Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.07.2022, Az.: 12 K 33/18

Ermittlung des steuerlichen Kapitalkontos nach § 15a EStG und die darauf basierende Feststellung der zuzurechnenden Einkünfte

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
19.07.2022
Aktenzeichen
12 K 33/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 41024
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2022:0719.12K33.18.00

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - AZ: IV R 24/22

Fundstellen

  • BB 2023, 368-369
  • DStRE 2023, 1044-1047
  • GStB 2023, 93
  • StX 2023, 774

Amtlicher Leitsatz

Das anlässlich der Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG gebildete Sonderkonto eines Kommanditisten ist in die Ermittlung des negativen Kapitalkontos nach § 15a EStG einzubeziehen . Dieser Vorgang ist nicht zugleich mit einer entsprechenden Erhöhung der Außenhaftung des Kommanditisten verbunden.

Tatbestand

Die Klage richtet sich gegen die vom beklagten Finanzamt vorgenommene Ermittlung des steuerlichen Kapitalkontos nach § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) und die darauf basierende Feststellung der zuzurechnenden Einkünfte im hier streitbefangenen Feststellungszeitraum 2006. Streitig ist insbesondere, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Sonderkonto aus der Übertragung einer Rücklage gem. § 6b EStG Bestandteil des Kapitalkontos i.S.v. § 15a EStG ist.

Der Kläger war im Streitzeitraum als alleiniger Kommanditist mit einer Kommanditeinlage von ... € an der "A GmbH & Co. KG" beteiligt, die späterhin in die B GmbH & Co. KG (im Folgenden auch: B KG) umfirmierte. Die jeweiligen Komplementärinnen, die B Beteiligungs GmbH ... waren nicht am Kapital der KG beteiligt. Über das Vermögen beider Gesellschaften (B GmbH & Co KG und B Beteiligungs GmbH) ist im Juni 2016 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Die "A GmbH & Co. KG" war aus der C GbR hervorgegangen, die wiederum ab 2001 einen Rechtsformwechsel in die dann umbenannte KG vorgenommen hatte. Gegenstand des Unternehmens der GbR war die Verwaltung der Immobilie ... Im Jahr 2001 wurde das Grundstück bebaut und anschließend an verschiedene Fremdfirmen und an Firmen der ... vermietet (...). Mit Vertrag vom ... wurde das Grundstück einschließlich der Betriebsvorrichtungen an ... veräußert. Im Januar 2007 erfolgte der Übergang von Nutzen und Lasten auf den Erwerber.

Zur zwischen den Beteiligten nicht umstrittenen historischen "Entstehung und Entwicklung" der Rücklage gem. § 6b EStG ist auf Folgendes hinzuweisen:

Aus dem Veräußerungserlös des im Jahre 1997 veräußerten Immobilienprojekts "..." ist von der Fa. ... GbR nach Abzug der Restbuchwerte eine gewinnmindernde - auf deren beide Gesellschafter (u.a. Kläger dieses Verfahrens) und ... zu je 1/2 entfallende - Rücklage i.H.v. insgesamt ... DM gebildet worden, die späterhin im Anschluss an eine Außenprüfung auf ... DM reduziert worden ist.

In 1999 hat der Kläger als Gesellschafter der ... GbR einen Teilbetrag i.H.v. ... DM zu Lasten seines Kapitalkontos auf die D KG übertragen. Der verbleibende Restbetrag des Klägers ist zum 01. Januar 2001 auf die E GmbH & Co. KG übergegangen und dort sofort zu Lasten seines Kapitalkontos auf die Firma "A GmbH & Co. KG" übertragen worden. Dieser restliche Übertragungsbetrag des Klägers (auf die "A GmbH & Co. KG") wurde mit ... DM (... €) angenommen und stellte sich in der Entwicklung wie folgt dar:

... In der Buchführung der Gesellschaft wurde die Übertragung der Rücklage als gewinnerhöhende Minderung der Rücklage gebucht und gleichzeitig bei dem Ersatzwirtschaftsgut eine betragsgleiche Sonderabschreibung vorgenommen (vgl. Tz. 16 des Bp-Berichts vom ... der Bp-Arbeitsakte der "A GmbH & Co. KG" für die Jahre ...).

Das beklagte Finanzamt erließ für den hier streitigen Feststellungszeitraum 2006 einen gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid, der wegen der zunächst nicht erfolgten Abgabe einer Feststellungserklärung auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhte. Im Rahmen des hiergegen geführten Einspruchsverfahrens erließ es einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid und stellte hierin die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) erklärungsgemäß in Höhe von ... € fest. Auf Antrag der "A GmbH & Co. KG" stellte das Finanzamt mit erneut nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Feststellungsbescheid für 2006 laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Gewinn aus der Gesamthandbilanz) in Höhe von ... € sowie Sonderbetriebseinnahmen des Beteiligten ... in Höhe von ... € und eine Vergütung für die Komplementärin über ... €, mithin Einkünfte der Gesellschaft aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) in Höhe von ... €, fest. Feststellungen nach § 15a EStG wurden insoweit nicht getroffen.

