Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.10.1960, Az.: P OVG 3/60

Sittenwidrige Wahlbeeinflussung bei der Neuwahl eines Personalrates; Wählbarkeit eines Mitglieds des Wahlvorstandes als Kandidat für die Wahl eines Personalrates; Unparteilichkeit des Wahlvorstandes

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.10.1960
Aktenzeichen
P OVG 3/60
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1960, 10737
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1960:1019.P.OVG3.60.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 05.07.1960

Verfahrensgegenstand

Wahlanfechtung

Redaktioneller Leitsatz

Im Hinblick auf die Unparteilichkeit des Wahlvorstandes ist es schlechthin ausgeschlossen, daß Mitglieder des Wahlvorstandes als Wahlbewerber auf einer Vorschlagsliste erscheinen damit für eine bestimmte Liste einseitig Partei ergreifen; Bedienstete, die dem Wahlvorstand angehören, sind daher zu der Personalvertretung, deren Wahl sie durchführen, nicht wählbar.

In dem Rechtsstreit
hat das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen -
in seiner Sitzung vom 19. Oktober 1960 in Delmenhorst,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Engelhard als Vorsitzender
... als ehrenamtliche Beisitzer
nach mündlicher Verhandlung
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Personalrats der ... gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Fachkammer für Personalvertretungssachen - vom 5. Juli 1960 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

I

Der Personalrat zu ... der ... wurde am 15. und 16. Februar 1960 neu gewählt. Es fand Gruppenwahl statt. Der bisherige Personalrat bestellte in seiner Sitzung am 11. Dezember 1959 die Bediensteten ... und ... als Wahlvorstand von ihnen ... zum Vorsitzenden. Ferner wurden die Bediensteten ... und ... zu Ersatzmitgliedern des Wahlvorstandes bestellt. Sämtlichen Mitglieder und Ersatzmitglieder der Wahlverfahrens gehören zu ... an. Die Namen der Mitglieder des Wahlvorstandes und der Ersatzmitglieder wurden durch Aushang ordnungsmäßig bekannt gemacht. In dem am 4. Januar 1960 zum Aushang gelangten Wahlausschreiben wurden die Bediensteten aufgefordert, spätestens bis zum 22. Januar 1960 dem Wahlvorstand Wahlvorschläge einzureichen.

2

Für die Wahl in der Arbeitergruppe ging am 5. Januar 1960 ein Wahlvorschlag mit dem Kennwort "Gewerkschaften (...)" ein. Auf dieser Vorschlagsliste wurden als Wahlkandidaten benannt:

  • ... unorganisiert, ...
  • ... unorganisiert.

3

Die Vorschlagsliste war von folgenden zehn Bediensteten unterzeichnet:

4

...

5

Mit Ausnahme des Bediensteten ... waren sämtliche Unterzeichner dieses Wahlvorschlages Mitglieder der Gewerkschaft ... Dem Wahlvorschlag waren die nach § 9 Abs. 2 WahlO z. BPersVG erforderlichen Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber beigefügt.

6

Am 21. Januar 1960 wurden beim Wahlvorstand ein weiterer Wahlvorschlag für die Wahl in der Arbeitergruppe mit dem Kennwort: "Gewerkschaft der ... - Arbeiter"eingemeinsam. Auf diesem Wahlvorschlag werden u.a. der Vorsitzende des Wahlvorstandes ... und die Ersatzmitglieder ... und ... als Wahlbewerber benannt zu den Unterzeichnern dieses Wahlvorschlages gehören neun Bedienstete, die gleichzeitig auch den Wahlvorschlag ... unterzeichnet haben.

7

Daraufhin faßte der Wahlvorstand in seiner Sitzung am 21. Januar 1960 den Beschluß, die neun vorschlagsberechtigten Bediensteten, die mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet haben, gemäß § 10 Abs. 4 WahlO z. BPersVG aufzufordern, innerhalb von drei Kalendertagen zu erklären, welche Unterschrift sie aufrechterhalten. Dieser Beschluß des Wahlvorstandes wurde jedoch nicht durchgeführt, da inzwischen die neun Doppelunterzeichner durch formularmäßige vervielfältigte Erklärung vom 22. Januar 1960 dem Wahlvorstand mitgeteilt hatten, daß sie ihre Unterschrift, die sie für die Vorschlagsliste der ... abgegeben haben, für ungültig erklären und nur die Unterschrift für die Liste der ... aufrechterhalten. Demzufolge gab der Wahlvorstand den mit dem Kennwort ... gekennzeichneten Wahlvorschlag dem Listenführer ... unter dem 25. Januar 1960 mit folgendem Schreiben zurück:

"Infolge von Streichungen gemäß § 10 Abs. 4 der WO hat die Liste nicht mehr die erforderliche Anzahl von Unterschriften und ist somit ungültig geworden.

Der Wahlvorstand reicht somit die Liste zurück mit der Aufforderung, die Mängel innerhalb einer Frist von drei Kalendertagen, spätestens bis 28. Januar 1960, 16 Uhr, zu beseitigen.

Werden die fehlenden Unterschriften nicht fristgerecht nachgereicht, somit bleibt der Wahlvorschlag ungültig."

8

Die Vorschlagsliste wurde nach Ergänzung der Unterschriften durch die Wahlbewerber fristgemäß an den Wahlvorstand zurückgereicht.

9

Das Ergebnis der Wahl ist am 17. Februar 1960 durch Aushang in der Dienststelle bekanntgemacht worden. Danach haben in der Gruppe der Arbeiter erhalten:

die Liste 1 (...)32 Stimmen,
die Liste 2 (.../GDL)9 Stimmen.
10

Mithin sind gewählt:

11

Auf der Liste 1 (...)

12

die Bediensteten ... und ...

13

auf der Liste 2 (...)

14

der Bedienstete ...

15

Mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 29. Februar 1960 - bei dem Landesverwaltungsgericht in Oldenburg eingegangen am 1. März 1960 hat die Antragstellerin die Wahl angefochten mit dem Antrage,

die Wahl zum Personalrat der ... in der Arbeitergruppe für ungültig zu erklären.

16

Sie hat vorgetragen:

17

Der Vorsitzende des Wahlvorstandes ... und auch andere Mitglieder und Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes, die in der ... gewerkschaftlich organisiert seien, hätten die Unterzeichner des mit dem Kennwort ... versehenen Wahlvorschlages zur Zurückziehung ihrer Unterschrift unter die Vorschlagsliste veranlaßt und damit die Wahl in sittenwidriger Weise beeinflußt.

18

Der Personalrat hat um Zurückweisung des Antrags gebeten und den Vorwurf einer unzulässigen Wahlbeeinflussung bestritten. Der Bedienstete ..., der die Vorschlagsliste für die Antragstellerin eingereicht habe, sei bis Ende 1959 Mitglied der ..., und zwar Vorstandsmitglied der Ortsverwaltung ... der ... gewesen. Neun Arbeiter, die diesen Wahlvorschlag unterzeichnet hätten und Mitglieder der ... seien, hätten die von ... erstellte Vorschlagsliste unterzeichnet, ohne die Vorderseite mit dem Kennwort ... gelesen zu haben. Sie seien daher von der Annahme ausgegangen, daß es sich bei dieser liste um einen Wahlvorschlag der ... handele.

19

Das Verwaltungsgericht Oldenburg - Fachkammer für Personalvertretungssachen - hat nach Beweisaufnahme durch den am 5. Juli 1960 verkündeten dem Antrage entsprochen und die Wahl zum Personalrat der ... in der Arbeitergruppe für ungültig erklärt. Der Beschluß wird im wesentlichen wie folgt begründet: Zu den das Wahlverfahren regelnden wesentlichen Vorschriften, deren Verletzung nach § 22 BPersVG die Wahlanfechtung rechtfertige, gehöre auch die Bestimmung des § 21 BPersVG, der das Verbot der Wahlbehinderung und einer gegen die guten Sitten verstossenden Wahlbeeinflussung enthalte. Die Beweisaufnahme habe eindeutig ergeben, daß sich die Mitglieder des Wahlvorstandes einer sittenwidrigen Einwirkung auf die Wahl im Sinne des § 21 BPersVG schuldig gemacht hätten.

