Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 28.09.2006, Az.: 11 U 31/06

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
28.09.2006
Aktenzeichen
11 U 31/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 42657
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2006:0928.11U31.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Aurich - 10.03.2006 - AZ: 3 O 293/05

Fundstelle

  • IR 2006, 257-258

In dem Rechtsstreit

...

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am

Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 28. September 2006

beschlossen:

Tenor:

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 10. März 2006 wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

  3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 92 985,98 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senates vom 29. August 2006 Bezug genommen. Die Stellungnahme der Klägerin vom 25. September 2006 gibt dem Senat keine Veranlassung, von seiner verlautbarten Rechtsauffassung abzuweichen. Die darin vorgetragenen Argumente waren inhaltlich bereits Gegenstand der Vorberatung. Gründe für eine Neubewertung der Sach- und Rechtslage liegen nach wie vor nicht vor.

2

Das Schreiben der Beklagten vom 23.04.1991 (Anlage B 1 GA Bd. I Bl. 103) ist der Klägerin unstreitig zugegangen. Soweit unter Hinweis auf das beigefügte Schreiben der E.... die Auffassung vertreten wird, das Schreiben sei zum Nachweis des Zeitpunktes der Preisänderung übersandt worden, so teilt der Senat diese Auffassung nicht. In dem Anschreiben vom 23.04.1990 ist unmittelbar dem "Betr.:" folgend der Zusatz enthalten: "Nachweis: Gaspreis, 2,8 Pf/kw ...". Es ging daher in diesem Schreiben vorrangig um die Offenlegung des E.... Gaspreises. Diese Offenlegung macht, wie bereits im Hinweisbeschluss dargelegt, nur dann einen Sinn, wenn der E....-Preis im Abrechnungsverhältnis der Parteien eine Rolle spielen sollte.

3

Eine Anhörung des Zeugen D.... bedarf es in diesem Zusammenhang nicht. Denn es kommt nicht so sehr darauf an, wie der Zeuge D.... dieses Schreiben verstanden hat, sondern wie die Klägerin das Schreiben nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (vgl. insoweit Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 133 Rdnr. 9).

4

Der Zahlungsverpflichtung der Klägerin aufgrund der anerkannten Abrechnungen steht das mögliche Fehlen eines Rechtsgrundes nicht entgegen. Es kann offen bleiben, ob hier mit dem Anerkenntnis ein Streit über eine Unsicherheit über den Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnissen beendet und ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen des anerkannten Anspruchs eine klare Rechtslage geschaffen werden sollte. Zwar kann bei einem Fehlen eines Rechtsgrundes, wenn die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, das Schuldanerkenntnis kondizierbar sein. Die Bereicherungseinrede greift im vorliegenden Fall aber bereits deshalb nicht durch, weil Verwirkung eingetreten ist. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 242 Rdnr. 87). Voraussetzungen sind damit ein Zeitmoment und ein Umstandsmoment.

5

Das Zeitmoment ist erfüllt. 16 Jahre lang wurden die Preisanpassungen im Sinne einer Vertragsauslegung nach Maßgabe der Vorstellungen der Beklagten vorgenommen. Die Abrechnungen waren nachvollziehbar und sind von der Klägerin nachvollzogen worden. 16 Jahre lang hat die Klägerin keine Notwendigkeit gesehen, auf eine Änderung der Anpassungspraxis hinzuwirken.

6

Der erforderliche Vertrauenstatbestand der Verwirkung ist ebenfalls gegeben. Voraussetzung hierfür ist, dass sich der Verpflichtete aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dieser werde sein vermeintliches Recht nicht mehr geltend machen. Das Umstandsmoment ist in der Regel erfüllt, wenn der Schuldner im Hinblick auf die Nichtgeltendmachung des Rechtes die Vermögensdispositionen getroffen hat (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 242 Rdnr. 95). Anhaltspunkte dafür - dies ist von keiner Partei vorgetragen worden -, dass die Beklagte entsprechende Rückstellungen gebildet hat, sind nicht vorhanden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beklagte die von der Klägerin gezahlten Einnahmen bereits verplant und ausgegeben hat. Es ist ihr nicht zuzumuten, ihre Vermögensdisposition zu ändern, wenn die Klägerin im nachhinein die langjährige Praxis der Beklagten im Zusammenhang mit der Erhöhung der Preise nicht akzeptieren will, obwohl ihr bekannt war, bzw. den Entscheidungsträgern hätte bekannt sein können, auf welcher Basis die Fernwärmeabrechnung durch die Beklagten erfolgt. Aufgrund der offen gelegten Preisgestaltung und der Überprüfung durch die Klägerin ist eine Vertrauenslage dahingehend geschaffen worden, dass diese Preisgestaltung nachträglich nicht geändert werde.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.