Im Rahmen einer u.a. den Feststellungszeitraum 2006 umfassenden Außenprüfung vertrat das Finanzamt im Hinblick auf die Rücklage nach § 6b EStG folgende Ansicht (nachfolgende Unterstreichungen entsprechen dem Original):

Tz. 35: Negative Kapitalkonten durch von der Vorgesellschaft übernommene Rücklage nach § 6 b EStG / Auswirkung auf § 15 a EStG (bzgl. § 15a EStG siehe Anlage 4)

Sachverhalt:

Zum 01.01.2001 wurde eine Rücklage nach § 6b EStG i.H.v. ... € zu Lasten des Kapitalkontos auf die Steuerpflichtige ("A GmbH & Co. KG") übertragen. Die Rücklage hat bereits 2001 bzw. 2002 die Anschaffungskosten des Grund- u. Bodens bzw. des Gebäudes ... gemindert. Das Kapital war in den Jahren 2005 und 2006 aufgrund dieser übernommenen Rücklage negativ (siehe Kapitalentwicklung).

Das Grundstück wurde am 01.01.2007 unter Aufdeckung der stillen Reserven veräußert, mit der Folge der Aufdeckung der stillen Reserven.

Die Steuerpflichtige vertritt die Auffassung, dass ein negatives Kapitalkonto, das durch eine übernommene Rücklage nach § 6b EStG entstanden ist, bei der Anwendung des § 15a EStG außen vor zu lassen sei. Die Einbuchung der Übertragung einer früher gebildeten Rücklage nach § 6b EStG sei keine schädliche Entnahme i.S.d. § 15a EStG, da dieser Buchung weder eine tatsächliche Entnahmehandlung noch ein tatsächlicher Entnahmewille zugrunde gelegen habe. Darüber hinaus wäre, falls eine Entnahme auch im steuer- und handelsrechtlichen Sinne anzunehmen wäre, eine Erhöhung der Außenhaftung die Folge.

In diesem Zusammenhang verweist die Steuerpflichtige auf die Kommentierung in Schmidt, EStG, 31. Auflage (2012) zu § 15a EStG. Darin werde zur Haftung aufgrund des § 171 Abs. 1 i.V.m. § 172 Abs. 4 HGB Stellung genommen und ein erweiterter Verlustausgleich insoweit bejaht.

Rechtliche Würdigung:

...

Aus § 15a EStG ergebe sich nicht, dass das negative Kapital durch Entnahmen entstanden sein muss. Vielmehr ist ausreichend, dass ein solches entstanden ist oder sich erhöht.

Bei der Außenhaftung ist auf die eingetragene Einlage abzustellen. Eine erweiterte Haftung, die sich nach dem HGB ergibt, ist daher nicht zu berücksichtigen, wenn sie nicht eingetragen ist.

Die Rücklage nach § 6b EStG wurde nach 2002 übertragen und damit aufgelöst. Das Grundstück ist am 01.01.2007 veräußert worden, damit sind auch die stillen Reserven, die auf die übertragene Rücklage nach § 6b EStG entfallen, wieder dem variablen Kapital zugute gekommen, sodass für die Jahre 2007 und 2008 die Auffassung der Stpfl. B KG nicht mehr zum Tragen käme.

Bezüglich der Jahre 2005 und 2006 wird auf Tz. 86 zu § 15a EStG der Kommentierung im Schmidt, EStG, 31. Auflage (2012) zu § 15a EStG verwiesen. Danach bleiben stille Reservenin den Buchwerten stets außer Betracht. Dies bedeutet, dass nicht aufgedeckte stille Reserven auch nicht fiktiv das Kapital erhöhen.

Die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG hat zur Folge, dass entstandene Gewinne (stille Reserven) bei Veräußerung von Wirtschaftsgütern nicht sofort versteuert werden (befristeter steuerlicher Vorteil), daher ist sie zu passivieren und mindert im Zeitpunkt ihrer Entstehung das Kapital und hätte im Falle, dass es zur Anwendung des § 15a EStG kommt, negative Auswirkung.

Der Steuerpflichtige ist nicht verpflichtet, eine Rücklage nach § 6b EStG zu bilden, wenn er sie aber bildet, hat das die eben beschriebene negative Auswirkung auf das Kapital.

Nichts Anderes kann gelten, wenn die Rücklage nach § 6b EStG von einer Gesellschaft auf eine andere übertragen und dort anschließend mit den Anschaffungskosten neuer Wirtschaftsgüter verrechnet wird. Denn letztendlich wird nur die Gewinnrealisierung, die Aufdeckung der stillen Reserven und damit eine Erhöhung des Kapitals noch weiter hinausgeschoben. Insoweit muss sich auch die Übernahme einer Rücklage nach § 6b EStG negativ auf das Kapital auswirken.

In diesem Zusammenhang sei auch auf einen Artikel aus der FR 2005, S. 798, 799 zu verweisen. ..."

Das beklagte Finanzamt erließ mit Datum vom 20. Januar 2014 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG.

Neben anderen Änderungen setzte der Beklagte die Werte bei der Kapitalkontenentwicklung im Sinne des § 15a EStG für das Kapital des Klägers als Kommanditisten zum 01.01.2006 mit ./. ... € und zum 31.12.2006 mit ./. ... € an.

...

Gegen den Änderungsbescheid legte die Gesellschaft Einspruch ein und machte geltend, dass sich die Außenprüfung nicht mit der Frage befasst habe, wodurch ein negatives Kapitalkonto entstanden sei. Die Auffassung, wonach es ausreichend sei, dass ein solches negatives Kapitalkonto entstanden sei oder sich erhöht habe, sei nicht zutreffend.

Durch § 15a EStG solle verhindert werden, dass beschränkt haftende Kommanditisten Verluste steuerlich geltend machen können, die sie wirtschaftlich nicht belasten würden. Vor diesem Hintergrund definiere § 15a EStG den Umfang des maßgeblichen Kapitals durch das haftende Kommanditkapital, eine ggfs. darüberhinausgehende Außenhaftung korrigiere dies im Rahmen der Regelung des § 15a Abs. 3 EStG bezüglich der Entnahmen.

§ 15a EStG treffe keine Aussagen zu der Rechtsnatur der Positionen, die durch die buchhalterische Abbildung der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts (hier: der Übertragung einer Rücklage gemäß § 6b EStG) entstünden. Dieser Vorgang sei in der Handels- und Steuerbilanz abzubilden gewesen. Eine Abbildung habe nur im Rahmen eines Buchungssatzes "per Soll an Haben" erfolgen können. Dabei könne weder die Sollbuchung, die letztlich mangels anderer Möglichkeiten der bilanziellen Abbildung wie eine Entnahme darzustellen gewesen sei, noch die Habenbuchung - die zu einer Reduktion des auf der Aktivseite ausgewiesenen Anlagevermögens geführt habe, aber in Ausübung entsprechender Wahlrechte auch zur Abbildung eines entsprechenden Sonderpostens mit Rücklagenanteil auf der Passivseite hätte führen können - Eingang in das Kapitalkonto i.S.d. § 15a EStG finden.

Nach Auffassung des Klägers spreche hierfür die hinter dieser Norm stehende Logik: Durch die Übertragung einer Rücklage gemäß § 6b EStG entstehe weder neues Haftungssubstrat noch gehe solches verloren. Aus der Logik des § 15a EStG sei nicht begründbar, warum eine solche Position im Rahmen der Übertragung einer Rücklage gemäß § 6b EStG Bestandteil des Kapitalkontos i.S.d. § 15a EStG sein solle. Hierfür wäre nach Überzeugung des Klägers eine klare Anordnung des Gesetzgebers erforderlich gewesen. Diese gebe es aber nicht.

Die Übertragung einer Rücklage gemäß § 6b EStG wie eine Entnahme zu behandeln, sei nicht begründbar. Eine Entnahme im Rechtssinne setze u.a. eine Entnahmehandlung und einen Entnahmewillen voraus. Diese lägen bei der Übertragung einer Rücklage gemäß § 6b EStG nicht vor.

Würde man diesen Vorgang wie eine Entnahme behandeln, wäre nach Ansicht des Klägers zu klären, ob dies eine rein steuerrechtliche oder auch eine handelsrechtliche Bedeutung hätte. Handele es sich um eine Entnahme im handelsrechtlichen Sinne, wäre anschließend zu prüfen, ob dadurch eine Haftungserweiterung entstünde, z.B. aufgrund der Regelung des § 172 Abs. 4 HGB. Dann wäre nach Auffassung des Klägers auch eine für § 15a EStG relevante Erweiterung der Außenhaftung gegeben, die eine entsprechende sofortige Verlustnutzung ermöglichen würde.

Die Rechtsnatur der durch die Übertragung einer Rücklage gemäß § 6b EStG entstandenen Bilanzposition sei weder steuer- noch handelsrechtlich definiert bzw. durch die Rechtsprechung geklärt und infolgedessen seien auch die Auswirkungen aus der Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG auf das Kapitalkonto und die steuerliche Behandlung von Verlusten i.S.d. § 15a EStG weder definiert noch in der Rechtsprechung geklärt.

Eine den Steuerpflichtigen benachteiligende Regelung bedürfe einer klaren gesetzlichen Anordnung. Solange es an einer solchen mangele, könnten nach Auffassung des Klägers keine belastenden Verwaltungsakte abgeleitet werden.

Das Kapitalkonto zum 31.12.2005 und zum 31.12.2006 sei jeweils um ... € zu erhöhen.

Mit an die "B KG in Insolvenz vormals A GmbH & Co. KG" gerichteter Einspruchsentscheidung wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG habe zutreffend zu einer Erhöhung des negativen Kapitals i.S.d. § 15a EStG geführt und sei nicht bei der Anwendung des § 15a EStG unberücksichtigt geblieben.

Werde das Kapitalkonto eines Kommanditisten unter Berücksichtigung einer negativen Ergänzungsbilanz, die infolge der Wahlrechtsausübung nach § 6b EStG aufzustellen sei, negativ, seien nach dem Urteil des BFH vom 18. Mai 2017 IV R 36/14, BStBl. II 2017, 905 Verluste, die zu einer Erhöhung des negativen Saldos führen würden, nicht ausgleichsfähig. Der zur Ausübung des Wahlrechts gemäß § 6b EStG entstandene Steuervorteil dürfe sich nach dieser Entscheidung nicht zweifach auswirken. Mit Ausübung des Wahlrechts habe der Steuerpflichtige die Rechtsfolgen im Anwendungsbereich des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG selbst ausgelöst.

So sei es auch im Streitfall. Zutreffend sei im Rahmen der Ap davon auszugehen gewesen, dass das negative Kapital nicht nur durch Entnahmen entstanden sein müsse, sondern dass es ausreichend sei, dass ein solches - wie hier - durch die Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG entstanden sei oder sich erhöht habe.

Hiergegen richtet sich die vom Kommanditisten als Beteiligter an der B GmbH & Co KG in Insolvenz erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger vorträgt: Die Sachverhaltsdarstellung in Tz. 35 des Ap- Berichtes vom 26. September 2013 sei unstreitig.

Zum 01.01.2001 sei die Rücklage gemäß § 6b EStG i.H.v. ... € übertragen worden. Die Einbuchung in die Handels-/Steuerbilanz sei "per Sonderkonto Übertragung Rücklage § 6b EStG an Anlagevermögen" erfolgt. Die Bebuchung des Sonderkontos sei Ausdruck der Systematik der doppelten Buchhaltung gewesen. Der auf diesem Konto verbleibende Soll-Saldo sei somit eine Art technischer Reflex der Rücklagenübertragung. In den Folgejahren sei der durch diese Buchung entstandene Soll-Saldo auf dem genannten Sonderkonto vorgetragen worden.

Das Kapitalkonto in der Gesamthandelsbilanz (...) werde durch Einlagen in das Gesellschaftsvermögen bzw. durch Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen bestimmt (Urteil des BFH vom 18. Mai 2017, IV R 36/14, Rz. 17).

Die Einbuchung der Rücklagenübertragung gemäß § 6b EStG stelle mangels tatsächlicher Entnahmehandlung und Entnahmewillens keine Entnahme dar. Auch aufgrund der in § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG verankerten Systematik der Gewinnermittlung könne bei der Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG keine Entnahme vorliegen, da anderenfalls eine Hinzurechnung im Rahmen der Gewinnermittlung vorzunehmen wäre.

Die oben dargestellte Buchung bewirke vielmehr einen Aktivtausch, bei dem das auf der Aktivseite der Bilanz dargestellte Anlagevermögen (Abschreibungsvolumen) reduziert und die dadurch gebildeten stillen Reserven durch das Sonderkonto, welches technisch für die Einbuchung der Rücklage erforderlich gewesen sei, repräsentiert würden. Insoweit unterscheide sich der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt von dem dem Urteil des BFH vom 18. Mai 2017 zugrunde liegenden Sachverhalt, da die Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG in der Gesamthandelsbilanz vollzogen worden sei und nicht in einer Ergänzungsbilanz.

Nach den zitierten Ausführungen des BFH würden (ausschließlich) Entnahmen und Einlagen das Kapitalkonto in der Gesamthandelsbilanz determinieren. Schon begrifflich sei kein Raum für die Qualifikation des Sonderkontos als Teil des Kapitalkontos.

Der BFH treffe in seinem Urteil vom 18. Mai 2017 keine Aussage darüber, ob und warum die Gegenbuchung wie eine Entnahme qualifiziert werden solle. In seinem Urteil würde er lediglich unter Rz. 24 feststellen, dass eine im zu entscheidenden Fall geleistete Einlage "durch die zeitlich gemäß § 6b Abs. 1 EStG zulässige Übertragung der stillen Reserven und den damit einhergehenden Ausweis eines Negativkapitals in der Ergänzungsbilanz steuerlich sofort verbraucht worden sei". Anstatt einer das steuerliche Kapitalkonto mindernden Entnahme würde der BFH einen den sofortigen Verlustabzug hindernden "steuerlichen Verbrauch" unterstellen. Dadurch führe er - neben Entnahmen und Einlagen - eine dritte für die Bestimmung des Kapitalkontos maßgebliche Kategorie ein. Nach Ansicht des Klägers mangele es hierfür an einer Rechtsgrundlage. Auch die Zielsetzung des § 15a EStG erfordere nicht die Unterstellung eines das Kapitalkonto i.S.d. § 15a EStG mindernden "steuerlichen Verbrauchs". Die gesetzgeberische Zielsetzung des § 15a EStG sei eine andere gewesen.