20

Gegen diesen ihnen am 27. Juli 1960 zugestellten Beschluß haben die Prozeßbevollmächtigter des Personalrats der... mit Schriftsatz vom 5. August 1960 - bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangen am 6. August 1960 Beschwerde eingelegt. Sie bestreiten weiterhin der von der Antragstellerin erhobenen Torwart einer sittenwidrigen Wahlbeeinflussung durch die Mitglieder des Wahlvorstandes. Diese seien nicht gehindert, sieh mit anderen Bediensteten über die bevorstehenden Wahlen zu unterhalten. Eine derartige Unterhaltung sei noch keine Einflußnahme. Im vorliegenden Falle handele es sich aber lediglich um persönliche Unterredungen, die völlig außerhalb einer sittenwidrigen Wahlbeeinflussung lägen. Sie stellen den Antrag:

Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Fachkammer den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

21

Die Antragstellerin beantragt:

Zurückweisung der Beschwerde.

22

Sie hält den angefochtenen Beschluß für zutreffend. Der Wahlvorstand sei zu Unrecht nicht nach § 10 Abs. 4 WahlO z. BPersVG verfahren. Keinesfalls sei er berechtigt gewesen, die ihm zusammen mit der ... Vorschlagsliste eingereichten Annullierungserklärungen der Doppelunterzeichnung vom 22. Januar 1960 für rechtswirksam zu halten und die ...-Vorsehlagsliste an den Listenführer zurückzugeben.

23

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

24

Die Vorgänge betr. die Wahl des örtlichen Personalrats der ... der ... haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

25

Die Beteiligten wurden angehört.

26

II.

1.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 76 Abs. 2 des Personalvertretungsgesetzes vom 5. August 1953 [BGBl I S. 477] - BPersVG - in Verb. mit §§ 87 Abs. 1 und 2, 89 Abs. 1 und 2, 66 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 3. September 1953 [BGBl I S. 1267] - ArbGG -). Sie ist auch von den Prozeßbevollmächtigten des Beschwerdeführers in rechter Form und Frist eingelegt worden. Der beschwerdeführende Personalrat kann sich gemäß § 76 Abs. 2 BPersVG in Verb. mit §§ 80 Abs. 2, 11 Abs. 2 ArbGG durch einen Vertreter der Gewerkschaft der ... vertreten lassen, da mindestens ein Mitglied des Personalrats der Gewerkschaft der ... angehört (vgl. Beschl. des Senats vom 6.11.1959 - P OVG 6/59 - Personalvertretung 1960 S. 41 - ZBR 1959 S. 399 = DÖD 1960 S. 16 = RiA 1960 S. 47).

27

2.

Zutreffend hat die Fachkammer die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges gemäß § 76 Abs. 1 in Verb. mit § 22 BPersVG und die Legitimation der Antragstellerin bejaht. Nach § 22 BPersVG ist u.a. jede in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft zur Wahlanfechtung befugt. Eine Gewerkschaft ist dann in der Dienststelle vertreten, wenn ihr mindestens ein Bediensteter angehört. Diese Voraussetzungen liegen vor. Im übrigen gelten für den Begriff "Gewerkschaft" auch im Personalvertretungsrecht grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie im Arbeitsrecht. Nur eine Tariffähigkeit ist von den Verbänden der Beamten nicht zu fordern, da dies mit ihrem Wesen unvereinbar wäre. Es können auch Unterorganisationen eines solchen Verbandesanfechtungsberechtigt im Sinne von § 22 BPersVG sein, sofern sie über eine bestimmte Selbständigkeit verfügen (BVerwG., Beschl. vom 5.11.1957 - VII P 4.57 - Personalvertretung 1959 S.209 BVerwGE. 5 , 324 - dort insoweit nicht abgedruckt -). Diese Voraussetzungen erfüllen die Bezirke der Gewerkschaft .... Dem Bezirk obliegt die Vertretung der Gewerkschaft und ihrer Mitgliede im eigenen Namen (vgl. hierzu Beschl. des Senat vom 19.12.1958 - P OVG 4/58 - AP ffr. 6 zu § 22 BPersVG).

