Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 14.10.2002, Az.: 13 U 69/02
Geltungsbereich der Haftungsbeschränkungen nach dem Weltpostvertrag (WPV) i.R.d. Verlusts von nach dem WPV tranportierten Wertbriefen; Rechtsnatur des WPV
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 14.10.2002
- Aktenzeichen
- 13 U 69/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 30368
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2002:1014.13U69.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 29.05.2002 - AZ: 16 O 608/01
Rechtsgrundlage
- Art. 34 Ziffer 4.1. WPV
Fundstelle
- TranspR 2003, 241-242 (Volltext mit red. LS)
In dem Rechtsstreit ...
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richterin am Oberlandesgericht ...
auf die mündliche Verhandlung vom 30.09.2002
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 29.05.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Osnabrück wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 36.442,90 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin ist Transportversicherer der Firma ... K..., Münzhandlung in O.... Sie begehrt Schadensersatz aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen Verlustes einer Wertsendung.
Die Versicherungsnehmerin der Klägerin versandte im März 2001 an Herrn M... in L..., P..., Münzen, deren Wert streitig ist und von der Klägerin mit 72.237,00 DM angegeben wird. Mit der Versendung beauftragte die Versicherungsnehmerin die Beklagte. Den Wert der Sendung gab sie mit 1.000,00 DM an. Die Sendung erreichte den Empfänger nicht. Die Beklagte zahlte eine Entschädigung in Höhe von 1.000,00 DM und lehnte weitergehenden Schadensersatz ab. Mit der Klage begehrt die Klägerin vollen Wertersatz.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Haftungsbeschränkung des Art. 34 Ziffer 4.1. Weltpostvertrag auf das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der Versicherungsnehmerin der Klägerin angewandt. Der Weltpostvertrag regele neben dem Zusammenspiel der verschiedenen Postverwaltungen oder der von den jeweiligen Mitgliedstaaten mit den Aufgaben der Postverwaltung betrauten Institutionen auch das Verhältnis zum Endkunden. Die Haftungsbeschränkung des Art. 34 Ziffer 4.1. Weltpostvertrag stelle gegenüber den davon abweichenden Regelungen des § 435 HGB und entsprechenden sonstigen Vorschriften eine rechtliche Sonderregelung dar, die diese Vorschriften verdränge.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie ist der Auffassung, soweit es das privat-rechtliche Verhältnis der Beklagte zu ihren Kunden betreffe, komme eine Geltung der Bestimmungen des Weltpostvertrages allenfalls bei deren wirksamer Einbeziehung durch AGB der Beklagten in Betracht. Selbst wenn die Bestimmungen des Weltpostvertrages zur Anwendung kämen, so müsste es sich um eine Beförderung zwischen zwei nationalen Postverwaltungen handeln. Dies sei erst bei Übergabe an eine andere nationale Postverwaltung der Fall. Sie bestreite, dass der Verlust erst nach Übergabe an die portugiesische Postverwaltung eingetreten sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Osnabrück vom 29.05.2002 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 36.442,90 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszins seit Rechtshänigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und legt ihre AGB BFD Ausl vor, in denen auf den Weltpostvertrag Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen weitergehende Schadensersatzanspruch wegen des Verlustes des von ihrer Versicherungsnehmerin aufgegebenen Wertbriefs. Nach Art. 34 Ziffer 4.1. Weltpostvertrag ist die Entschädigung auf die Wertangabe für die Wertsendung beschränkt.
Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass der Weltpostvertrag auch das Verhältnis zwischen den Postverwaltungen und dem Endverbraucher regelt. Insoweit wird auf die Begründung des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Urteil vom 17.04.2002 - 18 U 158/01-, welches den Parteien bekannt ist, Bezug genommen. Der Weltpostvertrag in seiner aktuellen Fassung der Verträge von Seoul aus dem Jahre 1994 ist vom Deutschen Bundestag mit dem Gesetz zu den Verträgen vom 14.09.1994 des Weltpostvereins am 26.08.1998 mit Zustimmung des Bundesrates zum national anwendbaren Recht erklärt worden (BGBl. II 1998 Seite 2082 ff.). Es ist ausweislich der Bekanntmachung der Bundesregierung vom 12. Januar 1999 am 09.12.1998 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten (BGBl. II 1999, Seite 82 f.) Insoweit hat die Bundesrepublik die Deutsche Post AG in Art. 4 des Gesetzes zu den Verträgen vom 14.09.1994 (BGBl. 1998 Seite 2083) zu ihrer "Vertreterin" bestellt. Diese nimmt danach im internationalen Postverkehr, der dem Weltpostvertrag unterfällt, die Rechte und Pflichten der Bundesrepublik wahr. Zu diesen Rechten gehört aber auch die Möglichkeit der Berufung auf die Haftungsbegrenzung nach Art. 34 WPV. Diese Rechtsauffassung wird auch in der Literatur geteilt. (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2001 Art. 1 CMR Rdnr. 22). Soweit teilweise eine Einführung der Weltpostverträge in das privatrechtliche Verhältnis durch Aufnahme in die AGB verlangt wird (Thume, CMR-Kommentar 1995, Art. 1 Rdnr. 45), erfüllt die Beklagte auch diese Voraussetzung, wie sich aus Nr. 2 Abs. 1 der von der Beklagten inzwischen vorgelegten AGB AfD Ausl. ergibt. Die AGB sind nach § 2 AGBG in den Vertrag zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagten einbezogen worden. Es ist anerkannt, dass bei typischen Massengeschäften des täglichen Lebens gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG durch die Art des Vertragsabschlusses und die darauf beruhende unverhältnismäßige Schwierigkeit eines ausdrücklichen Hinweises für die Einbeziehung genügt, dass statt des ausdrücklichen Hinweises ein deutlich sichtbarer Aushang mit einem Hinweis auf die AGB gegeben ist (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl. 2001, § 2 Rdnr. 36 ff.). Im Übrigen waren zur Zeit der Kommentierung von Thume die Verträge vom 14.09.1994 des Weltpostvereins noch nicht ratifiziert.
Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die Beklagte auch schon auf die Haftungsbeschränkung berufen könnte, solange sich der Wertsendung noch in einer rein nationalen Beförderung befindet, denn die Beklagte hat nachgewiesen, dass die Wertsendung der Versicherungsnehmerin der Klägerin an die ausländische Postverwaltung übergeben wurde. Sie hat das Original eines Nachforschungsauftrag vorgelegt, auf dem der Kartenschluss, mit dem die Sendung in das Ausland weitergeleitet wurde, von der Auswechslungsstelle in Frankfurt bestätigt wird. Auf diesem Nachforschungsauftrag hat zudem die portugiesische Postverwaltung bestätigt, dass die Nachforschungen erfolglos waren und eine Entschädigung zu erfolgen habe.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Entscheidung des Senats weicht nicht von anderen oberlandesgerichtlichen Entscheidungen ab. Die Rechtsfrage erscheint dem Senat im Hinblick auf Art. 4 des Gesetzes zu den Verträgen vom 14.09.1994 des Weltpostvereins eindeutig.