Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.12.2012, Az.: 4 K 170/12

Berechnung von Einnahmen im Sinne des § 13a Abs. 6 S. 3 EStG aufgrund der Bruttoeinnahmen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
19.12.2012
Aktenzeichen
4 K 170/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 35559
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2012:1219.4K170.12.0A

Fundstelle

  • EFG 2013, 610-611

Amtlicher Leitsatz

Einnahmen im Sinne des § 13a Abs. 6 Satz 3 EStG sind die Bruttoeinnahmen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die bei der Ermittlung des Durchschnittssatzgewinns nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) neben dem Grundbetrag anzusetzenden Gewinne aus Dienstleistungen für Nichtlandwirte auf der Grundlage der Netto- oder der Bruttoeinnahmen zu ermitteln sind.

2

Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger ist selbständiger Landwirt, der seinen Gewinn für das Regelwirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni gemäß § 13a EStG nach Durchschnittssätzen ermittelt. Im Rahmen seines Betriebs erzielt er auch Einnahmen aus Pensionspferdehaltung, die umsatzsteuerrechtlich der Regelbesteuerung unterliegen.

3

Bei der Ermittlung der Gewinne aus den Pensionsleistungen (§ 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 EStG) legte der Kläger lediglich die Nettoeinnahmen aus dieser Tätigkeit zugrunde. Im Anschluss an eine bei dem Kläger durchgeführte Außenprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, dass die Gewinne aus den Pensionsleistungen auf der Grundlage der Bruttoeinnahmen zu ermitteln seien. Durch Bescheid vom 15. September 2011 änderte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Einkommensteuerfestsetzung unter Berücksichtigung dieser Prüfungsfeststellung.

4

Den hiergegen eingelegten Einspruch vom 7. Oktober 2011 wies das FA durch Einspruchsbescheid vom 20. Juni 2012 als unbegründet zurück.

5

Mit der am 18. Juli 2012 erhobenen Klage machen die Kläger geltend, dass die in den Einnahmen aus den Pensionsleistungen enthaltene Umsatzsteuer bei der Ermittlung der daraus erzielten Gewinne nicht zu berücksichtigen sei, weil es sich dabei für den Kläger um durchlaufende Posten handele. Die gegenteilige Regelung in R 13a.2 Abs. 3 Satz 8 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) 2008 stamme aus einer Zeit, als auch die Einnahmen aus Pensionsleistungen noch der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterlegen hätten. Die unterbliebene Anpassung der EStR an die geänderte umsatzsteuerrechtliche Behandlung führe zu einer Ungleichbehandlung. Würden die Gewinne aus den Pensionsleistungen auf der Grundlage der Bruttobeträge ermittelt, müssten die aufgewendeten Vorsteuerbeträge sowie die Umsatzsteuerzahllast zusätzlich als Betriebsausgabe abgezogen werden.

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Die Kläger beantragen,

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unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2009 vom 15. September 2011 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheids vom 20. Juni 2012 die Einkommensteuer auf den Betrag herabzusetzen, der sich bei einer Verringerung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Klägers auf xx.xxx EUR ergibt.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hält an der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Beurteilung fest und führt aus: Nach § 13a Abs. 6 Satz 2 EStG seien 35 Prozent der Einnahmen in die Ermittlung des Durchschnittssatzgewinns einzubeziehen. Dabei handele es sich um eine zum Zweck der Vereinfachung getroffene Pauschalierungsregelung, bei deren Anwendung nicht nach dem jeweils angewendeten Umsatzsatzbesteuerungsverfahren unterschieden werde. In seinem Urteil vom 14. Mai 2009 IV R 47/07 (BStBl. II 2009, 900) habe der Bundesfinanzhof (BFH) auch die dem Landwirt nicht endgültig verbleibenden Nebenentgelte und Umlagen in die Berechnung des Durchschnittssatzgewinns einbezogen. Für die Umsatzsteuer müsse dies erst recht gelten. Im Übrigen stehe es dem Kläger nach § 13a Abs. 2 EStG frei, jederzeit auf die Durchschnittssatzbesteuerung zu verzichten.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet. Das FA hat die Gewinne aus der Pensionspferdehaltung zu Recht auf der Grundlage der Bruttoeinnahmen ermittelt.

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Nach § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 EStG sind in den Durchschnittssatzgewinn auch Gewinne aus Dienstleistungen und vergleichbaren Tätigkeiten einzubeziehen, sofern diese dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet und nicht für andere Betriebe der Land- und Forstwirtschaft erbracht werden. Eine Dienstleistung in diesem Sinne ist auch die Pensionspferdehaltung, wenn der Landwirt - wie im Streitfall der Kläger - nicht nur einen Stallplatz zur Verfügung stellt, sondern die Versorgung der Tiere übernimmt (Kulosa in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 31. Auflage 2012, § 13a Rn. 20).

