Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 02.03.2012, Az.: 3 A 2714/12

OEG-Leistungen; Pauschbetrag für Wäscheverschleiß; Pflegegeld; Pflegezulage; Vollzeitpflege; zweckidentische Leistung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
02.03.2012
Aktenzeichen
3 A 2714/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44436
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die gemäß § 39 Abs. 5 SGB VIII festgelegten Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt gelten lediglich den in einem jugendhilferechtlichen "Durchschnittsfall" einer Vollzeitpflege anfallenden Bedarf ab.
2. Der jugendhilferechtliche Durchschnittsfall einer Vollzeitpflege ist dadurch geprägt, dass bei dem Pflegekind ein erzieherischer und pflegerischer Bedarf vorliegt, der über den entsprechenden Bedarf eines körperlich, geistig und seelisch normal entwickelten Kindes nicht wesentlich hinausgeht.
3. Wird trotz erheblicher Schwerbehinderung des Pflegekindes und daraus resultierendem erhöhten Pflegeaufwand lediglich der nach § 39 Abs. 5 SGB VIII festgelegte Pauschalbetrag gezahlt, kann der Jugendhilfeträger die dem Pflegekind gemäß § 1 Abs. 1 des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) gewährten Leistungen einer Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG und eines Pauschbetrag für Kleider- und Wäscheverschleiß nach § 15 BVG nicht als "zweckidentische Leistungen" gemäß § 93 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII vereinnahmen. Diese Leistungen dienen nämlich dazu, Bedarfe abzudecken, die über den im Rahmen eines jugendhilferechtlichen Durchschnittsfalls anfallenden Bedarf qualitativ und quantitativ hinausgehen.

Tenor:

Der Bescheid der Beklagten vom 09.01.2009 wird aufgehoben.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Inanspruchnahme von Leistungen, die der Kläger nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) erhält, für Leistungen der Jugendhilfe in Form der Vollzeitpflege.

Der Kläger ist am 03.05.2004 geboren worden. Kurz nach der Geburt wurde er von seinem leiblichen Vater körperlich schwer misshandelt. Die dabei erlittenen Verletzungen (Schädelfraktur, Gehirnschwellungen und -blutungen) führten zu einer Hirnschädigung, die eine dauerhafte schwere Behinderung in körperlicher und geistiger Hinsicht zur Folge hat.

Nach den Misshandlungen nahmen die Großeltern mütterlicherseits den Kläger zunächst vorläufig bei sich auf, da ihre Tochter, die Kindesmutter, nicht in der Lage war, sich ausreichend um das Kind zu kümmern. Im September 2004 entzog das … den Kindeseltern das Sorgerecht und bestellte zunächst das Jugendamt der Beklagten als Vormund. Auf dessen Antrag bewilligte die Beklagte beginnend ab dem 01.10.2004 für den Kläger Jugendhilfe in Form der Vollzeitpflege bei den Großeltern, bei denen der Kläger seither dauerhaft lebt. Die Großeltern erhalten seitdem Pflegegeld gemäß § 39 SGB VIII in Höhe des vom Nds. Sozialministerium jeweils festgesetzten Regelsatzes. Sonderpflegegeld wird nicht gewährt. Im September 2006 wurden die Großeltern als Vormünder für den Kläger bestellt.

Für den Kläger wurde bereits im April 2005 ein Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem OEG gestellt. Am 25.09.2007 erließ das Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie gemäß § 22 Abs. 4 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VfG-KOV) einen Vorbehaltsbescheid zur Anerkennung von Schädigungsfolgen nach dem OEG und zahlte in der Folge vorläufig OEG-Leistungen an den Kläger. Unter dem 11.08.2008 erging der endgültige Anerkennungs- und Leistungsbescheid des Landesamtes über die Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Danach sind als Schädigungsfolgen anerkannt: Hirnschädigung mit Halbseitenlähmung rechts, psychomotorische Entwicklungsverzögerung, Anfallsbereitschaft und Sehstörungen mit einem Grad der Schädigung von 100 % ab dem 01.02.2007. Dem Kläger wurde mit dem - bestandskräftig gewordenen - Bescheid rückwirkend ab Mai 2004 eine Beschädigtengrundrente gemäß § 31 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) sowie ab dem 01.02.2007 zusätzlich eine Pflegezulage der Stufe V nach § 35 Abs. 1 BVG, eine Schwerstbeschädigtenzulage gemäß § 31 Abs. 5 BVG (a.F., nunmehr Absatz 4) sowie ein Pauschbetrag für Kleider- und Wäscheverschleiß gemäß § 15 BVG zuerkannt. Unter Anrechnung der auf Grund der Vorbehaltsentscheidung bereits erbrachten Leistungen ergab sich für den Zeitraum bis einschließlich Januar 2009 eine Nachzahlung in Höhe von 26.093,- EUR.

Nachdem die Großeltern der Beklagten diesen Sachverhalt mitgeteilt und um Auskunft gebeten hatten, inwieweit die Entschädigung nach dem OEG für die Jugendhilfe einzusetzen sei, teilte die Beklagte ihnen mit Schreiben vom 07.01.2009 mit, die Beschädigtenversorgung sei insgesamt nicht als Einkommen des Klägers nach § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zu werten. Deswegen werde der vom Kläger zu zahlende Kostenbeitrag auf 0,- EUR festgesetzt. Jedoch seien von den verschiedenen Entschädigungsleistungen die Pflegezulage sowie der Pauschbetrag für Kleider- und Wäscheverschleiß als der Gewährung der (finanziellen) Jugendhilfe in Form der Zahlung von Pflegegeld zweckgleiche Leistungen anzusehen. Es sei deshalb beabsichtigt, diese Leistungen bis zur Höhe desjenigen Anteils des Pflegegeldes, der der Abdeckung der materiellen Aufwendungen für die Pflege und Versorgung des Klägers diene, gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 (a.F. nunmehr Satz 3) SGB VIII vom Kläger zu vereinnahmen.

Mit Bescheid vom 09.01.2009 forderte die Beklagte vom Kläger sodann rückwirkend ab dem 01.02.2007 den Einsatz der Pflegezulage sowie des Pauschbetrages für Kleider- und Wäscheverschleiß in dem im Schreiben vom 07.01.2009 dargestellten Umfang. Sie bezifferte den danach bis einschließlich Januar 2009 vom Kläger zu zahlenden Betrag mit insgesamt 10.788,- EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.

Der Kläger sowie dessen Großeltern haben am 09.02.2009 unter dem Az. 3 A 644/09 Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 02.02.2012 haben die Großeltern des Klägers auf richterlichen Hinweis ihre Klage zurückgenommen. Daraufhin hat das Gericht mit Beschluss vom 01.03.2012 das Verfahren des Klägers abgetrennt und unter dem jetzigen Aktenzeichen fortgeführt.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass es sich bei den von der Beklagten vereinnahmten (Teil-)Leistungen nach dem OEG nicht um zweckgleiche Leistungen handele. Die betroffenen Teilleistungen nach dem OEG, die Pflegezulage sowie der Pauschbetrag für Kleidung und Wäsche, dienten dem Zweck, die spezifisch aus der erlittenen Schädigung resultierenden, behinderungsbedingten Mehraufwendungen für seine Pflege und Versorgung auszugleichen. Gegenüber einem nicht behinderten Kind weise er auf Grund der Schädigungsfolgen einen substanziell höheren Pflege- und Versorgungsbedarf auf, der von dem nach § 39 SGB VIII von der Beklagten gewährten Pflegegeld gerade nicht abgedeckt werde.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 09.01.2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt ihre im Schreiben vom 07.01.2009 und im Bescheid vom 09.01.2009 vertretene Rechtsauffassung. Für die Zweckgleichheit entscheidend sei, dass sowohl die Pflegezulage als auch der Pauschbetrag für Kleidung und Wäsche anders als die Beschädigtengrundrente und die Schwerstbeschädigtenzulage nach dem Zweck der zu Grunde liegenden gesetzlichen Regelungen in OEG und BVG keinen vornehmlich ideellen Charakter hätten, sondern einen konkreten materiellen Ausgleich für die aus den Schädigungsfolgen im Einzelfall resultierenden finanziellen Aufwendungen bewirken sollten. Damit teilten diese Leistungen die Zweckbestimmung desjenigen Anteils des Pflegegeldes gemäß § 39 SGB VIII, der zur Abdeckung der mit der Pflege und Versorgung des Pflegekindes verbundenen materiellen Aufwendungen diene. In beiden Fällen handele es sich um Zuwendungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Ebenso wie im Pflegegeld seien auch in der Pflegezulage sowie im Pauschbetrag für Kleidung und Wäsche nach dem OEG bzw. BVG die Kosten für alle Bereiche des täglichen Lebens enthalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die die Kammer gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid vom 09.01.2009 ist aufzuheben, denn die (teilweise) Inanspruchnahme der Pflegezulage und des Pauschbetrages für Wäsche und Kleidung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

1. Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 93 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII (a.F.) bzw. seit Inkrafttreten des Gesetzes vom 10.12.2008 (KiFöG, BGBl. I., S. 2403) ab dem 16.12.2008 § 93 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII, jeweils in Verbindung mit §§ 91 Abs. 1 Nr. 5 a), 92 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 (analog) SGB VIII.

Nach § 93 Abs. 1 Satz 2 (a.F.) bzw. Satz 3 (n.F.) SGB VIII zählen Geldleistungen, die dem gleichen Zweck wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, nicht zum Einkommen und sind im Falle der Gewährung von Jugendhilfe in Form der Vollzeitpflege von dem Pflegekind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen. Eine ausdrückliche Ermächtigung zur Heranziehung des Pflegekindes in Form eines Leistungsbescheides enthält das Gesetz insoweit zwar nicht. Jedoch wird dafür § 92 Abs. 2 SGB VIII, der seinem Wortlaut nach nur die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag regelt, in analoger Anwendung herangezogen werden können.

2. Die Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 Satz 2 bzw. 3 SGB VIII sind in Bezug auf die Pflegezulage nach § 35 BVG und den Wäschepauschbetrag nach § 15 BVG nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt insoweit gerade keine (teilweise) Zweckidentität dieser Leistungen im Verhältnis zu der bewilligten Jugendhilfeleistung in Form der Vollzeitpflege und der daraus resultierenden Zahlung des Pflegegeldes an die Pflegeeltern vor.

a) Der Zweck der von der Beklagten gewährten Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege nach §§ 27, 33 SGB VIII umfasst den gesamten Leistungskatalog der §§ 39, 40 SGB VIII einschließlich des notwendigen Unterhalts und der Kosten der Erziehung sowie eines angemessenen Barbetrages zur persönlichen Verfügung (§ 39 Abs. 1, 2 SGB VIII; vgl. BVerwG, Urt. v. 22.12.1998, - 5 C 25/97 -, BVerwGE 108, 221, 225). Die Leistung ist damit im Grundsatz (auch) darauf gerichtet, den gesamten zur Führung des Lebens notwendigen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen zu decken und so dessen Lebensunterhalt zu sichern (vgl. Nds. OVG, Beschl. vom 28.07.2009, 4 PA 250/08, juris).

b) Dieser Zweck wird im vorliegenden Fall jedoch nicht erreicht. Das den Pflegeeltern des Klägers von der Beklagten gewährte Pflegegeld war und ist vielmehr gerade nicht ausreichend bemessen, um den gesamten, zur Führung des Lebens notwendigen Bedarf des Klägers in angemessenem Umfang zu decken und so dessen Lebensunterhalt umfassend zu sichern.

aa) Die Bemessung des nach § 39 SGB VIII im Einzelfall zu gewährenden Pflegegeldes richtet sich nach den Absätzen 4 - 6 der Vorschrift. Nach Absatz 4 Satz 1 der Norm sollen die laufenden Leistungen (das Pflegegeld) auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, die nach Satz 3 der Regelung mit einem monatlichen Pauschalbetrag abgegolten werden sollen, soweit nicht nach den Besonderheiten des Einzelfalles abweichende Leistungen geboten sind.

Daraus folgt, dass die von der landesrechtlich dafür zuständigen Stelle (hier: Nds. Sozialministerium) landesweit festgelegten Pauschalbeträge für das Pflegegeld sich lediglich auf den jugendhilferechtlichen "Durchschnittsfall" einer Vollzeitpflege beziehen (vgl. Tammen in: Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 6. Aufl. 2009, § 39 Rn. 20), bei dem Besonderheiten des Einzelfalls im Sinne des § 39 Abs. 4 Satz 3, 2. Halbsatz SGB VIII nicht vorliegen. Nur insoweit sind die festgelegten Pauschalbeträge, soweit sie den materiellen Aufwand der mit der Betreuung des Pflegekindes verbundenen Pflege und Versorgung abdecken sollen, dazu bestimmt, den aus der Lebensführung resultierenden notwendigen Bedarf des Pflegekindes zu decken.

Ein jugendhilferechtlicher "Durchschnittsfall" einer Vollzeitpflege ist dadurch geprägt, dass bei dem Pflegekind ein erzieherischer und pflegerischer Bedarf vorliegt, der über den entsprechenden Bedarf eines im Rahmen der gesellschaftlichen Bandbreite körperlich, geistig und seelisch "normal" entwickelten und sich entwickelnden Kindes nicht wesentlich hinausgeht. Die Gewährung von Jugendhilfe als Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege setzt nämlich nicht voraus, dass bei dem betroffenen Kind eine körperliche, geistige und/oder seelische Entwicklungsstörung oder -verzögerung vorliegt, sondern lediglich, dass der (normale) erzieherische und pflegerische Bedarf des Kindes in seiner Herkunftsfamilie - aus welchen Gründen auch immer - nicht gedeckt werden kann und deshalb eine Entwicklungsgefährdung besteht.

Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Pflegekinder sieht § 33 Satz 2 SGB VIII demgegenüber eine Verpflichtung der Jugendhilfeträger vor, zu deren Betreuung geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen. Damit ist gesetzlich ausdrücklich anerkannt, dass an die Pflege, Betreuung und Erziehung derartiger Kinder vom "Durchschnittsfall" abweichende Anforderungen gestellt werden. Dem trägt § 39 Abs. 4 Satz 3, 2. Halbsatz SGB VIII Rechnung, wonach der damit im Einzelfall verbundene höhere materielle und/oder pflegerische bzw. erzieherische Aufwand mit einer entsprechenden Erhöhung des Pflegegeldes (sog. Sonderpflegegeld) abzugelten ist. Im vorliegenden Fall wird den Großeltern des Klägers jedoch kein Sonderpflegegeld gewährt, obwohl es angesichts der vom Kläger erlittenen Schädigung und der daraus resultierenden schweren körperlichen und geistigen Behinderung auf der Hand liegt, dass es sich bei seiner Betreuung und Pflege nicht um einen jugendhilferechtlichen "Durchschnittsfall" einer Vollzeitpflege handelt.

bb) Gerade der Abgeltung dieses, vom tatsächlich gewährten Pflegegeld nicht gedeckten, abweichend vom jugendhilferechtlichen Durchschnittsfall schädigungsbedingt entstehenden zusätzlichen Aufwandes dienen sowohl die Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 BVG als auch der Pauschbetrag nach § 15 BVG. Das ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut dieser Vorschriften.

(1) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BVG wird eine Pflegezulage (der Stufe I) nur dann gezahlt, wenn der Beschädigte "hilflos" ist, was nach Satz 2 der Regelung der Fall ist, wenn er "für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf". Nach Satz 4 der Norm wird die Pflegezulage unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege stufenweise erhöht, wenn "die Gesundheitsstörung so schwer (ist), dass sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert".

Damit dient die Pflegezulage schon im Grundsatz ersichtlich dazu, einen gegenüber dem jugendhilferechtlichen "Durchschnittsfall" einer Vollzeitpflege weitergehenden Pflegebedarf abzugelten. Ein jugendhilferechtlicher Durchschnittsfall einer Vollzeitpflege liegt nämlich - offenkundig - nicht mehr vor, wenn das Pflegekind "hilflos" im Sinne des § 35 Abs. 1 BVG ist. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Kläger vom Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie der zweithöchsten Stufe (Stufe V) zugeordnet worden ist, was ausdrücklich einen sogar nach den gegenüber dem § 39 SGB VIII viel strengeren Maßstäben des § 35 BVG "außergewöhnlichen" Pflegebedarf voraussetzt.

(2) Nach § 15 Satz 1 BVG erfordert die Zahlung des darin geregelten Pauschbetrages, dass die anerkannten Folgen der Schädigung einen "außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung oder Wäsche" verursachen. Damit verweist das Gesetz auch insoweit ausdrücklich auf einen Bedarf, der vom Normal- oder Durchschnittsfall qualitativ abweicht und deshalb vom "normalen" Pflegegeld nach § 39 SGB VIII nicht abgedeckt wird.

3. Die rechtswidrige Inanspruchnahme von Teilen der ihm gewährten Beschädigtenversorgung verletzt den Kläger auch in seinen Rechten.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs.1, 188 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.