Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 19.10.1961, Az.: I A 15/61
Verletzung von sozialversicherungsrechtlichen Pflichten ; Anfechtung einer Gewerbeuntersagung; Anforderungen für die Untersagung eines Gewerbebetriebes; Materielle Voraussetzungen für eine Gewerbeuntersagung; Rechtfertigung der Untersagung einer Gewerbeausübung
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 19.10.1961
- Aktenzeichen
- I A 15/61
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1961, 12202
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:1961:1019.I.A15.61.0A
Rechtsgrundlagen
- § 35 GewO
- § 35 Abs. 7 GewO
Verfahrensgegenstand
Untersagung der Gewerbeausübung.
Die I. Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Oktober 1961
durch
Präsident Groß,
die Verwaltungsgerichtsräte Groschupf und Schilling sowie
die ehrenamtlichen Verwaltungsrichter Wölfel und Zimmermann
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Bescheide des Beklagten vom 4. November und 27. Dezember 1960 werden insoweit aufgehoben, als dem Kläger die Ausübung seines Gewerbes ganz untersagt worden ist.
Dem Kläger bleibt die Beschäftigung von Arbeitnehmern untersagt; insoweit wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 2/3, der Beklagte zu 1/3.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der 1905 geborene Kläger war früher in verschiedenen kaufmännischen Stellungen, zum Teil auch selbständig, tätig. Er übernahm im Jahre 1953 in Braunschweig, ..., unter der Firma ... eine Mietwäscherei mit Heißmangel, Laufmaschenreparatur und Herstellung von Stoffknöpfen. Die maschinelle Ausrüstung des Betriebes besteht aus drei Waschmaschinen und einer Heißmangel. Zur Zeit der Übernahme beschäftigte der Kläger sieben bis zehn Arbeitskräfte; die Zahl der fremden Arbeitskräfte ging jedoch im Laufe der Jahre zurück. Zur Zeit der angefochtenen Verfügung und der Klageerhebung beschäftigte er eine Angestellte und eine Arbeiterin, zur Zeit der mündlichen Verhandlung beschäftigt er nach seinen Angaben nur noch eine Angestellte und zwei Heimarbeiterinnen, die für ihn Plättarbeiten durchführen.
Das Finanzamt Hannover-Süd, das für den Kläger zuständig ist, hat seit 1953 wegen nicht rechtzeitiger Abgabe der Lohnsteueranmeldungen mehrfach Erzwingungsgelder und Verspätungszuschläge festgesetzt.
Im Jahre 1954 unterließ es der Kläger, der Allgemeinen Ortskrankenkasse Braunschweig seine Bücher und Lohnunterlagen zur Prüfung darüber vorzulegen, ob seine Arbeitnehmer richtig zur Allgemeinen Ortskrankenkasse angemeldet waren. Das Versicherungsamt der Stadt Braunschweig setzte gegen den Kläger deswegen drei Ordnungsstrafen nach § 318 a Abs. 2 RVO in Höhe von 20,50 und 100 DM fest.
Im Jahre 1957 wurde der Allgemeinen Ortskrankenkasse mitgeteilt, daß der Kläger für eine bei ihm beschäftigt gewesene Frau einen wöchentlichen Nettolohn von 40,-- DM gezahlt, Beiträge jedoch nur nach der Lohnstufe V abgeführt habe. Die Allgemeine Ortskrankenkasse versuchte zunächst eine Betriebsprüfung, traf den Kläger jedoch nicht an. Der Kläger wurde nunmehr aufgefordert, seine Lohnunterlagen zur Prüfung bereitzulegen. Dies tat er jedoch trotz mehrfacher Aufforderungen nicht. Nunmehr beantragte die AOK beim Versicherungsamt der Stadt Braunschweig wiederum die Festsetzung von Ordnungsstrafen. Gegen den Kläger wurden folgende Ordnungsstrafen festgesetzt:
14. 1. 58 | 50,-- DM |
---|---|
6. 2. 58 | 75,-- DM |
13. 3. 58 | 100,-- DM |
8. 4. 58 | 125,-- DM |
28. 5. 58 | 500,-- DM |
2. 10. 58 | 800,-- DM |
Diese Strafen bezahlte der Kläger, zum Teil im Verwaltungszwangsverfahren. Seine Lohnunterlagen legte er immer noch nicht zur Prüfung vor. - Zeitweise war der Kläger auch mit seinen Beiträgen im Rückstand. Er meldete seine Arbeitnehmer verspätet an und ab. Durch die verspäteten Abmeldungen kam es zu Überzahlungen, so daß der Kläger im Ergebnis jetzt Beitragsrückstände nicht mehr hat.
Mit Schreiben vom 29. Juni 1959 unterrichtete die AOK Braunschweig den Beklagten über den Sachverhalt und beantragte, dem Kläger die Gewerbeausübung zu untersagen. Der Beklagte gab dem Kläger hiervon Kenntnis; der Kläger versprach in einer mündlichen Besprechung, die Lohnunterlagen im Februar 1960 der AOK vorzulegen. Dies tat er jedoch wiederum nicht. Nach nochmaliger Verwarnung des Klägers und nach Anhörung der Industrie- und Handelskammer untersagte der Beklagte mit Bescheid vom 4. November 1960 dem Kläger die Ausübung seines Gewerbebetriebes mit der Begründung, daß die dauernde Verletzung seiner sozialversicherungsrechtlichen Pflichten eine Gefährdung seiner Arbeitnehmer darstelle (§ 35 der Gewerbeordnung). Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 27. Dezember 1960, dem Kläger zugestellt am 29. Dezember 1960, zurück.
In der an 30. Januar 1961 bei Gericht eingegangenen Klage (der 29. Januar 1961 war ein Sonntag) trägt der Kläger vor, er habe das Geschäft im Jahre 1953 erworben und dabei sehr hohe Verpflichtungen übernommen. Diese Verpflichtungen habe er nur durch ständige schwere Mitarbeit erfüllen können. Er habe täglich achtzehn bis neunzehn Stunden gearbeitet und sich keinen Urlaub gegönnt. In den Jahren 1959/60 sei seine Ehe zerbrochen und geschieden worden; im Jahre 1959 sei seine Mutter gestorben. 1959 habe er eine schwere Handverletzung erlitten und habe mehrfach operiert werden müssen. 1960 sei er mehrere Wochen an Grippe erkrankt gewesen. Alle diese Umstände hätten ihn in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Darauf sei es zurückzuführen, daß er seine Verpflichtungen nicht erfüllt habe. Jetzt sei er durch die Aussicht auf eine nochmalige Ehe wieder zur Ruhe gekommen und wolle sich in jeder Weise befleißigen, seine Verfehlungen durch besondere Obacht wieder wettzumachen. Er habe auch seine Arbeitnehmer mit den tatsächlich gezahlten Entgelten bei den Trägern der Sozialversicherung angemeldet. Seine Heimarbeiterinnen seien nur geringfügig für ihn tätig und verdienten im Monat nicht mehr als 65,--DM. Sie seien daher nicht sozialversicherungspflichtig. Auch im Laufe dieses Rechtsstreits sei er mehrfach krank gewesen und habe daher seine Unterlagen dem Gericht nicht vorlegen können. Im August seien die Unterlagen auch vom Finanzamt Hannover-Süd angefordert worden.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide des Beklagten vom 4. November und 27. Dezember 1960 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält den Kläger für unzuverlässig und meint, daß die weitere Ausübung des Gewerbes das Vermögen seiner Arbeitnehmer und der Sozialversicherungsträger gefährde.
Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird Bezug genommen auf folgende Akten, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind:
- Akten des Beklagten betr. Betriebsschließung ... ..., Braunschweig - ... -,
- Akten der Allgemeinen Ortskrankenkasse Braunschweig betr. Arbeitgeber ..., Inhaber ... ...
- Akten der Stadt Braunschweig - Versicherungsamt-... Stat.-Nr. ... und ... Stat-Nr. ...,
- Finanzamt Hannover-Süd, Lohnsteuerakten betr. ... ..., Steuer-Nr. ...
Durch Beschluß vom 2. März 1961 hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage wieder hergestellt.
II.
Die Klage ist frist- und formgerecht erhoben, aber sachlich nicht begründet.
1.)
Der Beklagte war für die angefochtene Gewerbeuntersagung zuständige Das ergibt sich zwar nicht schon aus § 35 Abs. 7 der Gewerbeordnung in der Fassung des Vierten Bundesgesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung vom 5.2.1960 (BGBl. I S. 61), denn die Gewerbeordnung bestimmt selbst nicht, welche Landesbehörde höhere Verwaltungsbehörde ist. Sie überläßt diese Bestimmung in § 155 einer "Bekanntmachung der Landeszentralbehörden". Das Land Niedersachsen hat eine solche Bekanntmachung noch nicht erlassen. Es gelten daher grundsätzlich die Vorschriften fort, die vor der Bildung des Landes Niedersachsen erlassen worden waren. Das ist für Braunschweig die Bekanntmachung über die Ausführung der Gewerbeordnung vom 1. Dezember 1910 (Braunschw. GVS S. 545). Nach Nr. 1 f, Nr. 15 und Nr. 60 dieser Bekanntmachung ist höhere Verwaltungsbehörde die Kreisdirektion (in der Stadt Braunschweig die Polizeidirektion), das sind jetzt die Landkreise, die kreisfreien und die selbständigen Städte. Diese Behörden waren auch ausdrücklich genannt als zuständig für eine Gewerbeuntersagung nach § 35 der Gewerbeordnung. Diese Behörden waren aber für die Untersagung eines Gewerbebetriebes, wie ihn der Kläger betreibt, vor Inkrafttreten der jetzigen Fassung des § 35 GewO nicht zuständig, da die alte Fassung des § 35 eine solche Untersagung nicht vorsah. Die Schließung eines solchen Gewerbebetriebes war auf Grund des § 11 des Nieders.Gesetzes über die Zulassung und Schließung von Gewerbebetrieben vom 29. Dezember 1948 (Nieders.GVBl. Sb I S. 554) möglich; dafür waren die höheren Verwaltungsbehörden zuständig (Art. 11 der VO zur Durchführung des genannten Gesetzes vom 7. Januar 1949, Nieders.GVBl. Sb I S. 555). In dieser niedersächsischen Vorschrift wurde der Begriff "höhere Verwaltungsbehörde" so gebraucht, wie es im früheren preußischen und jetzigen niedersächsischen Sprachgebrauch üblich war, nämlich für die Regierungspräsidenten (Präsidenten der Niedersächsischen Verwaltungsbezirke). Wollte man die alte braunschweigische Zuständigkeitsregelung auf § 35 GewO in der jetzigen Fassung anwenden, so würde das bedeuten, daß die Zuständigkeit zur Untersagung vom Präsidenten des Niedersächsischen Verwaltungsbezirks Braunschweig auf die Landkreise, die kreisfreien und die selbständigen Städte übergehen würde. Das jedoch würde dem Sinn des § 35 Abs. 7 GewO neuer Fassung widersprechen. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Vorschrift sicherstellen, daß über die Untersagung eine von örtlichen Einflüssen freie staatliche Behörde entscheiden sollte. Wenn er auch diesen Willen nicht in vollem Umfang zur rechtlichen Wirkung gebracht hat, indem er die Befugnis der Länder zur Bestimmung der höheren Verwaltungsbehörden (§ 155 GewO) und auch die bisherigen Bestimmungen der Länder darüber bestehen ließ, so kann doch die Vorschrift nicht dahin ausgelegt werden, daß die bestehende Zuständigkeit der höheren Verwaltungsbehörden (im allgemeinen Sprachgebrauch) auf die Landkreise usw. verlagert werden sollte. Dieses Ergebnis ist allerdings insofern unbefriedigend, als es eine unterschiedliche Zuständigkeitsregelung zur Folge hat, die sich nach dem Inhalt der alten Fassung des § 35 GewO richtet. Diese Ungleichheit läßt sich nur durch eine neue Bekanntmachung gemäß § 155 der Gewerbeordnung beheben.
2.)
Die materiellen Voraussetzungen für eine Gewerbeuntersagung nach § 35 der Gewerbeordnung liegen vor. Der Kläger ist unzuverlässig; die weitere Ausübung seines Gewerbes gefährdet das Vermögen seiner Arbeitnehmer und der Sozialversicherungsträger.
Aus den Akten der Allgemeinen Ortskrankenkasse Braunschweig ergibt sich, daß der Kläger seine Beschäftigten zum Teil nicht rechtzeitig angemeldet und in einigen Fällen auch nicht rechtzeitig abgemeldet hat. Dass durch verspätete Anmeldung die Vermögensinteressen der AOK und der Träger der Arbeitslosen- und Rentenversicherung gefährdet werden, liegt auf der Hand. Das Vermögen der AOK wird aber auch durch verspätete Abmeldung gefährdet, da die AOK die von ihr eingezogenen Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung nicht in vollem Umfange zurückerhält, wenn sie sie dem Arbeitgeber wegen verspäteter Abmeldung gutschreiben muß. Allerdings wiegen diese Gefährdungen nicht besonders schwer.
Ernster ist die Gefährdung des Vermögens der Arbeitnehmer zu beurteilen. Meldet der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht oder nicht mit dem richtigen Arbeitsentgelt bei der AOK an, so beeinträchtigt das die spätere Berechnung der Rente. Das ist um so gefährlicher, als die Arbeitnehmer im allgemeinen nicht nachprüfen können, ob sie vom Arbeitgeber richtig angemeldet worden sind; sie merken die Fehler erst dann, wenn nach mehreren Jahren oder Jahrzehnten der Versicherungsfall eintritt und die Rente berechnet wird.
Es besteht der dringende Verdacht, daß der Kläger seine Arbeitnehmer nicht richtig zur Sozialversicherung angemeldet hat. Die von ihm beschäftigten Heimarbeiterinnen hat der Kläger nach seiner eigenen Angabe nicht bei der AOK angemeldet. Er hat nicht nachgewiesen, daß ihr monatliches Entgelt niedriger als 65,-- DM war und ist. Der Kläger hat weiter trotz ausdrücklichen Hinweises des Gerichts (Schreiben vom 19. Juli 1961, Bl. 55) nicht nachgewiesen, daß seine Angestellte Fräulein ..., die bei der AOK nicht angemeldet ist, von ihm bei der Ersatzkasse angemeldet wurde.
Ein weiterer Verdacht wird dadurch begründet, daß der AOK im September 1957 die Mitteilung zuging, der Kläger habe eine bei ihm beschäftigte Helferin nicht mit den richtigen Entgelten bei der AOK angemeldet. Diese Mitteilung veranlaßte die AOK zu einer Betriebsprüfung, die wegen der Weigerung des Klägers, seine Unterlagen vorzulegen, bis heute nicht durchgeführt werden konnte. Sechs Ordnungsstrafen in Höhe von insgesamt 1.650,- DM haben den Kläger nicht veranlaßt, seine Bücher und Unterlagen zur Prüfung zu-r Verfügung zu stellen. Als der Beklagte ihm die Schließung seines Betriebes angedroht hatte, versprach der Kläger am 12. Januar 1960, die Unterlagen der AOK bis zum 15. Februar 1960 unaufgefordert zur Prüfung vorzulegen. Auch das tat er nicht. Er erreichte aber mit diesem Versprechen, daß der Beklagte zunächst von der angedrohten Schließung absah. Nach Erhebung der Klage wollte das Gericht dem Kläger die Möglichkeit geben, durch Vorlage seiner Bücher und Unterlagen nachzuweisen, daß er seine Arbeitnehmer ordnungsmäßig bei der AOK oder der Ersatzkasse angemeldet hatte. Nachdem er die angeforderten Angaben teilweise und unvollständig gemacht hatte, wurde er wiederum mehrfach aufgefordert, seine Unterlagen vorzulegen. Es folgten Versprechungen und Vertröstungen und schließlich das unsachliche und ungehörige Schreiben vom 20. Juli 1961 (Bl. 64). Der Kläger wurde mehrfach darauf hingewiesen, daß das Gericht aus dem Nichtvorlegen der Unterlagen für ihn nachteilige Schlüsse ziehen könne.
Die vom Kläger vorgebrachten Entschuldigungen mit Krankheit, Arbeitsüberlastung und seelischer Bedrückung rechtfertigen sein Verhalten nicht. Gründe dieser Art hat der Kläger seit Jahren angeführt. Wenn es so wäre, wie er jetzt behauptet, daß er in den Jahren 1958/59 aus besonderen Gründen die Übersicht über sein Geschäft verloren hätte, so müßte er doch jetzt jedenfalls alles daransetzen, um dem Gericht, den Behörden, aber auch sich selbst Klarheit darüber zu verschaffen, ob seine Angaben aus der damaligen Zeit richtig waren und ob sie gegebenenfalls berichtigt werden müssen. Ein ordentlicher Geschäftsmann hätte spätestens während des Prozesses alle Anstrengungen unternommen, um die Existenzbedrohung, die in der angefochtenen Gewerbeuntersagung liegt, jedenfalls jetzt noch abzuwenden. Der Kläger hätte auch seine Helferin in Steuersachen oder seine Angestellte veranlassen können, die Unterlagen dem Gericht vorzulegen, wenn er selbst infolge Krankheit dazu nicht in der Lage war. Der Kläger ist auch auf den Ernst seiner Lage und die möglichen Schlußfolgerungen des Gerichts mehrfach vom Berichterstatter hingewiesen worden. Die ganz ungewöhnliche Hartnäckigkeit, mit der er sich den Aufklärungsversuchen der AOK und des Gerichts widersetzt hat, kann nur dadurch erklärt werden, daß der Kläger sich vor einer sachlichen Überprüfung seiner Unterlagen fürchtet und deshalb die Aufklärung des Sachverhalts zu verhindern versucht.
Dieses Verhalten des Klägers in Verbindung mit den vorliegenden Verdachtsgründen zwingt zu dem Schluß, daß der Kläger seine Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß bei der AOK angemeldet hat. Sein Verhalten lässt weiter erkennen, daß er die Bedeutung rechtzeitiger und ordnungsmäßiger Anmeldung bei den Sozialversicherungsträgern nicht einsieht. Der Kläger ist daher als Arbeitgeber unzuverlässig; er gefährdet das Vermögen seiner Arbeitnehmer.
3.)
Da Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Klägers nur im Hinblick auf die Erfüllung seiner sozialversicherungsrechtlichen Pflichten bestehen, hält das Gericht allerdings die Untersagung der Gewerbeausübung im ganzen nicht für gerechtfertigt. Der Gesetzgeber wollte die Gewerbeuntersagung nur in den Fällen und in dem Umfang zulassen, in dem sie als das einzige Mittel erscheint, um eine Gefahr für die einzelnen aufgezählten Rechtsgüter abzuwenden. Ausdrücklich ist daher auch die teilweise Untersagung im Gesetz vorgesehen. Eine solche teilweise Untersagung liegt auch in der Beschränkung auf die persönliche Ausübung des Gewerbes unter Ausschluß der Beschäftigung fremder Arbeitnehmer. Bedenken dagegen, daß der Kläger sein Gewerbe selbst betreibt, bestehen nicht. Es muß ihm überlassen bleiben, in welcher Form er den Betrieb ohne fremde Arbeitnehmer fortführt. Zu den fremden Arbeitnehmern, die der Kläger nicht beschäftigen darf, gehören auch Heimarbeiter. Der Kläger wird darauf hingewiesen, daß er mit Geldstraße bis zu 10.000,-- DM und im Nichtvermögensfall mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft werden kann, wenn er der Untersagung in den in diesem Urteil aufrechterhaltenen Umfang zuwiderhandelt, d. h. wenn er fremde Arbeitskräfte beschäftigt (§ 146 Abs. 1 Nr. 6 GewO).
Hiernach waren die angefochtenen Bescheide insoweit aufzuheben, als sie dem Kläger die Fortführung seines Betriebes in vollem Umfang untersagt haben. Soweit in der Untersagungsverfügung das Verbot enthalten war, fremde Arbeitskräfte im Betrieb zu beschäftigen, bleiben sie aufrechterhalten. In diesem Umfang war die Klage abzuweisen.
Die Kosten des Rechtsstreits waren nach § 155 VwGO angemessen zu verteilen. Es entspricht der wirtschaftlichen Bedeutung des Verbots, fremde Arbeitskräfte zu beschäftigen, daß der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3 der Kosten trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Nr. 4 ZPO.
III.
Gegen dieses Urteil ist die Berufung an das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft. Sie ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Verwaltungsgericht in Braunschweig schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb dieser Frist beim Oberverwaltungsgericht eingeht.