13

Der Gewinn aus diesen Tätigkeiten beträgt 35 Prozent der Einnahmen (§ 13a Abs. 6 Satz 3 EStG). Unter Einnahmen sind entsprechend R 13a.2 Abs. 3 Satz 8 EStR 2008 die Bruttoeinnahmen zu verstehen (ebenso die ganz herrschende Meinung in der Literatur: Bruckmeier in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 13a Rn. G 26: Nacke in Blümich, Einkommensteuergesetz, § 13a Rn. 41; Schild in Frotscher, Einkommensteuergesetz, § 13a Rn. 110; Kulosa, a.a.O.; Kanzler in Leingärtner, Besteuerung der Landwirte, Kapitel 26, R. 118; im Ergebnis auch Mitterpleininger in Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuergesetz, § 13a Rn. 259; a.A. nur Gossert, in Korn, Einkommensteuergesetz, § 13a Rn. 48). Für die Gewinneinkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG) enthält das Gesetz zwar keine ausdrückliche Definition des Einnahmebegriffs. Es ist jedoch anerkannt, dass der Begriff der Betriebseinnahmen in Anlehnung an die für die Überschusseinkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG) geltende Begriffsbestimmung des § 8 Abs. 1 EStG zu bestimmen ist (vgl. BFH-Urteile vom 22. Juli 1988 III R 175/85, BFHE 154, 218, BStBl. II 1988, 995, und vom 27. Mai 1998 X R 92/95, BFH/NV 1998, 1476, jeweils m.w.N.). Betriebseinnahmen sind danach alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind (BFH-Urteil vom 8. November 2007 IV R 24/05, BFHE 219, 567, BStBl. II 2008, 356). Dazu gehört auch die in den vereinnahmten Entgelten enthaltene Umsatzsteuer.

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Entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht stellt die Umsatzsteuer auch keinen - bei der Gewinnermittlung auszuscheidenden - durchlaufenden Posten im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG dar, weil sie von dem Unternehmer im eigenen Namen und für eigene Rechnung vereinnahmt und verausgabt wird (BFH-Urteile vom 19. Februar 1975 I R 154/73, BFHE 115, 129, BStBl. II 1975, 441, und vom 29. Mai 2006 IV S 6/06 [PKH], BFH/NV 2006, 1827 [BFH 29.05.2006 - IV S 6/06 (PKH)]).

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Ebenso wenig kann die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Gewinnermittlung nach § 13a Abs. 6 Satz 3 EStG davon abhängig gemacht werden, ob die zugrunde liegenden Tätigkeiten umsatzsteuerrechtlich - wie im Streitfall - der Regelbesteuerung unterliegen oder unter die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG fallen. Es erscheint schon zweifelhaft, ob Dienstleistungen im Sinne des § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 EStG umsatzsteuerrechtlich überhaupt der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen können. Denn bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 25 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG fallen Dienstleistungen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen, nicht unter § 24 UStG (BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 65/09, BFHE 233, 72 [BFH 13.01.2011 - V R 65/09], BStBl. II 2011, 465, unter II. 2. m.w.N.). Doch selbst wenn Fälle denkbar sein sollten, in denen Tätigkeiten im Sinne des § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 EStG umsatzsteuerrechtlich der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen, ergäbe sich daraus keine gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoßende Benachteiligung solcher Landwirte, die - wie der Kläger - Dienstleistungen erbringen, die der Regelbesteuerung unterliegen. § 13a Abs. 6 Satz 3 EStG stellt eine Vereinfachungsregelung dar, die in pauschalierender Form davon ausgeht, dass dem Landwirt im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistungen Betriebsausgaben in Höhe von 65 Prozent der Einnahmen entstehen. Ob und ggf. in welchem Umfang sich daraus eine Besser- oder Schlechterstellung gegenüber der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder 3 EStG ergibt, hängt von der Gesamtheit der dem Landwirt entstehenden Kosten ab, von denen die Umsatzsteuer nur einen mehr oder weniger großen Teil darstellt. Es gibt daher keinen Grund, die Umsatzsteuer bei Anwendung der Pauschalierungsregelung anders als andere Kostenfaktoren zu behandeln. Im Übrigen hat das FA zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger jederzeit die Möglichkeit hat, durch einen Antrag nach § 13a Abs. 2 EStG auf die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung zu verzichten und damit auch die Pauschalgewinnermittlung nach § 13a Abs. 6 Satz 3 EStG zu vermeiden.

16

Die Klage ist daher abzuweisen. Die Kosten sind nach § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung den Klägern als den unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen.