Landgericht Oldenburg
Urt. v. 06.03.1987, Az.: 6 O 3543/86
Gleichstellung von betagten Forderungen hinsichtlich der Aufrechnung und fälligen Forderungen; Anfechtung bei Benachteiligung des Konkursgläubigers
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 06.03.1987
- Aktenzeichen
- 6 O 3543/86
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1987, 19703
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1987:0306.6O3543.86.0A
Rechtsgrundlagen
- § 389 BGB
- § 641 BGB
- § 54 Abs. 1 KO
- § 30 KO
Fundstelle
- NJW-RR 1987, 1402-1403 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Forderung
In dem Rechtsstreit
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 6. Febr. 1987
unter Mitwirkung
des Vors. Richters am ...,
des Richters am ...,
des Richters ...
für RECHT erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.900,- DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist ... Am 21.4.1986 ist das Anschlußkonkursverfahren eröffnet worden. Die Gemeinschuldnerin betrieb und betreibt weiter gewerblich das Bedrucken von Textilien.
Die Beklagte bestellte bei der Gemeinschuldnerin mit Auftrag vom 16.4.1986 das Bedrucken von Baumwollstoffen. Zu diesem Zeitpunkt lief das Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses. Die Gemeinschuldnerin führte den Auftrag aus und stellte die am 14.5.1986 ausgelieferte Ware mit Rechnung vom gleichen Datum über 44.327,81 DM in Rechnung. In dieser Rechnung, auf die Bezug genommen wird (Bl. 7 d.A.), war aufgeführt, daß die Forderungen der Gemeinschuldnerin an die ..., abgetreten waren und daß die Zahlung auf ein angegebenes Konto dieser Bank zu leisten sei. Die ... trat die ihr mit Vertrag vom 31.1.1984 zedierten gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen mit Schreiben vom 26.11.1986 an die Gemeinschuldnerin, vertreten durch den Kläger, zurück ab. Auf das Schreiben vom 26.11.1986 wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen (Bl. 38 d.A.).
Mit Schreiben vom 13.6.1986 ihrer Bevollmächtigten teilte die Beklagte mit, daß ihr gegen die Gemeinschuldnerin ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 29.049,06 DM zustehe. Diese Forderung ist zwischen den Parteien unstreitig. Mit dem vorgenannten Schreiben, auf das ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 23, 24 d.A.), erklärte die Beklagte die Aufrechnung gegen die Werklohnforderung der Gemeinschuldnerin aus der Rechnung vom 14.5.1986. Des weiteren bat sie um Mitteilung, an wen sie den Restbetrag in Höhe von 15.278,75 DM zahlen könne. Am 31.10.1986 hinterlegte die Beklagte den Betrag in Höhe von 15.278,75 DM bei dem Amtsgericht Vechta. Am gleichen Tage wurde die Klage vom 23.10.1986 an die Beklagte zugestellt.
Der Kläger hat zunächst den Gesamtbetrag in Höhe von 44.327,81 DM von der Beklagten verlangt und die Feststellung begehrt, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, mit einer Gegenforderung in Höhe von 29.049,06 DM gegen die Werklohnforderung aufzurechnen. Nach Auszahlung des hinterlegten Betrages an den Kläger verfolgt dieser nunmehr den Restbetrag weiter und erklärte im übrigen die Hauptsache für erledigt.
Der Kläger ficht mit der Klageschrift den Auftrag der Beklagten vom 16.4.1986 sowie die Aufrechnungserklärung an und vertritt die Ansicht, die Aufrechnung in Höhe von 29.049,06 DM sei gem. § 30 Ziff. 1 2. Alternative KO unwirksam. Denn die Beklagte habe bei Auftragserteilung von dem Vergleichsverfahren Kenntnis gehabt. Das Eingehen einer neuen Verbindlichkeit mit der dadurch bestehenden Aufrechnungsmöglichkeit zur Befriedigung der früheren Gegenforderung sei daher unzulässig.
Der Kläger beantragt,
- 1)
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 44.327,81 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 31.10.1986 zu zahlen, abzüglich am 12.12.1986 gezahlter 15.278,75 DM,
hilfsweise,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, die auf den erledigten Teil entfallenden Prozeßkosten aus dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens zu erstatten,
- 2)
festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, mit einer Gegenforderung von 29.049,06 DM gegen die vorstehend zu 1) aufgeführte Forderung aufzurechnen.
Die Beklagte widerspricht einer teilweisen Erledigung und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet, bei Auftragserteilung Kenntnis von dem Vermögensverfall der Gemeinschuldnerin gehabt zu haben, und vertritt im übrigen die Ansicht, die Aufrechnung sei wegen der Globalzession der Forderungen der Gemeinschuldnerin an die ... zulässig. Darüber hinaus bestreitet sie, sich mit dem hinterlegten Teil der Werklohnforderung in Verzug befunden zu haben.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat die Hinterlegungsakte 10 HL 40/86 AG Vechta beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht ein Werklohnanspruch gegen die Beklagte nicht zu.
