Landgericht Oldenburg
Urt. v. 23.11.1987, Az.: 4.O.3595/86
Leistungsfreiheit einer Versicherung wegen Berufung auf Gefahrenerhöhung; Abweichende Angaben im Versicherungsantrag
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 23.11.1987
- Aktenzeichen
- 4.O.3595/86
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1987, 19738
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1987:1123.4.O.3595.86.0A
Rechtsgrundlagen
- § 23 VVG
- § 25 VVG
- § 296 Abs. 2 ZPO
Fundstelle
- NJW-RR 1988, 667 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Schadensersatz
In dem Rechtsstreit
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 2. November 1987
durch
den Richter am Landgericht Hilke als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.
Das Urteil ist für die Beklagte wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.700,- DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Ersatz wegen eines von ihr behaupteten Einbruchsdiebstahls in ihrer Wohnung.
Die Klägerin hatte bei der Beklagten unter dem 30.11.1983 eine Versicherung abgeschlossen. Versichert waren u.a. auch Schmuckgegenstände der Klägerin. Im Antrag hieß es unter Punkt 1: "Beruf des Antragstellers, Hausfrau". Unter Punkt 3 wurde die Frage: "Werden die Gegenstände von Schauspielern, Angehörigen des Gaststätten- und Unterhaltsungsgewerbes, Mannequins, Fotomodellen oder ähnlichen Personen getragen?" mit "Nein" beantwortet.
Die Klägerin behauptet, bei ihr sei in der Nacht vom 17.1.1986 eingebrochen worden, wobei Schmuck in einer Gesamthöhe von 41.870,- DM entwendet worden sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 41.870,- DM nebst 4 % Zinsen ab 30.9.1987 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, für den von der Klägerin behaupteten Schaden nicht eintrittspflichtig zu sein. Sie behauptet, daß die Klägerin falsche Angaben im Antrag gemacht habe. Sie sei zur damaligen Zeit entgegen ihrer Angabe im Nachtgewerbe tätig gewesen. Darüber hinaus bestreitet die Beklagte den bei der Klägerin eingetretenen Schaden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... sowie durch Beiziehung der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Oldenburg 115 Js 20237/86 a. Auf das Protokoll der Beweisaufnahmen vom 15.6.1987, 13.7.1987 sowie 2.11.1987 wird Bezug genommen.
Gründe
Die Klage war abzuweisen. Die Beklagte ist leistungsfrei, weil sie sich auf Gefahrerhöhung gemäß §§ 23, 25 VVG berufen kann. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin bereits bei Abschluß des Versicherungsantrages die Beklagte arglistig getäuscht hat. Aufgrund der Beweisaufnahme steht fest, daß die Klägerin zumindest die Fragen aus dem Antrag im einzelnen kannte. Dieses ergibt sich aufgrund der glaubhaften Bekundung des Zeugen .... Dieser Zeuge hat seinerzeit mit der Klägerin den Versicherungsantrag abgeschlossen. Aufgrund der Bekundungen dieses Zeugen steht fest, daß der Vertrag mit der Klägerin eine Woche vor Unterschriftsleistung mit ihr durchgesprochen worden war. Der Zeuge ... hat in diesem Zusammenhang bekundet, daß er diesen Antrag persönlich mit der Klägerin besprochen gehabt hätte. Der Zeuge ... konnte sich noch gut an Einzelheiten erinnern. Der Zeuge ... hat auch bereits bei seiner ersten Vernehmung im Termin vom 15. Juni 1987 sofort angegeben, daß er mit der Klägerin den Antrag im einzelnen durchgegangen ist. Der Zeuge vermochte sich seinerzeit lediglich nicht daran zu erinnern, ob er wegen dieses Antrages noch ein weiteres Mal zur Klägerin gefahren sei. Nachdem der Zeuge seine Unterlagen - Terminkalender - durchgesehen hat, hat er im Termin vom 2. November 1987 überzeugend dargelegt, daß er eine Woche später noch einmal die Klägerin aufgesucht hatte, als sie im Krankenhaus lag, damit dort der Vertrag unterschrieben wurde. Der Zeuge hat aber nochmals bestätigt, daß er zuvor mit der Klägerin den Antrag im einzelnen durchgegangen war. Nach Angaben dieses Zeugen war jeder Punkt durchgesprochen worden. Der Zeuge konnte sich auch noch daran erinnern, daß der Vertrag nicht sofort unterschrieben worden war, da noch eine Schätzung des Schmucks durch das Schmuckgeschäft ... erfolgen sollte.
Diese Aussage des Zeugen stimmt überein mit den Unterlagen in der Ermittlungsakte. Dort ergibt sich aus Blatt 7, daß der Schmuck der Klägerin durch das Geschäft ... am 27.11.1983 geschätzt worden war.
Das Gericht hat keinen Anlaß, an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen ... zu zweifeln. Nach Angaben dieses Zeugen war es das erste Mal, daß er eine Schmuckversicherung abgeschlossen hatte. Insoweit erscheint es durchaus nachvollziehbar, daß der Zeuge an den Abschluß eines solchen Vertrages noch eine exakte Erinnerung hat.
Zwar steht der Aussage des Zeugen ... die Aussage des Zeugen ... gegenüber, der bekundet hat, daß er seinerzeit mit dem Zeugen ... den Antrag durchgegangen sei. Der Zeuge ... hatte aber keine lückenlose Erinnerung an den von ihm geschilderten Ablauf. So konnte der Zeuge nicht angeben, ob der Vertrag von seiner Frau noch am selben Tag unterschrieben worden war, an dem der Zeuge ... angeblich beim Zeugen ... war. Auch konnte der Zeuge ... keine konkreten Angaben mehr zum Wertgutachten machen. Er konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob der Zeuge ... das Wertgutachten erhalten hatte oder nicht.
Gegenüber den eindeutigen und klaren Bekundungen des Zeugen ... haben die Bekundungen des Zeugen ... nicht so einen Beweiswert, daß den Angaben des Zeugen ... nicht zu folgen wäre.
Soweit die Klägerin nunmehr beantragt, Frau ... zu den Umständen der Antragsaufnahme zu vernehmen, war diesem Beweisantrag nicht nachzukommen, da dieser Vortrag verspätet war. Für die Behauptung der Klägerin, daß die Angaben dem Zeugen ... gegenüber vom Zeugen ... gemacht wurden, hat die Klägerin von Anfang an lediglich den Zeugen ... benannt. Die Behauptung der Beklagten, daß die Angaben von der Klägerin stammten, war bereits in der Klagerwiderungsschrift vom 10.12.1986 aufgestellt worden. Zum Beweis ihrer Behauptung hat die Klägerin den Zeugen ... aufgeboten. Dennoch hat die Klägerin sich nicht auf die Zeugin ... für die Richtigkeit ihrer Behauptung berufen, auch nicht, als die Zeugin ... im Termin vom 15. Juni 1987 vernommen wurde. Wenn die Klägerin sich nunmehr ein Jahr nach der Klageschrift zum ersten Mal für ihre Behauptung auf das Zeugnis dieser Zeugin beruft, ist dieser Vortrag verspätet gemäß § 296 Abs. 2 ZPO. Würde dem Beweisantritt der Klägerin nachgegangen werden, würde dieses zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen, da eine erneute Beweisaufnahme erforderlich wäre.
Danach steht fest, daß die Angaben im Antragsformular aufgrund der Bekundungen der Klägerin erfolgt sind.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Klägerin zumindest ab Januar 1984 im Unterhaltungsgewerbe tätig war. Darin liegt eine Gefahrerhöhung gemäß § 23 VVG, so daß die beklagte Versicherung gemäß § 25 VVG leistungsfrei geworden ist. Der Klägerin waren die objektiven Umstände, die zur Gefahrerhöhung führten, bekannt. Der Klägerin war auch bekannt, daß in ihrer Tätigkeit eine Abweichung von den Angaben im Versicherungsantrag vorlag. Für mangelndes Verschulden ist insoweit der Versicherungsnehmer beweispflichtig. Diesen Beweis hat die Klägerin nicht geführt. Die Klage war nach allem abzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.