Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 21.04.1988, Az.: 1 VG A 145/87
Genehmigung für die Durchführung von Mietomnibusverkehr ; Anforderungen an die Einordnung als Linienverkehr ; Regelmäßigkeit als Kriterium der Abgrenzung des Linienverkehrs vom Gelegenheitsverkehr
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 21.04.1988
- Aktenzeichen
- 1 VG A 145/87
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1988, 20409
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:1988:0421.1VG.A145.87.0A
Rechtsgrundlagen
- § 10 PBefG
- § 42 PBefG
- § 43 S. 1 Nr. 3 PBefG
- § 49 PBefG
- § 59a PBefG
Verfahrensgegenstand
Personenbeförderung
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig hat
auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 1988
durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Harms,
den Richter am Verwaltungsgericht Gatz,
den Richter ... sowie
die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Bescheid der Beklagten vom 21. April 1987 und ihr Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 1987 werden aufgehoben, soweit die Beklagte darin festgestellt hat, daß der beantragte Verkehr als Verkehr mit Mietomnibussen zu sehen bzw. daß er der Vorschrift des §49 PBefG zuzuordnen sei. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Hälfte, die Beklagte und die Beigeladene je ein Viertel der Gerichtskosten des Verfahrens; seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Zulassung bzw. Einstufung eines im Mai 1987 durchgeführten park- and ride (p + r)-Verkehrs als Mietomnibusverkehr durch die Beklagte.
Die Klägerin ist ein in Wolfenbüttel ansässiges Verkehrsunternehmen. Sie unterhält im dortigen Stadtgebiet 8 Buslinien. Im April 1987 entnahm sie der örtlichen Presse, daß die Beigeladene, die eine Genehmigung für den Verkehr mit Mietomnibussen besitzt, die Einrichtung eines p + r-Verkehrs zum diesjährigen Maifest plane. 2. Mai, einem verkaufsoffenen Samstag, sollte in der Zeit von 9.00 bis 18.00 Uhr ein von der Image-Werbegemeinschaft-Wolfenbüttel angemieteter Bus Fahrgäste von der Halchter Straße unentgeltlich in die Innenstadt zum Kornmarkt und zurück befördern.
Die Klägerin fragte bei der Beklagten an, ob eine Genehmigung für den geplanten Verkehr erteilt worden sei und bat, gegebenenfalls seine Durchführung zu verhindern, weil darin eine unzulässige Aushöhlung des öffentlichen Linienverkehrs in Wolfenbüttel zu sehen sei. Nach Rückfrage bei der Beigeladenen erhielt die Beklagte die Auskunft, daß sich der Benutzerkreis des geplanten Verkehrs auf Personen beschränke, die ihren Kraftwagen auf dem vorgesehenen Parkplatz abstellen; ein Zwischenhalt auf dem Weg zum Kornmarkt sei nicht vorgesehen.
Durch Schreiben vom 21.4.1987 (an die Klägerin) und vom 22.4.1987 (an die Beigeladene) teilte die Beklagte daraufhin mit, daß der geplante Verkehr als einmalige Veranstaltung keine regelmäßige Verbindung schaffe und nicht als Linienverkehr eingeordnet werden könne. Die Benutzer hätten überdies nicht die Möglichkeit, an bestimmten Haltestellen ein- und auszusteigen. Das Vorhaben könne allerdings auch nicht als Mietomnibusverkehr angesehen werden, weil es an dem dafür erforderlichen zusammengehörigen Personenkreis fehle. Wenn insoweit eine eindeutige Zuordnung nicht möglich sei, so könne mit Rücksicht auf die Einmaligkeit der Veranstaltung doch festgestellt werden, daß der p + r-Verkehr überwiegend dem Mietomnibusverkehr entspreche. Der beantragte Verkehr sei deshalb als Verkehr mit Mietomnibussen anzusehen. Die Beklagte wies darauf hin, daß sich diese Beurteilung ändern könne, wenn der p + r-Verkehr als regelmäßige Einrichtung in das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs aufgenommen werde.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 27.4.1987 Widerspruch und beantragte, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und gemäß §10 PBefG festzustellen, daß der geplante p + r-Verkehr als genehmigungspflichtiger Linienverkehr einzuordnen sei. Zur Begründung führte sie aus, daß der angefochtene Bescheid als feststellender Verwaltungsakt gemäß §10 PBefG sie in ihren geschützten Rechten als langjährige Linienverkehrskonsessionärin betreffe. Der beabsichtigte Verkehr sei als Linienverkehr gemäß §42 PBefG einzuordnen, weil eine regelmäßige Verkehrsverbindung zwischen zwei bestimmten Haltestellen geschaffen werde. Die Presse habe die Verbindung als Bus-Pendelverkehr angekündigt, so daß sich potentielle Verkehrsteilnehmer darauf einrichten könnten. Die Planung sehe auch eine Wiederholung des p + r-Verkehrs vor, der zumindest bei bestimmten Festen oder verkaufsoffenen Samstagen zu einer dauerhaften Einrichtung werden könne. Eine Zuordnung des Verkehrs zum Mietwagenverkehr nach §49 PBefG sei dagegen nicht möglich, weil es an einem zusammengehörigen Personenkreis fehle. Die zufällig zusammenkommenden Fahrgäste seien bei Hin- und Rückfahrt nicht dieselben Personen. Gegen einen Mietwagenverkehr spreche auch der Umstand, daß die Busse auf einem öffentlichen Platz (Kornmarkt) bereit gestellt würden.
Obwohl die Klägerin neben der Einlegung des Widerspruchs unter dem 30.4.1987 auch eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Braunschweig gegen die Durchführung des p + r-Verkehrs beantragt hatte, fand dieser am 2. Mai in Wolfenbüttel statt. Nach Angaben der Klägerin wurden im 30-Minuten-Takt insgesamt 19 Fahrten mit etwa 500 Personen durchgeführt. Nachdem die Parteien daraufhin den Rechtsstreit beim Landgericht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, legte das Gericht der Klägerin die Kosten auf und führte zur Begründung u.a. aus: Der von der Beigeladenen durchgeführte Verkehr sei kein Linienverkehr, weil er keine ein allgemeines Verkehrsbedürfnis befriedigende Verkehrsverbindung schaffe, sondern aus einem besonderen Anlaß heraus eingerichtet worden sei.
Durch Bescheid vom 20.5.1987 wies die Beklagte den Widerspruch mit einer Begründung zurück, die im wesentlichen der des angefochtenen Bescheides entspricht. Sie gelangte zu dem Ergebnis, daß der durchgeführte Verkehr der Vorschrift des §49 PBefG zuzuordnen sei.
Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 25.5.1987 zugestellt. Mit ihrer am 24.6.1987 erhobenen Klage vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor: Für die Qualifizierung des Busverkehrs komme es auf die Sicht der Benutzer an. Es entspreche dem Wesen eines Linienverkehrs, der lediglich zwischen zwei Haltestellen stattfinde, daß dessen Teilnehmer über Ziel und Ablauf der Fahrt einig seien; ein über das Transportinteresse hinausgehender gemeinsamer Fahrtzweck sei jedoch im Streitfall nicht ersichtlich. Die Regelmäßigkeit der Verkehrsverbindung könne auch nicht mit dem Hinweis verneint werden, daß der p + r-Verkehr nun für einen Tag aus einem konkreten Anlaß eingerichtet worden sei. Das Maifest sei kein konkreter Anlaß in diesem Sinne, weil es für die Busbenutzer nicht Anlaß für die Teilnahme am p + r-Verkehr habe sein müssen. Regelmäßigkeit liege vielmehr schon vor, wenn die Fahrten in einer erkennbaren zeitlichen Ordnung wiederholt würden, so daß sich das interessierte Publikum auf das Vorhandensein einer Verkehrsverbindung einrichten könne. Diese Voraussetzungen seien auch erfüllt, wenn der Verkehr in bestimmten Abständen an einem einzigen Tag durchgeführt werde. Eine mehrtägige Wiederholung der Fahrten sei dagegen kein Kriterium für die Regelmäßigkeit. Die Entscheidung der Beklagten eröffne die Möglichkeit, die Schutzvorschriften des Personenbeförderungsgesetzes zu umgehen. Bei der Durchführung eines p + r-Verkehrs aus anderen Anlässen (z.B. Weihnachtsmarkt), mit anderen Veranstaltern oder Linien würde es immer an der Regelmäßigkeit fehlen. Der p + r-Verkehr sei jedoch eine erhebliche Konkurrenz für den Linienverkehr, zumal wenn er - von Dritten finanziert - unentgeltlich an solchen Tagen angeboten werde, an denen der Linienverkehr besonders attraktiv sei. Der ihr am 2. Mai entstandene Einnahmeausfall sei etwa mit 2.000,- DM zu beziffern.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 21.4.1987 und ihren Widerspruchsbescheid vom 20.5.1987 aufzuheben.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide aus den in ihnen dargelegten Gründen für rechtmäßig und trägt ergänzend vor, daß es für die rechtliche Einordnung des Verkehrs unerheblich sei, ob es sich bei dem p + r-Verkehr in Wolfenbüttel um einen Test gehandelt habe, inwieweit die Bevölkerung einen derartigen Verkehr annehme. Entscheidend sei, daß dadurch keine regelmäßige Verkehrsverbindung geschaffen worden sei. Dies setze nämlich voraus, daß sich der fragliche Benutzerkreis auf den Verkehr einrichten könne, wofür dieser jedoch einen längeren Zeitraum als einen Tag benötige. Die Beigeladene hat sich diesem Vorbringen angeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
1.)
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist §10 PBefG. Die nach dieser Vorschrift von der zuständigen Behörde getroffene Feststellung ist nach allgemeiner Auffassung (vgl. Fielitz/Meier/Montigel/Müller, PBefG<Stand: Juni 1987> Anm. 6 zu §10) ein feststellender Verwaltungsakt. In den Bescheiden wird jedoch nicht nur festgestellt, daß es sich bei dem durchgeführten Verkehr weder um Linien- noch um Gelegenheitsverkehr handele, sondern darüber hinaus mitgeteilt, daß der Verkehr unter Berücksichtigung von §59 a PBefG als Verkehr mit Mietomnibussen anzusehen bzw. der Vorschrift des §49 PBefG zuzuordnen sei. Nach einer am Empfängerhorizont orientierten Auslegung ist diese Mitteilung so zu verstehen, daß der streitige Verkehr als erlaubt gelten sollte. Die Klägerin wußte, daß die Beigeladene über eine Genehmigung für die Durchführung von Mietomnibusverkehr verfügt, so daß beide davon ausgehen mußten, daß sich diese Genehmigung auch auf den p + r-Verkehr erstreckt. Die damit aus der Sicht der Empfänger von den Bescheiden bewirkte Legalisierung des Verkehrs stellt sich nach den konkreten Umständen des Falles als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung dar, der die Beigeladene begünstigt, für die Klägerin jedoch eine belastende Wirkung entfaltet, so daß sie von ihr mit der Anfechtungsklage (§42 Abs. 1 VwGO) angegriffen werden muß.
Für diese Klage ist ein Rechtsschutzbedürfnis auch nach Durchführung des Verkehrs anzuerkennen, weil §10 PBefG dem Betroffenen ein Antragsrecht einräumt, das nicht davon abhängig ist, ob der Verkehr noch bevorsteht oder schon durchgeführt wurde. Es genügt insoweit, daß die Klägerin als Linienverkehrskonzessionärin in rechtlich geschützten Interessen berührt wird (vgl. Lütkes/Meier/Wagner, Straßenverkehr <1988> Anm. 2 zu §10). Dies kann die Klägerin unter Berufung auf die von ihr erlittenen Einnahmeausfälle in einer den Anforderungen des §42 Abs. 2 VwGO genügenden Weise geltend machen.
2.)
Die Klage ist jedoch nur teilweise begründet. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt, daß der Pendelverkehr weder als Linienverkehr (a) noch als Gelegenheitsverkehr (b) eingestuft werden kann. Rechtswidrig (c) ist dagegen die Feststellung der Beklagten, der Verkehr sei der Vorschrift des §49 PBefG zuzuordnen.
a)
Als Linienverkehr definiert §42 PBefG eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Er setzt nicht voraus, daß ein Fahrplan mit bestimmten Abfahrts- und Ankunftszeiten besteht oder Zwischenhaltestellen eingerichtet sind. Die von dieser Begriffsbestimmung geforderten Merkmale sind im Streitfall überwiegend erfüllt. Der zwischen dem Ausgangspunkt Halchter Straße und dem Endpunkt Kornmarkt pendelnde Bus stand grundsätzlich allen Personen zur Benutzung offen, die am 2. Mai 1987 ohne Pkw in die Innenstadt gelangen wollten. Es bestand insoweit "Fahrgastfreiheit", die von einem Teil der Rechtsprechung (vgl. VGH München, Urteil vom 15.11.1982, VRS Bd. 64, 396 <399>) als charakteristisch für den Linienverkehr angesehen wird. Die Einordnung als Linienverkehr scheitert jedoch daran, daß durch den Pendelverkehr keine regelmäßige Verkehrsverbindung geschaffen wird. Das Merkmal der Regelmäßigkeit ist ein Kriterium der Abgrenzung des Linienverkehrs vom Gelegenheitsverkehr. Der Gesetzgeber hat von einer Legaldefinition abgesehen. Der Begriff ist jedoch im schriftlichen Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen des Bundestages (BT-Drs. III/2450) dahin erläutert worden, daß die Regelmäßigkeit des Verkehrs Fahrten voraussetze, die in einer erkennbaren zeitlichen Ordnung wiederholt werden, so daß sich die Fahrgäste auf das Vorhandensein einer Verkehrsverbindung einrichten können. Die Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, daß von dieser - in Rechtsprechung und Literatur weitgehend übernommenen - Begriffsbestimmung auch ein Verkehr erfaßt wird, der in bestimmten Abständen an einem einzigen Tag durchgeführt wird. Das Merkmal der Regelmäßigkeit der Verkehrsverbindung verlangt jedoch darüber hinaus, daß es sich nicht nur um wiederholte Fahrten handelt, sondern daß sie in einem auf einige Zeit im voraus festgelegten sachlichen Zusammenhang stehen, also nicht aus einzelnen konkreten Anlässen heraus ausgeführt werden (Bidinger, Personenbeförderungsrecht, 2. Aufl., Stand: Februar 1988, Anm. 3 c zu §42 m.w.N.). Die Kammer verkennt nicht, daß die Frage nach dem "konkreten Anlaß" des Verkehrs keine scharfe Abgrenzung erlaubt, weil sich entsprechende Anlässe, wie die Klägerin am Beispiel von Weihnachtsmärkten dargestellt hat, über einen längeren Zeitraum erstrecken können. Das für den Linienverkehr konstitutive Merkmal einer regelmäßigen Verkehrsverbindung erfordert jedoch nach Auffassung der Kammer eine gewisse Beständigkeit der Fahrten, ohne die sich das interessierte Publikum nicht für einen längeren Zeitraum auf den Verkehr einrichten kann. An einer solchen Kontinuität fehlt es jedoch, wenn ein Pendelverkehr nur für die Dauer eines Tages eingerichtet wird.
Auch wenn der Klägerin zuzugeben ist, daß bisher keine (veröffentlichte) Rechtsprechung zu der Frage vorliegt, ob Regelmäßigkeit auch bei einem Verkehr vorliegen kann, der an einem einzigen Tag durchgeführt wird, so besteht doch Einigkeit, daß dies beim Sonderlinienverkehr der Marktfahrten gemäß §43 Satz 1 Nr. 3 PBefG nicht der Fall ist. Nach dieser Vorschrift gilt unabhängig davon, wer den Ablauf der Fahrten bestimmt, als Linienverkehr auch der Verkehr, der unter Ausschluß anderer Fahrgäste der regelmäßigen Beförderung von Personen zum Besuch von Märkten (Marktfahrten) dient. Nach der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfes (BT-Drs III/255) sind als Marktfahrten im Sinne regelmäßiger Beförderung nur Fahrten zu in kurzen Zeitabständen stattfindenden Märkten (z.B. Wochenmärkten) anzusehen. Diese Auslegung trägt dem Begriff der regelmäßigen Beförderung, auf die sich die Fahrgäste einrichten können, Rechnung. Gelegentliche Marktfahrten zum Besuch von jährlich oder halbjährlich stattfindenden Jahrmärkten werden deshalb dem Gelegenheitsverkehr zugerechnet (Fielitz/Meier/Montigel/Müller a.a.O. Anm. 5 zu §43). Diese Betrachtungsweise läßt sich ohne weiteres auf die Grundform des Linienverkehrs nach §42 PBefGübertragen.
Eine andere Beurteilung gebietet auch nicht der Normzweck des §43 Satz 1 Nr. 1 PBefG. Die Vorschrift soll, wie auch in den Beratungen des federführenden Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen des Deutschen Bundestages zum Entwurf des Änderungsgesetzes vom 24.8.1965 zum Ausdruck gekommen ist (BT-Drs IV/3472), dem Schutz des Linien- und Schienenverkehrs dienen. Dieser Verkehr, dem eine Betriebspflicht obliegt und der in der Gestaltung seiner Tarife der Genehmigungspflicht unterworfen ist, soll nicht darunter leiden, daß ihm ein Teil des Verkehrsaufkommens durch Sonderformen regelmäßiger Beförderungen entzogen wird, die er ebenso gut oder fast gleich gut ausführen könnte (so auch BVerwG, Urteil vom 8.9.1972, BVerwGE AO, 331). Die anerkannte Schutzbedürftigkeit des Linienverkehrs gebietet indessen keine über den Wortlaut des §42 PBefG hinausgehende restriktive Auslegung der Vorschrift. Dem Schutz des Linienverkehrs wird bereits dadurch Rechnung getragen, daß solche Verkehrsformen, die den Linienverkehr beeinträchtigen könnten, grundsätzlich nur zulässig sind, wenn sie den in §46 Abs. 2 PBefG abschließend aufgezählten Typen des Gelegenheitsverkehrs entsprechen.
b)
Nach übereinstimmender und zutreffender Ansicht der Beteiligten kann der hier streitige Pendelverkehr auch nicht als Gelegenheitsverkehr in der Form des Verkehrs mit Mietomnibussen gemäß §46 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. §49 Abs. 1 und 2 PBefG angesehen werden. Nach diesen Vorschriften ist Verkehr mit Mietomnibussen die Beförderung von Personen mit Kraftomnibussen, die nur im ganzen zur Beförderung angemietet werden und mit denen der Unternehmer Fahrten ausführt, deren Zweck, Ziel und Ablauf der Mieter bestimmt. Die Teilnehmer müssen ein zusammengehöriger Personenkreis und über Ziel und Ablauf der Fahrt einig sein. Nach §49 Abs. 2 PBefG sind die genannten Voraussetzungen nicht gegeben, wenn Fahrten unter Angabe des Fahrtziels vermittelt werden. Mietomnibusse dürfen ferner nicht durch Bereitstellen auf öffentlichen Straßen oder Plätzen angeboten werden.
Ob ein Verstoß gegen das zuletzt genannte Bereitstellungsverbot hier vorliegt, weil die von der Werbegemeinschaft angemieteten Busse auf dem Kornmarkt halten und dort Passagiere für die Rückfahrt aufnehmen, ist zweifelhaft, kann jedoch offen bleiben; denn in jedem Fall bilden die Benutzer des Pendelverkehrs keinen zusammengehörigen Personenkreis, wie ihn §49 Abs. 1 Satz 2 PBefG voraussetzt. Aus der Verbindung dieses Begriffs mit dem zusätzlichen Erfordernis des Einigseins über Fahrt, Ziel und Fahrtablauf wird in der juristischen Literatur (Fielitz/Meier/Montigel/Müller, a.a.O., Anm. 3 zu §49) und neueren Rechtsprechung (BGH, Beschluß vom 18.6.1985, NJW 1985, 3084 [BGH 18.06.1985 - 4 StR 772/83]<3085>) richtig hergeleitet, daß sich die Zusammengehörigkeit nicht lediglich auf das gemeinsame Interesse an der Durchführung der Fahrt beschränken darf, sondern daß weitere Merkmale, welche die Fahrt als eine über den bloßen Beförderungszweck hinausgehende Gemeinschaftsveranstaltung kennzeichnen, hinzu kommen müssen. Teilweise wird der Begriff noch enger definiert und gefordert, daß die Fahrtteilnehmer durch gemeinsame, nicht mit der Fahrt zusammenhängende objektive Merkmale verbunden sein müssen (vgl. hierzu die Nachweise in der Entscheidung des BGH, a.a.O.). Die damit verbundenen Streitfragen bedürfen jedoch keiner Entscheidung, weil bereits nach der weiten Auslegung hier kein allen Benutzern gemeinsamer Fahrtzweck festgestellt werden kann. Die Teilnehmer am Pendelverkehr wollten lediglich in die Wolfenbütteler Innenstadt gelangen, um dort am Maifest teilzunehmen, den verkaufsoffenen Samstag für Einkäufe zu nutzen oder um dort anderen Interessen nachzugehen. Auch wenn nur solche Personen am p + r-Verkehr teilgenommen haben sollten, die ihren Pkw auf dem Parkplatz am Ausgangspunkt des Pendelverkehrs abgestellt haben, könnte dies einen gemeinsamen Fahrtzweck nicht begründen. Die zusätzlichen Merkmale dürfen nämlich nicht lediglich vorgeschoben sein, sondern müssen sich auf die Gestaltung der Fahrt insgesamt beziehen (vgl. BGH, a.a.O.). Diese Voraussetzung ist angesichts der von den Fahrtteilnehmern vielfältig verfolgten Zwecke ersichtlich nicht erfüllt.
c)
Da der Verkehr somit weder als Linien- noch als Gelegenheitsverkehr anzusehen ist, war er grundsätzlich verboten. Dies folgt aus der Systematik des PBefG (vgl. hierzu OVG Lüneburg, DÖV 1973, 247). Nach §2 Abs. 1 PBefG ist der Personenverkehr mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr und mit Kraftfahrzeugen im Gelegenheitsverkehr genehmigungspflichtig. In §§42, 43 sind die Formen des Linienverkehrs abschließend aufgeführt. Die Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen, die nicht Linienverkehr ist, ist Gelegenheitsverkehr (§46 Abs. 1 PBefG). Letzterer ist nur in den gesetzlich normierten Formen zulässig (§46 Abs. 2 PBefG). Dieser geschlossene Kreis von Beförderungsarten und Beförderungsformen wird allein durch §59 a PBefG aufgelockert.
Nach dieser Vorschrift, die mit Änderungsgesetz vom 24.8.1965 (BGBl. I. S. 906) eingeführt wurde, sollen vom Gesetz nicht erfaßte Verkehrsformen (sog. grauer Verkehr), an deren Zulassung ein Interesse besteht, im Einzelfall genehmigungsfähig gemacht werden (Ausschußbericht, BT-Drs IV/3472). Den aufgetretenen Zweifeln an der hinreichenden Bestimmtheit der in §59 a PBefG der Exekutive eingeräumten Ermächtigung ist das OVG Lüneburg in seiner Entscheidung vom 21.2.1972 (a.a.O.) entgegengetreten. Die Vorschrift genüge rechtsstaatlichen Anforderungen, weil in §59 a PBefG hinreichend deutlich zum Ausdruck komme, welche Verkehrsarten und -formen der Gesetzgeber einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde habe unterstellen wollen. Aus der Formulierung "Beförderungen die ... nicht alle Merkmale ... erfüllen", sei zu schließen, daß es sich um solche handeln müsse, die zwar nicht alle, aber doch die wesentlichen oder jedenfalls mehrere Merkmale eines gesetzlich normierten Typs erfüllen.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, daß der Pendelverkehr am meisten dem Gelegenheitsverkehr entspricht. Die Anmietung der Busse durch die Werbegemeinschaft und die Beschränkung des Pendelverkehrs auf einen einzigen Tag weicht so deutlich vom herkömmlichen Erscheinungsbild des Linienverkehrs ab, daß der allein in den regelmäßigen Fahrtzeiten liegenden Parallele zum Linienverkehr keine entscheidende Bedeutung zukommt.
Wenn somit der streitige Verkehr am meisten dem Gelegenheitsverkehr in der Form des Mietomnibusverkehrs entspricht, so folgt daraus - entgegen der den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegenden Auffassung - noch nicht, daß der "Verkehr als Verkehr mit Mietomnibussen zu betrachten" ist. Diese Feststellung der Beklagten ist rechtswidrig.
Die Zulassung eines sog. grauen Verkehrs bedarf nach §59 a PBefG einer ausdrücklichen Genehmigung, die nach dem Wortlaut dieser Vorschrift nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen ist (vgl. OVG Lüneburg a.a.O.). Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung hätten auch die schutzwürdigen Belange der Klägerin als Linienverkehrskonzessionärin berücksichtigt werden müssen. Die angefochtenen Bescheide enthalten jedoch keinerlei Ermessenserwägungen.
Zum anderen fehlte es der Beklagten an einer Zuständigkeit für eine Genehmigung bzw. Legalisierung des Verkehrs nach den Vorschriften über den Gelegenheitsverkehr gem. §59 a PBefG. Nach §11 Abs. 1 PBefG erteilt die Genehmigung die von der Landesregierung bestimmte Behörde. Gemäß §1 Nr. 1 der in Ausführung dieser Vorschrift ergangenen Verordnung über Zuständigkeiten nach dem PBefG vom 14.10.1986 (Nds. GVBl. S. 337) sind die Landkreise und kreisfreien Städte Genehmigungsbehörden für den Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen (§2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 PBefG). Für eine Genehmigung des p + r-Verkehrs war danach der Landkreis Wolfenbüttel als untere Straßenverkehrsbehörde zuständig. Der Beklagten fehlte deshalb die Befugnis zu der Feststellung, daß der Verkehr als Verkehr mit Mietomnibussen zu betrachten bzw. daß er der Vorschrift des §59 PBefG zuzuordnen sei.
Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs. 1 VwGO, wobei die Klägerin zur Hälfte obsiegt, weil die angefochtenen Bescheide neben den erkannten rechtswidrigen auch zutreffende Feststellungen enthalten. Die Kammer hat die Kosten gegeneinander aufgehoben, wobei die Kosten für den unterliegenden Teil jeweils zur Hälfte der Beklagten und der Beigeladenen, die einen Antrag gestellt hat und deshalb ebenfalls teilweise unterlegen ist (vgl. §154 Abs. 3 VwGO) auferlegt werden. Die Aufhebung der Kosten unter den Beteiligten hat zur Folge, daß jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO i.V.m. §§708 Nr. 11, 711 ZPO.
III.
Gegen dieses Urteil ist die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in 2120 Lüneburg 1, Uelzener Straße 40, statthaft. Sie ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils bei dem Verwaltungsgericht Braunschweig in 3300 Braunschweig, An der Katharinenkirche 11, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsschrift muß das angefochtene Urteil bezeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb dieser Frist beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eingeht.
Gatz
Oppermann