Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 28.03.1990, Az.: 9 U 65/89
Veränderung der Verkehrssicherungspflicht durch moderne technische Entwicklungen; Veränderung der Verkehrssicherungspflicht durch geänderte Verkehrsgewohnheiten; Gestaltung des auslaufenden Endes einer Schutzplanke; Gestaltung des auslaufenden Endes einer Leitplanke; Verkehrssicherungspflichten bei der Gestalung von Anlagen im Straßenverkehr; Pflicht der Straßenverkehrsbehörde zur Beseitigung einer Gefahrenstelle; Bemessung eines Schmerzensgeldanspruchs unter Berücksichtigung der Mithaftung des Verletzten
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 28.03.1990
- Aktenzeichen
- 9 U 65/89
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1990, 20620
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1990:0328.9U65.89.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 15.02.1989 - AZ: 8 O 290/88
Rechtsgrundlagen
- Art. 34 GG
- § 839 BGB
- § 10 StrG,NI
Fundstellen
- NJW-RR 1990, 1249-1250 (Volltext mit amtl. LS)
- NZV 1990, 432-433 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht M. und
die Richter am Oberlandesgericht Dr. S. und Dr. W.
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 15. Februar 1989 geändert.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Schmerzensgeld von 40.000 DM zu zahlen nebst 4 % Zinsen auf 10.000 DM seit 7. März 1990.
Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist,
- a)
dem Kläger die Hälfte des ihm durch den Unfall vom 21. Mai 1988 entstandenen und noch entstehenden materiellen Schadens zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind,
- b)
dem Kläger auch allen nicht sicher vorhersehbaren zukünftigen immateriellen Schaden zu ersetzen, wobei zu seinen Lasten ein hälftiges Mitverschulden zu berücksichtigen ist.
Die weitergehende Feststellungsklage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz 1/8 und von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz 6 % zu tragen; im übrigen treffen die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 49.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 650 DM abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheit auch durch unbefristete und unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für einen Verkehrsunfall, der sich am 21. Mai 1988 gegen 4.00 Uhr morgens auf der Kreisstraße von R. in Richtung H. ereignet hat (vgl. die Unfallskizzen Bl. 3 und 12 sowie die Kopien von Fotos Bl. 13 ff der beigezogenen Ermittlungsakten). Der Kläger geriet in einer leichten Linkskurve zunächst nach rechts von der Fahrbahn ab, fuhr mehrere Meter auf dem Grünstreifen, überquerte dann die Fahrbahn nach links und geriet dort in Höhe einer - aus seiner Fahrtrichtung gesehen - von links einmündenden Grundstückseinfahrt derart gegen das nicht abgesenkte oder abgerundete Endstück der Schutzplanke, daß der Fahrgastraum von der vorderen rechten Seitentür bis zur linken Fahrertür von der Schutzplanke durchbohrt wurde; dabei wurde dem Kläger der rechte Unterschenkel abgerissen, ferner erlitt er erhebliche Verletzungen im Brustbereich, so daß zunächst Lebensgefahr bestand (vgl. Bl. 2 sowie das Attest Bl. 37 d.A.). Der Kläger trug zur Zeit des Unfalles am linken Bein einen Unterschenkelgehgips (hierzu vgl. das Attest Bl. 72 d.A.); in seiner Atemluft wurde Alkoholgeruch festgestellt, von einer Blutprobe aber nach Rücksprache mit dem Krankenhaus im Hinblick auf die lebensgefährlichen Verletzungen und die Behandlung in der Intensivstation abgesehen.
Der hier in Frage stehende Straßenabschnitt gehörte bis zur Gebietsreform im Jahre 1972 zum Landkreis F.. Die technische Unterhaltung einschließlich der Verkehrssicherung oblag bis zur Übernahme der Eigenverantwortung durch den Beklagten am 1. Oktober 1979 dem Straßenbauamt V.. Die Schutzplanke, in die der Kläger mit seinem Fahrzeug hineingeraten ist, wurde schon vor Begründung der Zuständigkeit des Beklagten errichtet (Bl. 33, 66 d.A.). Mit einem Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau an die obersten Straßenbaubehörden der Länder vom 25. Oktober 1972 (VkBl 1972 S. 814, vgl. Bl. 71 d.A.) übersandte der Bundesminister für Verkehr neue Richtlinien für abweisende Schutzeinrichtungen an Bundesfernstraßen (im Aktendeckel). Danach sind Schutzplanken, wenn sie ausnahmsweise unterbrochen werden müssen, um eine Zufahrt zu schaffen, mit einem möglichst großen Radius auszurunden und in den Bereich der Zufahrt hineinzuführen; das Holmende der Schutzplanken darf nicht ungeschützt belassen werden, sondern muß, zum Beispiel wenn die Installationsarbeiten über Nacht unterbrochen werden, zum Boden abgesenkt oder anderweit gesichert werden. Obwohl diese Richtlinie nur für Bundesfernstraßen gilt, hat der Beklagte sie auch bei der Erneuerung oder Neuaufstellung von Schutzplanken an anderen Straßen zugrunde gelegt. Gleiche oder ähnliche Vorschriften für Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen gibt es in Niedersachsen nicht (Bl. 32 d.A.). Im vorliegenden Fall war die Schutzplanke nicht nach Maßgabe der Richtlinien im Bogen in die Zufahrt hineingeführt und auch nicht vor der Zufahrt ins Erdreich abgesenkt worden; am Ende befand sich lediglich ein etwa 40 cm breites Kopfstück (Bl. 66, ferner Bl. 14 der BA).
