Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 13.02.2019, Az.: 3 B 40/18
Gefahr; Gesundheit; Lagerung; tierische Nebenprodukte; Tierkörper; Tierkörperbeseitigung
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 13.02.2019
- Aktenzeichen
- 3 B 40/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 69909
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 24 Abs 1 EGV 1069/2009
- Art 46 Abs 2 EGV 1069/2009
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Gesuch um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen ein unter Anordnung der sofortigen Vollziehung von dem Antragsgegner angeordnetes Verbot der Zwischenlagerung von Tierkörperbeseitigungs-Material der Kategorien 1 und 2 auf ihrem Betriebsgelände.
Mit Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 1. September 1994, geändert durch Bescheid vom 6. August 1996, wurde der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin die Pflicht zur Tierkörperbeseitigung für eine Betriebsanlage in A-Stadt übertragen. Seit dem Jahr 2003 hat die Antragstellerin jedoch die Verarbeitung von Material der Kategorien 1 und 2 in ihrer Betriebsanlage in A-Stadt eingestellt, lagert derartiges Material am Standort A-Stadt nur noch zwischen und verbringt es sodann in ihre Anlage nach D. im Landkreis Osnabrück. Am Standort A-Stadt wird alleine noch Material der Kategorie 3 verarbeitet. Mit Bescheid vom 23. Mai 2013 hat der Antragsgegner die Übertragung der Beseitigungspflicht durch den Bescheid vom 1. September 1994, zuletzt geändert durch Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 6. August 1996, mit Wirkung vom 31. Dezember 2014 widerrufen. Das daraufhin angestrengte Hauptsacheverfahren (- 3 A 204/16 -) durch die Antragstellerin vor dem erkennenden Gericht wurde mit Urteil vom 24. Juli 2018 abgewiesen. Zurzeit befindet sich das Verfahren in der Berufungsinstanz vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht.
Im Jahr 2008 stellte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner einen Antrag auf Zwischenbehandlung von Material der Kategorien 1 und 2. Eine Zulassung wurde durch den Antragsteller jedoch nicht erteilt.
Im Rahmen einer veterinärrechtlichen Kontrolle des Verarbeitungsbetriebes für Material der Kategorie 1, E. GmbH & Co. KG, F. G., H. I., am 7. Juni 2018 wurden aus Sicht des Antragsgegners Unregelmäßigkeiten in zwei Handelspapieren zur Abholung von tierischen Nebenprodukten festgestellt (Blatt 15 und 16 Beiakte). Bei dem Antragsgegner kam der Verdacht auf, dass auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin Material der Kategorie 1 und 2 aus dem Einzugsbereich des Landkreises Emsland nach der Einsammlung durch den registrierten Transporteur der Antragstellerin verwogen und zwischengelagert wird (Blatt 1 Beiakte). Daraufhin hat der Antragsgegner im Rahmen einer Untersuchung der Staatsanwaltschaft Oldenburg am 26. Juni 2018 bei der Antragstellerin Ermittlungen vor Ort durchgeführt.
Der Betriebsablauf der Antragstellerin stellte sich dem Antragsgegner vor Ort am 26. Juni 2018 so dar, dass auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin im hinteren Bereich des Betriebes eine Fläche durch kniehohe „Betonpoller“ abgetrennt ist. Damit dieser Bereich durch die Lastkraftwagen erreicht werden kann, muss der Lastkraftwagen, der mit Materialien der Kategorien 1 und 2 beladen ist, über das ganze Gelände des Verarbeitungsbetriebs fahren, auf dem derzeit noch - aufgrund der fehlenden Bestandskraft des Widerrufsbescheides vom 23. Mai 2013 - Material der Kategorie 3 verarbeitet wird. Eine Möglichkeit zur Reinigung und Desinfektion der Fahrzeuge ist auf dem Lagerplatz nicht vorgesehen. Darüber hinaus besteht nur eine Wiegestation, so dass sowohl Fahrzeuge, die Material der Kategorien 1 und 2, als auch Fahrzeuge, die Material der Kategorie 3 transportieren, an dieser Stelle verwogen werden. Die einzelnen Lastwagen sind jeweils mit einer Greifvorrichtung versehen, mit der die Tierkörper vom Kadaverlagerplatz des jeweiligen landwirtschaftlichen oder agrarindustriellen Betriebs aufgenommen und in die Container im Aufbau der jeweiligen Lastwagen verladen werden. Zudem werden auch Kadavercontainer von Geflügel- oder Ferkelbetrieben mit dem Greifer gegriffen und in den Container entleert. Weiterhin stellte der Antragsgegner vor Ort fest, dass auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin Container der Kategorie 1 neben Containern der Kategorie 3 stehen.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 29. Juni 2018 (Blatt 55 – 58 Gerichtsakte) hat der Antragsgegner der Antragstellerin unter Ziffer 1 des Bescheides die Zwischenlagerung von Material der Kategorien 1 und 2 auf dem Betriebsgelände des Verarbeitungsbetriebs für Material der Kategorie 3 der J. A-Stadt GmbH, K. L. in A-Stadt bis auf Weiteres verboten. Des Weiteren gab der Antragsgegner der Antragstellerin in Ziffer 2 des Bescheides ab sofort auf, das in dem Einzugsbereich des Landkreises Emsland durch den registrierten Transporteur der Antragstellerin eingesammelte Material der Kategorie 1 und 2 auf direktem Weg zu dem zugelassenen Verarbeitungsbetrieb für Material der Kategorie 1 der E. GmbH & Co. KG, M.. G., H. I. zu transportieren. Der Antragsgegner ordnete in Ziffer 3 des Bescheides die sofortige Vollziehung der in Ziffer 1 und 2 genannten Maßnahmen an und drohte in Ziffer 4 ein Zwangsgeld in Höhe von 25.000 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorgenannten Maßnahmen an.
Am 4. Juli 2018 hat die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage gegen diesen Bescheid erhoben. Unter dem 9. Juli 2018 hat die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.
Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, dass es sich bei ihrer Vorgehensweise nicht um eine „Lagerung“ des tierischen Materials handeln würde. Das Material werde im Landkreis Emsland mit fest verschlossenen Containern eingesammelt. Diese Sammelfahrzeuge würden nach A-Stadt zurückkehren und auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin zeitweise abgestellt. Dabei handele es sich lediglich um eine Unterbrechung des Transportvorgangs. Danach würden die Container auf eine Zugmaschine umgesetzt werden, ohne dass dabei die Container auf den Boden gelangen würden. Mit der Zugmaschine würde dann der Transport nach N. erfolgen. Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass für den von ihr durchgeführten Umschlag der Materialien keine tierkörperbeseitigungsrechtliche Genehmigung erforderlich sei.
Des Weiteren sei der Regelungsgehalt der Ziffern 1 und 2 des Bescheides des Antragsgegners zu unbestimmt. Darüber hinaus sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht in ausreichendem Maße begründet worden. Zudem sei der Bescheid aufgrund der fehlenden Anhörung rechtswidrig. Im Übrigen sei die Verfügung des Antragsgegners unverhältnismäßig.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 04.07.2018 (3 A 197/18) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.06.2018 (O.) wiederherzustellen,
hilfsweise,
die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 04.07.2018 (3 A 197/18) gegen Ziffer 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 29.06.2018 (O.) wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass die Antragstellerin einen Lagerplatz für Material der Kategorien 1 und 2 i.S.d. Art. 24 Abs. 1 Buchst. i der VO (EG) Nr. 1069/2009 betreibe, ohne dass hierfür eine entsprechende Genehmigung vorliege. Zudem sei es bei dem von der Antragstellerin durchgeführten Betriebsablauf nicht auszuschließen, dass die Lastkraftwagen kontaminiert würden. Insbesondere sei es möglich, dass sich an den Fahrzeugen noch Reste von dem abgeholten Material befänden, etwa Blut an den Reifen, oder dass an der Greifvorrichtung kontaminiertes Material vorhanden sei. Bei der Verladung sei es so gut wie unvermeidbar, dass das Tiermaterial auch mal am „Greifer“ und an den Außenseiten des Containers und in den Containerklappen zu Verunreinigungen führe.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Die zulässigen Anträge haben in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn die sonst nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO eintretende aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs dadurch entfallen ist, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet hat.
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage vor und trifft eine eigene originäre Entscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind – die für eine sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs streitenden (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 146). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht als einziges Indiz zu berücksichtigen. Maßgeblich ist hierbei die sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darbietende Sach- und Rechtslage (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 147). Ergibt die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass der mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung versehene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, überwiegt das private Aufschubinteresse des Antragstellers. Denn an der Vollziehung einer rechtswidrigen hoheitlichen Maßnahme kann kein öffentliches Interesse bestehen. Ist hingegen der angegriffene Bescheid offensichtlich rechtmäßig, überwiegt in der Regel das öffentliche Interesse am Bestand des Sofortvollzugs. Formale Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Vollziehungsanordnung ist darüber hinaus, dass die Behörde für das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung eine schriftliche Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gegeben hat.
Unter Beachtung dieser Grundsätze sind der Hauptantrag (Nr. 1) sowie der hilfsweise gestellte Antrag (Nr. 2) offensichtlich unbegründet.
1. Zunächst hat der Hauptantrag in der Sache keinen Erfolg. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde formell ordnungsgemäß in dem Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO begründet (lit. a.). In der Sache ist die Verfügung offensichtlich rechtmäßig, sodass das öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt (lit. b.).
a. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1 und 2 im Bescheid des Antragsgegners vom 29. Juni 2018 ist formell rechtmäßig erfolgt.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wurden beide Anordnungen des Sofortvollzugs im Bescheid vom 29. Juni 2018 hinreichend begründet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO). Erforderlich ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass der Verwaltungsakt schon jetzt und nicht erst nach Eintritt der Bestandskraft verwirklicht, umgesetzt oder vollzogen wird. An die schriftliche Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO sind keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02. März 2005, - 2 MB 1/05 -, NVwZ-RR 2007, 187 [OVG Schleswig-Holstein 02.03.2005 - 2 MB 1/05]). Es müssen jedoch die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen.
Dem wird die hier vorliegende Begründung gerecht.
Sie enthält eine auf den Einzelfall bezogene, schlüssige und substantiierte Darlegung der Gründe, warum gerade im konkreten Fall das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin, vorläufig weiterhin die Materialien der Kategorie 1 und 2 auf einem nicht für diesen Zweck zugelassenen Gelände zu lagern, überwiegt. Der Antragsgegner hat vorliegend nicht lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholt oder formel- bzw. floskelhafte Ausführungen zum besonderen Vollzugsinteresse gemacht, sondern hinreichend erkennen lassen, dass er eine Prüfung des konkreten Einzelfalles vorgenommen hat, indem er auf die erheblichen Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier abgestellt hat, die beständen, wenn die Lagerung des Materials ohne eine entsprechende Zulassung erfolgt und die in der entsprechenden Form aus seuchenrechtlicher Sicht auch nicht zulassungsfähig sei. Der Antragsgegner hat hier insbesondere konkret auf die Gefahr abgestellt, dass eine Kontamination mit Material der Kategorie 3 erfolgen könne. Hierdurch könnten erhebliche Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier nicht ausgeschlossen werden. Dabei ist der Antragsgegner zu dem Ergebnis gekommen, dass das wirtschaftliche Einzelinteresse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung der Klage gegenüber dem öffentlichen Interesse an menschlicher und tierischer Gesundheit in den Hintergrund zu treten hat. Da es sich bei § 80 Abs. 3 VwGO um eine Formvorschrift handelt, hat das Gericht an dieser Stelle nicht zu prüfen, ob die Begründung im Einzelnen richtig ist oder nicht (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 15. Juni 1999, - 3 EO 364/96 -, juris).
b. Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt das private Aufschubinteresse der Antragstellerin. Die Verfügung vom 29. Juni 2018 erweist sich bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig. Eine Anhörung war entbehrlich oder jedenfalls ist ihr Fehlen geheilt (aa.). Materiell-rechtlich ist gegen den Bescheid nichts zu erinnern (bb).
aa. Der Bescheid begegnet zunächst in formeller Hinsicht keinen Bedenken.
Soweit antragstellerseits gerügt wird, es liege ein Verstoß gegen § 28 VwVfG i.V.m. § 1 NdsVwVfG vor mangels ordnungsgemäßer Anhörung vor Bescheiderlass, vermag dies bereits im Hinblick auf § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG nicht zum Erfolg zu führen. Angesichts der aufgrund der veterinärrechtlichen Kontrolle vom 7. Juni 2018 und der staatsanwaltlichen Durchsuchung vom 26. Juni 2018 sich darstellenden Gefahrenlage war sofortiges Einschreiten geboten. Dass zwischenzeitlich nicht angehört wurde, ist gerechtfertigt, da ansonsten der staatsanwaltliche Ermittlungserfolg gefährdet worden wäre.
Selbst wenn man davon ausginge, dass die vorherige Anhörung der Antragstellerin vor dem Erlass des Bescheides erforderlich gewesen sein sollte, wäre dieser Fehler jedenfalls geheilt. Der Antragsteller hat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausführlich Stellung genommen. Der Antragsgegner hat in Kenntnis der Ausführungen der Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren zum Ausdruck gebracht, dass er an seiner Entscheidung festhalten wird. Damit wäre ein eventuell vorliegender Verfahrensfehler nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 1 NdsVwVfG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und damit bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Nachholung einer Anhörung als geheilt anzusehen.
bb. Die Regelungen der Ziffern 1 und 2 des Bescheides verstoßen auch nichtgegen das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NdsVwVfG als Element der materiellen Rechtmäßigkeit. Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Der Adressat muss in der Lage sein zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts. Ob ein Verwaltungsakt diesen notwendigen Inhalt mit hinreichender Bestimmtheit bezeichnet, ist durch Auslegung seines verfügenden Teils in Zusammenhang mit den Gründen und sonstigen den Betroffenen bekannten oder für sie ohne weiteres erkennbaren Umständen festzustellen. Die Annahme seiner Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit wegen Unbestimmtheit scheidet aus, wenn die (vorrangige) Auslegung des Bescheids etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigt; dabei kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der angefochtenen Bescheide unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012, - BVerwG 9 C 7.11 -, juris [Rn. 15], BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2008, - BVerwG 7 C 38.07 -, juris [Rn. 11]; BVerwG, Urteil vom 18. April 1997, - BVerwG 8 C 43.95 -, juris [Rn. 35 und 37]; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Auflage 2018, § 37 Rn. 5, 6 und 16).
Diesen Anforderungen werden die Bestimmungen unter Ziffer 1 und 2 - bei Zugrundelegung des hier maßgeblichen Empfängerhorizonts der Antragstellerin - gerecht.
Entscheidend ist hierbei in Bezug auf Ziffer 1 des Bescheides nicht, ob es sich in sprachlicher Hinsicht um eine „Zwischenlagerung“ des tierischen Materials der Kategorie 1 und 2 oder gemäß dem Sprachgebrauch der Antragstellerin um einen „Umschlag“ des tierischen Materials handelt. Es ist nach eigenen Angaben für die Antragstellerin deutlich geworden, dass ihr die bisherige Vorgehensweise mit dem tierischen Material der Kategorie 1 und 2 untersagt wird.
Ebenfalls ist der Regelungsinhalt der Ziffer 2 des Bescheides für die Antragstellerin hinreichend erkennbar. In Ziffer 2 ordnet der Antragsteller unzweideutig an, dass das in dem Einzugsbereich des Landkreises Emsland eingesammelte Material der Kategorien 1 und 2 auf direktem Weg zu dem Betrieb E. GmbH & Co.KG transportiert werden soll. Im Zusammenhang mit Ziffer 1 und der Begründung des Bescheides ist problemlos erkennbar, dass die Antragstellerin damit jegliches Umladen respektive Zwischenlagern des Materials der Kategorie 1 und 2 zu unterlassen hat und stattdessen die Einsammelfahrzeuge direkt die Anlage in D. anfahren müssen. Denn wenn die Lagerung in A-Stadt entfällt, besteht nur noch die Möglichkeit, die Container direkt nach N. zu verbringen.
Auch im Übrigen ist der streitgegenständliche Bescheid in materieller Hinsicht rechtmäßig.
Zu dem hier maßgeblichen rechtlichen Rahmen hat die Kammer in ihrem Urteil vom 24. Juli 2018 im Verfahren zum Aktenzeichen - 3 A 204/16 - gleichen Rubrums ausgeführt:
„Die Tierkörperbeseitigung ist in rechtlicher Hinsicht zunächst unionsrechtlich überformt.
Maßgeblich ist zunächst die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte) (ABl. L 300, S. 1).
Diese Verordnung zielt nach ihrem Titel und der einleitend genannten Kompetenzgrundlage (Art. 152 Abs. 4 Buchst. b EGV) auf Hygienevorschriften ab, mit deren Hilfe die von tierischen Nebenprodukten ausgehenden Gesundheitsrisiken zumindest minimiert werden sollen (Art. 1 VO <EG> Nr. 1069/2009). Ihre Erwägungsgründe (1 bis 5) betonen mit Blick auf verschiedene Krisen der Vergangenheit - durch Massentierhaltung begünstigte Tierseuchen - die Notwendigkeit strenger Hygienevorschriften, die in einem kohärenten und umfassenden Rahmen festgelegt werden sollen. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 sind unionsweit geltende einheitliche Hygienevorschriften und deren Kontrolle geregelt, von deren Anwendung jedenfalls prinzipiell auszugehen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1987 - C-118/86, Openbaar Ministerie/Nertsvoerderfabriek Nederland - Slg. I-3883 Rn. 12).
Die genannte Verordnung unterscheidet zwischen drei spezifischen Kategorien produzierten Materials, indem in Art. 7 Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 nach dem Grad der von ihnen ausgehenden Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier gemäß den in den Artikeln 8, 9 und 10 festgelegten Listen die Produkte eingestuft werden.
Nach Art. 8 der Verordnung Nr. 1069/2009 birgt das Material der Kategorie 1 im Sinne dieser Verordnung beträchtliche Risiken, die besonders mit der transmissiblenspongiformen Enzephalopathie und dem Vorliegen bestimmter verbotener Substanzen und Umweltkontaminanten verbunden sind. Dieses Material muss zwingend vernichtet werden und darf nicht in den Verarbeitungskreislauf gelangen. Hierzu gehören etwa ganze Tierkörper und alle Körperteile einschließlich Häuten und Fellen, wenn die Tiere BSE verdächtigt sind, oder Tiere aus Tierversuchen.
Das Material der Kategorie 2 im Sinne der Verordnung Nr. 1069/2009 beinhaltet nach deren Art. 9 erhebliche Risiken, da es aus Falltieren und anderen Materialien besteht, die bestimmte verbotene Substanzen oder Kontaminanten enthalten. Dieses Material muss durch Verbrennung oder Verarbeitung entsorgt werden und darf nicht in Futter für Nutztiere enthalten sein. Hierzu gehören etwa Gülle, Magen-und Darminhalt, bestimmte Schlachthofabfälle, oder auch zum Zweck der Seuchenbekämpfung getötete Tiere.
Material der Kategorie 3 im Sinne der Verordnung Nr. 1069/2009 umfasst nach deren Art. 10 u. a. Folgendes: Schlachtkörper oder ganze Körper und Teile von Tieren, die, obwohl als genussuntauglich abgelehnt, keine Anzeichen einer auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheit zeigen, sowie Schlachtkörper oder ganze Körper und Teile von Tieren, die für den menschlichen Verzehr geeignet sind, aber aus wirtschaftlichen Gründen für andere Zwecke, wie Futtermittel für Nutztiere, genutzt werden.
Art. 19 Abs. 1 Buchst. c) VO (EG) Nr. 1069/2009 lässt ferner das Prinzip einer ortsnahen Entsorgung als Grundlage des Unionsrechts erkennen. Die als Ausnahmevorschrift formulierte Regelung des Artikel 19 Abs. 1 c) VO (EG) Nr. 1069/2009 bestimmt zu Sammlung, Transport und Beseitigung, dass abweichend von den Artikeln 12, 13, 14 und 21 die zuständige Behörde die Beseitigung zulassen kann durch Verbrennung oder Vergraben an Ort und Stelle oder unter amtlicher Aufsicht auf anderem Wege, wobei die Übertragung von Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier verhindert wird, von Material der Kategorie 1 gemäß Artikel 8 Buchstabe b Ziffer ii, Material der Kategorien 2 und 3 in Gebieten, die praktisch nicht zugänglich sind oder in denen ein Zugang nur unter Umständen möglich wäre, die aufgrund geografischer oder klimatischer Gegebenheiten oder einer Naturkatastrophe Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit der Personen bergen würden, die das Material sammeln müssten, oder in denen zur Sammlung unverhältnismäßige Mittel aufgewandt werden müssten.
Bundesrechtlich bestimmt das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes - TierNebG - vom 25. Januar 2004 (BGBl. I S. 82, zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 4. August 2016, BGBl. I 1966) in seinem § 3 Abs. 1 Satz 1, dass die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts (Beseitigungspflichtige), soweit nach der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 tierische Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 abzuholen, zu sammeln, befördern, lagern, behandeln, verarbeiten oder beseitigen sind, die Voraussetzungen für die Abholung, Sammlung, Beförderung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung und Beseitigung zu schaffen haben. Nach Satz 2 der Vorschrift sind sie vorbehaltlich des § 4 und unbeschadet des Art. 24 Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 verpflichtet, das in ihrem Gebiet anfallende Material der Kategorien 1 und 2 abzuholen, zu sammeln, befördern, lagern, behandeln, verarbeiten oder beseitigen, wobei sie sich gemäß Satz 3 der Vorschrift zur Erfüllung dieser Pflichten eines Dritten bedienen könnten.
Mit diesen Pflichten der Beseitigungspflichtigen korrespondiere eine Andienungspflicht des Besitzers von tierischen Nebenprodukten. Dieser hat das in § 3 Abs. 1 Satz 1 TierNebG genannte Material der Beseitigungspflichtigen zu überlassen (§ 7 Abs. 4 TierNebG), d.h. bei der Abholung herauszugeben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 TierNebG) und die Beseitigungspflichtige darüber hinaus nach Maßgabe des § 8 Abs. 3 Satz 2 TierNebG unentgeltlich zu unterstützen. Bis zur Abholung hat er das Material in einer den Anforderungen des § 10 Sätze 1 und 2 TierNebG genügenden Weise aufzubewahren.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 TierNebG hat grundsätzlich die beseitigungspflichtige Körperschaft das in § 3 Abs. 1 Satz 1 TierNebG bezeichnete Material nach Maßgabe des Art. 7 Abs. 1, 2 und 5 Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 unverzüglich abzuholen, zu sammeln, zu befördern und zu lagern. Beseitigungspflichtige sind gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 TierNebG die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts, in Niedersachsen nach § 1 Satz 1 Nds. AG TierNebG die Landkreise und kreisfreien Städte. Die Übertragung der Beseitigungspflicht und der daran anknüpfenden grundsätzlichen Abholungspflicht auf die öffentliche Hand dient unter seuchenhygienischen Gesichtspunkten dem Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier. Dies ergibt sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu § 3 TierNebG. Darin heißt es: „Die Verarbeitung und Beseitigung tierischer Nebenprodukte der Kategorie 1 oder 2 ist trotz ihrer wirtschaftlichen Bedeutung vorrangig eine seuchenhygienische, dem Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier dienende Aufgabe. Bei der Prüfung der Frage, ob die Verarbeitung und Beseitigung dieser tierischen Nebenprodukte öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder Verbänden zur Pflicht gemacht werden sollte, ist letztlich das Erfordernis maßgebend, dass zu jeder Zeit - bei guter, gedämpfter oder schlechter Wirtschaftslage - die Verarbeitung und Beseitigung dieser tierischen Nebenprodukte gesichert und ordnungsgemäß durchgeführt werden muss […] Zur Erfüllung des genannten Grundsatzes muss daher die Verarbeitung und Beseitigung tierischer Nebenprodukte eine öffentliche Aufgabe sein, die von stets funktions- und handlungsfähigen Institutionen getragen wird. Dies soll jedoch nicht hindern, dass die Aufgabenträger sich Dritter, z.B. privater Unternehmer, zivilrechtlicher Zusammenschlüsse oder öffentlich-rechtlicher Anstalten, bedienen können“ (BT-Drs. 15/1667, S. 13).
§ 6 Abs. 1 TierNebG bestimmt zu den Einzugsbereichen der Tierkörperbeseitigung, dass die Länder die Einzugsbereiche, innerhalb derer die zuständige Behörde oder diejenige Person, der die Pflichten nach § 3 Absatz 3 übertragen worden sind, die in § 3 Absatz 1 Satz 1 bezeichneten tierischen Nebenprodukte oder Folgeprodukte nach den Vorgaben der in § 1 genannten Vorschriften abzuholen, zu sammeln, zu kennzeichnen, zu befördern, zu lagern, zu behandeln, zu verarbeiten, zu verwenden oder zu beseitigen hat, bestimmen. Abs. 2 des § 6 TierNebG ermöglicht es ferner, dass die Länder bestimmen können, dass die in § 3 Absatz 1 Satz 1 bezeichneten tierischen Nebenprodukte oder Folgeprodukte auch in Verarbeitungsbetrieben, Verbrennungsanlagen oder Mitverbrennungsanlagen außerhalb des Einzugsbereichs nach Absatz 1 behandelt, verarbeitet, verwendet oder beseitigt werden dürfen. Der Gesetzgeber verfolgt mit dem örtlichen Benutzungszwang unverändert das Ziel, zu jeder Zeit und unabhängig von der Wirtschaftslage die ordnungsgemäße Verarbeitung und Beseitigung tierischer Nebenprodukte zu sichern. Er sieht darin eine öffentliche Aufgabe, die von stets funktions- und handlungsfähigen Institutionen getragen werden müsse. Mit der Festlegung von Einzugsbereichen der Verarbeitungsbetriebe solle einerseits eine klare Zuständigkeit und eine Auslastung der Betriebe und andererseits jederzeit eine Verarbeitung und Beseitigung gewährleistet werden. Dabei seien die örtlichen Verhältnisse, namentlich die Tierpopulation und die Verkehrsverhältnisse, zu beachten. Angestrebt wird eine möglichst unverzügliche Beseitigung (BT-Drs. 15/1667 S. 13 f.).
Landesrechtlich bestimmt das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (Nds. AG TierNebG, in der Fassung vom 21. April 1998Nds. GVBl. 1998, 480, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.12.2009, Nds. GVBl. S. 480) in seinem § 1 (Beseitigungspflichtige), dass zuständige Körperschaften des öffentlichen Rechts (Beseitigungspflichtige) im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (TierNebG) die Landkreise und kreisfreien Städte sind, und dass die Aufgaben, die sie als Beseitigungspflichtige zu erfüllen haben, zum eigenen Wirkungskreis gehören.§ 2 Nds. AG TierNebG (Einzugsbereiche) ermächtigt das für das Recht der Beseitigung tierischer Nebenprodukte zuständige Ministerium (Fachministerium), die Einzugsbereiche nach § 6 Abs. 1 TierNebG durch Verordnung zu bestimmen. Hierbei sind der vorhandene Tierbestand, der Anfall der zu beseitigenden tierischen Nebenprodukte sowie die Verkehrsverhältnisse und die Leistungsfähigkeit der vorhandenen Verarbeitungsbetriebe, Verbrennungsanlagen oder Mitverbrennungsanlagen (Beseitigungseinrichtungen) zu berücksichtigen. Die Einzugsbereiche sind möglichst so zu bemessen, dass die Wirtschaftlichkeit der Beseitigungseinrichtungen gewährleistet ist.
Landesrechtlich bestimmt auf der vorgenannten Ermächtigungsgrundlage basierend die Verordnung über die Einzugsbereiche der Tierkörperbeseitigungsanstalten (TierKBAnstEinzBV ND, vom 10. Januar 1997, zuletzt geändert durch § 1 der Verordnung vom 17. Mai 2005, Nds.GVBl. S. 168), in ihrem § 1 Nr. 1, dass zu dem Einzugsbereich der Tierkörperbeseitigungsanstalten P. der Landkreis Emsland gehört.“
Von diesem auch hier einschlägigen rechtlichen Rahmen ausgehend findet der streitgegenständliche Bescheid vom 29. Juni 2018 seine materiell-rechtliche Rechtsgrundlage in Art. 46 Abs. 2 Buchst. a) und b) der VO (EG) Nr. 1069/2009.
Hiernach verbietet die zuständige Behörde, vorübergehend oder dauerhaft, in Abhängigkeit vom Charakter und der Schwere der Mängel und der potenziellen Gefahren für die Gesundheit von Menschen und Tieren Unternehmern im Sinne von Artikel 23 Absätze 1 und 3 und Artikel 24 Absatz 1, über die Informationen vorgelegt wurden, Tätigkeiten gemäß dieser Verordnung auszuführen, gegebenenfalls nach Erhalt von Angaben, nach denen a) die Anforderungen der Gemeinschaftsvorschriften nicht erfüllt werden sowie b) durch diese Tätigkeiten mögliche Risiken für die Gesundheit von Mensch oder Tier entstehen.
Gemäß Art. 24 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1069/2009 sorgen die Unternehmer dafür, dass die ihrer Kontrolle unterstehenden Anlagen oder Betriebe von der zuständigen Behörde zugelassen werden, wenn diese Anlagen oder Betriebe eine oder mehrere der folgenden Tätigkeiten ausüben. Zu den genannten Tätigkeiten gehört nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. i) auch die Lagerung tierischer Nebenprodukte.
Der Begriff der Lagerung ist in der Verordnung nicht definiert. Auch die Überschreitung einer bestimmten Lagerzeit ist nicht vorgesehen. Die Verordnung bestimmt jedoch, dass das Lagern von tierischen Nebenprodukten zulassungspflichtig ist. Insofern ist der Begriff der Lagerung durch Auslegung nach dem Sinn und Zweck des Tierkörperbeseitigungsrechts zu ermitteln.
Von seinem Wortsinn her meint das Verb „lagern“ das Ablegen von Personen oder Sachen an einem Ort in dem Sinne eines Niederlegens (DWB = Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971., http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GL00457#XGL00457 „lagern“). Dementsprechend ist das „Lager“ „im allgemeinsten Sinne ein Gerät oder eine Stelle zum Liegen“ von Personen oder Sachen in dem Sinne eines Rastortes (Gimm/Grimm, a.a.O., „Lager“ http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GL00423#XGL00423). Schon vom Wortlaut her stellt damit die von der Antragstellerin praktizierte Verhaltensweise, Container mit Materialien der Kategorien 1 und 2 auf ihrem Betriebshof, der der Behandlung von Material der Kategorie 3 dient, abzustellen, gegebenenfalls sogar aufzufüllen oder zusammenzulegen, ein Lagern in dem Sinne der genannten Rechtsgrundlage dar. Damit geht auch schon vom Wortlaut her der Einwand der Antragstellerin, dass es sich lediglich um eine Unterbrechung des Transportvorgangs handele, ins Leere. Liegt begrifflich ein Lagern vor, so ist es rechtlich unerheblich, ob im Anschluss an dieses Lagern der Transportvorgang fortgesetzt wird.
Nichts anderes folgt aus einer Auslegung nach Sinn und Zweck des genannten Normgefüges. Das gesamte Tierkörperbeseitigungsrecht, welches - wie dargelegt - aus Vorschriften des Unionsrechts, des Bundesrechts und des Landesrechts besteht, dient tierseuchenhygienischen Zielsetzungen. An deren Einhaltung besteht schon grundsätzlich ein umfassendes öffentliches Interesse, welches erst Recht bei der im Landkreis Emsland extensiv betriebenen Massentierhaltung virulent wird. Um diese Zielsetzungen zu erreichen, zieht sich durch das gesamte Tierkörperbeseitigungsrecht der Gedanke der möglichst kurzfristigen, direkten und ortsnahen Beseitigung des tierischen Materials. Hinzu tritt die zwingende räumliche Trennung der Materialien der höchsten Risikokategorien 1 und 2 einerseits und der Kategorie 3 andererseits.
Unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Zielsetzungen der Tierseuchenprävention und -bekämpfung stellt der von der Antragstellerin praktizierte Betriebsablauf ein solches „Lagern“ tierischer Nebenprodukte i.S.d. Art. 24 Abs. 1 Buchst. i) der VO (EG) Nr. 1069/2009 dar. Eine hierfür notwendige Zulassung besitzt die Antragstellerin nicht.
Der derzeitige Betriebsablauf der Antragstellerin stellt sich für die Kammer wie folgt dar: Ein Einsammelfahrzeug, welches mit Materialien der Kategorien 1 und 2 beladen ist, fährt über das gesamte Gelände des Verarbeitungsbetriebs, auf dem Material der Kategorie 3 verarbeitet wird, um auf einen Lagerplatz im hinteren Bereich des Betriebes zu gelangen. Dies dokumentieren die Fotografien des Antragsgegners (Blatt 174 und 175 Prozessakte). Dabei werden Verarbeitungslinien des Materials der Kategorie 3 passiert. Eine Möglichkeit zur Reinigung und Desinfektion der Fahrzeuge ist auf dem Lagerplatz nicht vorgesehen. Damit besteht stets die Gefahr, dass die Fahrzeuge kontaminiert sind. Denn es kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass sich an den Fahrzeugen noch Reste von dem abgeholten Material, wie etwa Blut an den Reifen der Fahrzeuge, befinden. Des Weiteren sind die Lastwagen mit einer Greifvorrichtung versehen, mit der die Tierkörper vom Kadaverlagerplatz auf den landwirtschaftlichen Betrieben aufgenommen und in den Container verladen werden. Zudem werden auch Kadavercontainer von Geflügel- oder Ferkelbetrieben mit dem Greifer gegriffen und in den Container entleert. Bei der Verladung ist es denklogisch unvermeidbar, dass Tiermaterial bzw. Flüssigkeiten, die aus den Tierkörpern ausgetreten sind, am Greifer und an den Außenseiten des Containers sowie an den Containerklappen zu Verunreinigungen und Rückständen führen. Darüber hinaus besteht auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin nur eine Wiegestation, so dass sowohl Fahrzeuge, die Material der Kategorie 1 und 2, als auch Fahrzeuge, die Material der Kategorie 3 transportieren, an dieser Stelle verwogen werden. Darüber hinaus dokumentiert das von dem Antragsgegner vorgelegte Bildmaterial, dass Container mit Material der Kategorie 1 neben Containern mit Material der Kategorie 3 lagern (Blatt 176 und 177 Prozessakte).
Es liegt auf der Hand, dass durch dieses betriebliche Vorgehen das Tierseuchenrisiko stark erhöht wird. Insbesondere besteht eine erhebliche Gefahr der Kreuzkontamination. Diese erhebliche Gefahr hat der Gesetzgeber gerade dadurch verhindern wollen, indem er eine zwingende räumliche Trennung von Betrieben vorgesehen hat, die mit Material der Kategorie 1 und 2 und solchen, die mit Material der Kategorie 3 umgehen. Im schlimmsten Fall ist es denkbar, dass eine solche Gemengelage dazu führt, dass die Dokumentation in A-Stadt derart fehlerhaft verläuft, dass schließlich Material der Kategorien 1 und 2 in A-Stadt und/oder N. in die dortige Verarbeitungslinie für Material der Kategorie 3 gelangt. Aufgrund der Handelspapiere, die in N. aufgefunden wurden, ist gerade ein solcher Vorwurf entstanden, der nunmehr durch die Staatsanwaltschaft geprüft wird. Würde Material der Kategorien 1 und 2 in die Verarbeitungslinie des Materials der Kategorie 3 gelangen und verarbeitet werden, würde dies bedeuten, dass tierische Nebenprodukte mit dem höchsten gesundheitlichen Risiko für Mensch, Tier und Umwelt wieder dem Futtermittel- und Lebensmittelkreislauf zugeführt werden würden.
Die Verfügungen in Ziffer 1 und Ziffer 2 des Bescheides sind auch verhältnismäßig.
Die getroffenen Entscheidungen sind geeignet, rechtmäßige Zustände wiederherzustellen. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Maßnahmen sind auch angemessen. Die Gefahr von Kreuzkontaminationen und damit gesundheitlichen Gefahren für Menschen und Tiere überwiegt die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin. Dabei ist die wirtschaftliche Beeinträchtigung der Antragstellerin vorliegend nicht als besonders schwerwiegend zu bewerten. Denn die Antragstellerin müsste auch ohne die Verfügungen die Materialien der Kategorie 1 und 2 nach N. verbringen. Durch die Verfügungen wird nur der direkte Transport nach N. notwendig und die Zwischenlagerung in A-Stadt entfällt. Im Übrigen ist der Antragstellerin die Möglichkeit der Umsetzung der Vorgaben dadurch erleichtert worden, dass für den Zeitraum von einer Woche auf die Festsetzung eines Zwangsgeldes seitens des Antragsgegners verzichtet wurde.
Der hilfsweise gestellte Antrag bezüglich der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Nr. 2 der angefochtenen Verfügung ist nur ein unselbstständiger Ausschnitt aus dem gestellten Hauptantrag und unterfällt damit aus den zum Hauptantrag genannten Gründen ebenfalls der Abweisung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ist nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG erfolgt. Die Kammer schätzt das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin auch unter Berücksichtigung des Vortrags im Hauptsacheverfahren auf 100.000 € und legt die Hälfte dieses wirtschaftlichen Interesses an einer vorläufigen Entscheidung der Streitwertbemessung zugrunde.