Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 10.07.2009, Az.: 13 A 981/09

Ausbildungsförderung; Auslandsstudium; Förderungsdauer; Förderungshöchstdauer; ECEM

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
10.07.2009
Aktenzeichen
13 A 981/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 44469
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2009:0710.13A981.09.0A

Tenor:

  1. Der Bescheid vom 13.02.2009 (30.01.2009) wird aufgehoben.

  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  3. Von den außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte 93 % und der Kläger 7 %; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

  4. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

2

Der Kläger nahm zum Wintersemester 2005/2006 an der Fachhochschule Oldenburg/ Ostfriesland/ Wilhelmshaven ein Bachelor-Studium im Studiengang "Bauingenieurwesen" auf. Zu Beginn des zweiten Semesters wählte er innerhalb des Studiengangs die Studienrichtung "European Civil Engineering Management" (ECEM).

3

Für das Studium erhielt er auf seinen Antrag hin mit Bescheid vom 31. März 2006 erstmals ab dem zweiten Semester Leistungen nach dem BAföG. Als Ende der Förderungshöchstdauer wurde im Bescheid Februar 2009 angegeben.

4

Vom September 2007 bis August 2008 führte der Kläger ein Auslandsstudium an der Universität P./ Spanien, einer Partnerhochschule der Beklagten, durch. Für diese Zeit bewilligte ihm das zuständige Studentenwerk H. mit Bescheid vom 27. September 2007 Ausbildungsförderung.

5

Ab September 2007 setzte er das Studium an der Universität Oldenburg fort. Auf seinen Antrag hin bewilligte das Studentenwerk der Beklagten ihm mit Bescheid vom 8. Dezember 2008 für den Bewilligungszeitraum 09/2008 bis 08/2009 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 571,00 Euro. Als Ende der Förderungshöchstdauer war nunmehr Februar 2010 angegeben.

6

Am 8. Dezember 2008 beantragte der Kläger beim Studentenwerk der Beklagten die Verlängerung der Förderungshöchstdauer um ein Semester, weil er die Sprache "Spanisch" erlernen musste. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 15. Januar 2009 lehnte das Studentenwerk den Antrag ab. Die Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 BAföG lägen nicht vor, weil der vom Kläger gewählte Studiengang das Erlernen der Sprache "Spanisch" nicht voraussetze. Das Vertiefungsstudium hätte auch an einer englisch- oder französischsprachigen Partnerhochschule absolviert werden können.

7

Mit Bescheid vom 13. Februar 2009, dem Kläger zugegangen am 25. Februar 2009, setzte die Beklagte den Förderungsbetrag für den Zeitraum 09/2008 bis 02/2009 unter Aufhebung im Übrigen auf 571,00 Euro fest und gab als Ende der Förderungshöchstdauer wiederum Februar 2010 an. Zur Begründung der Teilaufhebung führte sie aus, § 5a Abs. 3 BAföG sei nicht anwendbar, wenn ein Auslandsaufenthalt - wie im Fall des Klägers - zwingender Bestandteil eines Studiums sei. Mit einem weiteren Bescheid vom 31. März 2009 erhöhte die Beklagte die bewilligte Ausbildungsförderung für den Zeitraum 09/2008 bis 02/2009 auf 614,00 Euro und gab das Ende der Förderungshöchstdauer nunmehr mit Februar 2009 an.

8

Der Kläger hat am 20. März 2009 Klage erhoben.

9

Er ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 5a S. 1 BAföG vorliegen. Die Ausnahmevorschrift des § 5a S. 4 BAföG sei nicht erfüllt, weil ein Auslandsaufenthalt für den Studiengang Bauingenieurwesen nicht obligatorisch sei. Dies sei nur dann der Fall, wenn innerhalb dieses Studiengangs die Studienrichtung ECEM gewählt werde, was aber erst zu Beginn des zweiten Semesters möglich sei. Anderenfalls würde auch der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck des § 5a S. 1 BAföG, durch die Absicherung des Weiterbezugs von Ausbildungsförderung finanzielle Anreize für Auslandsaufenthalte zu schaffen, zunichte gemacht. Auch sei das Verhalten der Beklagten widersprüchlich, da mit Erlass des Leistungsbescheides vom 8. Dezember 2008 (30.09.2008) zunächst ein Vertrauen für einen Leistungsbezug auch ab März 2009 geschaffen wurde, das ohne Grund durch den nachfolgenden Aufhebungsbescheid zerstört worden sei. Schließlich enthalte der Bescheid vom 8. Dezember 2008 (30.09.2008) auch keine Ermessenserwägungen.

10

Der Kläger beantragt,

  1. die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 8. Dezember 2008 (30.09.2008) und 13. Februar 2009 (30.01.2009) zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2009 Leistungen nach dem BAföG in Höhe von 614,00 Euro zu bewilligen.

11

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

12

Eine im Ausland zurückgelegte Ausbildungszeit bleibe nur dann unberücksichtigt, wenn der Student durch die Ausbildungsbestimmungen seines Studienganges hierzu nicht verpflichtet sei. Das vom Kläger gewählte Studium Bauingenieurwesen mit dem Schwerpunkt ECEM setze nach der einschlägigen Prüfungsordnung jedoch zwei Vertiefungssemester an einer ausländischen Partnerhochschule als festen Bestandteil des Studiums voraus. Von einer Studienverzögerung könne daher nicht ausgegangen werden. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, er habe auf die Bewilligung von Ausbildungsförderung vertraut, da ihm bereits am 20. Januar 2009 in einem persönlichen Gespräch mit dem zuständigen Mitarbeiter im Studentenwerk erklärt worden sei, dass die Verlängerung der Bewilligung zu Unrecht erfolgt sei. Gründe, die im Rahmen der Ermessenserwägungen für den Kläger sprachen, seien nicht ersichtlich. Der Kläger habe auch keine Dispositionen getroffen. Die Teilaufhebung bedeute für den Kläger auch nicht, dass er sein Studium nicht fortsetzen könne, da die Möglichkeit einer Studienabschlusshilfe bestehe. Selbst wenn ein Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X keine Ermessensausübungen erkennen lasse, seien diese Erwägungen aufgrund des Wegfalls des Widerspruchsverfahrens auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch nachholbar. Das sei mit einem Schreiben des Studentenwerks der Beklagten vom 27. Mai 2009 an den Kläger geschehen. Die Nennung einer Förderungshöchstdauer im angefochtenen Bescheid habe keine rechtlich bindende Wirkung.

13

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

15

Der Teilaufhebungsbescheid vom 13.02.2009 (30.01.2009) ist aufgrund eines Ermessensfehlers rechtswidrig und daher aufzuheben. Ein Anspruch auf Gewährung von Ausbildungsförderung für den diesen Zeitraum besteht für den Kläger gleichwohl nicht.

16

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet hat, soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nur in den Fällen von Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X).

17

1.

Die Bewilligung von Ausbildungsförderung an den Kläger in der Zeit von März bis August 2009 war rechtswidrig. Der Kläger hat in diesem Bewilligungszeitraum keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung.

18

Gem. § 15 Abs. 2 BAföG wird Ausbildungsförderung für die Dauer der Ausbildung geleistet, bei Studiengängen jedoch grundsätzlich nur bis zum Ende der Förderungshöchstdauer nach § 15a BAföG. Die Förderungshöchstdauer des vom Kläger betriebenen Studiums beträgt gem. § 15a Abs. 1 S. 1 BAföG i.V.m. § 3 Abs. 1 des Teils B der Prüfungsordnung für den Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen (Prüfungsordnung) sieben Semester und endete Ende Februar 2009 mit Ablauf des Wintersemesters.

19

Die fehlerhafte Benennung der Förderungshöchstdauer im Bescheid vom 8. Dezember 2008 ändert daran nichts, da der Angabe des Endes der Förderungshöchstdauer in Bewilligungsbescheiden gemäß § 50 Abs. 2 Satz 4 BAföG grds. kein Regelungscharakter und keine Bindungswirkung zukommt, sondern eine bloße Mitteilung darstellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.1993 - 11 C 13.92 -, FamRZ 1993, 1373; OVG Münster, Urt. v. 06.06.1988, FamRZ 1989, 443 - 16 A 21/87 - und Urt. v. 21.11.1986 - 16 A 665/85 -, FamRZ 1987, 1203; Ramsauer/ Stallbaum/ Sternal, Kommentar zum BAföG, 4. Aufl., 2005, § 50 Rn. 26). Die Angabe im Datenfeld 18 soll den Auszubildenden im Regelfall lediglich über die ihm noch zur Verfügung stehende Förderungszeit informieren und auf diese Weise dazu beitragen, dass der Auszubildende seine Ausbildung rechtzeitig beendet (vgl. BTDrucks. 7/2098, S. 24).

20

Eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 S. 1 BAföG um ein Semester BAföG ist nicht eingetreten, da die Beklagte den entsprechenden Antrag des Klägers mit Bescheid vom 15. Januar 2009 bestandskräftig abgelehnt hat.

21

Die Zeit, die der Kläger im Ausland verbracht hat (Wintersemester 2007/08 und Sommersemester 2008), bleibt auch nicht gem. § 5a Satz 1 BAföG unberücksichtigt. Diese Vorschrift findet gem. § 5a Satz 4 BAföG keine Anwendung, wenn der Auslandsaufenthalt in Ausbildungsbestimmungen als ein notwendig im Ausland durchzuführender Teil der Ausbildung vorgeschrieben ist. Das ist hier der Fall.

22

Das Bachelor-Studium im Studiengang "Bauingenieurwesen" an der Fachhochschule Oldenburg/ Ostfriesland/ Wilhelmshaven basiert auf einem Credit-Point-System und gliedert sich gem. § 3 Abs. 2 der Prüfungsordnung in sechs Theorie- und ein Praxissemester. Für die Erlangung der Credits muss der Auszubildende verschiedene Module absolvieren (Anlage 1 der Prüfungsordnung). Der Auszubildende hat die Möglichkeit, eine Spezialisierung anzustreben, indem er im Vertiefungsstudium durch die Wahl bestimmter Module eine Studienrichtung auswählt, § 4 Abs. 1, 2 der Prüfungsordnung. Die Wahl der Studienrichtung ECEM muss dabei gem. § 12 der Prüfungsordnung zu Beginn des zweiten Studiensemesters erfolgen. Wird keine Studienrichtung angestrebt, sind gem. § 4 Abs. 2 S. 2 der Prüfungsordnung mindestens zehn der insgesamt angebotenen Module zu wählen.

23

Der Kläger hat sich für die Studienrichtung ECEM entschieden, so dass für ihn die Sonderregelungen der §§ 12 ff. der Prüfungsordnung gelten. Für diese Studienrichtung sehen die besonderen Ausbildungsbestimmungen zwingend einen Aufenthalt im Ausland als Teil der Ausbildung vor. Gem. § 13 der Prüfungsordnung sind zwei Semester Vertiefungsstudium, die an einer Partnerhochschule zu absolvieren sind, fester Bestandteil der Studienrichtung ECEM. Bei den Partnerhochschulen der Beklagten (Anlage 3.3.1 der Prüfungsordnung) handelt es sich ausnahmslos um Hochschulen im Ausland.

24

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass der Studiengang "Bauingenieur" als solcher nicht zwingend einen Auslandsaufenthalt vorsehe. § 5a S. 4 BAföG stellt nicht auf den Studiengang, sondern auf den Begriff der "Ausbildung" ab. Dieser Begriff, der im BAföG nicht legaldefiniert ist, wird allgemein als die sich über mindestens ein halbes Jahr bzw. ein Schul- oder Studienhalbjahr erstreckende, planmäßig geordnete Vermittlung allgemeiner und/ oder beruflicher und/ oder wissenschaftlicher Kenntnisse oder Fertigkeiten durch hierzu qualifizierte Personen verstanden (vgl. Rothe/ Blanke, BAföG, Stand: 01/2008, § 1 Rn. 7, unter Hinweis auf Tz. 7.1.1 der BAföG-VwV). Die dem Kläger vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten werden nicht allein durch die Auswahl des Studiengangs, sondern gerade durch die zusätzliche Auswahl der Studienrichtung bestimmt. Zwar ist Basis der Ausbildung wie in der klassischen Bauingenieurausbildung der Erwerb von Ingenieurkenntnissen. Die Studienrichtung ECEM vermittelt darüber hinaus aber schwerpunktmäßig Kenntnisse, die für international projektierte und ausgeführte Bauvorhaben von Bedeutung sind. Dementsprechend soll der erfolgreiche Abschluss dieser Studienrichtung es den Absolventen ermöglichen, Aufgaben im Bereich des internationalen Baumanagements zu übernehmen (vgl. http://www.fh-oow.de/fbbug/index.php?id=173).

25

Dass der Auszubildende die Studienrichtung ECEM nicht bereits zu Beginn des Studiums, sondern erst zu Beginn des zweiten Studiensemesters zu wählen hat, ändert daran nichts.

26

Auch der gesetzgeberische Zweck des § 5a BAföG steht dem nicht entgegen. Ziel des Gesetzgebers bei der Einführung (bzw. späteren Wiedereinführung) dieser Regelung war es, einen besonderen Anreiz zur Durchführung von Auslandsstudien zu schaffen (vgl. BT - Drs. 8/2868, S. 25 und 14/371, S. 13; VG Oldenburg, Urt. v. 09.03.2009 - 13 A 1410/07 -; OVG Münster, Urt. v. 29.11.1995 - 16 A 69/93 -, FamRZ 1996, 768 [OVG Nordrhein-Westfalen 29.11.1995 - 16 A 69/93]; Ramsauer, a.a.O., § 5a Rn. 1; Rothe/Blanke, a.a.O, § 5a Rn. 1).

27

Dieser Zweck wird jedoch durch Satz 4 der Vorschrift eingeschränkt. Ein längerer Bezug von Leistungen nach dem BAföG soll dann nicht erfolgen, wenn die Prüfungsordnung den Auslandsaufenthalt zwingend vorsieht. Sehen die Ausbildungsbestimmungen einen Auslandsaufenthalt als einen notwendig im Ausland durchzuführenden Teil der Ausbildung vor, wird der Studieninhalt regelmäßig so bemessen, dass das Studium trotz des Auslandsaufenthaltes rechtzeitig innerhalb der Förderungshöchstdauer beendet werden kann. Nur dann, wenn der Auszubildende freiwillig und zusätzlich einen Aufenthalt im Ausland durchführt, soll dieses überobligatorische Verhalten finanziell unterstützt werden, indem diese Zeit für die Bemessung der Förderungshöchstdauer unberücksichtigt bleibt.

28

Auch die für den Kläger maßgebliche Prüfungsordnung differenziert hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen zwischen dem reinen Inlandsstudium und dem Auslandsstudium. Während ein Auszubildender, der sich für keine oder eine andere Studienrichtung als ECEM entscheidet, gem. § 4 Abs. 2 i.V.m. Anlage 1.2.4 der Prüfungsordnung im Vertiefungsstudium zehn Module aus den Modulen der Gruppe 1 oder 2 (Anlage 1.2.1 und 1.2.2) als Prüfungsleistung zu wählen sowie zehn Credits aus den Gruppen 1 bis 3 zu wählen und mit einer Studienleistung abzuschließen hat, gelten für die Studienrichtung ECEM die besonderen Regelungen in § 15 der Prüfungsordnung. Danach sind statt zehn nur fünf Module der Gruppe 1 oder 2 zu wählen und statt zehn Credits nur ein Modul aus den Gruppen 1 bis 3 zu wählen und mit einer Studienleistung abzuschließen. Die Zeit des Auslandsaufenthaltes soll dazu dienen, weitere Module zu absolvieren, § 16 der Prüfungsordnung. Der Auszubildende, der die Studienrichtung ECEM wählt, lernt während seines Auslandsaufenthaltes damit im Vergleich zu den übrigen Auszubildenden des Studiengangs nicht etwas Zusätzliches, sondern nur etwas Anderes.

29

Das Verhältnis zwischen dem klassischen Studium des Bauingenieurswesens und dem Europäischen Baumanagement entspricht im Übrigen dem Beispiel in Tz. 5 a.O.1 der BAföG-VwV: Während für das Studium der klassischen Betriebswirtschaft ein Auslandsaufenthalt nicht vorgeschrieben ist und daher nach § 5a S. 1 BAföG unberücksichtigt bleibt, ist für den Studiengang Europäische Betriebswirtschaft an den Fachhochschulen Münster, Osnabrück und Reutlingen ein Auslandsaufenthalt vorgeschrieben, so dass § 5a S. 1 BAföG keine Anwendung findet.

30

2.

Die Aufhebung des Bescheides vom 8. Dezember 2008 (30.09.2008) für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2009 scheitert auch nicht an den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger auf den Bestand des Bescheides vertraut hat, § 45 Abs. 2 SGB X, sind nicht ersichtlich. Die Teilaufhebung erfolgte nicht für die Vergangenheit, sondern allein für die Zukunft. Bereits vor Erlass des Aufhebungsbescheides wurde der Kläger am 20. Januar 2009 in einem persönlichen Gespräch mit dem zuständigen Mitarbeiter im Studentenwerk darüber informiert, dass die Verlängerung der Bewilligung zu Unrecht erfolgt sei. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auch eingeräumt, keine Vermögensdispositionen getroffen zu haben. Andere Vertrauensschutzgesichtspunkte sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

31

3.

Gleichwohl ist der Bescheid vom 13.02.2009 (30.01.2009), mit dem die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG für den Zeitraum von 03/09 bis 08/09 aufgehoben hat, rechtswidrig, da er an einem Ermessensmangel im Sinne von § 114 S. 1 VwGO leidet. Die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte steht gem. § 45 Abs. 1 SGB X im Ermessen der Behörde ("darf zurückgenommen werden"). Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Zu einer rechtmäßigen Ermächtigungsausübung zählt auch, dass die Verwaltungsbehörde alle für ihre Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte erkennt und in ihre Entscheidung einstellt.

32

Die Begründung des angefochtenen Bescheids lässt indes nicht erkennen, dass die Beklagte gesehen hat, dass sie Ermessen auszuüben hat, so dass ein Ermessensausfall vorliegt.

33

Dass die Beklagte im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens (Schriftsatz des Studentenwerks der Beklagten vom 27. Mai 2009) Ermessenserwägungen getroffen hat, ändert daran nichts. § 114 Satz 2 VwGO sieht nur eine Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen, nicht jedoch die Nachholung einer im Verwaltungsverfahren unterbliebenen Ermessensbetätigung vor. Die von der Beklagten vorgetragene Rechtsauffassung, dass aufgrund des Wegfalls des Widerspruchsverfahrens eine Nachholung von Ermessenserwägungen auch im gerichtlichen Verfahren möglich sein müsse, findet im Gesetz keine Stütze.

34

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO. Die gebildete Kostenquote entspricht dabei dem Verhältnis des Obsiegens bzw. Unterliegens und berücksichtigt, dass die Klage darauf gerichtet war, die durch die Beklagte erfolgte Teilaufhebung der ursprünglichen BAföG-Gewährung für den Bewilligungszeitraum 03 - 08/2009 (6 Monate á 571 Euro = 3 426,00) aufzuheben und darüber hinaus die Beklagte zu verpflichten, für diesen Zeitraum einen um 43,00 Euro höheren Betrag (614,00 Euro pro Monat; 6 × 43,00 Euro = 258,00 Euro) auszuzahlen. Die Klage hatte nur hinsichtlich des Aufhebungsantrags Erfolg.

35

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO.