Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 27.03.2017, Az.: 9 A 51/17

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
27.03.2017
Aktenzeichen
9 A 51/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54222
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Keine Flüchtlingsanerkennung für syrischen Asylsuchenden wegen Entziehung vom Wehrdienst bei Freistellung als einziger Sohn; Kurde; Herkunft aus Hama

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Der im E. geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit und sunnitischen Glaubens. Anfang Januar 2017 meldete er sich als asylsuchend. Bei der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 3. Januar 2017 durchgeführten Anhörung erklärte er, in der Kleinstadt Alsalamiya in der Provinz Hama gelebt und Syrien im Dezember 2015 verlassen zu haben. In das Bundesgebiet sei er im Dezember 2016 eingereist. In Syrien sei er Student gewesen an der Universität in H.. Unter Vorlage seines Wehrdienstheftes gab er an, als einziger Sohn seiner Mutter vom Wehrdienst befreit worden zu sein. Zu seinen Asylgründen bezog er sich im Wesentlichen darauf, die Lage in seiner Heimatstadt sei lebensgefährlich. Die Versorgung sei schlecht und es gäbe ständig Bombenexplosionen. An Straßenkontrollpunkten sei er mindestens sechsmal für jeweils etwa eine Stunde von Militärangehörigen festgehalten worden, die ihn trotz seiner Freistellung zum Militär hätten heranziehen wollen. Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte er wegen seines Aufenthalts im Ausland ohne Rücksicht auf die erteilte Freistellung zum Wehrdienst herangezogen zu werden, zumal er sich zwischenzeitlich in der Türkei aufgehalten habe. Die syrische Regierung werde wegen der schlechten Beziehungen zur Türkei vermuten, dass er dort etwas gegen die Regierung unternommen habe.

Mit Bescheid vom 10. Januar 2017, ausgehändigt am 13. Januar 2017, erkannte das Bundesamt dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zu (Ziffer 1). Im Übrigen lehnte es den Asylantrag ab (Ziffer 2). Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft seien nicht gegeben. Insbesondere scheide die Anknüpfung einer Verfolgungsgefahr an einen Wehrdienstentzug in Syrien aus, denn der Kläger sei vom Militärdienst befreit worden.

Der Kläger hat am 26. Januar 2017 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er insbesondere vor: Die Flüchtlingseigenschaft sei ihm schon deshalb zuzuerkennen, weil die syrische Regierung die illegale Ausreise, die Asylantragstellung und den Aufenthalt im Ausland als Ausdruck einer abweichenden politischen Gesinnung werte und er deshalb bei einer Rückkehr nach Syrien von Festnahme und menschenrechtswidriger Behandlung bedroht sei. Bei ihm komme hinzu, dass seine Mutter Lehrerin gewesen sei und er deshalb Mitglied einer Familie sei, die Teil der politischen und administrativen Klasse in Syrien gewesen sei. Der syrische Staat werde von einem Loyalitätsbruch ausgehen. Auch habe er sich dem Wehrdienst entzogen bzw. fürchte, zum Wehrdienst heranzogen zu werden. Die Kontrollen, denen er an Checkpoints unterzogen worden sei, verdeutlichten, dass sich das syrische Regime nicht an die erteilte Freistellung vom Wehrdienst gebunden fühle.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Ziffer 2 des Bescheides vom 10. Januar 2017 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf den angegriffenen Bescheid,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Bescheid des Bundesamtes vom 10. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit darin für ihn die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt worden ist (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, wenn er Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist und keiner der genannten Ausnahmetatbestände einschlägig ist. Ein Ausländer ist gemäß § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK -, BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Buchst. a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Buchst. b).

§ 3a Abs. 1 AsylG definiert den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG bezeichneten Begriff der Verfolgung als dauerhafte oder systematische schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte. In Absatz 2 werden besondere Beispiele für Verfolgungshandlungen genannt. § 3b Abs. 1 AsylG beschreibt abschließend die maßgeblichen Verfolgungsgründe, darunter insbesondere die Verfolgung wegen der politischen Überzeugung (Nr. 5).

Ob eine Verfolgung der vorstehend näher beschriebenen Art droht, d. h. der Ausländer sich im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG aus begründeter Furcht vor einer solchen Verfolgung außerhalb des Herkunftslandes befindet, ist anhand einer Verfolgungsprognose zu beurteilen, die auf der Grundlage einer zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die Wahrscheinlichkeit künftiger Geschehens-abläufe bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr des Schutzsuchenden in seinen Heimatstaat zum Gegenstand hat (BVerwG, Urt. v. 06.03.1990 - 9 C 14/89 - juris, Rn. 13 m. w. N.). Die Prognose in Bezug auf eine bei Rückkehr in den Heimatstaat drohende Verfolgung hat nach Umsetzung der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes – ABl. EU Nr. L 304 S. 12; ber. ABl. EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24 – einheitlich anhand des Maßstabs der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ zu erfolgen (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Urt. v. 01.06.2011 - 10 C 25/10 - juris, Rn. 22; Urt. v. 01.03.2012 - 10 C 7/11 - juris, Rn. 12 m. w. N.).

Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschl. v. 07.02.2008 - 10 C 33/07 - juris, Rn. 37 m. w. N.) eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Antragstellers Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Eine in diesem Sinne wohlbegründete Furcht vor einem Ereignis kann auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer "quantitativen" oder mathematischen Betrachtungsweise weniger als 50 Prozent Wahrscheinlichkeit für dessen Eintritt besteht. Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist deshalb anzunehmen, wenn bei der vorzunehmenden zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Die Zumutbarkeit bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr "beachtlich" ist. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn nur ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 Prozent für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die "reale Möglichkeit" (real risk) einer Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine geringe mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, macht es auch aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen Unterschied, ob er z.B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber die Todesstrafe riskiert (so auch OVG Rhein.-Pf., Urt. v. 16.12.2016 - 1 A 10922/16 - juris, Rn. 34).

Die begründete Furcht vor Verfolgung kann gemäß § 28 Abs. 1a AsylG auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist. Für subjektive Nachfluchttatbestände, die bereits während eines Erstverfahrens oder durch das Erstverfahren verwirklicht worden sind, greift damit keine Einschränkung. Im Hinblick auf die Flüchtlingsanerkennung müssen diese - anders als bei der Asylanerkennung - nicht einmal auf einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung beruhen. Erst für nach dem erfolglosen Abschluss des Erstverfahrens selbst geschaffene Nachfluchtgründe wird ein Missbrauch der Inanspruchnahme des Flüchtlingsschutzes in der Regel vermutet (vgl. § 28 Abs. 2 AsylG; BVerwG, Urt. v. 18.12.2008 - 10 C 27/07 - juris Rn. 14; vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18.07.2012 - 3 L 147/12 - juris, Rn. 26). Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des § 28 Abs. 1a AsylG die entsprechenden Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 und 2 der Qualifikationsrichtlinie umgesetzt und hiermit zugleich die grundsätzliche Relevanz von Nachfluchttatbeständen klargestellt. Der beachtliche Nachfluchttatbestand ist damit kein Ausnahmetatbestand, sondern ebenso wie der Vorfluchtgrund ein Regelfall des § 3 AsylG (vgl. auch VG Regensburg, Urt. v. 29.06.2016 - RO 11 K 16.30707 - juris, Rn. 22; VG Trier, Urt. v. 07.10.2016 - 1 K 5093/16.TR - juris, Rn. 23f.).

Zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG in Verbindung mit den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG). Wer eine ihm geltende Verfolgungshandlung (§ 3a AsylG) sowie den Wegfall nationalen Schutzes (§ 3c bis § 3e AsylG) darlegen kann, wird als Flüchtling anerkannt, wenn die Verfolgung auf einem oder mehreren der in § 3b Abs. 1 AsylG bezeichneten Verfolgungsgründen beruht. Kann die Anknüpfung der Verfolgung an einen solchen Verfolgungsgrund nicht dargelegt werden, besteht nach Maßgabe der entsprechenden Voraussetzungen lediglich Anspruch auf subsidiären Schutz (§ 4 Abs. 1 AsylG).

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anhand des inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu beurteilen, ob eine spezifische Zielrichtung vorliegt, die Wirkung mithin „wegen“ eines geschützten Merkmals erfolgt. So begründet nicht jede gezielte Verletzung von Rechten bereits eine asylerhebliche Verfolgung. Vielmehr ist erforderlich, dass die Maßnahme den von ihr Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen soll (BVerfG, Beschl. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 = BVerfGE 80, 315, 335, juris, Rn. 44; BVerfG, Beschl. v. 20.12.1989 - 2 BvR 958/86 = BVerfGE 81, 142, 151, juris, Rn. 25ff.). Dem Begriff der Verfolgung wohnt ein finales Element inne, da nur dem auf bestimmte Merkmale einzelner Personen oder Personengruppen zielenden Zugriff erhebliche Wirkung zukommt. Das Kriterium „erkennbare Gerichtetheit der Maßnahme“ und das Erfordernis, dass die Verfolgung an geschützte Merkmale anknüpfen muss, verdeutlichen, dass es auf die in der Maßnahme objektiv erkennbar werdende Anknüpfung ankommt (Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 3a Rn. 54).

Dabei ist es für die Annahme von Verfolgung nicht erforderlich, dass von politischer Verfolgung Betroffene entweder tatsächlich oder nach der Überzeugung des verfolgenden Staates selbst Träger eines verfolgungsverursachenden Merkmals sind. Politische Verfolgung kann auch dann vorliegen, wenn der oder die Betroffene lediglich der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zugerechnet wird, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist (BVerfG, Kammerbeschluss v. 22.11.1996 - 2 BvR 1753/96 - juris, Rn. 5). In diesem Sinne sieht § 3b Abs. 2 AsylG vor, dass es bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, unerheblich ist, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden. Dafür, dass die Verfolger einen Verfolgungsgrund unterstellen, müssen jedoch Umstände ermittelt werden (vgl. Marx, a.a.O., § 3b Rn. 78).

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Bei verständiger Würdigung ist für ihn eine flüchtlingsschutzrelevante Verfolgungsgefahr nicht zu erkennen.

1. Eine Verfolgungsgefahr folgt für den Kläger zunächst nicht aus einer Entziehung vom Militärdienst, die ein erhöhtes Risiko begründen würde, bei einer Rückkehr nach Syrien im Rahmen der Rückkehrerbefragung bzw. in deren Anschluss wegen unterstellten illoyalen Verhaltens und regimefeindlicher Gesinnung menschenrechtswidriger Behandlung bis hin zu Folter ausgesetzt zu sein.

Die Schwelle, ab deren Überschreiten einem Rückkehrer seitens der syrischen Regierung eine vermeintlich oppositionelle Haltung zugeschrieben wird, ist nach Ansicht der Kammer grundsätzlich niedrig anzusetzen. Es genügt insoweit ein geringer Verdachtsgrad (vgl. Urteil der Kammer vom 8.2.17 - 9 A 246/16 -, unter Hinweis auf Immigration and Refugee Board of Canada, Bericht vom 19.01.2016, S. 4, Ziff. 3: Treatment of Failed Refugee Claimants: „However, the conflict has probably raised the suspicion levels of officials.”; UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 4. akt. Fassung, November 2015, S. 12).

Bei Personen, die sich dem Wehrdienst entzogen haben, sieht die Kammer die Verdachtsschwelle jedenfalls als überschritten an (so auch Bay. VGH, Urt. v. 12.12.2016 - 21 ZB 16.30372 -, juris). Für diese Einschätzung spricht die Auskunft der Deutschen Botschaft Beirut an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 03. Februar 2016. Danach stehen die dort bekannten Fälle, bei denen Rückkehrer nach Syrien befragt, zeitweilig inhaftiert oder dauerhaft verschwunden sind, überwiegend in Zusammenhang mit oppositionsnahen Aktivitäten (beispielsweise Journalisten oder Menschenrechtsverteidiger) oder in Zusammenhang mit einem nicht abgeleisteten Militärdienst. Dies entspreche auch den Erkenntnissen von Menschenrechtsorganisationen, mit denen das Auswärtige Amt bzw. die Botschaft Beirut zusammenarbeite. In seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Trier vom 12. Oktober 2016 führt das Auswärtige Amt aus, dass an syrischen Flughäfen umfangreiche Personen- und Grenzkontrollen durch Geheimdienste stattfänden, wobei den Sicherheitskräften Listen gesuchter Personen zur Verfügung gestellt würden, in denen unter anderem Wehrdienstverweigerer aufgeführt seien. Nach dem Bericht des Immigration and Refugee Board of Canada vom 19. Januar 2016 (S. 4, Ziff. 5) deuten Quellen darauf hin, dass die Sicherheitskontrollen am Flughafen Damaskus auch die Überprüfung beinhalten, ob Rückkehrer den Militärdienst abgeschlossen haben. Männer im militärfähigen Alter seien besonders anfällig für Misshandlungen durch Sicherheitsbehörden am Flughafen und an anderen Punkten. Ein emeritierter Professor habe sie als die „am meisten gefährdete“ Gruppe in Bezug auf menschenrechtswidrige Behandlung durch syrische Sicherheitskräfte bezeichnet, insbesondere, wenn sie nie im Militär gedient hätten. Dementsprechend würden junge Männer zwischen 16 und 40 Jahren von den Grenzbehörden besonders verfolgt und unterlägen zudem Zwangsrekrutierungen von allen Seiten, auch wenn sie bereits ihren Militärdienst abgeschlossen hätten („Sources indicate that the security check conducted by border authorities at the Damascus International Airport and other ports of entry includes checking if the returnee completed military service <CIVIC 11 Dec. 2015; Executive Director 14 Dec. 2015; Emeritus Professor 11 Dec. 2015>. Several sources state that men of military age are particularly vulnerable to mistreatment by security authorities at the airport and other points of entry <ibid.; CIVIC 11 Dec. 2015; Executive Director 14 Dec. 2015>. The Emeritus Professor described military-aged men as ‘the most vulnerable’ group in terms of treatment by Syrian authorities at points of entry, ‘especially if they never served in the military’ <Emeritus Professor 11 Dec. 2015>. According to the Program Officer, young men of 16 to 40 are ‘particularly persecuted’ by border authorities and are subject to ‘forced conscription on all sides,’ even if they already completed their military service <CIVIC 11 Dec. 2015>.”).

In Syrien besteht für männliche Staatsangehörige eine allgemeine Wehrpflicht. Die Registrierung für den Wehrdienst erfolgt im Alter von 18 Jahren. Die Wehrpflicht besteht bis zum Alter von 42 Jahren (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien: Rekrutierung durch die Syrische Armee, 30.07.2014, S. 1). Andere Quellen gehen davon aus, dass die Wehrpflicht in der Praxis bis zum 50. Lebensjahr ausgeweitet wird (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf v. 02.01.2017, GZ: 508-9-516.80/48808; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien: Rekrutierung durch die Syrische Armee, 30.07.2014, S. 1). Auch seien zahlreiche Berichte bekannt, nach denen Reservisten zum Militärdienst eingezogen werden (vgl. Auswärtiges Amt, a. a. O.). Nach Angaben des Fact-Finding Mission Report des Finnish Immigration Service vom 23. August 2016 (S. 5) beläuft sich die Altersgrenze für die Reservepflicht nach dem Gesetz auf 52 bzw. 54 Jahre, wenn ein Mann einen Bachelor-Abschluss hat. Darüber hinaus lägen Anhaltspunkte für eine Anhebung der Altersgrenze für Reservisten in bestimmten Fällen und Gebieten auf bis zu 60 Jahre vor (Finnish Immigration Service, a. a. O, S. 11). Je nach Eignung beläuft sich die Dauer des Wehrdienstes auf ein bis drei Jahre (Dt. Orient-Stiftung, Auskunft an das OVG Schleswig-Holstein vom 08.11.2016).

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 02. Januar 2017 (GZ: 508-9-516.80/48808) besteht die allgemeine Wehrpflicht auch weiterhin und wird durchgesetzt. Wehrpflichtige Männer werden per Einberufungsbescheid zum Ableisten des Wehrdienstes aufgefordert. Wehrpflichtige Männer, die auf diesen Einberufungsbescheid nicht reagieren, werden von Mitarbeitern der Geheimdienste für den Militärdienst zwangsrekrutiert. Es sei damit kaum möglich, sich der Wehrpflicht zu entziehen. Es gäbe auch Berichte, dass junge Männer an Checkpoints verschleppt und zwangsrekrutiert würden. Männern im wehrpflichtigen Alter werde die Ausreise aus dem Land verboten und der Reisepass vorenthalten. Im März 2012 hat die syrische Regierung beschlossen, allen männlichen Staatsangehörigen im Alter von 18 bis 42 Jahren die Ausreise zu untersagen bzw. nur nach einer zuvor erteilten Genehmigung zu gestatten. Dies gilt auch für Personen, die bereits ihren Wehrdienst abgeleistet haben (vgl. Dt. Orient-Stiftung, Auskunft an den VGH Bad.-Württ. vom 22.02.2017; Auskunft an den Hess. VGH vom 01.02.2017; Auskunft an das OVG Schl.-Holst., vom 08.11.2016; Schweizer Flüchtlingshilfe, Syrien: Rekrutierung durch die syrische Armee, 30.07.2014, S. 7).

Freigestellt vom Wehrdienst sind nach syrischem Recht grundsätzlich Einzelkinder bzw. einzige Söhne sowie Studenten während ihres Studiums (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf v. 02.01.2017, GZ: 508-9-516.80/48808). Syrische Männer, die im Ausland leben, können sich für 4.000 bis 5.000 USD vom Wehrdienst freikaufen. Gemäß Gesetz Nr. 33 vom 06. August 2014 müssen Wehrpflichtige bei einem Auslandsaufenthalt von über vier Jahren sogar 8.000 USD zahlen (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf v. 02.01.2017, GZ: 508-9-516.80/ 48808). Sofern ein Mann Ernährer der Familie ist und er jüngere Brüder hat, kann er seinen Militärdienst verschieben, bis der jüngere Bruder sechzehn Jahre alt ist (Finnish Immigration Service, Syria: Military Service, National Defense Forces, Armed Groups supporting syrian Regime and armed opposition, 23.08.2016, S. 9). Nach Angaben der Schweizer Flüchtlingshilfe sind auch Männer mit medizinischen Einschränkungen von der Wehrpflicht ausgenommen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien: Rekrutierung durch die Syrische Armee, 30.07.2014, S. 2). Hinsichtlich der rechtlich vorgesehenen Ausnahmen von der Wehrpflicht sowie der Zurückstellungsmöglichkeiten mehren sich allerdings Hinweise darauf, dass es in der Praxis zunehmend schwieriger ist, eine Frei- oder Zurückstellung vom Militärdienst zu erhalten und sogar bereits gewährte Frei- bzw. Zurückstellungen willkürlich ohne Berücksichtigung bleiben (vgl. Bericht des Danish Immigration Service, September 2015, „Syria, Update on Military Service, Mandatory Self-Defence Duty and Recruitment to the YPG“, S. 12; Finnish Immigration Service, Syria: Military Service, National Defense Forces, Armed Groups supporting syrian Regime and armed opposition, 23.08.2016, S. 10). Dafür sprechen auch die an Universitäten durchgeführten Rekrutierungsaktionen (vgl. etwa Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien: Mobilisierung in die syrische Armee, 28.03.2015, S. 5). Nach Angaben des Auswärtigen Amtes ist jedenfalls im Hinblick auf die syrische Armee unterstützende Milizen nicht auszuschließen, dass Zwangsrekrutierungen auch außerhalb des für die Armee üblichen Personenkreises erfolgen und etwa Einzelkinder erfassen (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf v. 02.01.2017, GZ: 508-9-516.80/ 48808). Bei dieser Sachlage geht die Kammer davon aus, dass Asylsuchende mangels hinreichender Verlässlichkeit rechtlich bestehender Freistellungs- bzw. Rückstellungsmöglichkeiten grundsätzlich nicht darauf verwiesen werden können, sich bei einer hypothetischen Rückkehr nach Syrien auf ihre Zugehörigkeit zu einem freistellungs- bzw. zurückstellungsberechtigten Personenkreis zu beziehen, sondern dass auch dieser Personenkreis mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, wegen einer angenommenen illoyalen Haltung gegenüber dem syrischen Regime menschenrechtswidriger Behandlung bis hin zu Folter ausgesetzt zu sein.

Die Möglichkeit eines Ersatzdienstes besteht nicht. Wehrdienstverweigerung wird gemäß dem Military Penal Code von 1950, der 1973 angepasst wurde, bestraft. In Artikel 68 ist festgehalten, dass mit einer Haftstrafe von einem bis sechs Monaten in Friedenszeiten und bis zu fünf Jahren in Kriegszeiten bestraft wird, wer sich seiner Einberufung entzieht. Wer das Land ohne eine Adresse zu hinterlassen verlässt und sich so der Einberufung entzieht, wird mit drei Monaten bis zu zwei Jahren Haft und einer Geldbuße bestraft. Gemäß Artikel 101 wird Desertion mit fünf Jahren Haft oder mit fünf bis zehn Jahren Haft bestraft, wenn der Deserteur das Land verlässt. In Artikel 102 ist festgehalten, dass ein Deserteur, der im Angesicht des Feindes desertiert, mit lebenslanger Haft bestraft wird. Exekution ist bei Überlaufen zum Feind und bei geplanter Desertion im Angesicht des Feindes vorgesehen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien: Rekrutierung durch die Syrische Armee, 30.07.2014, S. 3; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf v. 02.01.2017, GZ: 508-9-516.80/48808). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 02.01.2017 (GZ: 508-9-516.80/48808) wurden bereits 2011 Dutzende syrische Deserteure erschossen, da sie sich den Aufständischen anschließen wollten. Dem Auswärtigen Amt vorliegenden Berichten zufolge kann auch ein Wehrdienstentzug durch „illegale“ Ausreise von nicht gemusterten bzw. nicht einberufenen Wehrpflichtigen durch Geldbuße oder Gefängnis bestraft werden. Regimegegnerschaft kann dabei zu härteren Reaktionen führen (Auswärtiges Amt, a. a. O.).

Das syrische Regime hat bereits seit Beginn des Bürgerkrieges die Mobilisierungsmaßnahmen für Rekruten und Reservisten intensiviert. Seit Herbst 2014 ist angesichts einer erheblichen Dezimierung der syrischen Armee durch Desertion und Verluste eine deutlich verstärkte Mobilisierung von Reservisten zu beobachten und es kommt zur Verhaftung von Deserteuren und Männern, die sich bislang dem Wehrdienst entzogen haben (Schweizer Flüchtlingshilfe, Syrien: Mobilisierung in die syrische Armee, 28.03.2015, S. 1ff.; Danish Immigration Service, Bericht „Syria - Military Service, Mandatory Self-Defence Duty and Recruitment to the YPG“ vom 26.02.2015, S. 9). Deserteure und Personen, die sich dem Militärdienst entzogen haben, werden inhaftiert und verurteilt. In der Haft kommt es zu Folter. Menschenrechtsorganisationen berichten über Exekutionen von Deserteuren. Einige der Verhafteten werden vom Militärgericht zu Haftstrafen verurteilt, bevor sie eingezogen werden, andere werden verwarnt und direkt in den Militärdienst geschickt (Schweizer Flüchtlingshilfe, Syrien: Mobilisierung in die syrische Armee, 28.03.2015, S. 4).

Rückkehrer, die sich dem Wehrdienst entzogen haben, laufen nach Ansicht der Kammer vor diesem Hintergrund mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr, bei einer (hypothetischen) Rückkehr nach Syrien im Rahmen der zu erwartenden Rückkehrerbefragung bzw. einer etwaigen anschließenden Verbringung in ein Haft- oder Verhörzentrum einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt zu sein, weil die Entziehung von der Wehrpflicht seitens des syrischen Regimes als illoyal wahrgenommen wird und der Wehrdienstpflichtige in den Verdacht gerät, eine abweichende, oppositionelle politische Einstellung zu vertreten (so auch Bay. VGH, Urt. v. 12.12.2016 - 21 ZB 16.30372 -, juris). Für eine solche Haltung der syrischen Regierung spricht auch eine Äußerung des syrischen Präsidenten Assad, der in einer Rede im Juli 2015 erklärt hat, „Syrien sei für die, die es verteidigen“ (Finnish Immigration Service, Syria: Military Service, National Defense Forces, Armed Groups supporting syrian Regime and armed opposition, 23.08.2016, S. 7: „…the country is for those who protect it.“).

Da bei der Behandlung von erstmalig Wehrdienstpflichtigen und Reservisten, die sich der Wehrpflicht entziehen, seitens des syrischen Regimes keine Unterschiede ausgemacht werden können, erscheint aus Sicht der Kammer auch hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft keine unterschiedliche Handhabung angezeigt.

Weil (Zwangs-) Rekrutierungen nach der Erkenntnislage auch jenseits eines formalen Einberufungsverfahrens vorgenommen werden, beispielsweise an Checkpoints oder bei Razzien in Wohnquartieren und Universitäten (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf v. 02.01.2017, GZ: 508-9-516.80/48808; Finnish Immigration Service, Syria: Military Service, National Defense Forces, Armed Groups supporting syrian Regime and armed opposition, 23.08.2016, S. 6; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien: Mobilisierung  in die syrische Armee, 28.03.2015, S. 3), kommt es für die Kammer auch nicht darauf an, ob bereits ein Einberufungsbescheid vorliegt oder nicht. Dies gilt umso mehr, als Einziehungen zum Wehrdienst  auch an der Grenze erfolgen (Finnish Immigration Service, a. a. O., S. 7).

Die grundsätzlich für Wehrdienstentzieher anzunehmende Verfolgungsgefahr ist für den Kläger jedoch nicht gegeben. Zwar befindet er sich im wehrpflichtigen Alter. Nach seinen eigenen Angaben wurde er aber als einziger Sohn der Familie vom Wehrdienst freigestellt. In das von ihm vorgelegte Wehrdienstheft ist eine nicht nur zeitlich befristete, sondern endgültige Freistellung vom Wehrdienst als einziges Kind einer Mutter, die das gesetzliche Alter überschreitet, eingetragen. Auch wenn - wie dargelegt - Freistellungen vom Wehrdienst nach der Erkenntnislage nicht immer beachtet werden und über willkürliche Handhabungen berichtet wird, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass erteilte Freistellungen stets oder überwiegend ohne Berücksichtigung blieben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass erteilte Freistellungen vom Wehrdienst im Wesentlichen Beachtung finden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche der Länderanalyse zu Syrien: Umsetzung der Freistellung vom Militärdienst als „einziger Sohn“, 20.10.2015, S. 1 und 3 f.). Der Kläger selbst konnte nach eigenem Vorbringen Straßenkontrollpunkte - wenn auch erst intensiver Überprüfung - letztlich stets unbehelligt passieren. Den vereinzelt angegebenen Fällen, dass vom Militärdienst freigestellten Einzelsöhnen an Checkpoints vermehrt die Einziehung angedroht worden sei, um Bestechungsgelder zu erpressen, bzw. es in Syrien grundsätzlich keine Garantie gebe, dass Gesetze respektiert würden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O., S. 4), kann auch eine Anknüpfung an flüchtlingsschutzrelevante Persönlichkeitsmerkmale nicht entnommen werden (vgl. dazu: Bay. VGH, Urt. v. 12.12.2016 - 21 B 16.30371 -, juris). Die Annahme der Kammer, dass der Wehrpflicht unterliegende syrische Asylsuchende, die bislang nicht über eine Freistellung vom Wehrdienst verfügen oder deren Freistellung wegen zeitlicher Befristung abgelaufen ist, mangels hinreichender Verlässlichkeit nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden können, bei einer (hypothetischen) Rückkehr nach Syrien ihre Zugehörigkeit zu einem freistellungs- bzw. zurückstellungsberechtigten Personenkreis geltend zu machen, lässt sich vor diesem Hintergrund nicht auf Personen übertragen, die - wie der Kläger - über eine weiterhin gültige Freistellung verfügen. Aus Sicht der syrischen Sicherheitskräfte fehlt es in Anbetracht der erteilten endgültigen Freistellung vom Wehrdienst für die Unterstellung einer illoyalen und oppositionellen Haltung - anders als bei Wehrpflichtigen und Reservisten - am Anknüpfungspunkt der Ausreise trotz Militärdienstpflichtigkeit (so zu einer Freistellung als einziger Sohn auch: Bay. VGH, a. a. O.). Die Ausreise kann in diesem Fall nicht als Versuch verstanden werden, sich der gegenüber dem syrischen Staat bestehenden Pflicht zum Ableisten des Militärdienstes zu entziehen.

2. Eine die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründende Verfolgungsgefahr ergibt sich für den Kläger auch nicht daraus, dass ihm im Falle der Rückkehr nach Syrien allein wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung sowie längerem Auslandsaufenthalt beachtlich wahrscheinlich die Festnahme und damit verbunden die Gefahr von Folter drohen würde, womit seitens der syrischen Behörden einer vermuteten Einstellung gegen das derzeitige politische System nachgegangen würde. Für die Annahme einer allein aus den genannten Gründen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden flüchtlingsschutzrelevanten Behandlung fehlt es zur Überzeugung der Kammer an hinreichenden, eine solche Schlussfolgerung tragenden Erkenntnismitteln. Soweit bezogen auf frühere Zeitpunkte auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung angenommen worden ist, dass Asylantragstellern unabhängig von einer Vorverfolgung allein wegen illegaler Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung und Aufenthalts im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung drohe (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18.07.2012 - 3 L 147/12 - juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.6.2013 - A 11 S 927/13 -, juris; Hess. VGH, Beschl. v. 27.01.2014 - 3 A 917/13.Z.A - juris; vgl. auch U.K. Upper Tribunal, Urt. v. 07.08.2012 - Syria CG UKUT 00426 -), kann dem jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr gefolgt werden. Denn zusammentreffend mit der eskalierenden Gewaltanwendung in Syrien hat seit dem Jahre 2012 eine zuvor nicht zu beobachtende massenhafte Fluchtbewegung eingesetzt, die dazu geführt hat, dass Ende 2015 rund 4,9 Millionen Menschen, d. h. knapp ein Viertel der gesamten Bevölkerung aus dem Land geflohen waren. Die Kammer sieht keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass angesichts der Betroffenheit weiter Teile der Bevölkerung von den Auswirkungen des sich ausweitenden Konflikts in Syrien einschließlich der von den Konfliktparteien verursachten Zerstörungen nicht auch der syrischen Regierung bewusst ist, dass es sich bei der Mehrheit der syrischen Flüchtlinge nicht um Oppositionelle, sondern um Bürgerkriegsflüchtlinge handelt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich die Mehrheit der Flüchtlinge aus Syrien außerhalb des westlichen Auslands in den Nachbarstaaten Syriens aufhält. Denn auch wenn das syrische Regime besonderen Argwohn gegenüber dem westlichen Ausland hegen mag, das es als Unterstützer oppositioneller Gruppen wahrnimmt, ist nicht zu vernachlässigen, dass ausgelöst durch die Verschlechterung der Bedingungen in Syrien und in den Nachbarländern für sich dort aufhaltende Flüchtlinge auch die Zahl der Asylsuchenden in Europa deutlich angestiegen ist auf mehr als 680.000 bis Oktober 2015, wovon nach unterschiedlichen Angaben zwischen 300.000 und bis zu rund 500.000 Personen im Jahre 2015 ein Schutzgesuch gestellt haben (vgl. UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 4. akt. Fassung, November 2015, S. 8; U. K. Home Office, Country Information and Guidance, August 2016, S. 25).

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 16. Dezember 2016 (Az.: 1 A 10922/16) zur Rückkehrergefährdung ausgeführt:

„Zwar trifft es zu, dass mangels Referenzfällen – wegen der eskalierenden Lage finden Abschiebungen bereits seit Jahren nicht mehr statt (vgl. dazu auch die entsprechende Empfehlung des Bundesministeriums des Innern an die Länderinnenverwaltungen vom 28. April 2011, Az. M I 3 – 125 242 SYR/O) – die Prognose, ob im Falle einer hypothetischen Abschiebung nach Syrien dort aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und eines längeren Auslandaufenthaltes beachtlich wahrscheinlich politische Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG droht, notwendigerweise aufgrund einer wertenden Gesamtschau aller Umstände zu erfolgen hat. Demgemäß begründen die eine entsprechende Verfolgungsgefahr bejahenden Gerichte ihre Prognosen jeweils mit einer ganzen Reihe von Einzelfaktoren. Hierzu gehören insbesondere (vgl. exemplarisch etwa OVG S-A, Urteil vom 18. Juli 2012 – 3 L 147/12 –, juris) die Behandlung von Personen, die bis zum Erlass des generellen Abschiebungsstopps im April 2011 aus der Bundesrepublik Deutschland und anderen europäischen Staaten nach Syrien abgeschoben wurden, die umfassende Beobachtung von syrischen Staatsangehörigen im Ausland durch die verschiedenen syrischen Geheimdienste, die Eskalation der innenpolitischen Situation seit März 2011 und der Umgang der syrischen Behörden mit Personen in Syrien, insbesondere seit Beginn des Jahres 2012, die aus ihrer Sicht verdächtig sind, die Opposition unterstützen. Auch hiergegen ist systematisch nichts zu erinnern. (…)

Bei der Bewertung, ob die im Einzelfall festgestellten Umstände eine die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG rechtfertigende Verfolgungsgefahr begründen, ist rechtlich zwischen zwei Fragestellungen zu unterscheiden, nämlich dem beachtlich wahrscheinlichen Drohen einer Verfolgungshandlung gemäß § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3a AsylG als solcher und deren ebenfalls beachtlich wahrscheinlicher Verknüpfung (§ 3a Abs. 3 AsylG) mit Verfolgungsgründen im Sinne des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3b AsylG.