28

3.

Die Anfechtung zur Wahl ist auch erfolgt; denn das Wahlergebnis ist am 17. Februar 1960 bekanntgemacht worden, die am 1. März 1960 bei dem Landesverwaltungsgericht erhobene Wahlanfechtung mithin rechtzeitig innerhalb der in § 22 BPersVGr vorgesehenen Frist von 14 Tagen geltend gemacht worden.

29

4.

Die Wahlanfechtung ist auch sachlich begründet. Bei der angefochtenen Personalratswahl ist in der Arbeitergruppe nicht nur gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, sondern auch über die Wählbarkeit verstoßen worden, die zwar von der Antragstellerin nicht als Anfechtungsgründe vorgebracht worden sind, die der Senat entsprechend der im Beschlußverfahren geltenden Offizialmaxime jedoch gleichwohl zu berücksichtigen und seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat (vgl. im Bereich erwartenden Begriffs BVerwG vom 5.11.1957 sowie vollen Begriff vom 27.11.1959 - VII P 18.58 - AP Nr. 1 zu § 6 WahlO z. PersVG). Der Vorsitzende des Wahlvorstandes ... hat den mit dem Kennwort ... eingereichten Wahlvorschlag nicht nur selbst unterzeichnet, sondern wird in diesem auch als Wahlbewerber benannt. Beides war unzulässig.

30

5.

Zwar wird im Schrifttum zum Personalvertretungsrecht überwiegend - allerdings ohne nähere Begründung - die Auffassung vertreten, daß Mitglieder des Wahlvorstandes rechtlich nicht gehindert sind, sich als Kandidaten für die Wahl aufstellen zu lassen (Dietz, Anm. 17 zu § 17 BPersVG; Fitting-Heyer, 2. Aufl., Anm. 4 zu § 17 BPersVG; Grabendorffscheid, 2. Aufl., Anm. 3 d zu § 17 BPersVG; Molitor, 2. Aufl. Anm. 11 zu § 17 BPersVG; Distel, Personalvertretung bei den Behörden, S. 73; Grabendorff, Anm. 3 zu § 17 LPersVG Rhld.-Pf.). Dietz weist jedoch a.a.O. beweist darauf hin, daß "gerade letzteres unzweckmäßig ist". Auch nach Grabendorff (Anm. 7 zu § 17 LPersVG Rhld.-Pf.) ist mit Rücksicht auf die Unbefangenheit der Mitglieder des Wahlvorstandes deren Kandidatur für die von ihnen geleitete Personalratswahl tunlichst zu vermeiden. Ähnliche einschränkende Hinweise finden sich bei Molitor (a.a.O.).

31

6.

Es ist jedoch im Hinblick auf die Unparteilichkeit des Wahlvorstandes schlechthin ausgeschlossen, daß Mitglieder des Wahlvorstandes als Wahlbewerber auf einer Vorschlagsliste erscheinen damit im allgemeines Zeiten an vom Ausgang der Wahl [XXXXX]für eine bestimmte Liste von einseitig Partei ergreifen. Bedienstete, die dem Wahlvorstand angehören, sind daher zu der Personalvertretung, deren Wahl sie durchführen, nicht wähl bar. Durch die Vorschriften der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz vom 4. November 1955 (BGBl I S. 709) - WahlO. - ist dem Wahlvorstand eine ganz besonders einflußreiche Stellung eingeräumt: Er ist nach § 1 Satz 1 Wahl das alleinige mit der Durchführung der Wahl betraute Organ; er entscheidet auch über Einsprüche gegen die Richtigkeit des Wählerverzeichnisses (§ 3 Abs. 2 WahlO.). Eine besondere Entscheidungsgewalt hat der Wahlvorstand bei der Behandlung der Wahlvorschläge gemäß §§ 10 ff. WahlO. Der Wahlvorstand vermerkt auf den Wahlvorschlägen den Tag und die Uhrzeit des Eingangs. Wahlvorschläge, die ungültig sind, weil sie bei der Einreichung nicht die erforderliche Anzahl von Unterschriften aufweisen oder weil sie nicht fristgerecht eingereicht worden sind, gibt der Wahlvorstand unverzüglich nach Eingang unter Angabe der Gründe zurück. Die verbindlich Entscheidung darüber, ob ein Wahlvorschlag ungültig ist, trifft der Wahlvorstand in eigener Verantwortung. Seine Entscheidungen können in der Segel nur mit dem Wahlergebnis zusammen angefochten werden (BVerwG, Beschl. v. 23.10.1959 - VII P 14.5 BVerwGE 9 , 249 [251]). Er hat auch die Einhaltung der dem Minderheitenschutz dienenden Vorschriften (vgl. z.B. § 13 Abs. 3 und 4 BPersVG) sicher zustellen. Schließlich ist auch die Feststellung des Wahlergebnisses alleinige Sache des Wahlvorstandes (§ 20 WahlO.). Auf Grund dieser Entscheidungsgewalt kann also der Wahlvorstand das Wahlergebnis maßgeblich beeinflussen. Das verschafft ihm, worauf das Bundesarbeitsgericht (Beschl. v. 3.10.1958 - ABR 3/58 - AP Nr. 3 zu § 18 BetrVG -) zutreffend hinweist, eine so starke Stellung, daß an ihn desto höhere Anforderungen hinsichtlich seiner Unparteilichkeit gestellt werden müssen. Er ist, um mit den Worten des Bundesarbeitsgerichts fortzufahren, "gleichsam Schiedsrichter, darf für niemand, auch für keine Liste, Partei ergreifen und sich lediglich an der geheimen Stimmabgabe selbst beteiligen, wodurch eine Beeinflussung nicht erfolgen kann." Aus den gleichen Erwägungen kommt auch Sembdner. Die Wählbarkeit bei den Wahlen der Personalvertretungen, Personalvertretung 1960, S. 121 ff. [128], zu dem Ergebnis, daß Bedienstete, die dem Wahlvorstand angehören, nicht in die Personalvertretung gewählt werden können, deren Wahl sie durchführen. Dies wird in § 12 Abs. 1 Satz 3 PersVG vom 21. März 1957 (GVBl Bln S. 296), in § 10 Abs. 2 lif. c Hbg PersVG vom 18. Oktober 1957 (Hbg GVBl S. 473) und in § 6 Abs. 8 WahlO z. PersVG Schl.-H. vom 17. Februar 1958 (GVBl Schl.-H. S. 121) ausdrücklich klargestellt. Hierbei handelt es sich nicht um landesrechtliche Sondervorschriften, sondern - worauf Sembdner a.a.O. zutreffend - um den Niederschlag eines allgemeinen Rechtsgrund - satzes. Er findet sich auch in § 9 Abs. 3 des Bundeswahlgesetzes vom 7. Mai 1956 (BGBl I S. 383), in anderen neuen Wahlgefahren (3. in § 13 Abs. 2 des Nieders. Kommunalwahl i.d.F. v. 23.5.1960 - Nds.GVBl. S. 35 - und im § 8 Abs. 2 von Wahlvorschlag für die Landeswirtschaft kommen v. 30.9.1960 - Nds.GVBl. S. 257) und ergibt für alle Wahlen zu und innerhalb öffentlich-rechtlicher Verbände. Dieser Rechtsgrundsatz will allgemein einer Kollisionsgefahr bei den Entscheidungen der Wahlorgane vorbeugen (Seifert, Das Bundeswahlgesetz, S. 85). Das ist der entscheidende Gesichtspunkt. Die Pflicht eines persönlich Beteiligten zur Amtsenthaltung ist eine der gesetzlichen Regelung nicht bedürftige Selbstverständlichkeit (Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Aufl., S. 290 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Wollte man die Kandidatur von Mitgliedern des Wahlvorstandes zu der von ihnen geleiteten Wahl einer Personalvertretung zulassen, würden diese bei den zahlreichen wichtigen Entscheidungen des Wahlvorstandes als Schiedsrichter "in eigener Sache" amtieren. Es kann aber nicht ernstlich in Abrede gestellt werden, daß jemand, der einen Wahlvorschlag unterzeichnet und sich auf diesem als Wahlbewerber aufstellen läßt, ein persönliches Zustandes daran hat, daß Wahlvorschlag Erfolg hat. Dies ist jedoch mit der Unparteilichkeit des Wahlvorstandes unvereinbar (BAGr a.a.O.).

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7.

Der Senat verkennt nicht, daß die hier vertretene Auffassung in sogn. Zwergdienststellen mit nur fünf Wahlberechtigten (vgl. § 12 Abs. 1 BPersVG) möglicherweise zu einer gewissen Erschwernis der Personalratswahl führen kann (vgl. hierzu Fitting-Kraegeloh, 5. Aufl., Anm. 12 zu § 15 BetrVG). Dies muß jedoch im Hinblick auf die besonderen Anforderungen, die an die Unparteilichkeit des Wahlvorstandes zu stellen sind, in Kauf genommen werden, praktisch um seltene Ausnahmefälle handeln wird. Gerade der dem anhängigen Beschlußverfahren zugrunde liegende Sachverhalt, das streitige Vorbringen der Beteiligten zur Frage einer gegen die guten Sitten verstoßenden Beeinflussung der Wahl durch den Wahl vorstand und die vom Erstgericht durchgeführte umfangreiche Beweisaufnahme zeigen mit seltener Klarheit, daß die Anforderungen, die an die Unparteilichkeit des Wahlvorstandes zu stellen sind besonders streng sein müssen. Denn die Objektivität des Wahlvorstandes gegenüber rivalisierenden gewerkschaftlichen Organisationen und auch gegenüber nichtorganisierten Bediensteten ist ein unverrückbarer Grundsatz seiner Tätigkeit. Der von Fitting-Kraegeloh (a.a.O.) angeführte Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Februar 1958 (- 1 ABR 3/57 - ZBR 1958 S. 213 = AP Nr. 1 zu § 29 BetrVG) ergibt für die hier zur Entscheidung stehende Frage nichts, da er sieh allein mit der Frage der Leitung der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats befaßt und keine Entscheidung darüber enthält, ob Mitglieder des Wahlvorstandes rechtlich gehindert sind, sich als Kandidaten für die Wahl aufstellen zu lassen.

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8.

Aus allen diesen Gründen war es unzulässig, daß eine Vorschlagsliste anerkannt worden ist, auf welcher der Vorsitzende des Wahlvorstandes als Wahlbewerber benannt wird, und die dieser darüber hinaus auch noch selbst unterzeichnet hat. Daß durch die Zulassung dieser Liste das Wahlergebnis geändert oder beeinflußt werden konnte, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Darlegung. Das Verwaltungsgericht hat daher die Wahl zum Personalrat der ... in der Arbeitergruppe im Ergebnis zu Recht für ungültig erklärt, ohne daß es eines Eingehens auf die im nächste Rechtszuge durchgeführte Beweisaufnahme bedarf. Auch konnte unerörtert bleiben, ob es zulässig war, daß nur die Angehörigen einer von mehreren in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften zu Mitgliedern des Wahlvorstandes berufen werden durften (vgl. hierzu Grabendorff, Die Stellung des Personalrats zur Dienststelle und zu den Gewerkschaften, Personalvertretung 1960 S. 193 ff. [198] und den dort auf S. 201 in Anm. 17 angeführten Beschluß des OVG Münster vom 30.7.1959 - CB 11/58 -).

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Der Beschwerde mußte mithin der Erfolg versagt bleiben.

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9.

Für eine Kostenentscheidung ist, wie der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits wiederholt entschieden hat, im Beschlußverfahren kein Raum.

36

10.

37

Die Rechtssache ist von grundsätzlicher Bedeutung, woraus sich die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht ergibt (§ 76 Abs. 2 BPersVG i. Verb. m. § 91 Abs. 3 ArbGG.)