Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 14.03.1990, Az.: 9 U 3/89

Unzulässigkeit einer Berufung des nicht beschwerten Beklagten und offensichtlicher Irrtum bei der Verfassung der Berufungsschrift; Vertragspartner beim Vorliegen eines unternehmensbezogenen Geschäfts ; Haftung wegen Schaffung des falschen Rechtsscheins (Rechtsscheinhaftung); Pflicht zur Zeichnung mit der zusätzlichen Bezeichnung "mit beschränkter Haftung" ("mbH"); Pflicht zum Hinweis des Geschäftsführers der Vor-GmbH gegenüber dem Vertragspartner auf zu erwartende Haftungsbeschränkung bei Eintragung einer GmbH ; Anwendbarkeit des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) auf die Vorgesellschaft ; Pflicht zur Zeichnung mit Zusatz "Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Gründung"

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.03.1990
Aktenzeichen
9 U 3/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1990, 20508
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1990:0314.9U3.89.0A

Fundstellen

  • GmbHR 1990, 398-399 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1990, 801-803 (Volltext mit amtl. LS)

In dem Rechtsstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 1990
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts V. vom 7. November 1988 wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2), ein Viertel ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten sowie 1/13 der Gerichtskosten zu tragen; im übrigen trägt der Beklagte zu 1) die Kosten zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer: 7.117,62 DM.

Entscheidungsgründe

1

A)

Obwohl die Berufungsschrift in ihrem Rubrum auch den Beklagten zu 2), bezüglich dessen die Klage abgewiesen worden war, als Berufungskläger aufführt und die Erklärung enthält, daß gegen das angefochtene Urteil "namens der Beklagten" Berufung eingelegt werde (vgl. Bl, 172 d.A.), ist bei verständiger Würdigung nicht nur für den Verfahrensgegner, sondern, auch für das Berufungsgericht nicht zu verkennen, daß nur eine Berufung des Beklagten zu 1) vorlag und die Einlegung der Berufung auch für den nicht beschwerten Beklagten zu 2) auf einem offensichtlichen Irrtum des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Beklagten zu 1) beruht.

2

1.

a)

§ 518 Abs. 2 ZPO schreibt vor, daß die Berufungsschrift die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten muß, daß gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Nach allgemeiner Auffassung bedarf es ferner klarer Angaben darüber, für wen und gegen wen Berufung eingelegt wird (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 48. Auflage, § 518 Anm. 2 B d); Zöller/Schneider, ZPO 15. Auflage, § 518 Rdn. 30 ff.; beide m.w.N.). Selbst für die Bezeichnung des Urteils, die im Gesetz ausdrücklich vorgeschrieben ist, genügt es aber, wenn sich bei falscher Bezeichnung in der Berufungsschrift aus deren sonstigem Inhalt oder aus weiteren Umständen bis zum Ablauf der Berufungsfrist auch für das Berufungsgericht ergibt, daß die unzutreffende Bezeichnung auf einem Irrtum beruht und was in Wahrheit gemeint ist; die im Interesse der Rechtssicherheit aufgestellten strengen Anforderungen dürfen nicht überspannt werden; vielmehr muß genügen, daß nach Lage des jeweiligen Falles kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, was gemeint ist (vgl. BGH NJW 1989, 2395). Bezüglich der Angaben über den Rechtsmittelgegner ist sogar anerkannt, daß keine strengen Anforderungen zu stellen sind, wenn sich nur mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, daß die angefochtene Entscheidung insoweit angegriffen werden soll, als der Rechtsmittelführer durch sie beschwert ist (vgl. BGH NJW 1984, 58; BGH VersR 1987, 261, 262) [BGH 09.10.1986 - III ZR 80/84]. Auch die Person des Rechtsmittelklägers braucht in der Rechtsmittelschrift nicht ausdrücklich enthalten zu sein, sondern kann mittelbar aus ihr oder anderen innerhalb der Notfrist beim Gericht vorliegenden Unterlagen hervorgehen, wenn diese einen eindeutigen Schluß auf seine Person zulassen (BGH VersR 1976, 493; BGH VersR 1982, 769 f.). Die Bezeichnung der Person des Rechtsmittelklägers unterliegt allerdings der in § 518 ZPO angeordneten Schriftform, so daß eine telefonische Auskunft des Büros des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten nicht genügt (BGH NJW 1985, 2650 f).

3

b)

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung - soweit ersichtlich - bisher entschiedenen Fällen dadurch, daß sich der Rechtsmittelkläger - der Beklagte zu 1) - zweifelsfrei aus dem Wortlaut der auch im übrigen den Anforderungen des § 518 ZPO entsprechenden Berufungsschrift ergibt; daß in seiner Person das mit dem erstinstanzlichen Urteil zunächst abgeschlossene Verfahren fortzusetzen war, steht außer Frage. Der Beklagte zu 2) wollte kein Rechtsmittel einlegen, ist aber in der Berufungsschrift als weiterer Berufungskläger aufgeführt worden, wie der Prozeßbevollmächtigte im Termin vor dem Senat eingeräumt hat, weil ihm bei Anfertigung der Berufungsschrift der Tenor des ansonsten korrekt bezeichneten erstinstanzlichen Urteils nicht bekannt war. Dem Rechtsmittelgegner war, wie sein Hinweis auf die Unzulässigkeit einer Berufung des nicht beschwerten Beklagten zu 2) zeigt (Bl. 178 d.A.), von vornherein klar, daß es sich nur um eine Berufung des Beklagten zu 1) handeln konnte. In Verbindung mit dem Tenor des angefochtenen Urteils, das der Berufungsschrift freilich nicht beigefügt worden ist, war offensichtlich, daß die Erwähnung des Beklagten zu 2) in der Berufungsschrift auf einem Irrtum beruhte.

4

Dies war freilich aus den Unterlagen, die dem Berufungsgericht bis zum Ablauf der Berufungsfrist vorlagen, nicht zu erkennen. Die Berufungsschrift ist am 16. Dezember 1988 eingegangen. Das. Ende der Berufungsfrist fiel auf den 17. Dezember 1988, einen Sonnabend, und verlängerte sich daher bis zum 19. Dezember 1988. An diesem Tage hat die Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts die Akten angefordert (Bl. 172 R d.A.). Damit hätte immerhin die Möglichkeit bestanden, den Tenor des angefochtenen Urteils in Erfahrung zu bringen, was jedoch zu diesem Zeitpunkt für das Berufungsgericht ohne Bedeutung war. Die Akten gingen dann am 27. Dezember 1988 beim Oberlandesgericht ein (Bl. 170 d.A.). Nach Auffassung des Senats können für die hier zu entscheidende Frage, ob auch der Beklagte zu 2), der das ihm günstige Urteil des Landgerichts hinnehmen wollte, tatsächlich ein Rechtsmittel eingelegt hat, das nur durch Zurücknahme oder Zurückweisung zu erledigen wäre, nicht die gleichen Anforderungen gelten, die gestellt werden müssen, wenn geltend gemacht wird, daß ein bestimmtes Verfahren entgegen dem äußeren Anschein überhaupt aufgrund der Rechtsmittelschrift fortgesetzt oder daß es auch von einer nicht ohne weiteres als Rechtsmittelkläger erkennbaren Partei weiterbetrieben worden sei. Während in solchen Fällen in Frage steht, ob und in welchem Umfang die Rechtskraft eingetreten ist, für die der Anschein spricht, geht es hier darum, der Rechtskraft mehr Raum zu geben, als es den Anschein hat. Der vorliegende Fall liegt ähnlich wie eine Beschränkung der zunächst unbeschränkt eingelegten Berufung auf bestimmte Teile des Streitgegenstands erster Instanz, die gemäß § 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO noch in der Berufungsbegründung erfolgen kann. Dabei ist hier nicht entscheidend, ob die Beschränkung auf den Beklagten zu 1) wie im Falle eines Parteiwechsels als Änderung des Streitgegenstandes zu behandeln ist. Maßgebend ist vielmehr, daß hier wie in dem gewöhnlichen Fall einer Beschränkung des Streitgegenstands gemäß § 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO schon bei Ablauf der Berufungsfrist auch für das Berufungsgericht feststand, daß das eindeutig bezeichnete Urteil des Landgerichts das Verfahren nicht zum Abschluß gebracht hatte. Nach Auffassung des Senats erfordern weder die Interessen des Gegners noch allgemeine Interessen der Rechtssicherheit, daß bereits bei Ablauf der Berufungsfrist auch für das Berufungsgericht aus den ihm vorliegenden Unterlagen zu erkennen sein mußte, daß das Verfahren nicht von allen in der Berufungsschrift erscheinenden Rechtsmittelklägern durchgeführt werden würde. Für eine Klarstellung gegenüber dem Berufungsgericht war vielmehr bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist Zeit.

