Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 09.07.1987, Az.: 14 U 227/86
In Baubetreuungsvertrag und Geschäftsbesorgungsvertrag vereinbarte Garantiemiete ; Beschränkung der Garantie auf die Kostenmiete; Deklaratorisches Schuldanerkenntnis
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 09.07.1987
- Aktenzeichen
- 14 U 227/86
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1987, 13758
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1987:0709.14U227.86.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 03.10.1986 - AZ: 2 O 282/86
Fundstelle
- NJW-RR 1988, 119-120 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
der Firma ...
Prozessgegner
1. Herrn ...
2. dessen Ehefrau ... beide wohnhaft: ...
In dem Rechtsstreit
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 1987
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. Oktober 1986 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer beträgt: 7.369,65 DM.
Tatbestand
Die Parteien schlossen im Zusammenhang mit der Beteiligung der Kläger an einem Bauherrenmodell am 15. Mai 1982 einen Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag. Darin wurde die Beklagte u. a. beauftragt, das Bauvorhaben zu vermieten, wobei ein Mietzins vereinbart werden sollte, mit dem die Kläger unter Hinzurechnung der Steuerersparnisse die anfallenden Kosten "fast decken" konnten (§ 4 Nr. 4). Ferner übernahm die Beklagte die Garantie, daß den Klägern "die Garantiemiete gemäß Angebotsprospekt" für die Dauer von 5 Jahren zufließen sollte. Die von den Klägern erworbenen Praxisräume konnten bisher nicht vermietet werden. Die Beklagte zahlte daraufhin 24 Monate lang jeweils 2.456,55 DM an die Kläger, Dieser Betrag entspricht der im Angebotsprospekt genannten garantierten Jahresmiete unter Zugrundelegung von 14 % Mehrwertsteuer statt der im Prospekt angenommenen 13 %. Für April 1986 leistete die Beklagte erstmals keine Zahlung, sondern teilte mit Schreiben vom 28. April 1986 (Bl. 30 d.A.) den Klägern mit, daß sie angesichts ihrer angespannten finanziellen Lage um einen günstigeren Zahlungsmodus bitten müsse. Sie schlug vor, einen geringeren monatlichen Betrag zu zahlen. Der verbleibende Rest sollte nach Ablauf "der verbleibenden Vertragszeit" in Raten nachgezahlt werden. Die Kläger waren damit jedoch nicht einverstanden und verlangen nunmehr mit der Klage auch für die Monate April bis Juni 1986 die Garantiemiete in Höhe des vorher von der Beklagten monatlich gezahlten Betrags, also insgesamt 7.369,65 DM. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Sie ist aufgrund der im Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag übernommenen Garantie zur Zahlung von monatlich 2.456,55 DM für die Monate April, Mai und Juni 1986, also von insgesamt 7.369,65 DM, an die Kläger verpflichtet. Im einzelnen gilt dies aus folgenden Gründen:
1.
Maßgebend ist § 4 Nr. 5 des Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrags. Danach hatte die Beklagte "die Garantiemiete gemäß Angebotsprospekt" versprochen. Damit konnte nur die auf Seite 21 des Angebotsprospekts im Abschnitt "Wirtschaftlichkeitsberechnung" unter der Rubrik "Einnahmen" aufgeführte "garantierte Jahresmiete" für die Praxisräume (28.560,00 DM) und die Garage (660,00 DM) gemeint sein. Denn an anderer Stelle des Prospekts ist von einer "Garantiemiete" oder "garantierten Miete" keine Rede. Als garantierte Miete war auf Seite 21 des Prospekts ein fester Betrag angegeben, ohne daß irgendwie kenntlich gemacht worden war, daß die garantierte Jahresmiete von der Höhe nachfolgend genannter Ausgaben oder Kosten der Bauherren abhängig sein sollte. Ein entsprechender Hinweis fehlt auch in § 4 Nr. 5 des Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrags. Aus diesem Grunde ist es unerheblich, daß die Wirtschaftlichkeitsberechnung eine Musterberechnung für das wirtschaftliche und steuerliche Ergebnis während der Vermietung darstellen sollte, wie in der Überschrift zum Ausdruck gebracht worden war. Mustercharakter kam dieser Berechnung nur zu, soweit darin Beträge genannt waren, die variabel waren (z. B. auf das Fremdkapital aufzuwendende Zinsen oder der steuerliche Verlust). Anders verhielt es sich mit der garantierten Jahresmiete, deren Höhe nach einem bestimmten Quadratmeterpreis (11,00 DM/qm) und nicht nach variablen Kosten berechnet war. Jedenfalls war etwas anderes weder aus dem Prospekt noch aus dem Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag ersichtlich.
