Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 206/08
Antrag; Aufhebung; Bestandskraft; Ermessensreduzierung; Gebührenbescheid; Gebührenforderung; Kurzantrag; Langantrag; Rücknahme; Verjährung; Wiederaufgreifen; offensichtlich rechtswidrig; schlechthin unerträglich
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 02.12.2009
- Aktenzeichen
- 5 A 206/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 43823
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2009:1202.5A206.08.0A
Rechtsgrundlagen
- 105 AMG
- 105 V c AMG
- 105b AMG
- 33 III 1 AMG
- 20 I VwKostG
- 20 III VwKostG
- 21 I VwKostG
- 48 I 1 VwVfG
- 51 I Nr. 1 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann sich ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen rechtswidrigen Verwaltungsaktes ergeben, wenn ein Aufrechterhalten für den Betroffenen "schlechthin unerträglich" ist. Dies kann der Fall sein, wenn zum Zeitpunkt des Ergehens des Verwaltungsaktes an dem Verstoß gegen formelles oder materielles Recht kein Zweifel bestand und sich der Verstoß deswegen aufdrängen musste ("offensichtliche Rechtswidrigkeit"). Im Falle einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kann das behördliche Ermessen im Sinne der Rücknahme auf Null reduziert sein, es muss dies aber nicht
- 2.
Bei der Abwägung, ob das Aufrechterhalten eines rechtswidrigen Gebührenbescheides i.d.S. "schlechthin unerträglich" ist, darf die Behörde berücksichtigen, dass sich die Rechtswidrigkeit "nur" aus der Verjährung des Gebührenanspruchs ergibt und der Betroffene eine der Gebührenforderung entsprechende Verwaltungsleistung tatsächlich erhalten hat.
- 3.
Hier: Einzelfall wegen der Verjährung der Gebührenforderungen rechtswidriger Gebührenbescheide für die sog. Nachzulassung von Arzneimitteln - Anspruch auf Aufhebung verneint.
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es - hinsichtlich des Kostenbescheides zum Produkt Colistinsulfat 100 % in einer Höhe von 11 314,89 Euro - übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 86 Prozent, die Beklagte zu 14 Prozent. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Die Beteiligten können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere Beteiligte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 79 284,45 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Rückerstattung von Zahlungen, die sie auf Gebührenbescheide der Beklagten für die sogenannte Nachzulassung von Arzneimitteln geleistet hat.
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das neben anderem Tierarzneimittel vertreibt. Sie ist Inhaberin der arzneimittelrechtlichen Zulassungen für folgende Tierarzneimittel:
1. Amoxicillin 10 % AMV
2. Amoxicillin-Trihydrat 10 %
3. Amoxicillin-Trihydrat 20 %
4. F.
5. Colistinsulfat 100 %
6. Colistinsulfat 6 % Pulver
7. Orystor 4 % AMV
In den Jahren 1989 bzw. 1991 stellte sie für diese Produkte Anträge auf Verlängerung der fiktiven arzneimittelrechtlichen Zulassungen, sogenannte Nachzulassungen, gemäß § 105 des Arzneimittelgesetzes (AMG). Hierbei machte sie Angaben über die Bestandteile der Arzneimittel, die Darreichungsform, die Anwendungsgebiete und die Wirkungen (sog. Kurzantrag).
Mit Ausnahme des Produktes F. machte die Klägerin später von der Regelung gemäß § 105 Abs. 5c AMG a.F. - der sog. 2004er-Regelung - Gebrauch, wonach die Zulassung eines Arzneimittels auch ohne Wirksamkeits- und Unbedenklichkeitsnachweis erst zum 1. Januar 2005 erlöschen sollte, sofern der pharmazeutische Unternehmer bis zum 31. Dezember 1999 erklärt, dass er den Antrag auf Nachzulassung zurücknimmt. Mit dem 10. AMG-Änderungsgesetz hob der Gesetzgeber die "2004er-Regelung" auf und eröffnete mit der Neufassung von § 105 Abs. 5c AMG zugleich die Möglichkeit, die betroffenen Nachzulassungsverfahren fortzuführen. Die Klägerin machte von dieser Möglichkeit Gebrauch und beantragte jeweils Ende Januar 2001, die Nachzulassungsverfahren der betroffenen - mit Ausnahme des Produktes F. sämtlicher hier streitgegenständlicher - Tierarzneimittel gemäß § 105 Abs. 5c AMG wiederaufzugreifen.
