Sozialgericht Hildesheim
Urt. v. 05.11.2003, Az.: S 51 P 41/02
Bibliographie
- Gericht
- SG Hildesheim
- Datum
- 05.11.2003
- Aktenzeichen
- S 51 P 41/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 40053
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGHILDE:2003:1105.S51P41.02.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat das Sozialgericht Hildesheim - 51. Kammer -
ohne mündliche Verhandlung
am 5. November 2003
durch den Vorsitzenden, den Richter am Sozialgericht Othmer,
sowie die ehrenamtlichen Richter Köppens und Kloss,
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Hohe eines finanziellen Zuschusses für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Klägers.
Bei dem 1946 geborenen Kläger ist Pflegebedürftigkeit der Stufe II anerkannt aufgrund einer bestehenden respiratorischen Partialinsuffizienz bei interstitieller Lungengerüsterkrankung und einer chronischen ischämischen Herzkrankheit mit Zustand nach Bypass-OP. Zusätzlich bestehen degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit chronischen Schmerzen und Paraesthesien sowie eine Hypertonie. Mit Schreiben vom 17. Dezember 1999 beantragte der Kläger einen finanziellen Zuschuss für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes. Zu diesem Zeitpunkt wohnte der Kläger noch in ... H.. Mit Stellungnahme vom 16. Mai 2000 führte hierzu der Dipl.-Med.D.T. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Land B. (MDK) aus, dass der Kläger eine Wohnung im 3. Obergeschoss bewohne, in der bauliche Maßnahmen nicht möglich seien. Der Umzug in eine Wohnung im Erdgeschoss sei geplant. Die Voraussetzungen für verbessernde Maßnahmen des Wohnumfeldes seien nicht erfüllt. Nach Umzug des Klägers nach ... L. im H. führte Dr. E. vom MDK mit Stellungnahme vom 20. Dezember 2000 aus, dass nunmehr die Voraussetzungen für einen Baukostenzuschuss erfüllt seien. Die erforderlichen Maßnahmen seien in der neuen Wohnung bereits realisiert und weitere offenkundig nicht geplant. Die bereits durchgeführten Baumaßnahmen seien notwendig und offensichtlich auch wirtschaftlich erbracht worden. Für die Zukunft sei zu erwarten, dass ein Zimmerrollstuhl erforderlich werde. Nach den vom Kläger vorgelegten Rechnungen beliefen sich die Kosten zur Verbesserung des Wohnumfeldes auf insgesamt 24 037,30 DM. Daraufhin gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 10. April 2001 einen Zuschuss für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes in Höhe von 5 000,00 DM. Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 15. April 2001 unter dem Begehren, dass ein weiterer Zuschuss für den behindertengerechten Ausbau seines Hauses (Türverbreiterungen sowie Badausbau) gewährt werden müsse. Hierzu führte die Beklagte mit Schreiben vom 25. Mai 2001 aus, dass ein erneuter Zuschuss erst dann gewährt werden könne, wenn sich der behindertenbedingte Bedarf geändert habe.
Im Gutachten des MDK vom 28. Oktober 1999 werde jedoch bestätigt, dass die derzeitige Versorgung medizinisch ausreichend sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2001 hat die Beklagte sodann den Widerspruch zurückgewiesen, weil gemäß § 40 Abs. 4 Sozialgesetzbuch 11. Buch (SGB XI) je Maßnahme nur ein Zuschuss bis zu einem Betrag von 5 000,00 DM gewährt werden könne. In diesem Sinne seien alle Maßnahmen, die zum Zeitpunkt der Zuschussgewährung - und damit auf der Grundlage des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Hilfebedarfs - zur Wohnumfeldverbesserung erforderlich seien, als eine Maßnahme zu werten. Dies gelte auch dann, wenn die Verbesserungsmaßnahmen in Einzelschritten verwirklicht würden. In diesem Sinne habe auch das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 3. November 1999 entschieden (Az.: B 3 P 6/99 R). Mit seinem Gutachten vom 19. Dezember 2000 habe der MDK die Notwendigkeit der vom Kläger vorgenommenen Umbaumaßnahmen bestätigt. Somit habe die Beklagte den dafür vorgesehenen Höchstbetrag gewährt. Eine weitere Bezuschussung für jede einzelne Baumaßnahme (Umbau der Türen, behindertengerechte Ausstattung des Badezimmers) sei nicht möglich, da sämtliche zum Zeitpunkt der Zuschussgewährung durchgeführten Baumaßnahmen als Einheit zur Wohnumfeldverbesserung zu sehen seien. Ein weiterer Zuschuss komme lediglich bei einer Änderung der Pflegesituation in Betracht, die weitere bauliche Maßnahmen erforderlich mache. Hiergegen richtet sich die am 17. August 2001 eingereichte Klage bei dem Sozialgericht Cottbus. Dieses hat die Klage mit Beschluss vom 27. November 2001 an das örtlich zuständige Sozialgericht Hildesheim verwiesen. Im Rahmen der Klage hat der Kläger neben dem Baukostenzuschuss eine Resterstattung von Kosten für Arzneimittel und Stromkosten in der Vergangenheit, eine vierteljährliche abschlagsweise Zahlung der Stromkosten sowie eine Kostenübernahme für destilliertes Wasser geltend gemacht (siehe Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts Hildesheim vom 20. Februar 2003, Blatt 247 der Akte). Mit Beschluss vom 28. August 2003 hat das erkennende Gericht die Ansprüche des Klägers auf Resterstattung der Kosten für Arzneimittel und Stromkosten in der Vergangenheit, auf vierteljährliche abschlagsweise Zahlung der Stromkosten sowie auf Kostenübernahme für destilliertes Wasser abgetrennt und in die Kammer für Krankenversicherungsrecht verwiesen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm die Beklagte weitere Kosten der Umbaumaßnahmen zu erstatten habe. Im Rahmen der Wohnsitzverlegung nach ... L. im H. sei auch die Verlegung der Sauerstoffleitungen notwendig geworden.
Nachdem er 8-12 Wochen dort gelebt habe, sei es ihm schlechter ergangen. Zunächst habe er noch die Wanne selbst besteigen können. Dies sei dann nicht mehr möglich gewesen, so dass der Badumbau notwendig geworden sei. Überdies sei eine Dusche vorher nicht vorhanden gewesen. Er könne nicht mehr genau sagen, wann ihm mitgeteilt worden sei, dass er einen Rollstuhl benötige. Er habe die Benutzung eines Rollstuhls zunächst abgelehnt, dann aber doch eingesehen, dass dieser erforderlich sei. Wann er diesen erhalten habe, könne er nicht genau sagen. Er vermute, dass es im Jahr 2002 gewesen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
- 1.
den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2001 abzuändern,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen weiteren Baukostenzuschuss in Höhe von 14 564,60 € zu gewahren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Verlegung der Sauerstoffleitungen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Pflegeversicherung falle, sondern in den der Krankenversicherung. Im Übrigen werde auf die Ausführungen im Schreiben vom 25. Mai 2001 und den Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2001 verwiesen.
Die Beteiligten haben sich in der nichtöffentlichen Sitzung vom 20. Februar 2003 übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Entscheidung hat die Verwaltungsakte der Beklagten (Az.: 0031 52 Nc/Lü) und die Gerichtsakte zugrundegelegen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Aufgrund der Zustimmung der Beteiligten konnte die Kammer durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.
Die Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung eines höheren oder weiteren Baukostenzuschusses. Dementsprechend ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. April 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2001 rechtmäßig und nicht abzuändern
Nach den §§ 40 Abs. 4 und 78 SGB XI können die Pflegekassen finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbstständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wieder hergestellt wird (Satz 1). Dabei dürfen die - vom Einkommen des Pflegebedürftigen und im Kostenaufwand abhängigen (Satz 2) - Zuschüsse einen Betrag in Höhe von 5 000,00 DM je Maßnahme nicht übersteigen (Satz 3). Hierzu hat das BSG mit Urteil vom 3. November 1999 (Az.: B 3 P 6/99 R) entschieden, dass sich aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 4 Satz 1 und 3 SGB XI und den der Bestimmung zugrundeliegenden Vorstellungen des Gesetzgebers ergibt, dass nach Sinn und Zweck der Regelung alle in einem bestimmten Zeitpunkt (der z.B. der Zeitpunkt der Beantragung des Zuschusses sein kann) aufgrund des objektiven Pflegebedarfs notwendigen und vom Grundsatz her bezuschussungsfähigen Einzelschritte (Einzelmaßnahmen) zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen in ihrer Gesamtheit rechtlich "eine Maßnahme" (Gesamtmaßnahme) im Sinne des § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI darstellen. Dies gelte auch dann, wenn die zu diesem Zeitpunkt notwendigen Einzelmaßnahmen nicht in einem Auftrag zusammengefasst oder zeitlich nacheinander durchgeführt worden sind. Dementsprechend hat die Beklagte mit Bescheid vom 10. April 2001 unter Zusammenfassung der von dem Kläger durchgeführten Umbaumaßnahmen zum damaligen Zeitpunkt den höchstmöglichen Zuschuss von 5 000,00 DM gewährt. Die vom Kläger z.B. aufgeführten Fliesenverlegungen waren den Badumbauten zuzuordnen ebenso wie die weiteren vom Kläger aufgeführten einzelnen Baumaßnahmen wie Umbau der Türen und behindertengerechte Ausstattung des Badezimmers. Dieser Umbau war insbesondere nach den Feststellungen des MDK mit Stellungnahme vom 20. Dezember 2000 bereits erfolgt. Denn im Badezimmer war eine behindertengerechte Dusche installiert mit Herabsetzung der Höhe der Duschtasse mit einem stabilen, klappbaren Wandsitz. Auch die Türen zum Schlafzimmer, zum Hauswirtschaftsraum, zum Badezimmer und zu einem weiteren kleinen Zimmer (Aufenthaltsraum/Fernsehzimmer) waren bereits verbreitert. Diese Verbreiterungen wurden als erforderlich bewertet, da vermutlich auf Dauer Rollstuhltransporte erforderlich würden. Somit ist die Rollstuhlbenutzung des Klägers bei den erfolgten Umbauarbeiten bereits berücksichtigt worden und ist in der Zuschussgewährung mit enthalten. Bei der Verlegung der Sauerstoffleitungen handelt es sich nicht um eine Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 SGB XI, so dass diese Kosten vorliegend nicht zu berücksichtigen sind. Aber selbst wenn, könnte dies nicht zu einer Erhöhung des maximal bereits geleisteten Baukostenzuschusses führen. Da sämtliche hier in Rede stehenden Umbauten im Ergebnis zu einer Maßnahme im Sinne des Gesetzes zählen, kommt eine weitere Zuschussgewährung durch die Beklagte über den bereits gesetzlicherweise zulässigen Höchstbetrag nicht in Betracht. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.