Auch tangiere die streitgegenständliche Übertragung der Rücklage gem. § 6b EStG die Haftung des Klägers nicht. Insbesondere begründe sie keine Haftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB, weil keine Entnahme vorliege und das (wirtschaftliche) Vermögen der KG durch die Rücklagenübertragung nicht gemindert, sondern lediglich durch eine steuerliche Begünstigungsnorm eine stille Reserve gebildet worden sei. Damit sei das wirtschaftlich haftende Kapital nicht durch die Rücklagenübertragung tangiert worden. Folglich sei der beschränkt haftende Gesellschafter insoweit wirtschaftlich belastet, wenn dieses Kapital durch Verlustanteile gemindert werde.

In seinem Urteil vom 09. Mai 1996, IV R 75/93 habe der BFH die Berücksichtigung stiller Reserven bei der Ermittlung des steuerlichen Kapitalkontos verneint. In Tz. 3 der Entscheidungsgründe führte er zur Begründung aus: "Stille Reserven würden im Rechenwerk der KG jedoch nicht in Erscheinung treten. Über ihr Vorhandensein und ihren Umfang, auch über einen vorhandenen Geschäftswert, bestehe notwendig Ungewissheit; hierzu seien allenfalls Schätzungen, oft nur Vermutungen möglich. Auch sei unsicher, ob der Kommanditist im Falle seines Ausscheidens an den stillen Reserven beteiligt werde."

Die vom BFH herangezogenen Argumente würden auf den vorliegenden Fall nicht zutreffen: Zum Einen würden die stillen Reserven vorliegend durch das buchungstechnisch nicht zu vermeidende Sonderkonto in Erscheinung treten, zum Anderen würden die insoweit eindeutigen Regelungen des § 6b EStG eine präzise Bezifferung der zulässigen bzw. übertragenen stillen Reserven ermöglichen. Zudem stehe zweifelsfrei fest, dass der Kläger als alleiniger, zu 100% beteiligter Kommanditist bei Ausscheiden aus der Gesellschaft an den stillen Reserven beteiligt werde, zumal die stillen Reserven im Jahr 2007 (im Rahmen der Veräußerung des Geschäftsbetriebes) realisiert und dem Kläger zugerechnet worden seien.

Unerheblich sei auch, dass die Rücklagenübertragung im Jahr 2000 erfolgt sei, da eine gesonderte Feststellung über die Höhe des Kapitalkontos i.S.d. § 15a EStG gesetzlich nicht vorgesehen und somit die Frage, ob die Rücklagenübertragung im Jahr 2000 einen "steuerlichen Verbrauch" ausgelöst habe, unmittelbar im Streitjahr Relevanz entfalte und daher zu klären sei.

Der Beklagte verkenne in seiner bisherigen Argumentation, dass sich der durch die Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG erlangte Vorteil steuerlich nur einmal ausgewirkt habe: der seinerzeit entstandene Gewinn sei bei der C GbR angefallen. Die Entstehung dieses Gewinns habe das Kapitalkonto auf der Ebene der C GbR erhöht. Diese Erhöhung sei dadurch neutralisiert worden, dass ergebniswirksam die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG erfolgt sei (Buchungssatz: per Aufwand an Rücklage). Durch diese Buchung sei auf Ebene der C GbR Verlustausgleichpotenzial vernichtet worden. Hätte es sich bei der Gesellschaft um eine KG gehandelt, hätte diese ergebniswirksame Buchung sämtliche Konsequenzen des § 15a EStG auf Ebene dieser Gesellschaft ausgelöst.

Die anschließende ergebnisneutrale Übertragung auf einen anderen Rechtsträger müsse sich daher nach Ansicht des Klägers außerhalb des steuerlichen Kapitalkontos i.S.d. § 15a EStG vollziehen. Zwar werde beim abgebenden Rechtsträger bei Rücklagenübertragung nach § 6b EStG aufgrund der Technik der doppelten Buchhaltung eine Habenbuchung erzeugt, jedoch könne diese Habenbuchung nach Auffassung des Klägers keine Einlage darstellen. Ebenso wenig könne die Sollbuchung beim aufnehmenden Rechtsträger eine Entnahme darstellen.

Nach Auffassung des Klägers entstehe kein doppelter Vorteil. Dieser sei durch die aufwandswirksame Buchung bei Rücklagenbildung verhindert worden. Vor diesem Hintergrund sei es - auch im Wege der Gesetzesauslegung - nicht zwingend, beim aufnehmenden Rechtsträger (hier: der A GmbH & Co. KG) eine Entnahme zu fingieren und daraus die in diesem Fall negativen Auswirkungen des § 15a EStG auszulösen.

Der Kläger vertritt die Ansicht, dass das Sonderkonto aus der Übertragung der Rücklage gemäß § 6b EStG nicht Bestandteil des Kapitalkontos i.S.d. § 15a EStG sei. Hilfsweise sei das Sonderkonto als Korrekturposten abzuziehen.

Es mangele an einer gesetzlichen Anordnung, dass die buchungstechnische Umsetzung der Ausübung des Wahlrechts auf Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG wie eine Entnahme zu qualifizieren sei oder einen "steuerlichen Verbrauch" darstelle. Ein gesetzgeberischer Wille, der eine derartige Auslegung des § 15a EStG erfordern könnte, sei nicht erkennbar.

Der Kläger beantragt,

den Änderungsbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2006 vom ... unter Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom ... dahingehend zu ändern, dass die nach Anwendung des § 15a EStG im Folgebescheid des Klägers anzusetzenden Einkünfte mit ./. ... € festgestellt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Einspruchsbescheid vertretenen Rechtsauffassung fest. Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 18. Mai 2017 IV R 36/14, BStBl. II 2017, 905 seien vollumfänglich anwendbar. Auch nach dieser Entscheidung dürfe sich der durch die Ausübung des Wahlrechts gemäß § 6b EStG entstandene Steuervorteil nur einmal auswirken. Mit Ausübung dieses steuerlichen Wahlrechts löse der Steuerpflichtige die Rechtsfolgen im Anwendungsbereich des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG selbst aus. Es komme nicht darauf an, ob und inwieweit in Zusammenhang mit einer § 6b-Rücklage der Begriff der Entnahme definiert werde. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG sei es ausreichend, dass ein negatives Kapital als solches entstehe oder sich erhöhe.

Mit Beschluss vom ... ist eine Beiladung der B GmbH & Co KG in Insolvenz zum Klageverfahren abgelehnt worden.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

I.1.) Die vom alleinigen Kommanditisten der B GmbH & Co KG in Insolvenz erhobene Klage ist zulässig, auch wenn die Einspruchsentscheidung allein an die Gesellschaft gerichtet war. Dies folgt aus § 48 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und ist zu Recht zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Denn vorliegend betrifft die Streitfrage den auf den Kläger als Kommanditisten entfallenden verrechenbaren Verlust nach § 15a EStG, mithin eine den beteiligten Kläger angehende "persönliche Frage". In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, dass der angefochtene geänderte Feststellungsbescheid vom ... sowohl die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte als auch die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG umfasst.

Zwar handelt es sich bei der Feststellung des verrechenbaren Verlustes im Sinne des § 15a Abs. 4 EStG um einen von der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte nach den §§ 179 Abs. 1 und Abs. 2, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO zu unterscheidenden selbständigen Verwaltungsakt (vgl. BFH-Urteile vom 03. Februar 2010 IV R 61/07, BStBl. II 2010, 942 und vom 20. November 2014 IV R 47/11, BStBl. II 2015, 532). Zugleich hat der Kläger weder Einwendungen gegen die Höhe noch gegen die Zurechnung der nach den §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte erhoben.

Ungeachtet dessen wendet er sich jedoch mit seiner Klage auch gegen die Feststellung der Höhe der nach Anwendung von § 15a EStG bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer anzusetzenden Einkünfte und damit gegen eine Feststellung, die im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nach den §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO zu treffen ist.

Der Zulässigkeit der Klage gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte steht dabei nicht entgegen, dass es sich bei diesem insoweit um einen Folgebescheid zum Bescheid über die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes im Sinne des § 15a Abs. 4 EStG handelt (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juni 2006 IV R 31 und 32/05, BStBl. II 2007, 687), denn die Klage gegen einen Folgebescheid ist nach der - nunmehr einheitlichen - Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil des BFH vom 27. Juni 2018 I R 13/16, BFH/NV 2019, 245 m.w.N.) nicht schon deshalb unzulässig, weil sie mit Einwendungen begründet wird, die einen Grundlagenbescheid betreffen.

2.) Die Gesellschaft, die B GmbH & Co KG in Insolvenz, war vorliegend nicht gem. § 60 Abs. 3 FGO zum Klageverfahren beizuladen. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem entsprechenden Beschluss, der neben den Beteiligten auch der B GmbH & Co KG in Insolvenz bekannt gegeben worden ist, - zur Vermeidung von Wiederholungen - ausdrücklich Bezug genommen.

II. Der Klage kann jedoch kein Erfolg beschieden sein, sie ist als unbegründet abzuweisen. Denn der angefochtene Änderungsbescheid vom ... über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte und über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes gem. § 15a Abs. 4 EStG für 2006 sowie die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten als (alleinigen) Kommanditisten der B GmbH & Co KG in Insolvenz - vormals A GmbH & Co. KG - (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1.) Der Beklagte hat zu Recht das Sonderkonto aus der Übertragung einer Rücklage gemäß § 6b EStG bei der Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 EStG in die Berechnung des nach der Kapitalkontenentwicklung und der Kapitalveränderung maßgebenden Verlustes einbezogen.

a) Der Kläger war im Streitfall zur Bildung und Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG auf die A GmbH & Co. KG berechtigt gewesen.

Denn in der Person des Klägers hatten die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG vorgelegen. Diese ging letztlich auf eine im Jahr 1997 erfolgte Veräußerung der "..."durch die "C GbR" zurück, an der der Kläger zu 1/2 beteiligt war und die sich - den Kläger betreffend - auf einen Betrag von ... DM belaufen hatte (vgl. zur Anwendbarkeit der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise in zeitlicher Hinsicht: BFH-Urteil vom 16. Dezember 2021 IV R 7/19, BFH/NV 2022, 650 m.w.N.). Die Rücklage war späterhin zum 01. Januar 2001 in Höhe eines verbleibenden Betrages von ... DM auf die E GmbH & Co KG übergegangen und von dort zu Lasten des klägerischen Kapitalkontos auf die "A GmbH & Co. KG" übertragen worden.

Die Voraussetzungen für die Bildung nebst den Übertragungen dieser Rücklage nach § 6b EStG sind zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten. Dies gilt sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach, so dass das Gericht insoweit unter Verweis auf die Ausführungen des BFH in seinem zuvor angegebenen Urteil vom 16. Dezember 2021 IV R 7/19, BFH/NV 2022, 650 von weitergehenden diesbezüglichen Ausführungen Abstand nimmt.

b) Die Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG für den Kläger beruht zutreffend auf einer Berücksichtigung seines Verlustanteils aus der Gesamthandsbilanz der A GmbH & Co. KG unter Berücksichtigung seines Sonderkontos aus der Übertragung der Rücklage gem. § 6b EStG. Von dem sich auf diese Weise ergebenden Saldo war kein Teilbetrag als ausgleichsfähig zu behandeln.

aa) Gem. § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ist der nach Abs. 1 der Vorschrift nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach Abs. 2 abzuziehenden und vermehrt um die nach Abs. 3 hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust), jährlich gesondert festzustellen. Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Der Betrag, in Höhe dessen ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, erhöht danach den zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres festzustellenden verrechenbaren Verlust.

bb) Bei der Bestimmung des Kapitalkontos des Kommanditisten i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung neben der Gesamthandsbilanz auch eine Ergänzungsbilanz zu berücksichtigen, in der regelmäßig der Mehr- oder Minderaufwand eines Gesellschafters gegenüber dem in der Gesamthandsbilanz ausgewiesenen Aufwand abgebildet wird. Eine positive Ergänzungsbilanz erhöht deshalb das Volumen für ausgleichsfähige Verlustanteile des Kommanditisten. Umgekehrt führt eine negative Ergänzungsbilanz zu einer Herabsetzung des Volumens für ausgleichsfähige Verlustanteile des Kommanditisten.

Das Kapitalkonto in der Gesamthandsbilanz wird durch Einlagen in das Gesellschaftsvermögen bzw. durch Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen bestimmt. In diesem Sinne ist Einlage des Kommanditisten gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG die tatsächlich geleistete sog. bedungene Einlage i.S. der §§ 167 Abs. 2, 169 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB).

Demgegenüber bleibt das Kapitalkonto aus den für die Kommanditisten gebildeten Sonderbilanzen außer Ansatz. Dies bedingt zudem, dass etwaige Sondergewinne oder Sonderverluste bei der Feststellung der Höhe des für den Kommanditisten festzustellenden verrechenbaren Verlustes nicht zu berücksichtigen sind (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2017 IV R 36/14, BStBl. II 2017, 905).

c) Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist vom beklagten Finanzamt die Ausgleichsfähigkeit der streitbefangenen Verluste des Klägers aus der Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG zu Recht versagt worden. Dies gilt zur Überzeugung des erkennenden Gerichts auch in den Fällen, in denen - ohne dass die Voraussetzungen zur Bildung einer negativen Ergänzungsbilanz vorgelegen haben - eine zuvor nach § 6b EStG gebildete Rücklage vom Kommanditisten auf eine andere Gesellschaft (im Streitfall: A GmbH & Co. KG) übertragen wird. Denn auch insoweit muss der Grundsatz gelten, dass der durch die ursprüngliche Ausübung des Wahlrechts gem. § 6b EStG entstandene Steuervorteil (Steuerfreistellung des Veräußerungsgewinns) sich nicht zweifach auswirken darf. Darauf, ob der Kommanditist seine Einlage geleistet hat oder nicht, kann es hierbei nicht entscheidend ankommen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2017 IV R 36/14, BStBl. II 2017, 905). Das Gericht versteht die Ausführungen des Bundesfinanzhofs in seinem zuvor zitierten Urteil dahingehend, dass sich die dort entwickelten Grundsätze nicht auf den Fall einer Übertragung/Einbringung unter Bildung einer Ergänzungsbilanz beschränken.