Nach Bescheidung der Nachzulassungsanträge erließen die Beklagte bzw. das damalige Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin Kostenbescheide entsprechend der nachfolgenden Aufstellung:
Die Auslagen standen jeweils im Zusammenhang mit der Bekanntmachung der Zulassungsentscheidung im Bundesanzeiger.
Gegen einzelne dieser Kostenbescheide - namentlich bzgl. der Produkte Nr. 2, Nr. 5 und Nr. 7 - legte die Klägerin Widerspruch ein. Den Widerspruch hinsichtlich des Produktes Nr. 5 - Colistinsulfat 100 % - entschied die Beklagte zunächst nicht. Den Widerspruch hinsichtlich der Produkte Nr. 2 und Nr. 7 wies die Beklagte jeweils im April 2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Kostenforderungen seien nicht gemäß § 20 VwKostG verjährt. Denn der Antrag auf Wiederaufgreifen gemäß § 105 Abs. 5c AMG stelle einen selbstständigen Nachzulassungsantrag dar. Dieser sei innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist gemäß § 20 VwKostG beschieden.
Gegen keinen der gegen sie gerichteten Kostenbescheide bzw. der Widerspruchsbescheide hat die Klägerin Klage erhoben. Die festgesetzten Verwaltungskosten hat sie sämtlich gezahlt.
Im November 2007 wandte sich die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte und beantragte die Aufhebung sämtlicher Kostenbescheide sowie die Rückerstattung der von ihr auf die Bescheide geleisteten Zahlungen. Ihren Antrag begründete sie im Wesentlichen wie folgt: Trotz der Bestandskraft der Kostenbescheide könne sie deren Aufhebung und die Rückerstattung von ihr geleisteter Zahlungen beanspruchen, denn sämtliche Bescheide seien wegen der Verjährung der zugrunde liegenden Gebührenforderungen offensichtlich rechtswidrig gewesen. Die vierjährige Verjährungsfrist des § 20 Abs. 1 Satz 1 VwKostG habe jeweils mit Stellung der Kurzanträge begonnen und sei bei Erlass der Kostenbescheide - lange - verstrichen gewesen. Diese Rechtslage ergebe sich aus den eindeutigen Vorschriften des Arzneimittelgesetzes (AMG) und des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG). Das Bundesverwaltungsgericht habe diese Rechtslage in seinem Urteil vom 24. Februar 2005 (3 C 38/04) bestätigt. Wegen der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Kostenbescheide sei das Rücknahmeermessen der Beklagten "auf Null reduziert" und sie verpflichtet, die Kostenbescheide aufzuheben. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit stelle eine Fallgruppe dar, für die eine Verpflichtung der Behörde zur Aufhebung eines bestandskräftigen Bescheides anerkannt sei. Hinsichtlich des Produktes F. (Nr. 4) sei darüber hinaus zu beachten, dass der Kostenbescheid zeitlich nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 2005 erging.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und begründete dies im Wesentlichen wie folgt: Dem Begehren der Klägerin stehe die Bestandskraft der Kostenbescheide entgegen. Ihre Entscheidung beruhe auf einer Abwägung der betroffenen widerstreitenden Interessen, namentlich dem Prinzip der materiellen Gerechtigkeit und dem im Hinblick auf die Bestandskraft der Bescheide betroffenen Prinzip der Rechtssicherheit. Diese stünden sich grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Sie habe berücksichtigt, dass die bestandskräftigen Kostenbescheide längst abgeschlossene Sachverhalte beträfen und sie in keinem einzigen zahlreicher vergleichbarer Fälle ein Verwaltungsverfahren wiederaufgegriffen habe. Ihr Aufhebungsermessen sei - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht auf Null reduziert. Hierfür sei Voraussetzung, dass es für die Klägerin schlechthin unerträglich sei, falls sie an der bestandskräftigen Entscheidung festhalte. Dies sei nicht der Fall. Auch wenn die Gebührenfestsetzungen wegen Verjährung möglicherweise rechtswidrig erfolgt seien, habe die Klägerin in sämtlichen Fällen eine den festgesetzten Gebührenforderungen adäquate Verwaltungsleistung erhalten. Von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Kostenbescheide könne ohnehin nicht ausgegangen werden. Zu den relevanten rechtlichen Fragestellungen seien vielmehr unterschiedliche Rechtsansichten vertretbar gewesen und vertreten worden, die erst einer höchstrichterlichen Klärung bedurft hätten.
Hiergegen legte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben am 26. März 2008 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2008 als unbegründet zurückwies.
Am 20. August 2008 hat die Klägerin Klage erhoben. In Ergänzung zu ihrer bisherigen Begründung trägt sie insbesondere vor, der Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2008 sowie der Widerspruchbescheid vom 24. Juli 2008 seien jedenfalls ermessensfehlerhaft. Selbst wenn das Rücknahmeermessen der Beklagten nicht auf Null reduziert sein sollte, habe sie deswegen jedenfalls einen Anspruch auf erneute, ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten über ihren Antrag. Ermessensfehlerhaft sei zunächst, dass die Beklagte nicht danach unterschieden habe, ob ein Kostenbescheid zeitlich vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 2005 ergangen sei oder danach. Ermessensfehlerhaft sei es zudem, dass die Beklagte in ihren Entscheidungen darauf abstelle, dass sich die Rechtswidrigkeit der Kostenbescheide "nur" wegen der Verjährung ergebe und sie - unabhängig von der Frage der Verjährung - eine den geltend gemachten Kosten entsprechende Verwaltungsleistung - die Nachzulassung ihrer Arzneimittel - erhalten habe. Richtigerweise sei nämlich nur maßgeblich, ob die Festsetzung der Verwaltungskosten offensichtlich rechtswidrig gewesen sei. Ermessensfehlerhaft sei es deswegen schließlich auch, soweit die Beklagte in ihrer Entscheidung berücksichtigt habe, dass die Rechtswidrigkeit ihrer Ansicht nach nicht besonders schwer wiege.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 26. Februar 2008 sowie des Widerspruchbescheides vom 24. Juli 2008 zu verpflichten, die Kostenbescheide in den Nachzulassungsverfahren
Amoxicillin 10 % AMV vom 20.07.2001,
Amoxicillin-Trihydrat 10 % vom 04.02.2002,
Amoxicillin-Trihydrat 20 % vom 02.02.2004,
F. vom 11.03.2005,
Colistinsulfat 100 % vom 02.05.2002,
Colistinsulfat 6 % Pulver vom 21.10.2002,
Orystor 4 % AMV vom 13.10.2003,
aufzuheben und den auf diese Bescheide geleisteten Betrag von 79 284,45 Euro zu erstatten,
hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 26. Februar 2008 sowie des Widerspruchbescheides vom 24. Juli 2008 zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Aufhebung der Kostenbescheide und die Erstattung der von ihr auf diese Bescheide geleisteten Zahlungen zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf ihren Bescheid vom 26. Februar 2008 sowie den Widerspruchbescheid vom 24. Juli 2008.
Die Beteiligten haben den Rechtsstreit hinsichtlich des Kostenbescheides zum Produkt Colistinsulfat 100 % in einer Höhe von 11 314,89 Euro übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte diesen während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben hat.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Beiakten A bis X verwiesen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Kostenbescheides zum Produkt Colistinsulfat 100 % in einer Höhe von 11 314,89 Euro in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
Die im Übrigen zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin kann weder die Aufhebung der übrigen sechs Kostenbescheide (zu den Produkten Nr. 1 - Nr. 4 und Nr. 6 - Nr. 7) beanspruchen (1.) oder eine erneute Entscheidung der Beklagten über deren Aufhebung (2.) noch die Rückerstattung der von ihr auf diese Kostenbescheide geleisteten Zahlungen oder eine erneute Entscheidung der Beklagten über eine Rückerstattung (3.). Der Bescheid vom 26. Februar 2008 und der Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2008 der Beklagten sind hinsichtlich dieser sechs Kostenbescheide rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwVG O.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung der verbliebenen sechs streitgegenständlichen Kostenbescheide. Denn sie hat diese Kostenbescheide unanfechtbar werden lassen. Die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Aufhebung eines bestandskräftigen Bescheides besteht, sind hinsichtlich der sechs Kostenbescheide nicht erfüllt. So ist zunächst nicht davon auszugehen, dass sich wegen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 2005 die Sach- oder Rechtslage i.S.v. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zugunsten der Klägerin geändert hat. Denn eine gerichtliche Spruchpraxis kann keine Änderung der Sach- oder Rechtslage im Sinne der Vorschrift bewirken (st. Rspr. vgl. BVerwG, B. v. 07.07.2004 - 6 C 24/03 -, juris Rn. 3; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 51 Rn. 105 m.w.N.). Ein Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der bestandskräftigen Bescheide ergibt sich auch nicht aus § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.
Dies trifft zunächst auf den Kostenbescheid hinsichtlich des Produktes F. zu.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Zwar erweist sich der Kostenbescheid zum Produkt F. hinsichtlich der dort festgesetzten Gebühren jedenfalls in einer Höhe von 12 847,50 Euro als rechtswidrig. Gleichwohl kann die Klägerin seine Rücknahme nicht - auch nicht beschränkt auf den rechtswidrigen Kostenanteil - beanspruchen.
Der Kostenbescheid ist jedenfalls hinsichtlich eines Gebührenanteils in einer Höhe von 12 847,50 Euro rechtswidrig. Denn jedenfalls in dieser Höhe war der Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Gebühren für die Nachzulassung des Arzneimittels F. gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 AMG i.V.m. 20 Abs. 1 Satz 1 VwKostG verjährt und deswegen gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 AMG i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 3 VwKostG erloschen, als die Beklagte den Kostenbescheid am 11. März 2005 erlassen hat.
Der Anspruch auf Zahlung von Verwaltungskosten wegen der Nachzulassung des Arzneimittels verjährte gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 AMG i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 VwKostG spätestens mit dem Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung des Anspruchs. Gemäß § 11 Abs. 1 VwKostG entsteht ein Gebührenanspruch, soweit ein Antrag notwendig ist, mit dessen Eingabe bei der Behörde und nur im Übrigen mit der Beendigung der Amtshandlung. Gebührenansprüche wegen der Nachzulassung von Arzneimitteln entstehen hiernach mit der Stellung des - i.S.v. § 11 Abs. 1 VwKostG notwendigen - sog. Kurzantrages. Mit Stellung dieses Kurzantrages beginnt die Verjährungsfrist, die spätestens mit Ablauf des vierten Jahres nach Stellung des Kurzantrages endet, wenn die Verjährung nicht gemäß § 20 Abs. 2 VwKostG gehemmt oder gemäß § 20 Abs. 3 VwKostG unterbrochen wurde. Das erkennende Gericht schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Urteil vom 24. Februar 2005 (Az.: 3 C 38/04, juris) an.
Die Klägerin hat die Nachzulassung ihres Produktes F. im Jahr 1989 beantragt. Jedenfalls hinsichtlich eines Anteils von 12 847,50 Euro ist die Verjährung der Gebührenforderung deswegen mit Ablauf des Jahres 1993 eingetreten und die Forderung gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 VwKostG erloschen. Der Verjährung des Gebührenanspruches steht die Regelung des § 105b AMG nicht entgegen. Zwar verjährt hiernach der Anspruch auf Zahlung von Verwaltungskosten in Nachzulassungsverfahren erst mit Ablauf des vierten Jahres nach der Bekanntgabe der abschließenden Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung an den Antragsteller. Diese Vorschrift ist jedoch erst im Jahr 1998 in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt war die Gebührenforderung jedenfalls hinsichtlich des Anteils in Höhe von 12 847,50 Euro bereits verjährt. Gebührenforderungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 105b AMG bereits verjährt gewesen sind, werden von der Regelung nicht erfasst. Denn § 105b AMG entfaltet keine sog. Rückwirkung. Eine solche lässt sich weder mit dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift begründen. Auch insoweit schließt sich die erkennende Kammer dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 2005 (a.a.O., juris Rn. 30 ff.) an.
Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Gebührenforderung hinsichtlich eines Teilbetrages von 792,50 Euro nicht verjährt gewesen und der Kostenbescheid insoweit rechtmäßig ist. Hierfür spricht allerdings, dass die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 14. Oktober 1991 gemäß § 16 VwKostG eine anteilige Vorschusszahlung in Höhe von 792,50 Euro geltend gemacht hat und die Verjährung hinsichtlich dieses Anteils gemäß § 20 Abs. 3 bis Abs. 5 VwKostG unterbrochen haben dürfte (vgl. hierzu OVG Berlin, U. v. 11.12.2003 - 5 B 11.01 -, juris Rn. 40). Denn die Klägerin kann aus den nachfolgend dargelegten Gründen die Aufhebung des Gebührenbescheides selbst dann nicht beanspruchen, wenn man die Rechtswidrigkeit auch hinsichtlich dieses Gebührenanteils von 792,50 Euro unterstellt.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gemäß § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG auf Rücknahme des rechtswidrigen Anteils des Kostenbescheides zum Produkt F.. Eine sog. Ermessensreduzierung auf Null ist nicht gegeben, weil keine Umstände vorliegen, aufgrund derer sich das der Beklagten gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zugestandene Ermessen dahin verdichtet hat, dass nur die Rücknahme des Bescheides ermessensfehlerfrei wäre.
Wird - wie hier - die Rücknahme eines bestandskräftigen belastenden Verwaltungsaktes begehrt, ist bei der Ausübung des Rücknahmeermessens in Rechnung zu stellen, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukommt als dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Das der materiellen Einzelfallgerechtigkeit gegenläufige Gebot der Rechtssicherheit ist ein wesentliches Element der Rechtsstaatlichkeit und damit eines Konstitutionsprinzips des Grundgesetzes. Aus ihm folgt die grundsätzliche Rechtsbeständigkeit unanfechtbarer Verwaltungsakte. Gibt die Rechtsordnung der Verwaltungsbehörde die Möglichkeit, durch Hoheitsakt für ihren Bereich das im Einzelfall rechtlich Verbindliche festzustellen, zu begründen oder zu verändern, so besteht auch ein verfassungsrechtliches Interesse daran, die Bestandskraft des Hoheitsaktes herbeizuführen. Die Bestandskraft eines Verwaltungsaktes, die regelmäßig damit einhergeht, wenn ein Verwaltungsakt nicht fristgerecht angefochten wird, ist ein Instrument, um Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Tritt der Grundsatz der Rechtssicherheit mit dem Gebot der Gerechtigkeit im Einzelfall in Widerstreit, so ist es Sache des Gesetzgebers und der Rechtsprechung, das Gewicht, das ihnen in dem zu regelnden Fall zukommt, abzuwägen und zu entscheiden, welchem der beiden Prinzipien der Vorrang gegeben werden soll. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise nur dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes, wenn dessen Aufrechterhaltung "schlechthin unerträglich" ist. Dies hängt von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist dann schlechthin unerträglich, wenn die Behörde dadurch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, dass sie in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen in der Regel von ihrer Befugnis zur Rücknahme Gebrauch macht, hiervon jedoch in anderen Fällen ohne rechtfertigenden Grund absieht. Genauso liegt es, wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich (vgl. zu Vorstehendem BVerwG, B. v. 07.07.2004, a.a.O., juris Rn. 15 m.w.N.). Ein Bescheid ist offensichtlich rechtswidrig in diesem Sinn, wenn sich der Verstoß gegen formelles oder materielles Recht und die hieraus resultierende Rechtswidrigkeit aufdrängen musste. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob sich der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtswidrig erweist, ist in der Regel - und so auch hier - der Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts (vgl. BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 6 C 32/06 -, juris Rn. 15 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist das Rücknahmeermessen der Beklagten nicht auf Null reduziert, weil es nicht "schlechthin unerträglich" ist, dass sie den Kostenbescheid zum Produkt F. aufrecht erhält. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich insbesondere nicht unter dem von der Klägerin angeführten Gesichtspunkt einer "offensichtlichen Rechtswidrigkeit" des Bescheides.
Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob der Kostenbescheid zum Produkt F. - jedenfalls in Höhe des Gebührenanteils von 12 847,50 Euro - i.d.S. "offensichtlich rechtswidrig" ist. Es spricht allerdings einiges dafür, dass dies nicht der Fall ist, weil die einschlägigen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Verjährung von Gebührenforderungen wegen der Nachzulassung von Arzneimitteln erst mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 2005 abschließend geklärt wurden und sich die vom Bundesverwaltungsgericht festgestellte Rechtslage und eine hieraus resultierende Rechtswidrigkeit des Gebührenbescheides vorher nicht aufdrängen musste. So wurde zuvor insbesondere von verschiedener Seite in der Fachliteratur die Auffassung vertreten, die Verjährung beginne nicht bereits mit Stellung des Kurzantrages zu laufen, sondern erst wenn die vollständigen Unterlagen bzw. der sog. Langantrag eingereicht würden (vgl. BVerwG, U. v. 24.02.2005, a.a.O., juris Rn. 24 m.w.N.). Auch die Frage, ob die Verjährung eines Kostenbescheides nicht dessen Fälligkeit voraussetzte, war lange Zeit nicht eindeutig geklärt (vgl. bspw. VG Köln, B. v. 07.02.2001 - 25 L 2726/00 -, juris Rn. 10 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 13.06.2001 - 9 B 344/01 -, juris Rn. 2 ff.). Die Rechtslage zur Verjährung der Kostenforderungen dürfte zudem eine gewisse Komplexität aufgewiesen haben, insbesondere unter zusätzlicher Berücksichtigung der Regelung des § 105b AMG und der Frage, ob dieser Rückwirkung beizumessen ist. Diese Komplexität spricht gegen die Annahme einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit. Dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 24. Februar 2005 an verschiedener Stelle von einer eindeutigen Rechtslage und einem klaren Gesetzeswortlaut spricht, steht dem nicht entgegen, da es sich hiermit nicht auf den Maßstab einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit bezieht, die einen Anspruch auf Aufhebung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes begründen kann (vgl. insoweit auch BVerwG, U. v. 17.01.2007, a.a.O., juris Rn. 19). Dass der Kostenbescheid am 11. März 2005 und damit in zeitlicher Hinsicht nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 2005 ergangen ist, steht Vorstehendem bereits deswegen nicht entgegen, weil nicht ersichtlich ist, dass das Urteil am 11. März 2005 bereits veröffentlicht war, und angesichts der zeitlichen Nähe nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte, die nicht Beteiligte des Verfahrens gewesen ist, Kenntnis von diesem Urteil haben musste.
Auch bei unterstellter "offensichtlicher Rechtswidrigkeit" hat die Klägerin keinen Anspruch auf Aufhebung des Kostenbescheides zum Produkt F.. Denn - entgegen der Rechtsansicht der Klägerin - beschränkt selbst die "offensichtliche Rechtswidrigkeit" eines bestandskräftigen belastenden Bescheides nicht in jedem Fall das behördliche Ermessen auf eine Rücknahmeentscheidung zugunsten des Betroffenen. Im Falle einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kann das behördliche Ermessen im Sinne der Rücknahme auf Null reduziert sein, es muss dies aber nicht (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.2004, a.a.O., juris Rn. 15, U. v. 17.01.2007, a.a.O., juris Rn. 15; Müller in: Beck-OK VwVfG, Stand: 01.07.2009, § 48 Rn. 42). Bei einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit ist eine Ermessensreduzierung auf Null nur dann gegeben, wenn das Gebot der materiellen Gerechtigkeit gegenüber dem formalen Prinzip der Bestandskraft nach den konkreten Umständen des Einzelfalles derart überwiegt, dass es schlechthin unerträglich wäre, den Bescheid aufrecht zu erhalten. Dies ist hinsichtlich des an die Klägerin ergangenen Kostenbescheides zum Produkt F. nicht der Fall.
Die Klägerin wird durch die Aufrechterhaltung des Bescheides nicht unerträglich belastet. Der Bescheid belastet sie zunächst "nur" in finanzieller Hinsicht. Die mit dem Bescheid festgesetzte Gebührenforderung ist zwar wirtschaftlich nicht völlig unbedeutend. Die Klägerin hat jedoch nicht vorgetragen und es ist auch sonst - auch vor dem Hintergrund der von der Klägerin vorgelegten Umsatzahlen der verschiedenen Produkte - nicht ersichtlich, dass sie wegen dieser Gebührenforderung in ihrem wirtschaftlichen Handeln massiv oder gar existenziell gefährdet wäre. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin die Gebührenforderung bereits vor vielen Jahren beglichen hat und nunmehr allein eine Rückerstattung des Betrages im Raum steht. In der Abwägung der widerstreitenden Interessen wirkt sich zudem maßgeblich aus, dass sich die Rechtswidrigkeit der Gebührenfestsetzung "nur" wegen einer Verjährung ergibt. Denn bei der gebotenen wertenden Betrachtung mindert sich die mit einer Aufrechterhaltung des Bescheides verbundene Belastung der Klägerin dadurch erheblich, dass sie eine der Gebührenforderung entsprechende Verwaltungsleistung tatsächlich erhalten hat. Indem die Klägerin den Bescheid nicht mit Widerspruch und verwaltungsgerichtlicher Klage angefochten hat, hat sie zudem wesentlich zu dessen Bestandskraft beigetragen.
Diese negativen Folgen ihres Handelns sind ihr zurechenbar, zumal sich aus ihrem Schreiben vom 1. August 2002 zum Kostenbescheid zum Produkt Colisitinsulfat 100 % (Bl. 428 der Beiakte N) ergibt, dass sie bei ihren Entscheidungen, ob sie mit Rechtsbehelfen gegen Kostenbescheide vorgeht, das Kosten- und Prozessrisiko mit dem möglichen Vorteil für sich abgewogen hat. In seinem Beschluss vom 7. Juli 2004 (a.a.O., juris Rn. 18 f.) hat das Bundesverwaltungsgericht einen Anspruch auf Aufhebung eines bestandskräftigen rechtswidrigen Gebührenbescheides mit vergleichbaren Erwägung abgelehnt, obwohl die rechtswidrig festgesetzte Gebühr mehr als 1000fach übersetzt und sich insgesamt auf mehr als 5 000 000 Euro belief. Den aktuellen fachgesetzlichen Regelungen lässt sich zudem eine Wertung dafür entnehmen, den Gebührenbescheid aufrecht zu erhalten. Denn nach der Regelung des § 105b AMG ist eine Verjährung der Gebührenforderung für vergleichbare Fälle aktuell ausgeschlossen. Derartige fachgesetzliche Wertungen sind bei der Abwägung, ob das Aufrechterhalten eines rechtswidrigen Bescheides schlechthin unerträglich ist, zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.2004, a.a.O., juris Rn. 15). Gegen die Annahme, es sei schlechthin unerträglich, den Bescheid aufrecht zu erhalten, spricht zusätzlich, dass er vor langer Zeit ergangen und der Sachverhalt mit Zahlung der festgesetzten Gebühr abgeschlossen gewesen ist (vgl. zu diesem Kriterium Sachs, a.a.O, § 51 Rn. 18). Letztlich sprechen auch die fiskalischen Interessen gegen einen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides, denn die Gebühren sind in die Haushalte zurückliegender Jahre eingeflossen und verbraucht (vgl. insoweit VG Düsseldorf, U. v. 30.09.2003 - 16 K 1257/03 -, juris Rn. 18). Den Kostenbescheid aufrecht zu erhalten, ist auch nicht deswegen schlechthin unerträglich, weil er zeitlich nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 2005 ergangen ist. Denn wie dargestellt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bereits Kenntnis von dem Urteil haben musste.
Das Rücknahmeermessen der Beklagten ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes im Sinne einer Entscheidung zugunsten der Klägerin auf Null reduziert. Die Beklagte hat bislang in keinem vergleichbaren Fall einen bestandskräftigen Gebührenbescheid aufgehoben.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Aufhebung der Kostenbescheide zu den Produkten Nr. 1 - Nr. 3 sowie Nr. 6 und Nr. 7 gemäß § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Das Rücknahmeermessen der Beklagten ist insoweit - erst Recht - nicht zugunsten der Klägerin auf Null reduziert.
Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass diese Kostenbescheide ebenfalls aus den zuvor dargestellten Gründen wegen einer Verjährung der Gebührenforderungen rechtswidrig sind. Allerdings ist hinsichtlich dieser Bescheide keine "offensichtliche Rechtswidrigkeit" gegeben. Zusätzlich zu oben angeführten Erwägungen, die gegen die Annahme einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit sprachen, wirkt sich insoweit aus, dass die Klägerin in den zugrunde liegenden Nachzulassungsverfahren von der sog. 2004er Regelung Gebrauch gemacht hat und jeweils Ende Januar 2001 beantragt hatte, die Nachzulassungsverfahren gemäß § 105 Abs. 5c AMG fortzuführen. Zwar dürften diese "Anträge" nicht im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 VwKostG eine neue Verjährungsfrist in Gang gesetzt haben und dürften die Gebührenforderungen deswegen trotz der "Anträge" gemäß § 105 Abs. 5c AMG verjährt gewesen sein (vgl. hierzu VG Köln, U. v. 24.11.2006 - 25 K 10229/02 -, juris Rn. 14 ff.). Dies ist jedoch - insbesondere angesichts des formellen Charakters des Verjährungsrechts - nicht "offensichtlich" im Sinne des zuvor beschriebenen Maßstabs.
Unabhängig hiervon lassen sich die Erwägungen zum Kostenbescheid für das Produkt F., nach denen es - selbst bei unterstellter offensichtlicher Rechtswidrigkeit des Kostenbescheides - nicht schlechthin unerträglich ist, diesen aufrecht zu erhalten, auf die weiteren Kostenbescheide übertragen. Ein Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der Kostenbescheide scheidet demnach aus, selbst wenn man deren offensichtliche Rechtswidrigkeit unterstellt.
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO erneut darüber entscheidet, ob sie die Kostenbescheide aufhebt. Den Anspruch der Klägerin auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Aufhebung der Bescheide hat die Beklagte mit ihrem ablehnenden Bescheid vom 26. Februar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2008 erfüllt. Bei ihrer Entscheidung hat sich die Beklagte in hinreichender Weise mit den Gesichtspunkten auseinander gesetzt, die für die Ausübung ihres Rücknahmeermessens maßgeblich sind. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
Die von der Klägerin gerügten Umstände begründen keine Ermessensfehler. Die Beklagte musste bei ihrer Ermessensbetätigung bereits deswegen nicht danach unterscheiden, ob die Kostenbescheide zeitlich vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 2005 ergangen sind oder danach, weil der Kostenbescheid zum Produkt F. der einzige Kostenbescheid ist, der nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erlassen wurde. Hinsichtlich dieses Kostenbescheides konnte - wie zuvor dargelegt - wegen der zeitlichen Nähe noch nicht erwartet werden, dass der Beklagten das Urteil am 11. März 2005 bekannt war. Die Beklagte hat zudem in ihrem Schriftsatz vom 24. September 2009 dargelegt, dass sie bei Erlass des Kostenbescheides vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts noch keine Kenntnis hatte und hat hierdurch ihre Ermessenserwägungen i.S.v. § 114 Satz 2 VwGO ergänzt.
Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin durfte die Beklagte in der Abwägung der widerstreitenden Interessen darauf abstellen, dass der Kostenbescheid "nur" wegen einer Verjährung rechtswidrig gewesen ist und die Beklagte den festgesetzten Gebühren entsprechende Verwaltungsleistungen tatsächlich erhalten hat. Entsprechend vorstehenden Ausführungen handelt es sich hierbei um eine der maßgeblichen zulässigen Ermessenserwägungen.
Schließlich durfte die Beklagte in ihrer Ermessensentscheidung darauf abstellen, dass die Rechtswidrigkeit nicht besonders schwerwiegend gewesen ist. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass es für die Annahme einer "offensichtlichen Rechtswidrigkeit" nicht erforderlich ist, dass die Rechtswidrigkeit zugleich besonders schwer wiegt (vgl. BVerwG, U. v. 17.01.2007, a.a.O., juris Rn. 15). In der Abwägung, ob es schlechthin unerträglich ist, den rechtswidrigen Bescheid aufrecht zu erhalten, sowie in Ausübung des Rücknahmeermessens darf dieser Umstand jedoch berücksichtigt werden.
3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückerstattung der von ihr auf die bestandskräftigen Kostenbescheide geleisteten Zahlungen. Einem Anspruch der Klägerin steht entgegen, dass die bestandskräftigen Kostenbescheide auch dann einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistungen darstellen, wenn sie rechtswidrig sind. Sowohl ein Anspruch gemäß § 21 Abs. 1 1. HS VwKostG als auch ein allgemeiner öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch setzen jedenfalls einen Anspruch auf Aufhebung des betreffenden Kostenbescheides voraus (vgl. bspw. BVerwG, B. v. 07.07.2004, a.a.O, juris Rn. 9). Einen derartigen Anspruch hat die Klägerin nach vorstehenden Ausführungen nicht.
Ein Anspruch ergibt sich für die Klägerin auch nicht gemäß § 21 Abs. 1 2. HS VwKostG. Die im Rahmen der nach dieser Vorschrift erforderlichen Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte decken sich mit denjenigen, die für die Ermessensentscheidung über die Rücknahme der Gebührenbescheide maßgeblich gewesen sind. Da das Rücknahmeermessen nicht auf Null reduziert ist, verbietet sich auch die Annahme, das Erstattungsermessen des § 21 Abs. 1 2. HS VwKostG sei nur dann fehlerfrei ausgeübt, wenn die Gebühr zurückgewährt wird (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.2004, a.a.O, juris Rn. 33). Die Klägerin kann auch nicht beanspruchen, dass die Beklagte über eine Erstattung der geleisteten Zahlungen gemäß § 21 Abs. 1 2. HS VwKostG gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO neu entscheidet. Denn die Entscheidung der Beklagten lässt keine Ermessensfehler erkennen. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Betätigung des Rücknahmeermessens verwiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des streitig entschiedenen Teils auf § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich des Kostenbescheides zum Produkt Colistinsulfat 100 % in einer Höhe von 11 314,89 Euro übereinstimmend für erledigt haben, ist nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen über die Verfahrenskosten zu entscheiden. Es entspricht insoweit billigem Ermessen, die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, da sie den Kostenbescheid ganz überwiegend aufgehoben und die Klägerin insoweit klaglos gestellt hat.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO notwendig. Notwendig ist die Hinzuziehung, wenn sie unter Berücksichtigung der sich in dem Rechtsstreit stellenden tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten vom Standpunkt eines verständigen, nicht rechtskundigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte und es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung und Erfahrung nicht zuzumuten war, das Verfahren selbst zu führen. Diese Voraussetzungen waren angesichts der Komplexität des Verfahrens in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht erfüllt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.