Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 18.09.2001, Az.: 1 WF 110/01
Abänderbarkeit; Anpassung; Antragszustellung; Aufforderungsschreiben; Erhöhung; Familiensache; Gesetzesänderung; Jugendamtsurkunde; Kindesunterhalt; Kindesunterhaltstitel; Mahnung; Minderjähriger; minderjähriges Kind; Neubeurkundung; Unterhaltsabänderungsverfahren; vereinfachtes Unterhaltsverfahren; vereinfachtes Verfahren; Vergangenheit; Zeitraum; Zukunft; Zustellungszeitpunkt
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 18.09.2001
- Aktenzeichen
- 1 WF 110/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 40251
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG - 16.05.2001 - AZ: 248 FH 64/01
Rechtsgrundlagen
- § 2 UhTitelAnpG
- § 655 ZPO
- § 1612b Abs 5 BGB
- § 1613 Abs 1 BGB
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 15. Juni 2001 wird der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts -Familiengerichts- Braunschweig vom 16. Mai 2001 teilweise abgeändert:
Der zum 01. jeden Monats zu zahlende Kindesunterhalt wird für die Zeit ab 01. März 2001 auf 110 Prozent des Regelbetrages der ersten Altersstufe, vermindert um das anteilige Kindergeld von zur Zeit 46 DM, festgesetzt.
Im übrigen bleibt der angefochtene Beschluss unberührt und wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller zu 17 %, der Antragsgegner zu 83 %.
Dem Antragsgegner wird zur Rechtsverteidigung ratenlose Prozesskostenhilfe für einen Streitwert von 178 DM bewilligt. Im übrigen wird die beantragte Prozesskostenhilfe versagt. Ihm wird im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe Rechtsanwalt N., Braunschweig, zur Vertretung im Beschwerdeverfahren beigeordnet. Die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 1.068 DM festgesetzt.
Gründe
Auf Antrag des Antragstellers vom 20. Dezember 2000 beim Amtsgericht Braunschweig am selben Tage eingegangen- hat das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluss im vereinfachten Verfahren die Urkunde über die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung der Stadt Braunschweig vom 08. Januar 1999, in der eine Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber dem Antragsteller in Höhe von 110 Prozent des Regelbetrages abzüglich des hälftigen Kindergeldes festgesetzt worden war, dahin abgeändert, dass es für die Zeit ab 01. Januar 2001 eine Kindergeldanrechnung lediglich in Höhe von 46 DM, ab 01. April 2002 von 28 DM und ab April 2008 von 7 DM monatlich vorgenommen hat.
Gegen diesen ihm am 09. Juni 2001 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 18. Juni 2001 bei Gericht eingegangenen Beschwerde. Er ist der Auffassung, dass die kindbezogenen Leistungen nicht richtig angerechnet bzw. der Zeitraum nicht richtig festgesetzt sei. Eine Abänderung der Urkunde des Jugendamtes vom 08. Januar 1999 sei erst nach Zustellung des angegriffenen Beschlusses möglich, da ein vorheriges Aufforderungsschreiben des Antragstellers ihn nicht erreicht habe. Darüber hinaus hat der Antragsgegner wegen des Bezuges von Ausbildungsförderung seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit in Abrede genommen. Mit der Beschwerde hat der Antragsgegner den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren verbunden.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 655 Abs. 5 ZPO), hat in der Sache aber nur geringen Erfolg.
Nach § 655 Abs. 3, 5 S. 2 ZPO wird in vereinfachten Abänderungsverfahren der Gegenstand der Beschwerde eingeschränkt. Mit ihr können nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens, gegen den Zeitpunkt der Abänderung, die Berechnung des anzurechnenden Kindergeldes oder die Unrichtigkeit der Kostenentscheidung geltend gemacht werden.
Deshalb dringt der Antragsgegner mit seiner Beschwerde nur insoweit durch, als er sich gegen den Zeitpunkt des Beginns der Abänderung wendet. Da der Antrag auf Abänderung des Kindesunterhalts vom 20. Dezember 2000 dem Antragsgegner erst am 09. März 2001 zugestellt worden ist, ist eine Erhöhung des Unterhaltszahlbetrages für die Zeit vor dem 01. März 2001 nur unter den Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB möglich (vgl. §§ 655 Abs. 6, 646 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Hier hat der Antragsgegner den Zugang des Aufforderungsschreibens des Antragstellers vom 07. Dezember 2000 in Abrede genommen, so dass eine für den Verzug notwendige Mahnung nicht nachgewiesen ist und die Abänderung der zugrundeliegenden Jugendamtsurkunde erst für die Zeit ab 01. März 2001 -und nicht bereits ab 01. Januar 2001- greift (§ 1613 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Auffassung des Antragstellers, Art. 4 § 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und Änderung des Kindesunterhaltsrechts (BGBl. 2000, Teil I Nr. 48, S. 1479 f) lasse in jedem Fall eine Unterhaltsabänderung bereits für die Zeit ab Antragstellung zu, kann angesichts der Verweisung auf § 1613 BGB (s.o.) nicht gefolgt werden (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 655 Rz. 4, 10). Vielmehr bedeutet die Vorschrift des § 2 Unterhaltstitel-Anpassungsgesetz eine Einengung des unmittelbaren Anwendungsbereichs des § 655 ZPO. Das bedeutet: Werden Anträge z.B. erst im Laufe eines Monats eingereicht, ist für diesen Monat nur eine quotale Nicht- bzw. Teilanrechnung des Kindergeldes möglich.
Soweit sich der Antragsgegner auf seine Leistungsunfähigkeit im unterhaltsrechtlichen Sinne beruft und damit seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Antragsteller dem Grunde nach in Abrede nimmt, ist hierfür wegen der Einschränkung der Einwendungen im vorliegenden Anpassungsverfahren kein Raum. Sein Begehren, die Unterhaltspflicht herabzusetzen oder wegfallen zu lassen, müsste er durch die Erhebung einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO bzw. § 656 ZPO beim Familiengericht Braunschweig verfolgen. Deshalb war die weitergehende Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Im Rahmen der Erfolgsaussicht war dem bedürftigen Antragsgegner Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 91 ZPO, der Beschwerdewert ist nach § 17 Abs. 1 GKG festgesetzt. Die Kostenentscheidung im Rahmen der Prozesskostenhilfe richtet sich nach §§ 11 GKG, 118 Abs. 1 S. 4 ZPO.