Der Kläger vertritt den Standpunkt, der Beklagte habe seine Verkehrssicherungspflicht verletzt und dadurch schuldhaft die schweren Folgen des Unfalls verursacht. Er hat bestritten, daß Alkohol Einfluß auf den Unfall gehabt habe; infolge einer retrograden Amnesie könne er sich an den Unfallverlauf nicht erinnern. Er hat geltend gemacht, daß er infolge der Amputation nicht mehr in der Lage sei, ein Kraftfahrzeug zu führen, und daher seinen Beruf als Versicherungskaufmann nicht mehr werde ausüben können, weil es ihm nicht mehr möglich sei, Kundenbesuche durchzuführen. Er hat beantragt,
- 1.
der beklagte Landkreis möge verpflichtet werden, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 30.000 DM,
- 2.
es möge festgestellt werden, daß der beklagte Landkreis verpflichtet ist, 70 % des dem Kläger aus den Folgen des Unfalls vom 21.5.1988, 4.00 Uhr, Kreisstraße ..., Gemarkung D., entstandenen materiellen und immateriellen gegenwärtigen und zukünftigen Schadens, insbesondere Berufsschadens zu tragen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach dem Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau vom 25. Oktober 1972 komme eine Umrüstung älterer, den neuen Richtlinien nicht entsprechender Schutzplanken im allgemeinen nur bei erheblichen Abweichungen von den neuen Regelungen in Betracht, wenn die örtliche Unfallsituation eine Umrüstung erforderlich mache. Die Strecke, auf der sich der Unfall des Klägers ereignet habe, sei wenig befahren und nicht unfallträchtig; Verkehrsunfälle dieser Art habe es an dieser Leitplanke bisher nicht gegeben. Der Beklagte habe daher seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt, jedenfalls aber nicht schuldhafthaft gehandelt. Im übrigen hat der Beklagte bestritten, daß eine den Richtlinien entsprechende Schutzplanke die hier eingetretenen Schäden nicht verursacht hätte (Bl. 56 d.A.). Wenn eine Schutzplanke überhaupt nicht vorhanden gewesen wäre, sei davon auszugehen, daß der Unfall weit schlimmere Folgen gehabt hätte (Bl. 69 d.A.). Nach dem ersten Anschein trage der Kläger die Alleinschuld, jedenfalls aber das weit überwiegende Verschulden für den Unfall. Er sei fahruntüchtig gewesen. Schließlich hat der Beklagte bestritten, daß der Kläger seinen Beruf in Zukunft nicht mehr ausüben könne, und die Höhe des Schmerzensgeldes beanstandet.
Die 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden hat dem Beklagten durch Urteil vom 15. Februar 1989, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 87 ff d.A.), ein Schmerzensgeld von 30.000 DM zugesprochen sowie eine Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz weiterer Schäden unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote des Klägers von 40 % festgestellt. Dieses Urteil ist dem Beklagten am 23. Februar 1989 zugestellt worden (Bl. 99 d.A.). Seine Berufung ist am 23.
März 1989 eingegangen (Bl. 102 d.A.) und nach Verlängerung (Bl. 106 d.A.) rechtzeitig begründet worden (Bl. 109 d.A.).
Mit dem Rechtsmittel macht der Beklagte geltend, daß er seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt habe. Die Richtlinien über Schutzplanken entsprächen perfektionistischem Sicherheitsstreben bei Schnellstraßen. Soweit sie eine Abrundung oder Absenkung der Schutzplanke vorsehen, seien dafür auch konstruktive Gesichtspunkte maßgebend, um nämlich die Standfestigkeit der Schutzplanken zu verbessern. Der Landesgesetzgeber habe den Sicherheitsstandard von Bundesfernstraßen bisher nicht übernommen. Eine Unfallhäufigkeit im Zusammenhang mit nichtabgesenkten Enden von Schutzplanken gebe es weder allgemein noch gar im Bereich des Beklagten.
In jedem Falle trage der Kläger ein weit überwiegendes Mitverschulden. Die Betriebsgefahr sei durch das unkontrollierte Verhalten des Fahrzeugs nach Abkommen von der Fahrbahn wesentlich erhöht worden. Der Anschein spreche für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Klägers. Im übrigen sei das Schmerzensgeld überhöht.
Der Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage im vollen Umfang abzuweisen,
hilfsweise,
Vollstreckungsnachlaß gegen Sicherheitsleistung auch durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder einer öffentlichen Sparkasse zu gewähren.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
für den Fall der Gewährung von Vollstreckungsnachlaß zu gestatten, daß Sicherheit in Form der Bürgschaft einer deutschen Großbank öffentlichen Sparkasse, Volksbank oder Spar- und Darlehnskasse geleistet wird.
Im Wege der Anschlußberufung begehrt der Kläger,
unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils den Beklagten zu verurteilen, ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen ab Zustellung der Anschlußberufung (am 7. März 1990, Bl. 170 d.A.) zu zahlen.
Er verteidigt das Urteil des Landgerichts. Unfälle seien auf Kreisstraßen häufiger als auf Bundesautobahnen. Mit Recht habe das Landgericht festgestellt, daß die Straße im Unfallbereich vielbefahren und von erheblicher regionaler Bedeutung sei. Aus den Richtlinien gehe die Gefährlichkeit nichtabgesenkter oder abgerundeter Schutzplanken deutlich hervor. Konstruktive Erwägungen spielten für diese Vorschriften keine Rolle.
Da zum Gasgeben und Bremsen der rechte Fuß benötigt wird, sei der Kläger infolge der Tatsache, daß das linke Bein sich in einem Gipsverband befand, beim Autofahren im Zeitpunkt des Unfalles nicht behindert gewesen. Außer dem Alkoholgeruch in der Atemluft des Klägers, für den schon ein Glas Bier genüge, gebe es keinerlei Anhaltspunkte für eine Alkoholisierung des Klägers. Er sei auch nicht übermüdet gewesen. Gegen den Kläger spreche auch nicht der Beweis des ersten Anscheins, da er zu dem Umstand, ohne erkennbaren äußeren Anlaß von der Straße abgekommen zu sein, sich aufgrund der bei dem Unfall erlittenen retrograden Amnesie nicht äußern könne. Der Streitwert des mit der Klage gestellten Feststellungsantrags sei unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 40 % vor allem im Hinblick auf die zahlreichen Besuchsfahrten der Familie während der langwierigen Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalte deutlich höher als in erster Instanz anzusetzen (Bl. 150 ff. d.A.). Unter Vorlage zweier ausführlicher ärztlicher Berichte über die Unfallfolgen und den Heilungsprozeß begehrt der Kläger mit der Anschlußberufung ein weiteres, über den vom Landgericht zugebilligen Betrag hinausgehendes Schmerzensgeld, dessen Höhe er insgesamt auf 40.000 DM beziffert (Bl. 156 ff., 160 ff. d.A.).
Der Beklagte beantragt,
die Anschlußberufung zurückzuweisen.
Er bestreitet die vom Kläger durch ärztliche Berichte belegten Befunde nicht, wohl aber die darüberhinaus vom Kläger vorgetragenen Beschwerden und Beeinträchtigungen bei der Wiederaufnahme seiner Berufstätigkeit.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Aus den Ermittlungsakten 8 Js 12745/08 StA Verden lagen die Blätter 1 bis 7 sowie 12 bis 18 in Kopie vor und waren zur Erläuterung des Parteivorbringens Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat nur zum Teil Erfolg; die Anschlußberufung des Klägers dringt durch.
I.
Die Voraussetzungen der Haftung gemäß Art. 34 GG, §§ 839 BGB, 10 NdsStrG sind gegeben.
1.
Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht wird mitbestimmt durch die örtlichen Verhältnisse sowie das konkrete Gefahrenpotential, wie es sich aus der technischen Entwicklung ergibt; moderne technische Entwicklungen, auch geänderte Verkehrsgewohnheiten können danach in Grenzen die Sicherungspflicht erhöhen (vgl. RGRK/Steffen, 12. Aufl, § 823 Rn 180, 184). Zwar kann von dem Verkehrssicherungspflichtigen nicht erwartet werden, daß er den Fahrzeugverkehr völlig gefahrlos gestaltet; vielmehr muß auch berücksichtigt werden, ob weitere Maßnahmen der Verkehrssicherung dem Pflichtigen zumutbar sind. Im vorliegenden Fall stellte sich die Gestaltung des auslaufenden Endes der Schutzplanke, die früher nach dem Stand der Erfahrungen und der Technik nicht zu beanstanden gewesen sein mag, spätestens seit Erscheinen der Richtlinien für abweisende Schutzeinrichtungen an Bundesfernstraßen im Oktober 1972 nicht nur als ungeeignet, sondern sogar als gefahrerhöhend heraus. Gerade die Vorschrift über die Sicherung ungeschützter Holmenden der Schutzplanken bei einer Unterbrechung der Bauarbeiten während der Nacht zeigt, daß ihre Anrampung bzw. Ausrundung an Zufahrten jedenfalls wesentlich auch dem Zweck dient, daß Unfälle der hier vorliegenden Art vermieden werden, bei denen das Fahrzeug durch das freistehende Ende der Schutzplanke aufgespießt wird.
Dieser Gefahr läßt sich durch das Anbringen von Kopfstücken nicht wirksam begegnen. Das zeigt nicht nur der vorliegende Unfall. Vielmehr sehen die Richtlinien für den Fall einer Unterbrechung der Installationsarbeiten während der Nacht vor, daß das Holmende grundsätzlich vorübergehend zum Boden abzusenken ist. Der Verkehrssicherungspflichtige mußte daher spätestens ab Oktober 1972 Vorsorge treffen, daß die gefährlichen Holmenden nach und nach beseitigt wurden.
Wenn für den Verkehrssicherungspflichtigen erkennbar geworden ist, daß eine von ihm selbst geschaffene Anlage die Gefahren für den Verkehr erhöht, kann er sich nicht darauf berufen, seine Einrichtungen genügten einem früheren Stand der Technik. Auch ohne daß es einer besonderen verwaltungsinternen oder gesetzlichen Anordnung bedarf, ist er aufgrund der Verkehrssicherungspflicht gehalten, die von ihm selbst hervorgerufen Gefahrerhöhung zu beseitigen. Dies gilt jedenfalls, wenn sich der Verkehrsteilnehmer nicht auf die Gefahr einstellen kann - wie es etwa bei zu dicht an der Straße stehenden Bäumen möglich ist (OLG Karlsruhe, VersR 1976, 596 f) -, sondern es sich um eine Einrichtung wie die Schutzplanken handelt, die gerade für den Fall vorgesehen sind, daß es zu einem Unfall kommt. Die Sachlage ist auch nicht mit der vom Beklagten herangezogenen Entscheidung des Oberlandesgericht Oldenburg vergleichbar (Bl. 116 ff d.A.), in dem sich ein älteres, dem modernen Stand der Technik nicht mehr entsprechendes Spielgerät bei ständiger Benutzung über eine längere Zeit hinweg bewährt hatte, ohne daß es zu Unfällen gekommen war. In diesem Sinne hatte sich das nicht abgerundete und nicht in den Boden versenkte Ende der Schutzplanke nicht bewährt. Vielmehr war spätestens bei Erscheinen der Richtlinien für abweisende Schutzeinrichtungen an Bundesfernstraßen im Oktober 1972 allgemein vorauszusehen, daß sich die Unfallfolgen bei einem Aufprall auf ein nicht abgerundetes oder abgesenktes Ende der Schutzplanke erheblich verschlimmern würden.
Allerdings ist dem Verkehrssicherungspflichtigen, wenn sich wie hier die Notwendigkeit einer Umrüstung ergibt, aus Gründen der Zumutbarkeit eine Übergangsfrist zuzubilligen. Der Beklagte trägt in der Berufungsinstanz vor, aufgrund einer Verkehrszählung im Jahre 1980 werde auf dem fraglichen Streckenabschnitt mit 1478 Kfz/24 Stunden gerechnet; diese Belastung sei als schwach bis mittelstark einzustufen (Bl. 140 d.A.). Nimmt man die vom Landgericht aus eigener Kenntnis getroffenen, vom Beklagten nicht bestrittenen Feststellungen (vgl. Bl. 93 d.A.) hinzu, ist jedenfalls in Verkehrsspitzenzeiten von einer nicht unerheblichen Belastung auszugehen sein. Dafür spricht schon, daß die Strecke überhaupt mit Schutzplanken ausgerüstet worden ist. Unabhängig davon sind die Grenzen einer angemessenen Umrüstfrist nach Ablauf der hier seit Übernahme der Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten verflossenen mehr als 8 1/2 Jahre jedenfalls längst überschritten. Der Beklagte durfte sich mit einer Umrüstung nicht Zeit lassen, bis es an dieser Stelle zu einem Unfall gekommen war. Immerhin wird die allgemeine Gefahr, die entsteht, wenn ein angeschnallter Fahrer mit seinem Kraftfahrzeug von der Fahrbahn abkommt, ganz wesentlich erhöht, wenn der Fahrgastraum bei dieser Gelegenheit von einer Schutzplanke durchstoßen wird. Die dadurch hervorgerufene akute Lebensgefahr hätte den Verkehrssicherungspflichtigen veranlassen müssen, die Umrüstung auch an wenig befahrenen Straßen sobald wie möglich, keinesfalls aber später als in einer Frist von 2-3 Jahren, durchzuführen.
Der Beklagte hat danach im vorliegenden Fall die ihm obliebende Verkehrssicherungspflicht verletzt.
2.
Dadurch ist zwar nicht das Abkommen der Klägerin von der Fahrbahn verursacht worden. Nachdem er auf die Gegenfahrbahn und darüber hinaus geraten war, ist er aber infolge der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht mit der rechten Beifahrertür in das nicht abgerundete und in den Boden versenkte Ende der Schutzplanke geraten, die sich dann durch den Fahrgastraum und die linke Fahrertür hindurchgebohrt hat und weiträumig umgebogen wurde, so daß das Fahrzeug noch gegen einen Telefonmast prallte. Daß der Wagen nicht etwa gegen den Telefonmast stieß, bevor er in das Ende der Schutzplanke geriet, wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Senant unstreitig, nachdem der Sachverhalt erörtert und hierzu auch der anwesende Vater des Klägers gehört worden war. Der konkrete Verlauf des Unfalls vom Verlassen der Gegenfahrbahn bis zum Stillstand des Fahrzeugs, ist danach entscheidend von dem gefährlichen Ende der Schutzplanke bestimmt worden; die Verkehrssicherungspflichtverletzung ist mithin die Ursache nicht nur der traumatischen Amputation des rechten Unterschenkels, sondern sämtlicher körperlicher Verletzungen geworden, die der Kläger bei dem Unfall davon getragen hat (§ 287 ZPO).
Der Beklagte ist der Meinung, der Kläger hätte gleiche oder schwerere Schäden auch dann davongetragen, wenn die Schutzplanke ordnungsgemäß gestaltet worden wäre. Eine derartige Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten widerspricht dem Schutzzweck der hier in Rede stehenden Norm, durch Umrüstung die Funktion der Schutzplanke wiederherzustellen, Unfallfolgen zu mildern, und dürfte daher nicht zulässig sein. In jedem Fall würde der Beklagte die Beweislast dafür tragen, daß der gleiche Schaden auch bei ordnungsgemäßer Gestaltung der Schutzplanke eingetreten wäre (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 49. Aufl., vor § 249 Anm. 5 C g bb). Dies ist aber nicht einmal hinreichend dargetan worden.
3.
Den Beklagten trifft auch ein erhebliches Verschulden. Er nimmt nicht in Abrede, daß ihm die im Oktober 1972 verteilten Richtlinien für abweichende Schutzeinrichtungen an Bundesfernstraßen bekannt waren; er hat eingeräumt, daß er bei der Neuaufstellung oder Erneuerung alter Leiteinrichtungen nach diesen Richtlinien verfahre (Bl. 32 d.A.). Aus der Formulierung in dem Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau vom 25. Oktober 1972, daß eine Umrüstung im allgemeinen nur bei erheblichen Abweichungen von den neuen Regelungen in Betracht komme, wenn die örtliche Unfallsituation eine solche Umrüstung erforderlich mache (Bl. 71 d.A.), konnte bei verständiger Auslegung nicht der Schluß gezogen werden, eine Umrüstung könne aufgeschoben werden, bis sich wegen der vorhandenen Mängel der Schutzplanken Unfälle häuften. Mit der "örtlichen Unfallsituation" war offenbar die Verkehrsdichte sowie die Frage gemeint, ob durch die Streckenführung und sonstige örtliche Gegebenheiten eine Auswirkung der vorhandenen Mängel an Schutzplanken bei einem nie auszuschließenden Unfall nahelagen. Zwar waren die Schutzplanken im vorliegenden Fall - aus der Fahrtrichtung des Klägers gesehen - nur an der Seite der Gegenfahrbahn aufgestellt, sollten also offenbar in erster Linie den Gegenverkehr von einem Abkommen von der Fahrbahn schützen; für den Gegenverkehr hätte das ungesicherte Ende der Schutzplanke, in das der Kläger hineingefahren ist, aber nicht gefährlich werden können. Die an einer Fahrbahnseite aufgestellte Schutzplanke sichert aber auch den Verkehr der gegenüberliegenden Fahrbahn, für den bei einem Schleudern die Gefahr des Abkommens von der Straße in die Richtung, an der sich die Schutzplanken befinden, ebenfalls besteht. Gerade bei einer verhältnismäßig schmalen Straße wie der hier in Rede stehenden Kreisstraße ist noch eher mit einem Herüberkommen von Fahrzeugen der Gegenfahrbahn auf die Schutzplanken zu rechnen als bei den meist viel breiteren und zum Teil sogar durch Mittelstreifen unterbrochenen Bundesfernstraßen. Auch der Umstand, daß die Schutzplanke nur für eine schmale Einmündung unterbrochen war, ändert nichts daran, daß das Holmende an dieser Stelle gerade für den Verkehr aus Richtung des Klägers gefährlich werden konnte, wenn ein Fahrzeug aus der Linkskurve getragen und dann zu stark nach links zurückgesteuert wurde. Längere Unfallfreiheit ist nicht als Gefahrlosigkeit zu werten (vgl. Steffen, a.a.O. Rn 180). Angesichts der erheblichen Gefahren für Leib und Leben, die gerade von nicht abgesenkten oder abgerundeten Enden einer Schutzplanke ausgehen, hätte der Beklagte die Umrüstung jedenfalls nicht derart lange aufschieben dürfen, wie es im vorliegenden Fall geschehen ist. Wenn die Beklagte die Verkehrssicherungspflicht auch erst am 1. Oktober 1979 übernommen hat, hätte sie damals bereits erkennen müssen, daß die hier in Rede stehende Gefahrenstelle nicht beseitigt worden war, obwohl der Rechtsvorgänger hierzu seit dem Erscheinen der neuen Richtlinien für abweisende Schutzeinrichtungen an Bundesfernstraßen schon sieben Jahre hatte verstreichen lassen. Danach hätte der Beklagte eine Umrüstung nunmehr kurzfristig durchführen müssen. Statt eine solche Maßnahme auch nur zu planen, ist der Beklagte aber mehr als 8 1/2 Jahre lang untätig geblieben und hat offenbar abgewartet, ob sich an dieser Stelle ein Unfall ereignen werde. Danach liegt keine leichte, sondern eine gewichtige Fahrlässigkeit vor.
II.
Der Kläger muß sich indessen ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen.
Nach ständiger Rechtsprechung spricht der Anschein für ein fahrlässiges Verhalten dessen, der von einer geraden oder gekrümmten Fahrbahn abkommt (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 30. Aufl., § 2 StVO Rn 74; § 3 StVO Rn 66 m.w.N.). Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegende Lebenserfahrung gilt auch, wenn sich der Fahrer wie im vorliegenden Fall aufgrund einer unfallbedingten retrograden Amnesie an den Unfallhergang nicht erinnern und daher zu dem Anlaß nicht Stellung nehmen kann, der zum Abkommen von der Fahrbahn geführt hat.
In der Rechtsprechung wird darüber hinaus der Anscheinsbeweis zum Nachweis alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit herangezogen, wenn sich der Unfall unter Umständen ereignet hat, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können (vgl. Jagusch/Hentschel, a.a.O. § 316 StGB Rn 69, 71). Ein Abkommen von der Fahrbahn nach rechts auf den Grasstreifen kann schon auf einer vorübergehenden Unaufmerksamkeit beruhen. Wenn in einer solchen Situation das Gas nicht zurückgenommen und das Steuerrad zu stark nach links eingeschlagen wird, kann auch ein nüchterner und sonst fahrtüchtiger Fahrer auf die Gegenfahrbahn geraten. Der Beklagte kann mithin im vorliegenden Fall weder nach den Regeln des Anscheinsbeweises noch sonst den Nachweis führen, daß der Kläger alkoholbedingt oder wegen Übermüdung fahruntüchtig gewesen sei.
Auszugehen ist danach lediglich insofern von einem Verschulden des Klägers, als er nach rechts von der Fahrbahn abgekommen und sein Fahrzeug dann - jedenfalls bei der von ihm eingehaltenen Geschwindigkeit - zu stark nach links gelenkt hat. Nach der polizeilichen Ermittlungsakte herrschte zum Unfallzeitpunkt Dämmerung; der Kläger hatte die Fahrerlaubnis seit 13. November 1986, also noch keine besonders große Verkehrserfahrung. Daß er am linken Bein einen Unterschenkelgehgips trug, machte ihn nicht fahruntüchtig; auch ist nicht dargetan, daß diese Behinderung für den Unfall ursächlich geworden sei. Nach Auffassung des Senats ist aber die Betriebsgefahr des Fahrzeugs, die sich der Kläger zurechnen lassen muß, im Hinblick darauf höher zu bewerten, daß der Unterschenkelgipsverband am linken Bein dessen leichten und sicheren Einsatz bei der Bedienung des Kupplungspedals grundsätzlich erschwert und sich dies gerade bei der Beherrschung des Fahrzeugs in kritischen Situationen auswirken kann.
