Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 06.10.2004, Az.: 3 A 184/03
Andauern; Anrechnung; Anrechnung von Erwerbseinkommen; Beschäftigungsverhältnis; Erwerbseinkommen; Kündigung; Versorgungsbezüge
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 06.10.2004
- Aktenzeichen
- 3 A 184/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50826
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 53 SVG
- § 96 Abs 4 SVG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Fortsetzung der bisherigen Beschäftigung nach einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses stellt jedenfalls dann kein "Andauern" der Beschäftigung im Sinne des § 94 Abs. 4 SVG dar, wenn der Arbeitsvertrag für die Fortsetzung der Beschäftigung erst nach Beendigung des bisherigen Beschäftigungsverhältnisses geschlossen wird und zu wesentlichen Veränderungen des Vertragsinhalts geführt hat.
Tatbestand:
Der am 24.04.1943 geborene Kläger war Berufssoldat, zuletzt mit dem Dienstgrad eines Oberstleutnants (OTL). Seinem Antrag entsprechend versetzte ihn der Bundesminister der Verteidigung gemäß § 2 des Personalstärkegesetzes - PersStärkeG - mit Ablauf des 30.04.1993 in den Ruhestand. Zum 01.08.1993 nahm der Kläger eine Tätigkeit bei i. - F. E. S.- und S. e. V. - auf, die eine Einarbeitung in die Geschäftsführung und die Fortsetzung der Geschäftsführung für diesen Verband nach dem altersbedingten Ausscheiden des damaligen Geschäftsführers zum Gegenstand hatte. Der Kläger sollte dafür eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.000,00 DM für die Zeit vom 01.08. bis zum 31.12.1993, von 2.000,00 DM für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.1995, von 3.000,00 DM für die Zeit vom 01.06. bis zum 31.10.1994 und von 4.000,00 DM ab dem 01.11.1994 erhalten. Später übernahm der Kläger auch die Geschäftsführung der i. - t. s.GmbH (its). Er erhielt ab Oktober 1994 eine Vergütung in Höhe von monatlich 3.600,00 DM, teilweise schwankend. Ab dem 01.11.1994 war die Ehefrau des Klägers, A. S., als Angestellte für die Unterstützung bei Tagungen und Messen sowie für Büroarbeiten bei der its tätig mit einer monatlichen Vergütung von anfangs 500,00 DM und zuletzt bis zu ihrem Ausscheiden zum 31.07.2001 von 3.621,00 DM.
Mit Schreiben vom 28.01.2001 kündigte der Kläger das Beschäftigungsverhältnis zum 31.07.2001. Dies teilte er dem Wehrbereichsgebührnisamt III mit Schreiben vom 29.01.2002 mit und wies darauf hin, dass er rückwirkend zum 01.08.2001 den diesem Schreiben in Ablichtung beigefügten Anstellungsvertrag mit der i. - t. s. GmbH geschlossen habe. Nach diesem Vertrag stand dem Kläger vom 01.08.2001 an eine Vergütung in Höhe von 7.555,00 DM zu.
Mit Bescheid vom 22.02.2002 setzte die Wehrbereichsverwaltung West die Versorgungsbezüge neu fest im Wesentlichen mit dem Inhalt, dass wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit Wirkung vom 01.08.2001 das Erwerbseinkommen des Klägers auf seine Versorgungsbezüge anzurechnen und deshalb eine Überzahlung des Klägers in Höhe von brutto 13.857,60 € eingetreten sei, die der Kläger zurückzuerstatten habe. Unter dem 25.02.2002 erklärte die Wehrbereichsverwaltung West die Aufrechnung der Rückforderung gegen die laufenden Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 01.04.2002 in dreizehn monatlichen Raten in Höhe von 1.000,00 € und einer monatlichen Rate in Höhe von 857,60 €. Dagegen legte der Kläger mit folgender Begründung Widerspruch ein: Er sei seit dem 01.08.1993 ununterbrochen bei der its tätig. In der Absicht, sein Beschäftigungsverhältnis zu beenden, habe er dieses im Januar 2001 gekündigt. Sein Arbeitgeber habe die Kündigung jedoch nicht akzeptiert. Seine Kündigung sei daher nicht rechtswirksam geworden. Mit dem neuen Anstellungsvertrag habe er keine neuen Aufgaben übernommen; die bisherigen, im ursprünglichen Vertrag zum Teil nicht erwähnten Aufgaben seien lediglich konkretisiert worden.
Mit Bescheid vom 19.03.2003, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wies die Wehrbereichsverwaltung West den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat fristgerecht Klage erhoben. Er trägt vor: Sein Beschäftigungsverhältnis zur its habe nicht zum 31.07.2001 geendet. Es sei vielmehr einvernehmlich fortgesetzt worden. Dies folge nicht zuletzt aus der Präambel des Anstellungsvertrages vom 30.07.2001, worin es heiße, er sei seit 1994 Geschäftsführer der Gesellschaft, der bestehende Dienstvertrag werde mit Wirkung ab dem 01.08.2001 durch die folgende Neufassung ersetzt. Dieser Vertrag sei am 30.07.2001 unterzeichnet worden und damit vor Ablauf der Geltungsdauer des zu ersetzenden Vertrages. Er habe seine Kündigung zurückgenommen und sich damit bereit erklärt, das bestehende Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen. Dieses Angebot habe der Arbeitgeber angenommen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung West vom 25.02.2002 und deren Widerspruchsbescheid vom 19.03.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Wehrbereichsverwaltung West vom 25.02.2002 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das Erwerbseinkommen des Klägers war auf dessen Versorgungsbezüge anzurechnen. Es stellt sich nur die Frage, ob dem Kläger auch für die Zeit nach dem 31.07.2001 die Übergangsvorschrift des § 96 Abs. 4 SVG zugute kommt, wonach die Anrechnungsvorschriften in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung des Soldatenversorgungsgesetze Anwendung finden, wenn dies für den Versorgungsempfänger günstiger ist als die Anwendung des neueren Rechts. Die Anwendung der älteren Fassung der Anrechnungsvorschriften setzt voraus, dass eine am 31.12.1998 über diesen Zeitpunkt hinaus ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit des Versorgungsempfängers andauert. Letzteres war beim Kläger nur bis zum 31.07.2001 der Fall. Seine Beschäftigung als Geschäftsführer der its vom 01.08.2001 an steht seiner Beschäftigung in derselben Funktion bis zum 31.07.2001 nicht gleich im Sinne des § 96 Abs. 4 Satz 1 SVG. Das in dieser Vorschrift vorausgesetzte Beschäftigungsverhältnis endet mit der rechtlichen Beendigung des bisher der Beschäftigung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses. Tritt an die Stelle des bisherigen ein neu begründetes Rechtsverhältnis, so handelt es sich nicht um ein Andauern des früheren Beschäftigungsverhältnisses, unabhängig davon, ob und inwieweit die tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben übereinstimmen (vgl. BVerwG, B. v. 06.02.1998 - 2 B 78/97 -, m. w. N., zu der sachgleichen Vorschrift des § 69 a BeamtVG, zit. nach juris). In diesem Zusammenhang ist ohne Bedeutung, ob das neue Beschäftigungsverhältnis im unmittelbaren Anschluss an das frühere begonnen hat (BVerwG, Urteile vom 18.09.1997 - 2 C 26.96 und 2 C 35.96 -, zit. nach juris).
Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers zur its ist mit Wirkung vom 01.08.2001 auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt worden. Der Kläger hat sein Dienstverhältnis mit Schreiben vom 28.01.2001 zum Ablauf des 31.07.2001 gekündigt. Diese Kündigung ist wirksam geworden. Der Kläger stellt selbst nicht in Frage, dass sein Kündigungsschreiben dem oder den vertretungsberechtigten Gesellschaftern so rechtzeitig zugegangen ist, dass die Kündigungsfrist eingehalten worden ist. Ob sein Arbeitgeber mit der Kündigung einverstanden gewesen ist oder nicht, berührt die Wirksamkeit der Kündigung nicht. Infolgedessen ist das gekündigte Beschäftigungsverhältnis durch einseitige Willenserklärung des Klägers zum Ablauf des 31.07.2001 beendet worden. Der Kläger und die its haben das Beschäftigungsverhältnis mit Wirkung vom 01.08.2001 auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt. Sie haben nicht die ununterbrochene Fortgeltung des bis dahin der Beschäftigung des Klägers zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses vereinbart. Dies folgt bereits daraus, dass das neu vereinbarte Rechtsverhältnis zum 01.08.2001 und damit nach Beendigung des bisherigen Rechtsverhältnisses wirksam werden sollte. Der Hinweis des Klägers auf die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zur Fortsetzung eines gekündigten Arbeitsverhältnisses fordert keine andere Beurteilung. Diese Rechtsprechung hat die ununterbrochene Fortsetzung eines Beschäftigungsverhältnisses angenommen, wenn die Parteien vor Ablauf der Kündigungsfrist eine Vereinbarung getroffen haben, die nur die auflösenden Wirkung der Kündigung beseitigen sollte (vgl. BAG, U. v. 28.08.1991 - 7 AZR 317/90 -, zit. nach juris). Ungeachtet der Frage, ob diese Rechtsprechung für das Soldatenversorgungsrecht von Bedeutung ist, greift sie im Falle des Klägers aus tatsächlichen Gründen nicht. Das ursprüngliche Rechtsverhältnis, auf welche die Beschäftigung des Klägers bis zum 31.07.2001 gegründet war, war bereits beendet, als die Parteien des Beschäftigungsverhältnisses sich auf die neue Rechtsgrundlage geeinigt haben. Zwar weist der neue Anstellungsvertrag unter dem Datum des 30.07.2001 die Unterschrift eines Gesellschafters der its aus. Der Kläger hat jedoch selbst mit Schreiben an das Wehrbereichsgebührnisamt III vom 29.01.2002 erklärt, dass er diesen Vertrag im November 2001 rückwirkend zum 01.08.2001 unterzeichnet habe. Im Übrigen beschränkt sich diese Vereinbarung nicht auf eine Beseitigung der auflösenden Wirkung der Kündigung, sondern stellt eine neue, eigenständige Rechtsgrundlage des Beschäftigungsverhältnisses dar, welche die frühere Rechtsgrundlage vollständig „ersetzt“. Sie wiederholte auch nicht nur das ursprünglich Vereinbarte, sondern führte jedenfalls in der für das Beschäftigungsverhältnis essentiellen Regelung der Vergütung des Klägers zu einer so wesentlichen Änderung, dass diese nicht als eine der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung entsprechende, zufällig auf den Zeitpunkt der „Neuregelung“ fallende Anpassung verstanden werden kann, sondern im Zusammenhang mit der Beendigung des zur Unterstützung des Klägers begründeten Arbeitsverhältnisses seiner Ehefrau zum 31.07.2001 gesehen werden muss.
Die rechnerische Richtigkeit der Anrechnung seines Erwerbseinkommens auf seine Versorgungsbezüge hat der Kläger nicht in Frage gestellt. Sein Bevollmächtigter hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass insoweit keine Einwendungen erhoben würden. Auch bezüglich der Abwicklung der Rückforderung hat der Kläger keine Einwendungen erhoben. Die Kammer sieht deshalb keine Veranlassung, die rechnerische Richtigkeit des angefochtenen Bescheides und die Zumutbarkeit der Rückerstattungsmodalitäten einer näheren Prüfung zu unterziehen.