5

2.

Eine Berufung des Beklagten zu 2) liegt somit nicht vor. Die Erklärung des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten zu 1) im Termin vor dem Senat, daß er eine etwa für den Beklagten zu 2) eingelegte Berufung zurücknehme, bleibt danach ohne Bedeutung. Auch eine Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten zu 2) (§ 515 Abs. 3 ZPO) kommt nicht in Betracht.

6

B)

Die Berufung des Beklagten zu 1) bleibt ohne Erfolg.

7

I.

Das Landgericht hat mit Recht angenommen, daß der Beklagte zu 1) auch persönlich als Vertragspartner der Klägerin haftet.

8

1.

Der Vertrag ist ausweislich des schriftlichen Auftrags sowie der Bestätigung der Klägerin (Bl. 41, 46 d.A.) mit einer Firma "T.-D." abgeschlossen worden. Der Auftrag vom 25. Februar 1982 ist von Seiten des Kunden mit dem Stempel "Zentral-Frischmarkt" - also ohne einen Zusatz, der auf eine Haftungsbeschränkung hinweist -, sowie mit der Unterschrift des Beklagten zu 1) unterzeichnet worden, wie jetzt unstreitig ist (Bl. 98, 158 d.A.). Damit liegt jedenfalls ein unternehmensbezogenes Geschäft vor, das nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zweifel mit dem Inhaber des jeweiligen Unternehmens abgeschlossen wird, gleichgültig ob dieser nur beschränkt oder aber unbeschränkt haftet (BGHZ 62, 216 ff.; BGHZ 64, 11 ff; BGH NJW 1984, 1347 f).

9

Unstreitig hatten die Beklagten einen Vertrag über die Gründung der Firma "Zentral-Frischmarkt und T.-D. GmbH" geschlossen, der bereits am 29. Januar 1982 beurkundet worden war; diese GmbH betrieb das schon bestehende und im Handelsregister noch bis 25.1.1984 als Einzelhandelsfirma des Beklagten zu 1) eingetragene Geschäft "Zentral-Frischmarkt" in Loxstedt sowie das in Osterholz ab 11.3.1982 eröffnete Geschäft mit der Bezeichnung (an der Ladenfront) "T.-D." (Bl. 98 d.A.). Der Beklagte zu 1) war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der in Gründung befindlichen und der späteren GmbH (vgl. den Handelsregisterauszug Bl. 43 f. sowie das Beklagtenvorbringen Bl. 182 f. d.A.). Die "Zentral-Frischmarkt und T.-D. GmbH" wurde jedoch erst am 15.7.1982 ins Handelsregister eingetragen. Geschäftsinhaber des Unternehmens, mit dem die Klägerin kontrahiert hat, war mithin die Vorgesellschaft der in Gründung befindlichen "Zentral-Frischmarkt und T.-D. GmbH". Da diese GmbH mit der Eintragung zur Entstehung gelangt ist, haftet sie grundsätzlich allein für die Verbindlichkeiten aus dem Vertrage; die zunächst bestehende Verbindlichkeit der Vorgesellschaft sowie eine eventuelle Haftung des Handelnden gemäß § 11 Abs. 2 GmbH erlöschen mit Entstehung der GmbH und Übergang der vertraglichen Verbindlichkeiten auf diese (vgl. auch zum Vorbelastungsverbot Baumbach/Hueck, GmbHG, 15. Auflage, § 11 Rdn. 25, 49, 51, 54 f., 61).

10

2.

Unabhängig davon haftet der Beklagte zu 1) jedoch persönlich, weil er den falschen Rechtsschein geschaffen hat, daß er selbst oder ein von ihm Vertretener uneingeschränkt persönlich hafte, und die Klägerin hierauf vertraut hat (vgl. BGHZ 64, 11, 16 ff. [BGH 03.02.1975 - II ZR 128/73]; BGH NJW 1981, 2569 f).

11

a)

Gemäß § 35 Abs. 3 GmbHG hat der Geschäftsführer einer GmbH in der Weise zu zeichnen, daß er der Firma der Gesellschaft seine Namensunterschrift beifügt. Dabei muß die Firma nach der Bestimmung des § 4 Abs. 2 GmbHG die zusätzliche Bezeichnung "mit beschränkter Haftung" ("mbH") enthalten. Das gesetzliche Gebot, das Fehlen einer unbeschränkten persönlichen Haftung offenzulegen, geht von dem Gedanken aus, daß im Rechtsverkehr ein Bedürfnis besteht, den Geschäftspartnern hierüber Klarheit zu verschaffen. Dabei bewirkt die Zeichnung ohne GmbH-Zusatz gesetzwidrig einen falschen Anschein, an dem sich der Handelnde festhalten lassen muß.

12

Im vorliegenden Fall war die GmbH zwar bei der Unterzeichnung des Vertrages mit der Klägerin noch nicht entstanden. Im Hinblick auf die Haftungsbeschränkung, die mit Eintragung der GmbH und Erlöschen der (unbeschränkten) Haftung der Vorgesellschaft sowie der Handelnden gemäß § 11 Abs. 2 GmbHG eintritt, hätte dem Beklagten zu 1) als Geschäftsführer der Vorgesellschaft sowie der späteren GmbH aber die Verpflichtung oblegen, wie ein Geschäftsführer einer bereits bestehenden GmbH auf die zu erwartende Haftungsbeschränkung bei Eintragung der GmbH hinzuweisen.

13

Seit langem ist anerkannt, daß eine Vorgesellschaft, soweit sie bereits ein Handelsgewerbe betreibt, als Firma, sonst als Name die gemäß Gesellschaftsvertrag und § 4 GmbHG zu bildende Firma der zukünftigen GmbH, also jedenfalls mit dem Hinweis auf die beschränkte Haftung, führen darf und - zur Vermeidung eines falschen Rechtsscheins - auch führen muß, allerdings mit einem das Gründungsstadium klarstellenden Zusatz, z.B. "i.G." (vgl. schon Hachenburg/Ulmer/Heinrich, GmbHG, 7. Auflage 1975, § 4 Rdn. 102, 105; ferner Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 7. Auflage, § 11 Rdn. 30; Rowedder/Rittner, GmbHG, § 4 Rdn. 38; § 11 Rdn. 73, 76; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 4 Rdn. 46; § 11 Rdn. 12; Fischer/Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 12. Auflage, § 11 Rdn. 3; Roth, GmbHG, 2. Auflage, § 11 Anm. 4.2; beiläufig auch BGH NJW 1985, 736, 737) [BGH 12.11.1984 - II ZB 2/84]. Auch die Vorschrift des § 35 Abs. 3 GmbHG, wonach die Geschäftsführer bei Vertretung der GmbH mit deren Firma zu zeichnen haben, ist auf die Vorgesellschaft anzuwenden (vgl. Rowedder/Rittner, a.a.O., § 11 Rdn. 82; Fischer/Lutter/Hommelhoff, a.a.O. § 11 Rdn. 5). In Anbetracht dieser Rechtslage sind die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof für die Rechtsscheinshaftung in Fällen, in denen der nach Recht und Gesetz gebotene Hinweis auf die beschränkte Haftung im Geschäftsverkehr unterblieben ist, entwickelt hat, auch auf das Handeln eines Geschäftsführers einer in Gründung befindlichen GmbH zu übertragen. Ähnlich hat der Bundesgerichtshof selbst diese Rechtsprechung auf den Fall erstreckt, daß der Zusatz "GmbH & Co" fehlte, nachdem ein solcher Zusatz von der Rechtsprechung und den Registergerichten bei Kommanditgesellschaften gefordert wurde, deren einzig unbeschränkt haftender Gesellschafter eine GmbH ist (BGHZ 71, 354 ff.).

14

b)

Der Beklagte zu 1) hat vorgetragen, er habe den Vertrag mit der Klägerin mit dem Stempel seiner Einzelfirma "Zentral-Frischmarkt" versehen, weil er diesen Stempel gerade zur Hand gehabt habe; er habe aber den Mitarbeiter der Klägerin, der den Auftrag aufgenommen habe, den Zeugen R., auf das Bestehen eines GmbH-Vertrages und die bevorstehende Eintragung hingewiesen (Bl. 53, 100, 103 f, 183 d.A.). Das Landgericht hat den Zeugen R. ordnungsgemäß vernommen (Bl. 142 f d.A.). Er konnte sich an den vom Beklagten behaupteten Hinweis nicht erinnern, aber auch nicht ausschließen, daß ein solcher Hinweis erfolgt sei. Das Landgericht hat diese Zeugenaussage in Verbindung mit dem schriftlichen Vertrag überzeugend dahin gewürdigt, daß eine Aufklärung der Klägerin bei Vertragsschluß über das Bestehen einer in Gründung befindlichen GmbH nicht bewiesen sei. Darlegungs- und beweispflichtig dafür, daß der Vertragsgegner nicht auf den Rechtsschein einer unbeschränkten Haftung vertraut, sondern die wahren Verhältnisse gekannt habe, ist nach der Rechtsprechung derjenige, der gesetzlich zur Offenlegung der Haftungsbeschränkung verpflichtet war (BGHZ 64, 11, 18 f) [BGH 03.02.1975 - II ZR 128/73], hier mithin der Beklagte zu 1).

15

Er hat auch nicht hinreichend dargetan, daß der Klägerin vor Entstehung des mit der Klage geltend gemachten Schadens bzw. Verdienstausfalles bekannt geworden wäre, daß es sich bei ihrem Vertragspartner um eine nur beschränkt haftende GmbH handle. Die von dem Beklagten vorgelegte Lastschrift über die regelmäßigen Abbuchungen der Klägerin nennt als Zahlungspflichtigen lediglich die "T.-D." in O.-S. (Bl, 106 d.A.). Nähere Auskünfte über ihren Vertragspartner hat die Klägerin nach eigenem, insoweit nicht substantiiert bestrittenen Vorbringen erst im Oktober 1983 und im Januar 1984 eingeholt (Bl. 42 ff., 45, 218 d.A.). Die Beklagten hatten aber bereits mit Schreiben vom 5. August 1983 die weitere Entgegennahme der Dienste der Klägerin abgelehnt; ihr Ladenlokal war seit dem 12. August 1983 geschlossen (Bl. 158 f. d.A.).

16

Das Landgericht ist mithin zu Recht von einer persönlichen Haftung des Beklagten zu 1) ausgegangen.

17

II.

Die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch.

18

1.

Das Landgericht hat überzeugend ausgeführt, daß es sich bei dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien seinem wesentlichen Inhalt nach nicht um einen Miet-, sondern um einen Werkvertrag gehandelt habe (Bl. 160 f. d.A.); insoweit greift die Berufung die Würdigung des Landgerichts auch nicht an. Für die Verjährungsfrist ist mithin nicht § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB, sondern § 196 Abs. 1 Nr. 1 sowie Abs. 2 BGB maßgeblich.

19

2.

Danach gilt eine vierjährige Verjährungsfrist, weil die Leistung der Klägerin für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt ist. Das Argument der Berufung, wenn der Beklagte zu 1) persönlich hafte, gelte die - hier nicht gewahrte - zweijährige Verjährungsfrist, weil nicht für seinen Gewerbebetrieb geleistet worden sei, sondern für den der GmbH, überzeugt nicht:

20

a)

Denn der Beklagte zu 1) macht nicht etwa geltend, daß der Rechtsschein einer Lieferung an einen Privatmann gesetzt, sondern vielmehr, daß in Wahrheit für den Gewerbebetrieb eines anderen, nur beschränkt haftenden Schuldners habe geleistet werden sollen und dies dem Mitarbeiter der Klägerin bei Vertragsabschluß deutlich gemacht worden sei. Damit wird indessen kein Sachverhalt behauptet, der eine kürzere als die für Leistungen in den Gewerbebetrieb eines Schuldners geltende vierjährige Verjährungsfrist zur Folge hätte. Mithin kommt es darauf, daß der Anspruchsberechtigte die Beweislast dafür trägt, daß die Voraussetzungen für eine - von der Regel der zweijährigen Verjährungsfrist abweichende - vierjährige Verjährungsfrist vorliegen, hier nicht an. Vielmehr steht fest, daß die Klägerin für den Gewerbebetrieb eines Schuldners leisten sollte und ihre Ansprüche daher der vierjährigen Verjährungsfrist unterliegen.

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b)

Im übrigen haftet der Beklagte zu 1) für den von ihm gesetzten Rechtsschein. Daß der zurechenbar gesetzte Rechtsschein auch bei Anwendung von § 196 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB zu berücksichtigen ist, entspricht heute allgemeiner Meinung, wird allerdings - soweit ersichtlich - nur für den Fall diskutiert, daß ein Scheinkaufmann Ansprüche geltend macht und ihm die Verjährungseinrede entgegengesetzt wird (vgl. Staub/Brüggemann, HGB Großkommentar, 4. Auflage, vor § 1 Rdn. 48; Anhang nach § 5 Rdn. 37; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 27. Auflage, § 5 Anm. 2 F; Einleitung vor § 343 Anm. 7 C; Gierke/Sandrock, Handels- und Wirtschaftsrecht, § 12 III 2 a g, aa, S. 167). Dementsprechend muß aber der Scheinkaufmann als Schuldner auch den von ihm gesetzten Rechtsschein gelten lassen, die Lieferung sei für den Gewerbebetrieb des nach dem Rechtsschein haftenden Schuldners erfolgt, wofür im übrigen die Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB spricht. Der Beklagte zu 1) hat den Auftrag vom 25. Februar 1982 mit dem Stempel "Zentral-Frischmarkt" sowie seiner Unterschrift unterzeichnet. Damit ist der Rechtsschein gesetzt worden, daß für den Geschäftsbetrieb eines unbeschränkt haftenden Kaufmanns geleistet werden solle. Auf diesen Rechtsschein durfte sich und hat sich die Klägerin verlassen.