Dem Kläger ist insoweit nicht zu folgen, wenn er darauf verweist, ein negatives Kapitalkonto im Sinne des § 15a EStG setzte stets eine Entnahme (Entnahmehandlung nebst Entnahmewillen) voraus, die bei der Übertragung einer 6b-Rücklage nicht vorliege. Nach Ansicht des Gerichts reicht es vielmehr aus, dass das Kapitalkonto des Kommanditisten überhaupt "negativ" wird. Dies ist aber - wie der Streitfall zeigt - auch in den Fällen der bloßen Einbeziehung eines negativen Sonderkontos im Zusammenhang mit der Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG gegeben.

Wenn auch dem Kläger zuzugeben ist, dass allein das "Verbuchen" der übertragenen Rücklage nach § 6b EStG über ein Einlagekonto nicht dazu führen kann, eine entsprechende Entnahme zu begründen, so ist diesem Vorgang aber doch eine indizielle Bedeutung beizumessen. In diesem Zusammenhang darf zugleich auch nicht übersehen werden, dass nicht nur die ursprüngliche Bildung der Rücklage gem. § 6b EStG auf ein entsprechend ausgeübtes Wahlrecht zurückzuführen war, sondern dies zugleich für die Frage des "Ob" sowie des "Umfangs" einer - ohne jeden Zweifel zulässigen - Übertragung gilt. Denn der Kläger war keineswegs verpflichtet, die in einem anderen Unternehmen gebildete Rücklage ganz oder teilweise auf seine an der A GmbH & Co. KG bestehende Kommanditbeteiligung zu übertragen. Dies beruhte allein auf seiner freien Willensentscheidung.

d) Mit der "Einbeziehung" des Sonderkontos aus der Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG in die Ermittlung des negativen Kapitalkontos nach § 15a EStG ist nicht zugleich eine entsprechende Erhöhung der Außenhaftung des Kommanditisten - hier: des Klägers - verbunden gewesen.

aa) Insoweit ist zunächst darauf zu verweisen, dass - wie zwischen den Beteiligten auch zu Recht unstreitig ist - mit der Einbeziehung des Sonderkontos in die Ermittlung des negativen Kapitalkontos bzw. aus der Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG nicht zugleich eine Änderung/Erhöhung der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme des Kommanditisten (vgl. § 172 Abs. 1 HGB) verbunden gewesen ist.

bb) Aber auch im Übrigen lässt sich nicht mit Erfolg begründen, dass und in welchem Umfang mit der Einbeziehung des Sonderkontos eine entsprechend höhere Außenhaftung des Klägers als Kommanditist gegenüber möglichen Gläubigern der Gesellschaft vorliegen sollte.

Wenn und soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass eine "Einbeziehung" der übertragenen Rücklage nach § 6b EStG in die Vorschrift des § 15a EStG zugleich zu einer entsprechend erhöhten Außenhaftung führte und in diesem Zusammenhang beispielhaft auf mögliche insolvenzrechtliche Auswirkungen zu seinem Nachteil hinweist, vermag ihm das Gericht nicht zu folgen. Denn bei der Prüfung, ob durch bestimmte Handlungsweisen eines Kommanditisten zugleich Haftungssubstrat im Sinne einer Außenhaftung geschaffen werde, kann und darf schon nicht nach einzelnen Gläubigern unterschieden werden. Vielmehr besteht die Besonderheit der Begründung der Außenhaftung eines Gesellschafters dem Grunde und der Höhe nach darin, dass sie gegenüber sämtlichen Gläubigern und damit ausnahmslos gilt und wirkt. Nichts Anderes lässt sich der insoweit allein maßgeblichen Vorschrift für den Haftungsumfang eines Kommanditisten nach § 172 HGB entnehmen. Dort ist zugleich im Einzelnen geregelt, unter welchen konkreten Umständen von einer Erhöhung der Außenhaftung auszugehen ist (vgl. § 172 Abs. 2 HGB) und wann dies etwa nicht der Fall ist bzw. welche "internen" gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen gegenüber den Gläubigern keine (Außen-)Wirkung entfalten (vgl. § 172 Abs. 3 HGB). Angesichts dessen ist zugleich für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar, wenn der Kläger darauf hinweist, dass mit der steuerrechtlichen Einordnung/Behandlung, wie sie vom beklagten Finanzamt erfolgt sei, eine doppelte Benachteiligung des Klägers als Kommanditist der A GmbH & Co. KG bzw. späterhin der B GmbH & Co. KG (in Insolvenz) verbunden sei.

2.) Gegen die Berechnung der vom beklagten Finanzamt festgestellten Besteuerungsgrundlagen hat der Kläger der Höhe nach keine Einwendungen erhoben, Anhaltspunkte für eine unzutreffende Berechnung sind auch für den Senat nicht ersichtlich, so dass es diesbezüglich keiner weiteren Ausführungen bedarf.

III. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 135 Abs. 1 FGO.

IV. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Zu der hier zu entscheidenden Rechtsfrage, ob ein Sonderkonto aus der Übertragung einer Rücklage gemäß § 6b EStG Bestandteil des Kapitalkontos i.S.v. § 15 a EStG ist, existiert - soweit ersichtlich - noch keine eindeutige höchstrichterliche Rechtsprechung.