2.
Zu Unrecht verweist die Beklagte auf die in § 4 Nr. 4 des Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrags getroffene Regelung. Danach war die Beklagte zwar berechtigt, für die Kläger einen Mietvertrag mit dem Inhalt abzuschließen, daß die Miete die Kosten der Kläger "fast" deckte. Der Umfang der von der Beklagten in § 4 Nr. 5 des Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrags übernommenen Garantie wurde dadurch jedoch nicht eingeschränkt. Dies gilt schon deshalb, weil § 4 Nr. 5 keinerlei entsprechenden Hinweis enthält. Wollte die Beklagte, die den Formularvertrag verwendete, eine Beschränkung der übernommenen Garantie auf den Umfang der nach § 4 Nr. 4 erzielten oder erzielbaren Miete erreichen, hätte sie dies irgendwie zum Ausdruck bringen müssen. Da dies nicht geschehen ist, kann die unterschiedliche Regelung in § 4 Nr. 4 und 5 des Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrags nur so verstanden werden, daß die Garantie auch für den Fall eingreifen sollte, daß die nach § 4 Nr. 4 vereinbarte oder sich ergebende Miete die im Prospekt genannte Garantiemiete nicht erreichen sollte. Gegenteiliges ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten weder aus Sinn und Zweck der übernommenen Mietgarantie noch aus sonstigen Umständen. Es ist zwar zutreffend, daß eine Mietgarantie für den Kapitalanleger die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität des Objekts langfristig kalkulierbar machen und dadurch sichern soll. Aus diesem Grundsatz könnte aber eine Beschränkung der von der Beklagten übernommenen Garantie auf die Kostenmiete, allenfalls dann hergeleitet werden, wenn die Parteien die Höhe der Mietgarantie durch Bezugnahme auf den Angebotsprospekt nicht konkret festgelegt hätten, wie es hier geschehen ist. Deshalb kann die Beklagte auch aus dem von ihr herangezogenen Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 3. Dezember 1986 (4 U 198/85; abgedruckt in Recht und Praxis der Kapitalanlage - RPK - 1987, 183 f) nichts zu ihren Gunsten herleiten. Gegenstand dieses Urteils war die Regelung, daß eine 5-jährige Mietgarantie bis ca. 1.400,00 DM pro Monat gewährt wurde, "die für den Kapitalanleger die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität des Objektes langfristig kalkulierbar macht und dadurch sichert". In dem Angebotsprospekt, auf den in § 4 Nr. 5 des von den Parteien geschlossenen Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrags verwiesen wurde, ist jedoch eine bestimmte Garantiemiete ohne jede Einschränkung genannt worden. Es ist daher ein anderer Sachverhalt gegeben, als ihn das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg zu beurteilen hatte. Zu Unrecht macht die Beklagte auch geltend, die Kläger hätten keinen Gewinn erzielen sollen. Aus dem Prospekt ergibt sich gerade das Gegenteil. Die darin enthaltene Wirtschaftlichkeitsberechnung weist einen Gewinn der Kläger aus. An anderer Stelle ist ebenfalls auf die Vorteile des Bauherrenmodells hingewiesen und betont worden, die langfristige Vermietbarkeit werde positiv beurteilt. Danach konnten die Kläger gerade nicht davon ausgehen, die gekaufte Wohnung werde lediglich einen ihre Kosten "fast" deckenden Mietzins erbringen. Wollte die Beklagte die Garantie nur in diesem beschränkten Umfang abgeben, hätte sie dies deutlich machen müssen. Dies ist zumindest nicht mit der gebotenen Deutlichkeit geschehen, so daß die getroffene Garantieregelung unklar ist, was gemäß § 5 AGBG zu Lasten der Beklagten als Verwenderin des Formularvertrags geht.
3.
Der Beklagten ist es im übrigen aber auch aufgrund eines von ihr abgegebenen deklaratorischen Schuldanerkenntnisses verwehrt, sich darauf zu berufen, die Mietgarantie nach § 4 Nr. 5 des Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrages gehe nicht über die nach § 4 Nr. 4 dieses Vertrags erzielbare Kostenmiete hinaus. Das Anerkenntnis der Beklagten lag darin, daß sie auf entsprechende Rechnungsstellungen der Kläger (vgl. z. B. die Rechnung vom 23. Januar 1985 - Bl. 101 d.A. - und vom 2. Januar 1986 - Bl. 12 d.A. -) nicht nur zwei Jahre lang die sich aus dem Prospekt ergebenden monatlichen Mietgarantiebeträge (unter Einrechnung von 14 % Mehrwertsteuer) an die Kläger zahlte, sondern mit Schreiben vom 28. April 1986 (Bl. 30 d.A.) auch ausdrücklich das Bestehen der Garantie in dieser Höhe bestätigte und lediglich um eine teilweise Stundung bat. Dieses gesamte Verhalten der Beklagten konnten die Kläger nicht anders auffassen, als daß die Beklagte das Schuldverhältnis insgesamt einem Streit entziehen und endgültig festlegen wollte. In diesem Fall sind aber alle Einwendungen ausgeschlossen, die die Beklagte bei Abgabe des Anerkenntnisses kannte oder mit denen sie zumindest rechnete. Hierzu gehörte auch der Einwand, daß die Mietgarantie der Höhe nach auf den Ersatz der Kostenmiete beschränkt worden sei. Denn der Inhalt des Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrags und alle von der Beklagten jetzt zu dessen Auslegung herangezogenen Umstände waren ihr von Anfang an bekannt. Ob die Beklagte die Höhe der von den Klägern auf das Fremdkapital aufzubringenden Zinsen kannte, was eigentlich im Hinblick auf die Tatsache, daß die Beklagte nach § 4 Nr. 1 und 2 des Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrages die erforderlichen Finanzierungsmittel für die Kläger zu beschaffen hatte, der Fall gewesen sein muß, ist unerheblich und kann daher dahingestellt bleiben. Denn hatte die Beklagte diese Kenntnis nicht, mußte sie bei Zugrundelegung ihrer Argumentation, daß die Wirtschaftlichkeitsberechnung nur eine Musterberechnung gewesen sei und die darin genannten 8 % Zinsen nicht schon festgestanden hätten, von vornherein mit der Möglichkeit rechnen, daß die Kläger für von ihnen selbst beschaffte Finanzierungsmittel einen anderen Zinssatz vereinbart hatten. Aufgrund ihres Anerkenntnisses ist sie daher auch mit dem Einwand, die Zinslast der Kläger sei geringer als in der Wirtschaftlichkeitsberechnung ausgewiesen, ausgeschlossen.
4.
Wie bereits festgestellt, ist zwischen den Parteien unstreitig, daß in die Garantiemiete die am 1. Juli 1983 in Kraft getretene Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1 % auf 14 % einzurechnen ist. Davon ist auch die Beklagte selbst in ihrem Schreiben vom 28. April 1986 (Bl. 30 d.A.) und in ihrer mit Schriftsatz vom 18. September 1986 (Bl. 40 d.A.) vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnung (Bl. 41 d.A.), in der eine Zinslast von 7 % zugrundegelegt worden ist, ausgegangen.
Danach hat die Beklagte an die Kläger aufgrund der übernommenen Garantie innerhalb des in § 4 Nr. 5 des Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrags festgelegten Zeitraums monatlich 2.456,55 DM zu zahlen. Daraus folgt gleichzeitig, daß die von der Beklagten in der Vergangenheit vorgenommenen Zählungen nicht zu einer Überzahlung der Kläger geführt haben und die Beklagte daher keinen entsprechenden Rückzahlungsanspruch zur Auf- oder Verrechnung stellen kann.
5.
Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ist gemäß §§ 288 Abs. 1, 284 Abs. 2 BGB begründet. Die Beklagte hat nicht bestritten, mit den Klägern vereinbart zu haben, daß die von ihr aufgrund der übernommenen Garantie zu leistenden monatlichen Zahlungen jeweils am 3, Werktag eines jeden Monats fällig werden sollten. Damit geriet die Beklagte zu diesem Zeitpunkt jeweils mit der nicht gezahlten Monatsrate in Verzug, ohne daß es einer besonderen Mahnung bedurfte.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Beklagte, weil sie mit ihrem Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die sonstigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch nicht von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abgewichen worden ist.