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c)

Auch Ansprüche gegen den vollmachtlosen Vertreter (§ 179 BGB) verjähren in der Frist, die für den Anspruch aus dem Vertrage gegolten hätte, der mangels Vollmacht des Vertreters und Genehmigung durch den Vertretenen nicht wirksam geworden ist (BGHZ 73, 266 ff). Ähnlich geht die Rechtsprechung davon aus, daß, wenn die Schuld aus einer Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners nachträglich von einem anderen mitübernommen wird, der nicht Inhaber des Gewerbebetriebs ist, auch diesem gegenüber die vierjährige Verjährung gelte (BGHZ 58, 251 ff.). Die vierjährige Verjährungsfrist gilt ferner dann, wenn die Leistung für eine nicht zur Entstehung gelangte GmbH bestimmt war und der Schuldner nach § 11 Abs. 2 GmbHG haftet (vgl. von Feldmann in: MüKo, BGB, 2. Auflage, § 196 Rdn. 11 m.w.N.). Dem liegt im wesentlichen der auch auf die Rechtsscheinshaftung anwendbare Gedanke zugrunde, daß es bei der Haftung eines anderen, der an die Stelle des an sich Verpflichteten tritt, um den "Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen" geht; die für die ursprünglich bedungene oder ansich beabsichtigte Verbindlichkeit geltende Verjährungsfrist ist auch für, den als Ersatzwert an ihre Stelle tretenden Anspruch maßgebend.

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3.

Der Anspruch der Klägerin aus § 649 BGB ist im August 1983 entstanden. Die vierjährige Verjährungsfrist lief mithin gemäß § 201 BGB bis zum 31.12.1987. Der gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Mahnantrag der Klägerin ging am 28. Dezember 1987 ein; am 29. Dezember 1987 wurde der Mahnbescheid erlassen (Bl. 2 d.A.). Die Zustellung erfolgte am 5. Januar 1988 (Bl. 5 d.A.). Die Verjährungsfrist ist damit gemäß § 693 Abs. 2 ZPO rechtzeitig unterbrochen worden.

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III.

1.

Soweit in erster Instanz gegenüber der Forderung der Klägerin eingewandt worden war, sie setze nach ihren - den Beklagten im übrigen nicht bekannten - Allgemeinen Geschäftsbedingungen voraus, daß die Arbeitskittel in Händen der Beklagten sein müßten, ist dieser Einwand nicht hinreichend substantiiert und auch in der Berufung nicht mehr aufgegriffen worden. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 17. Oktober 1988 übereinstimmend erklärt, daß auf die Geltendmachung der Rechte an den Kitteln verzichtet werde (Bl. 142 d.A.). Das Landgericht hat diese Erklärung in seinem Urteilstatbestand dahin wiedergegeben, daß die Parteien Rechte aus dem Verbleib der Kittel nicht herleiten wollten (Bl. 159 d.A.). Mithin ist davon auszugehen, daß der Beklagte zu 1) diesen Einwand fallengelassen hat.

25

2.

Mit Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, daß die Beklagten die in erster Instanz geltend gemachten Einwände gegen die Höhe der infolge vorzeitiger Kündigung von der Klägerin ersparten Aufwendungen nicht hinreichend substantiiert und unter Beweis gestellt haben (Bl. 161 d.A.). Dies wäre jedenfalls nach der durch Vorlage des Gutachtens (Bl. 78 ff.) substantiierten Darstellung der Klägerin Sache der Beklagten gewesen (vgl. BGH WPM 1977, 1307, 1308). Auch auf diesen Einwand ist der Beklagte zu 1) in der Berufung nicht zurückgekommen.

26

3.

Die vom Landgericht ausgeurteilten Zinsen entsprechen dem von der Klägerin durch Bankbescheinigung nachgewiesenen Verzugsschaden (Bl. 145 d.A.).

27

IV.

Die Berufung war daher zurückzuweisen. Für die Kostenentscheidung war neben § 97 ZPO wegen der Zurücknahme der gegen den Beklagten zu 2) gerichteten Berufung der Klägerin auch § 515 Abs. 3 ZPO zu berücksichtigen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Beschwer: 7.117,62 DM.