Ein Teilbetrag in Höhe von 29.049,06 DM ist durch wirksame Aufrechnung der Beklagten erloschen (§ 389 BGB). Unstreitig stand der Beklagten eine Gegenforderung in dieser Höhe zu. Einer Aufrechnung mit dieser Forderung steht § 55 Abs. 1 Nr. 1 KO nicht entgegen, da die Aufrechnungslage bereits vor der Konkurseröffnung am 21.4.1986 bestand. Zwar ist die Forderung der Gemeinschuldnerin gem. § 641 BGB erst nach Konkurseröffnung fällig geworden. Aber auch der Anspruch auf den Werklohn eines im Betrieb des Gemeinschuldners erst nach Konkursbeginn her- oder fertiggestellten Werkes ist schon vor Konkurseröffnung entstanden, da der Anspruch auf den Vertrag zurückgeht (Kuhn-Uhlenbrock, Konkursordnung, 10. Aufl., § 55 Rdn. 7 e). Die Forderung der Gemeinschuldnerin aus dem Vertrag vom 16.4.1986 war daher vor Konkurseröffnung entstanden und lediglich betagt (Böhle-Stamschräder, Konkursordnung, 13. Aufl., § 54 Anm. 2). Betagte Forderungen werden hinsichtlich der Aufrechnung gem. § 54 Abs. 1 KO fälligen Forderungen gleichgestellt, so daß die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Ziff. 1 KO nicht vorliegen.
Die Anfechtung des Werkvertrages und der Aufrechnungserklärung durch den Kläger nach § 30 KO steht hier der Aufrechnung ebenfalls nicht entgegen. Zwar ist davon auszugehen, daß die Beklagte aufgrund des Fernschreibens vom 3.3.1986 Kenntnis von der Zahlungseinstellung im Sinne des § 30 Nr. 1 KO hatte, da sich aus diesem Fernschreiben eindeutig ergibt, daß ein Vergleichsverfahren besteht (vgl. Kuhn-Uhlenbrock a.a.O., § 30 Rdn. 28). Auch ist grundsätzlich eine Anfechtung möglich, da die Aufrechnungslage vor Konkurseröffnung bestand, die Aufrechnung zur Befriedigung der Beklagten führte und darin in der Regel auch eine Gläubigerbenachteiligung zu sehen ist (Kuhn-Uhlenbrock a.a.O., § 30 Rdn. 42 g; BGHZ 58, 108, 113) [BGH 02.02.1972 - VIII ZR 152/70]. Im vorliegenden Fall ist aber durch die Aufrechnung der Beklagten ausnahmsweise eine Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten, da die Werklohnforderung der Gemeinschuldnerin aufgrund einer bestehenden Globalzession bereits an die ... abgetreten war. Da die Aufrechnung gem. § 406 BGB auch der ... gegenüber wirksam ist, wird durch sie lediglich die Forderung der ... zum Erlöschen gebracht. Die Aufrechnung benachteiligt daher lediglich die ..., nicht die Konkursgläubiger. Bei einer wirksamen Anfechtung würde dieser Betrag nicht in die Konkursmasse fallen, sondern nur der ... zugutekommen. Eine Anfechtung nach § 30 KO setzt jedoch eine Benachteiligung der Konkursgläubiger voraus.
Auch die Rückabtretung der Forderung durch die Dresdner Bank AG ändert an dieser Rechtslage nichts. Denn diese Rückabtretung ist erst am 26.11.1986 erfolgt. Aus dem Schreiben vom 26.11.1986 ergibt sich, daß zwar der Kläger vor diesem Tage befugt war, die Forderung im eigenen Namen einzuziehen. Eine ausdrückliche Rückabtretung ist jedoch erst unter diesem Datum erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt war die Forderung der Gemeinschuldnerin durch die zuvor mit Schreiben vom 19.6.1986 erklärte Aufrechnung jedoch bereits erloschen, so daß insoweit eine Rückabtretung nicht mehr möglich war.
Auch hinsichtlich des hinterlegten Betrages in Höhe von 15.278,75 DM war die Klage von vornherein unbegründet. Denn, wegen der Hinterlegung dieses Betrages stand der Beklagten gem. § 379 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Zu der Hinterlegung war die Beklagte auch berechtigt, da der Gläubiger der Forderung unklar war (§ 372 BGB). Die Beklagte hat mit Schreiben vom 13.6.1986 bei der Gemeinschuldnerin angefragt, an wen dieser Betrag mit befreiender Wirkung gezahlt werden könne. Anlaß dazu hatte sie, da auf der Rechnung vom 14.5.1986 vermerkt worden war, daß die Forderung abgetreten war. Auf dieses Schreiben hat der Kläger nicht erwidert. Die Hinterlegung ist am gleichen Tage wie die Zustellung der Klageschrift erfolgt, so daß bereits bei Rechtshängigkeit das Leistungsverweigerungsrecht bestand.
Die Beklagte befand sich mit der Forderung in dieser Höhe auch nicht in Verzug. Eine Mahnung hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Zwar hat er in der Klageschrift ausgeführt, daß die Beklagte trotz Mahnung Zahlung nicht geleistet habe. Dieser Vortrag ist jedoch nicht ausreichend substantiiert, denn angesichts des Schreibens der Beklagten vom 13.6.1986 hätte es ausdrücklichen Vertrags dazu bedurft, daß die Beklagte nach diesem Datum zur Zahlung auf ein ausdrücklich bestimmtes Konto aufgefordert worden wäre. Verzug ist auch nicht mit Klagezustellung eingetreten, da zu diesem Zeitpunkt der Betrag bereits hinterlegt war. Es kann daher dahinstehen, ob der Kläger vor der Rückabtretung der Forderung überhaupt aktivlegitimiert war.
Die Klage war nach alledem insgesamt abzuweisen. Der Klageantrag zu 2) hat sich dabei nicht streitwerterhöhend ausgewirkt, da die Berechtigung der Anfechtung incidenter bei dem Klageantrag zu 1) zu prüfen war.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO.