die – wie die Antragsgegnerin betont (Schriftsatz vom 25. November 2014) – „in keinem regulären Beschäftigungsverhältnis zur Universität Vechta stehen“. Dabei ist unerheblich, dass die Nutzung des Raumes durch Mitarbeiter, Studierende etc. in Absprache mit dem Lehrstuhlinhaber zulässig ist. Eine solche Erlaubnis belegt die Notwendigkeit der Nutzung nicht.

Soweit der Antragsteller zusätzlich darauf hinweist, dass der streitige Raum für Dienstgespräche und andere Versammlungen genutzt werde, ist nicht dargetan, dass diese Tätigkeiten nicht auch – wie es andere Professoren und Lehrstuhlinhaber handhaben – in eigenen Räumen des Instituts bzw. der Hochschule stattfinden könnten. Jedenfalls lässt sich aus der von der Antragsgegnerin vorgesehenen anderweitigen Nutzung des Raumes N 06 auch insoweit nicht ableiten, dass die wissenschaftliche Arbeit des Antragstellers unmöglich gemacht ist. Entgegen seiner Behauptung ist ihm auch während eines Hauptsacheverfahrens der Zugriff auf seine in den Ordnern abgelegten Unterlagen und Forschungsergebnisse nicht verwehrt.

Die Ordner werden durch den Umzug auch nicht beschädigt, so dass nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens gegebenenfalls ein erneuter Umzug stattfinden kann. Die hiermit verbundenen Kosten trägt nicht der Antragsteller, sondern die Antragsgegnerin. Sollte ihr der Aufwand zu groß sein, wird sie von der (zwischenzeitlichen) Räumung bis zur Klärung im Hauptsacheverfahren Abstand nehmen.

2.2. Schließlich hat der Antragsteller auch den erforderlichen Anordnungsanspruch i.S. einer hohen Erfolgswahrscheinlichkeit einer Klage nicht glaubhaft gemacht.

Ihm steht ein Anspruch auf Unterlassung der Räumung des Raumes N06 nicht zu, weil die von der Antragsgegnerin angekündigte Maßnahme der Räumung nicht rechtswidrig ist. Sie verletzt insbesondere nicht die sich aus der Nutzungsregelung im Protokoll vom 10. Januar 2002 ergebene Rechtsposition des Antragstellers.

Nach Ziffer 1 des Protokolls wird der vom Antragsteller genutzte Raum N06 diesem „unbefristet zur Verfügung gestellt“. Das Protokoll, das noch weitere Regelungspunkte enthält, ist sowohl vom damaligen Rektor der Hochschule wie auch vom Antragsteller unterschrieben worden.

Grundsätzlich ist die rechtliche Einordnung entsprechender Regelungen als Zusage oder öffentlich rechtlicher Vertrag umstritten (vgl. hierzu Herrmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz bei Berufungsvereinbarungen, LKV 2011, 49 ff., mit Rechtsprechungsnachweisen). Vorliegend dürfte eine Ausstattungszusage anzunehmen sein, denn für eine fragliche Vereinbarung fehlt es schon an der schriftlichen Regelung von den dem Antragsteller obliegenden Vertragspflichten. Es ist naheliegender, von vorangegangenen Verhandlungen auszugehen, die zu einem Verbleib des Antragstellers geführt haben. Nur die versprochenen Gegenleistungen sind in dem Protokoll vom 10. Januar 2002 festgehalten worden. Sie sind deshalb als Zusagen zu werten, denen dann schon wegen der schriftlichen Fixierung und der beiderseitigen Unterschriften bindender Charakter zukommt (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 21. Oktober 2008, a.a.O., u.a. unter Hinweis auf den Beschluss des BVerfG vom 7. November 1979 – 2 BvR 513/74 u.a. -, BVerfGE 52, 303 [BVerfG 06.11.1979 - 1 BvR 81/76]).

Nach der Formulierung in Ziffer 1 des Protokolls gilt die Zusage unbefristet und damit grundsätzlich bis zum Ende der aktiven Dienstzeit des Antragstellers. Er soll im Rahmen der ihm nach Art. 5 Abs. 3 GG zustehenden freien wissenschaftlichen Betätigung in Forschung und Lehre über die Art und Weise der Nutzung des Raumes verfügen dürfen.

Berufungs- wie auch Bleibevereinbarungen bzw. entsprechende Zusagen dürfen allerdings eingeschränkt werden. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 17. August 1999 ausgeführt:

„… sind die Voraussetzungen, unter denen vor dem Hintergrund der genannten verfassungsrechtlichen Gewährleistungen auf gesetzlicher Grundlage in gegenüber Hochschullehrern abgegebene Berufungszusagen eingegriffen werden darf, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 – 1 BvR 79/70 u.a. – BVerfGE 43, 242 <278 ff.> und Beschluss vom 7. November 1979 - 2 BvR 513/74 u.a. - BVerfGE 52, 303 [BVerfG 06.11.1979 - 1 BvR 81/76] <336>; BVerwG, Urteile vom 15. Oktober 1980 a.a.O. S. 266 f., vom 29. April 1982 - BVerwG 7 C 128.80 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 93 S. 42, 44 und vom 27. Februar 2001 - BVerwG 2 C 2.00 - Buchholz 232 § 65 BBG Nr. 19 S. 5). Danach ist eine Berufungszusage selbst dann, wenn man in der Regelung der Rechtsstellung der Hochschullehrer durch Sonderzusagen einen hergebrachten Grundsatz des Hochschulbeamtenrechts im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG sieht, nicht schlechthin jeder gesetzlichen Veränderung entzogen, die im Zuge einer Reform der Organisation und der inneren Struktur der Hochschulen vorgenommen werden soll. Allerdings muss der Gesetzgeber derartige Vereinbarungen in der Weise respektieren, dass die rechtliche Bindung nicht grundsätzlich abgelehnt wird. Das Gesetz darf sich nur aus sachlich gebotenen Gründen über rechtsverbindliche Vereinbarungen mit Hochschullehrern hinwegsetzen, wenn seine Ziele, die sich im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit halten, nur auf diese Weise verwirklicht werden können. Da es in den hier in Rede stehenden Konstellationen nicht um die Entziehung privatnütziger Rechtspositionen geht, kommt Art. 14 GG neben der Sonderregelung des Art. 33 Abs. 5 GG nicht zur Anwendung. Die in Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Wissenschaftsfreiheit wird durch einen Eingriff in eine Berufungsvereinbarung nicht verletzt, wenn dem Institut oder Lehrstuhl des betroffenen Hochschullehrers eine für den Betrieb von wissenschaftlicher Forschung und Lehre erforderliche Mindestausstattung erhalten bleibt. Nach den Maßstäben der verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit steht dem Gesetzgeber hier wie auch sonst bei der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung.“ (BVerwG, Beschluss vom 17. August 1999 – 6 B 9/09 -, juris, Rdnr. 6).

Für Zusagen bei Berufungen von Professoren stellte § 54 Abs. 5 NHG in der im Jahr 2002 noch geltenden Fassung eine entsprechende gesetzliche Regelung dar. Danach standen Zusagen über die Ausstattung nach Ablauf von 5 Jahren unter dem Vorbehalt einer veränderten Entwicklungsplanung oder Schwerpunktsetzung. Ob diese Regelung auch für Bleibevereinbarungen anwendbar war, kann dahinstehen, da die Regelung durch die nunmehr geltende Regelung in § 27 Abs. 5 NHG ersetzt worden ist. Nach dieser Regelung stehen die personellen und sachlichen Mittel, die über die Grundausstattung für Forschung und Lehre hinaus im Rahmen von Berufungs- und Bleibeverhandlungen zugesagt werden, nach Ablauf von in der Regel 5 Jahren seit der Zusage unter dem Vorbehalt einer Überprüfung auf der Grundlage der Ergebnisse der Evaluation, der Bestimmungen einer geänderten Zielvereinbarung und einer gegenwärtigen Entwicklungsplanung. Dieses Gesetz ist auf vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung gemachten Vereinbarungen und Zusagen im Rahmen von Bleibeverhandlungen und damit auch auf die Zusage vom 10. Januar 2002 anwendbar, da es als Gesetz mit unechter Rückwirkung bzw. „tatbestandlicher Rückanknüpfung“ die Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes auf den Bestand der „Altzusagen“ sachgerecht und angemessen mit den gesetzgeberischen Intentionen abwägt. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrau-ensschutzes vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl. nur: BVerfG, Beschl. v. 7. 7. 2010 – 2 BvL 1/03, 57, 58/06 –, BVerfGE 127, 31). Die Regelung in § 27 Abs. 5 NHG wird diesen Anforderungen schon deshalb gerecht, weil sie zum einen nur an Mittelzusagen anknüpft, die über die Grundausstattung für Forschung und Lehre hinausgehen und die erst nach Ablauf von „in der Regel“ und damit nicht zwangsläufig nach Ablauf von fünf Jahren überprüft werden. Zum anderen sind für eine Überprüfung nicht beliebige hochschulinterne Entscheidungen maßgebend. Maßgeblich ist vielmehr auf die Ergebnisse der Evaluation, einer geänderten Zielvereinbarung und einer gegenwärtigen Entwicklungsplanung abzustellen. Damit darf in zulässiger Weise aufgrund der angeführten grundlegenden Änderungen der Verhältnisse, der Zielvereinbarungen und Entwicklungsplanung in das Vertrauen auf eine Mittelzulage eingegriffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1982 – 7 C 128.80 -, NVwZ 1983, 546; Beschluss vom 17. 8. 2009 - 6 B 9/09 -, NVwZ 2009, 1569).

Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Entscheidung, den Raum N06, dessen Nutzung dem Antragsteller unbefristet zugesagt war, zu räumen, die Vorgaben des § 27 Abs. 5 NHG berücksichtigt und eine sachgerechte Entscheidung getroffen.

Der fragliche Raum befindet sich auf dem Campusgelände der Antragsgegnerin im Gebäude N, in dem neben dem Fach Katholische Theologie auch das Fach Germanistik, deren Lehrende sowie Sekretariate untergebracht sind. Zur Zeit der Bleibeverhandlungen waren noch unter 2000 Studierende an der Antragsgegnerin immatrikuliert. Die Antragsgegnerin führt aus, dass sie ihre Entwicklungsplanung und Zielvereinbarungen den Anforderungen nach der Bologna-Reform und der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge zum Wintersemester 2005/06 sowie der Integration der Katholischen Fachhochschule Norddeutschland im Jahr 2005 anpassen musste. Neben der Zielsetzung 3000+ habe sie auch im Sinne des Bologna-Prozesses die Entwicklungsperspektiven und Qualitätsmerkmale der einzelnen Studiengänge sowie eine der Kernaufgaben (das lebensbegleitende Lernen) entsprechend weiterentwickelt. In der Folge habe sich die Zahl der Studierenden mehr als verdoppelt, auch die Anzahl der Mitarbeiter und des wissenschaftlichen Personals und der Verwaltung sei gestiegen. Dies betreffe insbesondere den Fachbereich Germanistik wie auch weitere Studiengänge. Lediglich im Fach Katholische Theologie habe die Anzahl der Studierenden (nahezu) stagniert. Eine Auswertung des Raumbedarfs habe ergeben, dass das Institut der Theologie über eine der besten Ausstattungen innerhalb der Universität verfüge. Es herrsche insgesamt in der Hochschule eine extreme Raumknappheit. Das Institut der Katholischen Theologie verfüge sowohl personell wie auch räumlich über eine der besten Ausstattungen innerhalb der Universität, räumlich weise das Institut im Ergebnis einen Überhang von 43,60 m² auf.

Damit ist dargelegt, dass aufgrund der Umstrukturierung und Ausweitung der Kapazitäten an der Universität der Raumbedarf in den Institutionen durch den Abbau des Überhangs im Institut für Katholische Theologie begegnet werden kann. Dem danach zulässigen Abbau der Raumnutzung für das Institut, dem der Antragsteller angehört, steht der Raumbedarf anderer Bereiche gegenüber. Das im Gebäude N untergebrachte Fach Germanistik benötigt - so die Antragsgegnerin – aufgrund einer neu einzurichtenden Professur zum Wintersemester 2014/15 sowie einer Gastdozentur Arbeitsräume.

Demgegenüber gibt der Antragsteller an, dass der Raum N101 seit längerem leer stehe, dass wissenschaftlichen Mitarbeitern mit jeweils einer halben Stelle ganze Räume zugewiesen seien, dass dem Sekretariat ein weiterer Raum zugewiesen sei, dass einem anderen Professor des Fachbereichs Katholische Theologie ein zusätzlicher Raum zugesagt worden sei und dass den Dozenten der Universität Osnabrück für ihre einmal in der Woche erfolgten Aufenthalte bei der Antragsgegnerin ein Raum zur Verfügung gestellt werde. Dies habe die Antragsgegnerin bei ihrer Darstellung nicht berücksichtigt. Die Antragsgegnerin verteile somit großzügig und überobligatorisch im Fachbereich Katholische Theologie Räume, so dass es einer Räumung des vom Antragsteller genutzten Raumes N06 nicht bedürfe.

Hierzu führt die Antragsgegnerin an, dass aufgrund des aktuell akuten Raumbedarfs der Raum N101 im Fach Germanistik zur vorläufigen Unterbringung der Vertretung der Professur „Didaktik der Germanistik“ zugeteilt worden sei. Die Zuordnung einzelner Zimmer erfolge auch unter Zugrundelegung der jeweiligen Projektlaufzeiten. Um Umzüge zu jedem Semester zu vermeiden, könne es dabei durchaus möglich und sinnvoll sein, wissenschaftlichen Mitarbeitern bei Beschäftigung in Teilzeit eigene Räumlichkeiten zuzuweisen. Den Sekretariaten würden wegen der Erledigung der Post und anderer Tätigkeiten überwiegend größere Räumlichkeiten zugeordnet; dies gelte erst recht, wenn diese, wie bei der Katholischen Theologie, zu zweit genutzt würden. Der Raum N102 werde ebenfalls vom Institut der Katholischen Theologie genutzt. Dies gelte auch für den Raum N103, der im Rahmen der Kooperation von Professoren der Universität Osnabrück und einem Lehrbeauftragten genutzt werde. Im Gebäude N stände demnach für den Fachbereich Germanistik kein Raum zur Verfügung, auf den bei der angeführten Raumknappheit zurückgegriffen werden könne.

Angesichts dieser von der Antragsgegnerin aufgeführten Hintergründe, die bereits im Jahre 2005 zu einer wesentlichen Änderung der Hochschulwirklichkeit geführt haben und viele Fachbereiche insbesondere den Fachbereich Germanistik personell und räumlich verstärkt haben, liegen die in § 27 Abs. 5 NHG angesprochenen Einschränkungsmöglichkeiten vor. Die Regelung sieht gerade eine Änderung der vor längerer Zeit gemachten Zusagen vor, denn nur so können unterschiedliche Arbeitsbelastungen in einzelnen Institutionen ausgeglichen werden. Ein Hochschullehrer, dem durch die verbleibende aufgaben- und funktionsgerechte Ausstattung weiterhin ermöglicht wird, wissenschaftliche Forschung und Lehre zu betreiben, muss sich entgegenhalten lassen, dass die Hochschule sein Teilhaberecht nur im Rahmen der bestehenden wissenschaftlichen Einrichtung, die sich Änderungen der Hochschulentwicklung stellen muss, und unter Berücksichtigung auch der Teilhabeansprüche der anderen Hochschullehrer erfüllt. Eine Ausstattungszusage ist - wie dargelegt - nicht bis zum Ende der Dienstzeit unverrückbar. Bei erheblichen Änderungen der Geschäftsgrundlage dürfen die Mittel der Hochschule wie auch die Räumlichkeiten nach sachlichen und diskriminierungsfreien Kriterien verteilt werden. Nur so können die der Hochschule zugewiesenen Mittel effizient eingesetzt werden. Der vom Antragsteller besetzte Lehrstuhl nimmt an dieser Entwicklung teil. Innerhalb des angeführten Rahmens darf die Antragsgegnerin im Rahmen der ihr obliegenden Organisationshoheit eine räumliche Umorganisation durchführen, um die vorhandenen Sachmittel effizient nutzen zu können. Dies gilt insbesondere dann, wenn nach den erhobenen Daten eine Abteilung - wie hier - einen Überhang aufweist.

Nach Ablauf von inzwischen 12 Jahren nach den Bleibeverhandlungen und der Zusage zur Raumnutzung muss der Antragsteller die Änderungen der  Hochschulwirklichkeit akzeptzieren. Sein Vertrauen auf den Bestand der Zusage überwiegt nicht. Dies gilt umso mehr, als er sich schon im Jahre 2002 nicht darauf verlassen konnte, dass die ihm erteilten Zusagen keiner Überprüfung unterliegen. Schon zum damaligen Zeitpunkt bestand in § 54 Abs. 5 NHG eine zeitliche Überprüfungsmöglichkeit bei Berufungszusagen von fünf Jahren. Durch die Formulierung im Protokoll vom 10. Januar 2002, dass dem Antragsteller der von ihm genutzte Raum N06 unbefristet zur Verfügung gestellt werde, ist nicht abzuleiten, dass dieser Raum bei grundlegenden Umstrukturierungen und Änderungen von Überprüfungen ausgenommen werden sollte. Dies gilt jedenfalls nach Ablauf von inzwischen 12 Jahren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.