Amtsgericht Cloppenburg
Urt. v. 05.06.1987, Az.: 2a C 15/87
Umfang eines unfallbedingten Schadens ; Angemessenheit der Kosten für einen Mietwagen bei bereits angetretener Urlaubsreise; Benzinmehraufwand bei Berechtigung auf steuerfreies Benzin als Nato-Soldat; Kosten für technische Prüfung und einer Werkstattgarantie für das neue Fahrzeug
Bibliographie
- Gericht
- AG Cloppenburg
- Datum
- 05.06.1987
- Aktenzeichen
- 2a C 15/87
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1987, 10005
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGCLOPP:1987:0605.2A.C15.87.0A
Rechtsgrundlagen
- § 7 StVG
- § 18 StVG
- § 3 Nr. 1 und 2 PflVerG
Verfahrensgegenstand
Schadenersatz aus Verkehrsunfall
In dem Rechtsstreit
hat das Amtsgericht Cloppenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai
durch
den Richter am Amtsgericht Moormann
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.498,31 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.09.1986 sowie 10,00 DM vorgerichtliche Kosten zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten 3/4, der Kläger 1/4 zu tragen.
Des Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und zwar für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.450,00 DM.
Tatbestand
Der Kläger macht restliche Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 25.07.1986 auf der BAB A 1, Gemeinde Emstek (Ahlhorner Heide) ereignete.
Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist außer Streit. Die Parteien streiten noch über die Höhe der zu ersetzenden Mietwagenkosten, die Kosten für Benzinmehraufwand, die Kosten für Ersatzbeschaffung (= Kosten für fachkundige technische Prüfung für das Ersatzfahrzeug und eine Werkstattgarantie), Übersetzerkosten und Unkostenpauschale (anteilig). Der Kläger beziffert seinen unfallbedingten Schaden einschließlich Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert, Gutachterkosten und Abschleppkosten auf insgesamt 11.367,23 DM (vgl. Aufstellung Seite 3 u. 4 d. Klageschrift, Bl. 3 u. 4 d. A.). Hierauf hat die Beklagte zu 3) vorgerichtlich 7.972,79 DM gezahlt. Der Differenzbetrag zu 11.367,23 DM sowie 10,00 DM vorgerichtliche Kosten und 4 % Verzugszinsen seit dem 11.09.1986 werden mit der Klage geltend gemacht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 3.394,44 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.09.1986 sowie 10,00 DM vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.
Die Beklagten sind dem Kläger zum Ersatz seines unfallbedingten Schadens verpflichtet (§§ 7, 18 StVG, 3 Nr. 1, 2 PflVerG, 17 StVG). Hieraus folgt hinsichtlich der zwischen den Parteien streitigen Schadenpositionen für die Höhe des zu ersetzenden Schadens:
a)
Mietwagen:
Die Mietwagenkosten sind nach Maßgabe der vom Kläger vorgelegten Rechnung der Firma Osterbeck vom 22.08.1986 nach Abzug von 15 % des Rechnungsbetrages wegen ersparter Eigenkosten zu ersetzen. Ein Verstoß des Klägers gegen seine Schadenminderungspflicht kann nicht festgestellt werden. Die Firma Osterbeck hat - wie sich bereits aus der Rechnung ergibt und auch von dem Beklagten nicht bestritten worden ist - die Mietwagenkosten nach dem vom HUK-Verband empfohlenen Preisen abgerechnet. Wie der Kläger weiter unbestritten vorgetragen hat, hat er sich bei seiner Entscheidung, die Firma Osterbeck in Anspruch zu nehmen, von dieser Preisgestaltung leiten lassen. Das Gericht teilt die in den Urteilen des Amtsgericht Münster vom 08.10.1985, des Landgerichts Münster vom 07.08.1986 und des Amtsgerichts Osnabrück vom 17.02.1987 vertretene Auffassung, daß ein von dem Dachverband der Haftpflichtversicherer und dem Gesamtverband der Kfz.-Vermieter gemeinsam empfohlener Preis jedenfalls aus der Sicht des Mieters nicht als übersetzt angesehen werden kann (vgl. 29 C 188/85 AG Münster; 8 S 590/85 LG Münster; 15 C 475/86 AG Osnabrück; zum Inhalt des Rahmenabkommens vgl. Himmelreich/Klimke, Kfz.-Schadensregulierung, Anhang 3 und 4c. Dieser Beurteilung steht auch das Urteil des BGH vom 02.07.1985 (= Versicherungsrecht 1985, Seite 1092) nicht entgegen, wonach der Geschädigte, der nach einem Kraftfahrzeugunfall einen Mietwagen für eine längere Zeit und eine größere Strecke benötigt, nicht auf das erstbeste Angebot eingehen darf, sondern Konkurrenzangebote einholen muß. Dem BGH ging es bei seiner Entscheidung darum, daß der Geschädigte sich vergewissert, ob das ihm zunächst gemachte Angebot "nicht deutlich" aus dem Rahmen fällt. Wird jedoch nach einem mit dem Spitzenverband der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer ausgehandelten Spezialtarif abgerechnet, so kann der Geschädigte, der ja regelmäßig keinen Einblick in die Kostengestaltung der Mietwagenunternehmen hat, davon ausgehen daß sich der ihm genannte Preis in dem vorgenannten Rahmen hält. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß der Kläger sich sehr kurzfristig entscheiden mußte. Die Urlaubsreise war bereits angetreten. Wie sich aus der Ermittlungsakte ergibt, war der Kläger nach dem Unfall von der Millitärpolizei nach Osnabrück mitgenommen worden. Er kehrte dann nach ca. 2/3 Stunden mit dem Mietwagen zur Unfallstelle zurück, von wo er dann die Urlaubsfahrt mit seinen Mitfahrern fortsetzte. Wie sich weiter aus der Ermittlungsakte ergibt, war auch die Schuldfrage nicht sogleich eindeutig geklärt. Nach den zur Ermittlungsakte gemachten Äußerungen der Zeugen Hoffmann und des Beklagten zu 1) soll der Kläger den Stau zu spät erkannt und auf den PKW Jansen aufgefahren und dieses Fahrzeug auf einen weiter vorausfahrenden oder stehenden PKW Opel aufgeschoben haben. Von der Frage des Verschuldens kann es jedoch durchaus abhängen, nach welchem Tarif von dem Mietwagenunternehmen abgerechnet wird (vgl. etwa die von dem Beklagten zur Akte gereichten Vernehmungsprotokolle vom 18.03.1986 und 25.02.1987 Bl. 122 ff u. 126 ff d. A.). Dem Vorbringen des Klägers, daß es sich bei dem in den vorgelegten Vernehmungsprotokollen genannten "Unfallersatzwagentarif" gerade um die aufgrund der HUK-Empfehlung jährlich neu herausgegebene Preisliste handele, die von der Firma Overbeck zugrundegelegt worden sei, sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Der Kläger hat auch unbestritten behauptet, daß er zu irgendwelchen Vorschußzahlungen nicht in der Lage gewesen sei. Demgegenüber ist es Sinn und Zweck der mit dem Gesamtverband der Kfz-Vermieter abgestimmten Empfehlungen das Verfahren zur Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zu erleichtern und formularmäßig abzuwickeln (Himmelreich/Klimke, a.a.O., Rdnr. 1428 a a.E.). Wenn ein Geschädigter derartige von den Spitzenverbänden ausgehandelte Preisempfehlungen noch für im Rahmen angemessener Preisgestaltung liegend hält, so kann dies nicht zu seinen Lasten gehen, selbst wenn die Preisempfehlung im Einzelfall über den Preisen anderer Mietwagenunternehmen liegen sollte. Die Firma Osterbeck hat Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 6.626,24 DM in Rechnung gestellt. Von diesem Betrag ist nach den vorstehenden Ausführungen auszugehen. Es ist jedoch ein Abzug von 15 % unter dem Gesichtspunkt ersparter Eigenkosten zu machen. Dies gilt auch dann, wenn das angemietete Fahrzeug einer niedrigeren Preisgruppe angehört, als der unfallgeschädigte Wagen (vgl. Himmelreich/Klimke, a.a.O., Rdnr. 1571; s.a. das von den Beklagten zur Akte gereichte Urteil 27 U 254/84 OLG Hamm vom 10.01.1985, Bl. 58 ff/64 d. A.). Danach ergibt sich ein Abzug von 993,92 DM, so daß insgesamt Mietwagenkosten in Höhe von 5.632,22 DM zu erstatten sind.
b)
Benzinmehraufwand für Angehörige der Nato-Streitkräfte:
Dem Grunde nach kann kein Zweifel bestehen, daß der Kläger als in der Bundesrepublik stationierter Nato-Soldat Anspruch auf sog. steuerfreies Benzin hat. Die Berechtigung auf steuerfreies Benzin ist an das Kennzeichen eines von dem BFG Licensing Office Command Pay Office Baor zugelassenen Fahrzeugs gebunden. Ein Mietfahrzeug ist kein in dieser Weise zugelassenes Fahrzeug, so daß hierfür eine Steuerverbilligung nicht in Betracht kommt, wenn das Fahrzeug von einem Nato-Angehörigen gefahren wird. Der Kläger hat vorliegend jedoch den Benzinmehraufwand auf die Gesamtfahrtstrecke (also auch für den Aufenthalt in Großbritannien) berechnet. Daß er auch dort während seines Urlaubs die Möglichkeit hatte, verbilligt Benzin zu tanken, hat er nicht hinreichend dargelegt. Soweit die Beklagte zu 3) daher vorgerichtlich bereits 200,00 DM gezahlt hat, muß dieser Betrag als ausreichend angesehen werden.
c)
Ersatzbeschaffungskosten (175,00 DM):
Ersatzbeschaffungskosten stehen dem Kläger nicht zu. Seriöse Werkstätten bzw. Gebrauchtwagenhändler bieten für ihre zum Verkauf gestellten Fahrzeuge eine Werkstattgarantie an. Um sich nicht aus einer solchen Garantie regreßpflichtig zu machen, führen diese Gebrauchtwagenhändler eine technische Prüfung des Fahrzeugs sorgfältig aus. Für Werkstattgarantie und technische Überprüfung wird kein gesondertes Entgelt erhoben. Es ist in dem Verkaufspreis des Gebrauchtfahrzeugs einkalkuliert. Die Gebrauchtwagenhändler weisen in ihren Offerten häufig auf die technische Prüfung des Fahrzeugs und die Werkstattgarantie hin; diese veränderte Praxis beim Handel mit Gebrauchtfahrzeugen läßt es nicht mehr zu, einen Prüfungs- und Garantieaufwand generell besonders zuzubilligen. Dies würde den doppelten Ansatz dieser Kosten bedeuten (so 2 C 613/85 LG Oldenburg; Sanden/Völtz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, 5. Auflage, Rdnr. 84 u. 85).
d)
Übersetzerkosten (158,00 DM):
Der Kläger hat für schriftliche und mündliche Übersetzungen einen Dolmetscher in Anspruch genommen. Dies wird durch die Rechnung vom 25.08.1986 belegt (Bl. 23 d. A.). Die Kosten eines Dolmetschers oder Übersetzers gehören grundsätzlich zum ausgleichsfähigen Schaden, für den der Schädiger als fortwirkende Folge seines haftbaren Verhaltens einzutreten hat (vgl. Himmelreich/Klimke, a.a.O., Rdnr. 1935 d). Der Kläger hat nachvollziehbar vorgetragen, daß er der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist, um im Zusammenhang mit der Regulierung seines unfallschadens ohne einen Dolmetscher und Übersetzer auszukommen. Der Kläger ist noch relativ jung. Ausweislich der Ermittlungsakte ist es am 29.10.1966 geboren, war also im Unfallzeitpunkt noch keine 20 Jahre alt. Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger aufgrund seiner Vorbildung über hinreichende Deutschkenntnisse verfügte, sind nicht ersichtlich. Bereits an der Unfallstelle war ein offenbar von der Millitärpolizei beigezogener Dolmetscher anwesend. Auch hinsichtlich der Höhe der Dolmetscher- und Übersetzungskosten hat das Gericht keine Bedenken, die vorgelegte Rechnung zugrundezulegen.
e)
Unkostenpauschale (40,00 DM):
Nach ständiger Rechtsprechung dieses Gerichts und der hier bekannten Rechtsprechung der Berufungskammer des Landgerichts kann als Unkostenpauschale für den Regelfall nur ein Betrag in Höhe von 30,00 DM anerkannt werden. Ein darüberhinausgehender Betrag ist im einzelnen darzulegen. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, so daß es bei einem Betrag von 30,00 DM verbleiben muß.
Der unfallbedingte Schaden des Klägers beläuft sich danach auf insgesamt 10.471,11 DM (3.700,00 DM Wiederbeschaffungswert; 359,44 DM Gutachterkosten; 306,44 DM Abschleppkosten; 5.632,22 DM Mietwagenkosten; 200,00 DM Benzinmehraufwand; 85,00 DM Ummeldekosten; 158,00 DM Übersetzerkosten; 30,00 DM Unkostenpauschale). Nach Anrechnung des vorgerichtlich gezahlten Betrages von 7.972,79 DM verbleibt noch ein auszugleichender Betrag in Höhe von 2.498,31 DM. Dieser Betrag ist seit dem 11.09.1986 mit 4 % zu verzinsen. Dem behaupteten Zeitpunkt des Verzugseintritts sind die Beklagten nicht entgegengetreten. Ferner sind vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 10,00 DM zu zahlen. Auch insoweit fehlt es an einem Bestreiten der Beklagten.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.