Unter Berücksichtigung nicht nur der Höhe des auf Seiten beider Parteien zu berücksichtigenden Verschuldens, sondern auch der von beiden Seiten gesetzten Verursachungsbeiträge gerade für den konkreten, durch das Aufgespießtwerden am Holm der Schutzplanke bestimmten Schadensverlauf hält der Senat gemäß § 254 BGB eine Mithaftungsquote des Klägers von 1/2 für angemessen.
III.
Auch unter Berücksichtigung der genannten Mithaftungsquote erscheint der ausgeurteilte Schmerzensgeldbetrag gemäß § 847 BGB angemessen. Dabei hat der Senat nicht nur die durch ärztliche Berichte belegten und insoweit unstreitigen Unfallfolgen berücksichtigt, sondern nach Anhörung des Klägers auf der Grundlage von § 287 ZPO auch für glaubhaft gehalten, daß der Kläger über die sich bereits aus der Amputation ergebenden einschneidenden Veränderungen hinaus weitere körperliche Beschwerden befürchtet und seelisch gegenwärtig noch nicht so gefestigt ist, daß er den Anforderungen einer normalen beruflichen Bürotätigkeit gewachsen wäre und sich über längere Zeit als 2 bis 3 Stunden konzentrieren kann.
Nach dem Bericht des Chefarztes des städtischen Krankenhauses V. vom 9. Januar 1989 hat der Kläger bei dem Unfall eine Rippenserienfraktur 2 bis 8 rechts mit instabilem Thorax und Pneumothorax sowie eine Fraktur der 8 Rippe links erlitten. Die Behandlung der Thoraxverletzung stand in den ersten drei Wochen ganz im Vordergrund. Der Kläger mußte unter voller Relaxierung und Sedierung künstlich beatmet werden. Nach der Extubation bestand ein lange anhaltendes und hochgradiges Durchgangssydrom, für das die Langzeitbeatmung sowie der hochgradige posttraumatische Schockzustand eine wesentliche Rolle gespielt haben. Die Thoraxverletzung ebenso wie auch die Folgen des Durchgangssyndroms und des Schädel-Hirntraumas sind aber während des Aufenthalts im städtischen Krankenhaus V. folgenlos verheilt.
Da die Schutzplanke den rechten Unterschenkel des Klägers bis in die Kniekehle hinein abgerissen hatte, mußte eine Oberschenkelamputation vorgenommen werden. Der Amputationsstumpf des rechten Oberschenkels heilte reizlos bis auf einen kleinen Defekt an der Stumpfspitze, der aber nach dem Vorbringen des Klägers im Januar dieses Jahres endgültig zugeheilt ist. Nach dem Bericht des städtischen Krankenhauses V. wurden Beschwerden an der erstmals am 25. November 1988 angelegten Oberschenkelprothese zunächst nicht angegeben. In dem Bericht wird aber vermerkt, daß der Knochenstumpf bei notfallmäßiger Amputation nur dünn durch Weichteile gepolstert und auf eine wünschenswerte bessere Versorgung wegen der ausgedehnt offenen Verletzung und der dadurch bedingten Infektionsgefahr verzichtet worden sei.
Weiterhin hat der Kläger durch den Unfall am linken Unterschenkel, an dem er bereits am 16.4.1988 eine Bandruptur des linken oberen Sprunggelenkes erlitten hatte, bei dem Unfall vom 21. Mai 1988 eine drittgradig offene Fraktur davongetragen. Sie wurde zunächst mit einer Drahtextension versorgt, dann durch einen Oberschenkelgips ersetzt und am 14. September 1988 durch eine Küntschermarknagelung ... stabilisiert. Nachdem die Operationswunde komplikationslos verheilt war, wurden intensive krankengymnastische Übungen für das linke Bein aufgenommen. Eine erhebliche Funktionsbehinderung blieb in den Sprung- und Fußgelenken bestehen. Diese ist durch die langdauernde Ruhigstellung verursacht. Bei der Entlassung des Klägers aus der stationären Behandlung im Stadtkrankenhaus V. am 7. Januar 1989 war seine Gangsicherheit noch unbefriedigend.
Schließlich hat der Kläger bei dem Unfall einen Bruch des rechten Schulterblattes sowie Schnittwunden an der rechten Hand und dem rechten Unterarm davongetragen. Eine vorübergehende Erschlaffung des rechten Armes ist aber bis zu seiner Entlassung abgeklungen; der Bruch des Schulterblattes ist bei regelrechter Schultergelenksfunktion verheilt, ebenso auch die Wunden an der rechten Hand und dem rechten Unterarm.
Aus einem weiteren Bericht der REHA-Klinik D. vom 13. November 1989 geht hervor, daß der Kläger sich gezielten krankengymnastischen Behandlungen unterzogen und eine leichte Besserung der Beweglichkeit des linken oberen Sprunggelenks und eine Kräftigung des linken Beines erreicht hat. Sein Gangbild auf ebenem Boden mit der angelegten Prothese und einem Handstock ist im Vergleich zum Behandlungsbeginn etwas sicherer und flüssiger geworden. Bestehengeblieben sind aber noch erhebliche Gangstörungen, eine schnelle Ermüdbarkeit des linken Beines und belastungsabhängige Beschwerden des linken Sprunggelenkes, die eine weitere Behandlung erforderlich machen. Der Kläger wurde daher noch nicht für fähig erachtet, seine berufliche Tätigkeit als Versicherungskaufmann wieder aufzunehmen, sondern als arbeitsunfähig entlassen.
Weitere Behandlungen, insbesondere auch die operative Entfernung des Marknagels im linken Bein stehen bevor. Nach dem Vorbringen des Klägers im Termin vor dem Senat wird danach auch zu entscheiden sein, ob der Stumpf am rechten Oberschenkel noch operativ verändert werden soll. Gegenwärtig habe er keine Beschwerden an dem Oberschenkelstumpf. Er habe auch bereits begonnen, im Büro seines Vaters wieder zu arbeiten. Er habe aber feststellen müssen, daß er nach etwa 2 bis 3 Stunden sich nicht mehr konzentrieren könne, sondern Gefahr laufe, den Kunden falsche Auskünfte zu erteilen. Dies hat der Beklagte bestritten. Ob die Angaben des Klägers in allen Einzelheiten zutreffen, kann indessen dahinstehen. Dem Senat erscheint jedenfalls glaubhaft, daß der Kläger nach den einschneidenden Veränderungen, die insbesondere die Amputation des rechten Beines und der langwierige Aufenthalt im Krankenhaus mit den anschließenden, monatelangen Rehabilitationsbehandlungen für einen jungen Mann Anfang 20 bedeuten, auch unter Berücksichtigung der bevorstehenden Operationen und der allgemeinen Zukunftsaussichten gegenwärtig seelisch noch so belastet ist, daß jedenfalls zur Zeit noch keine volle berufliche Leistungsfähigkeit von ihm erwartet werden kann. Der Kläger wird sich jedoch nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch aus Gründen der Schadensminderungspflicht energisch bemühen müssen, auch insoweit seine Gesundheit wiederzugewinnen.
Im Hinblick auf die in vergleichbaren Fällen zugebilligten Schmerzensgeldbeträge (vgl. Hacks u.a., Schmerzensgeldbeträge, 14. Aufl., insbesondere lfd. Nr. 915) hält der Senat zur Abgeltung aller gegenwärtig bereits feststehend oder sicher voraussehbaren Schadensfolgen unter Berücksichtigung der Mithaftungsquote des Klägers ein Schmerzensgeld von 40.000 DM für angemessen und ausreichend.
IV.
Da davon auszugehen ist, daß der Beklagte als Körperschaft öffentlichen Rechts aufgrund einer Feststellung seiner Ersatzpflicht alle durch Belege nachgewiesenen Schäden ausgleichen wird, ohne daß es einer Zahlungsklage bedarf, und da die Schadensentwicklung weder bei Erhebung der Feststellungsklage noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgeschlossen war, ist die Feststellungsklage auch insoweit zulässig, als sie bereits entstandene materielle Schäden betrifft. Nach der Lebenserfahrung ist mit weiteren materiellen und immateriellen Schäden, insbesondere Spätfolgen der Amputation zu rechnen. Danach war auch die Ersatzpflicht des Beklagten für zukünftige materielle Schäden, soweit die entsprechenden Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind, ebenso wie für zukünftige, bisher nicht übersehbare immaterielle Schäden auszusprechen.
V.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Beschwer für den Kläger: 4.170 DM,
Beschwer für den Beklagten: 60.830 DM.