Amtsgericht Goslar
Urt. v. 20.12.2005, Az.: 4 C 360/05
Bibliographie
- Gericht
- AG Goslar
- Datum
- 20.12.2005
- Aktenzeichen
- 4 C 360/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 43471
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGGOSLR:2005:1220.4C360.05.0A
In dem Rechtsstreit
.........
wegen Feststellung
hat das Amtsgericht Goslar auf die mündliche Verhandlung vom 29.11.2005 durch den Richter am Amtsgericht Kammler
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- 3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier von der Beklagten vorgenommenen Gaspreiserhöhungen.
Die Beklagte nahm mit Rechnung vom 26.02.2005 (Bl. 7 d.A.) eine Erhöhung der Gaspreise vor, indem sie den Preis von 3,35 Cent je Kilowattstunde auf 3,65 Cent je Kilowattstunde anhob. Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 06.03.2005 (Bl. 11 d.A.) Widerspruch ein und machten geltend, dass die Gaspreiserhöhung unbillig gem. § 315 BGB sei. Gleichzeitig forderten sie die Beklagte auf, die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preiserhöhung durch nachvollziehbare und prüffähige sowie vollständige Offenlegung ihrer Kalkulationsgrundlagen nachzuweisen.
Mit Schreiben vom 25.07.2005 (Bl. 16 d.A.) kündigte die Beklagte abermals eine Preissteigerung ihrer Gastarife um 0,55 Cent je Kilowattstunde an. Hiergegen erhoben die Kläger durch Schreiben vom 04.08.2005 (Bl. 17 d.A.) Widerspruch.
Innerhalb eines Zeitraumes von 10 Monaten (Oktober 2004 bis August 2005) erhöhte die Beklagte ihre Preise von ursprünglich 3,35 Cent je Kilowattstunde auf 4,20 Cent je Kilowattstunde. Ausgehend von dem ursprünglichen Preis stellt dies eine Anhebung um 25,37 % dar.
Die Kläger machen geltend, die Beklagte habe nicht dargelegt, dass die Gaspreise der Billigkeit im Sinne von § 315 BGB entsprechen.
Die Kläger beantragen,
1. es wird festgestellt, dass die von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag zum 01.10.2004 vorgenommene Erhöhung der Gastarife unbillig und unwirksam ist.
2. es wird festgestellt, dass die von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag zum 01.08.2005 vorgenommene Erhöhung der Gastarife unbillig und unwirksam ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, die Kläger hätten die Behauptung der Unbilligkeit nicht hinreichend substantiiert. § 315 BGB sei nicht analog anwendbar, da die kartellrechtlichen Spezialregelungen den Vorrang hätten. Die Kalkulation der Beklagten falle unter das Geschäftsgeheimnis und müsse daher nicht offen gelegt werden. Die Preise der Beklagten seien weder vom Bundeskartellamt noch von der Landeskartellbehörde beanstandet worden.
Die Preise der Beklagten würden sich bundesweit gesehen im unteren Bereich und landesweit gesehen im mittleren Bereich bewegen. Darüber hinaus sei die Bezugskostensteigerung auf Seiten der Beklagten nicht vollständig an die Kunden weitergegeben worden.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Tarife für Leistungen der Daseinsfürsorge, auf deren Inanspruchnahme der Kunde wie hier angewiesen ist, unterliegen der Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, § 315 BGB könne keine analoge Anwendung finden, da eine Analogie die kartellrechtlichen Spezialregelungen entgegenstünden und sich hierbei auf Entscheidungen der Landgerichte Bremen, Köln und Rostock beruft, kann dem nicht gefolgt werden, da die vorgenannten Entscheidungen die Netznutzungen für Wettbewerber nicht aber Verträge mit Verbrauchern als Endabnehmer betreffen.
Soweit die Kläger die Billigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Preiserhöhungen bestreiten, haben sie nicht dargelegt, dass der von der Beklagten verlangte Gaspreis von den Gaspreisen anderer Unternehmen abweicht, so dass bereits Zweifel an der hinreichenden Substantiierung ihres Vorbringens bestehen.
Eine einseitige Preiserhöhung kann dann als billig im Sinne des § 315 BGB anzusehen sein, wenn das verlangte Entgelt im Rahmen des marktüblichen liegt und dem entspricht, was regelmäßig als Preis für eine vergleichbare Leistung verlangt wird. Es ist danach nicht zu erkennen, dass die von der Beklagten verlangten Preiserhöhungen nicht der Billigkeit entsprechen.
Denn bei der Billigkeitskontrolle anlässlich einer Preiserhöhung ist nicht der Preis an sich zu überprüfen, sondern lediglich die Preiserhöhung. Aus diesem Grunde ist die Beklagte auch nicht verpflichtet, ihre gesamte Kalkulation offen zu legen.
Die Beklagte hat dargelegt und zum Beweis die Bescheinigung ihres Wirtschaftsprüfers (Anlage B 18) vorgelegt, dass sie die ihr von ihrem Vorlieferanten berechneten Preise nicht in voller Höhe auf die Bezugspreise für die Abnehmer umgelegt hat.
Ferner hat die Beklagte statistisches Material (Anlagen B 19 bis 23) vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass bundesweit gesehen die Preise der Beklagten im niedrigsten Drittel liegen und dass die Preise der Beklagten bezogen auf das Land Niedersachsen sich im mittleren Bereich bewegen.
Einer weitergehenden Darlegung bedarf es hier nicht.
Etwas Anderes würde nur dann gelten, wenn das von der Beklagten verlangte Entgelt nicht nur unerheblich über den auf das Land Niedersachsen bezogenen durchschnittlichen Entgelten liegen würde. In einem solchen Falle müssten entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH NJW-RR 1992, 183 ff. [BGH 02.10.1991 - VIII ZR 240/90]) weitergehende Darlegungen erfolgen, notfalls die Kalkulation offen gelegt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert.