Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 06.03.1991, Az.: 2 W 8/91

Erstattungspflichtigkeit bezüglich der die dem Rechtsanwalt des Erstattungsberechtigten zu zahlenden Umsatzsteuer; Die auf die Vergütung des Rechtsanwalts entfallende Umsatzsteuer als Auslagen des Rechtsanwalts; Bedeutung der Vorsteuerabzugsmöglichkeit

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
06.03.1991
Aktenzeichen
2 W 8/91
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1991, 14740
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1991:0306.2W8.91.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AZ: 2 0 302/90

Fundstelle

  • NJW 1991, 3155-3156 (Volltext mit red. LS)

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig

durch

den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts (... ) und

die Richter am Oberlandesgericht (…)

am 06. März 1991

beschlossen:

Tenor:

Die als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts (…) vom 29. November 1990 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

1

Das Rechtsmittel des Klägers ist nicht begründet.

2

In ständiger Rechtsprechung hat der Senat im Anschluss an den Bundesfinanzhof (NJW 1970, 1343) und in Übereinstimmung mit der wohl einhelligen Rechtsprechung der anderen Oberlandesgerichte (vgl. Kostenrechtsprechung ZPO § 91 (A) 4. 7. 6. ) die Auffassung vertreten, dass der nach § 91 ZPO Kostenpflichtige die dem Rechtsanwalt des Erstattungsberechtigten zu zahlende Umsatzsteuer unabhängig davon zu erstatten hat, ob der Erstattungsberechtigte sie als Vorsteuer abziehen kann.

3

Die Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (MDR 1991, 89 = Rpfleger 1990, 477) und ihm folgend einiger Oberlandesgerichte (Hanseatisches OLG Hamburg MDR 1991, 65 = Rpfleger 1991, 80 = NJW 1991, 575; OLG Düsseldorf und OLG Stuttgart Rpfleger 1991, 79 = NJW 1991, 572; zustimmend auch Giesberts MDR 1991, 90 [BFH 06.03.1990 - VII E 9/89]; Helming AnwBl 1991, 36), gibt dem Senat keinen Anlass, von der bisherigen Auffassung, die nach wie vor auch von den Oberlandesgerichten Celle (Nds. Rpfl. 1991, 28), Frankfurt, Nürnberg und Hünchen (jeweils Rpfleger 1991, 78) geteilt wird, abzuweichen, da gute Gründe dafür sprechen, die Kontinuität der bisherigen Rechtsprechung aufrecht zu erhalten.

4

Die auf die Vergütung des Rechtsanwalts entfallende Umsatzsteuer gehört zu den Auslagen des Rechtsanwalts, deren Ersatz er nach § 25 Abs. 2 BRAGO verlangen kann. § 91 Abs. 2 S. l ZPO bestimmt, dass die unterlegene Partei der obsiegenden die gesetzlichen Gebühren und Auslagen ihres Anwalts zu erstatten hat. Nach dem eindeutigen und uneingeschränkten Wortlaut dieser Gesetzesvorschriften erstreckt sich die Kostenerstattungspflicht somit auch auf die zu den Auslagen des Rechtsanwalts gehörende Umsatzsteuer, und zwar unabhängig davon, ob der Erstattungsberechtigte vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht. Es gibt keine zwingenden Gesichtspunkte, von dem Wortlaut der Gesetzesregelung eine Ausnahme zu machen. Soweit im Kostenfestsetzungsverfahren die Erforderlichkeit der Kosten geprüft wird (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO), sind damit in der Regel tatsächliche Fragen angeschnitten, die im Zusammenhang mit dem Hauptverfahren stehen und in diesem Rahmen weitgehend ohne erheblichen Aufwand gelöst werden können. Hiervon unterscheidet sich die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung der obsiegenden Partei dadurch, dass damit in tatsächlicher Hinsicht Fragen angeschnitten werden, die, wenn Oberhaupt, im Hauptverfahren nur zufällig behandelt worden sind, und weiter materiell-rechtliche Fragen zu lösen sind, von denen das Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich freigehalten werden soll und die besonders schwierig sein können. Mit der Einbeziehung der Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung können somit Komplikationen in ein Verfahren hineingetragen werden, das als Massenverfahren bewusst einfach und effektiv gehalten werden soll. Dem Charakter des Kostenfestsetzungsverfahrens entspricht deshalb nicht, schwierige materiell-rechtliche Bewertungen wie den Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung in die Beurteilung mit einfließen zu lassen. Die materiellrechtlichen Gesichtspunkte müssen angesichts des Wortlautes dieses § 91 Abs. 2 ZPO Bind der Bedeutung der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Kostenfestsetzungsverfahrens zurücktreten.

5

Dem kann auch nicht mit dem Bundesfinanzhof entgegengehalten werden, dass dies zu einer "unbilligen Belastung des Erstattungspflichtigen" führt. Ob der Prozessgegner vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht, ist für die unterlegene Partei ein bloßer Zufallsumstand; Von der Belastung her gesehen kann die unterlegene Partei es in Bezug auf den Gegner deshalb nicht als gerecht oder ungerecht empfinden, die Umsatzsteuer des Rechtsanwalts ausgleichen zu müssen. Da der Prozessgegner, dem die Mehrwertsteuer erstattet wird, sie dann aber auch nicht zum Vorsteuerabzug verwenden darf und somit bei konkreter Abwicklung auch keine finanziellen Vorteile erlangt, kann es schließlich auch aus dieser Sicht zu Unbilligkeiten nicht führen. Die Vermeidung steuerrechtlicher Unregelmäßigkeiten ist aber nicht Aufgabe des Kostenfestsetzungsverfahrens.

6

Nach allem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg, sodass es mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen ist.

Streitwertbeschluss:

Wert des Beschwerdeverfahrens: 179,34 DMDer Wert des Beschwerdeverfahrens entspricht dem streitigen Kostenbetrag.