(1) Danach kann für die hier allein streitgegenständliche Frage der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG letztlich offen bleiben, ob dem Kläger bei einer Rückkehr nach Syrien dort überhaupt beachtlich wahrscheinlich eine Verfolgungshandlung i. S. d. § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3a AsylG dergestalt droht, einer Befragung unterzogen zu werden, mit der die konkrete Gefahr einer Verhaftung und/oder einer schwerwiegenden Misshandlung bis hin zur Folter und willkürlichen Tötung einhergeht. Zweifel hieran könnten sich im gemäß § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats möglicherweise aus dem Umstand ergeben, dass Ende 2015 von den rund 22 Millionen zuvor in Syrien lebenden Menschen bereits rund 4,9 Millionen, mithin knapp ein Viertel der gesamten Bevölkerung, aus dem Land geflohen waren (UNHCR, Global Trends – Forced Displacement in 2015, 49 http://www.unhcr.org/statistics/unhcrstats/576408cd7/unhcr-global-trends-2015.html). Dass es sich hierbei mehrheitlich nicht um Oppositionelle handelt, sondern um Bürgerkriegsflüchtlinge, muss bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch den syrischen Behörden bekannt sein. Dass dem tatsächlich so ist, wird überdies durch eine Äußerung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad Ende 2015 in einem Interview im tschechischen Fernsehen bestätigt, wonach es sich bei der Mehrheit der syrischen Flüchtlinge um „gute Syrer“ handele, es aber „natürlich … eine Unterwanderung durch Terroristen“ gebe (http://www.n-tv.de/politik/Assad-lobt-Putins-Eingreifen-in-Syrien-article16478 486.html).

In diese Richtung deutet auch eine Auskunft der Deutschen Botschaft Beirut an das BAMF zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Syrien vom 3. Februar 2016. Danach liegen dem Auswärtigen Amt keine Erkenntnisse dazu vor, dass ausschließlich aufgrund des vorangegangenen Auslandsaufenthalts Rückkehrer nach Syrien Übergriffe/Sanktionen zu erwarten haben. Zwar seien Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nach Syrien befragt, zeitweilig inhaftiert oder dauerhaft verschwunden seien; diese stünden allerdings überwiegend im Zusammenhang mit oppositionellen Aktivitäten (beispielsweise Journalisten und Menschenrechtsverteidigern) oder im Zusammenhang mit einem nicht abgeleisteten Wehrdienst. Dies entspreche auch den Erkenntnissen von Menschenrechtsorganisationen, mit denen das Auswärtige Amt bzw. die Botschaft Beirut zusammenarbeiteten.

Andererseits ergeben sich bereits aus der zitierten Äußerung des syrischen Präsidenten aber auch deutliche Hinweise darauf, dass die syrischen Sicherheitsbehörden alle Rückkehrer schon deshalb jedenfalls einer eingehenden Befragung unterziehen werden, damit sie einschätzen können, ob Verdachtsmomente für terroristische Aktivitäten – oder möglicherweise auch nur für eine regimegegnerische Haltung des Betroffenen oder für Kenntnisse über oppositionelle Aktivitäten Dritter – gegeben sind. Die mit derartigen Befragungen ausweislich zahlreicher bis zum Jahr 2011 dokumentierter Referenzfälle (vgl. beispielsweise OVG S-A, Urteil vom 18. Juli 2012 – 3 L 147/12 –, und OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2012 – 14 A 2708/10.A –, beide in juris, jeweils m. w. N.) jedenfalls in der Vergangenheit verbunden gewesenen weiteren Risiken einer Verhaftung und/oder von Misshandlungen vom Schweregrad des § 3a AsylG können auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen massenhaften Ausreise jedenfalls nicht hinreichend verlässlich ausgeschlossen werden. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Klärung, weil eine entsprechende Verfolgungsgefahr jedenfalls nicht aus einem der Verfolgungsgründe des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3b AsylG gegeben wäre.

(2) Die dem Senat vorliegenden Erkenntnisse reichen nicht aus, um seine Überzeugung von einer beachtlich wahrscheinlichen Verknüpfung einer möglicherweise allein wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung sowie längerem Auslandsaufenthalt drohenden Verfolgungshandlung mit Verfolgungsgründen im Sinne des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3a Abs. 3 AsylG zu begründen; weiterreichende taugliche Erkenntnismittel sind weder von den Beteiligten aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Eine entsprechende beachtlich wahrscheinliche Gefährdung des Klägers im Sinne des § 3 AsylG würde voraussetzen, dass ihm ein entsprechendes Merkmal von den syrischen Behörden zumindest zugeschrieben wird (§ 3b Abs. 2 AsylG). Dies deckt sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der politisch Verfolgte weder tatsächlich noch nach der Überzeugung des verfolgenden Staates selbst Träger eines verfolgungsverursachenden Merkmals sein müssen, sondern politische Verfolgung auch dann vorliegen kann, wenn der oder die Betroffene lediglich der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zugerechnet wird, die ihrerseits politischer Verfolgung unterliegt (BVerfG, Beschluss vom 22. November 1996 – 2 BvR 1753/96 –, juris). Dafür, dass die syrischen Sicherheitsbehörden in diesem Sinne letztlich jeden Rückkehrer, der Syrien illegal verlassen, einen Asylantrag gestellt und sich längere Zeit im Ausland aufgehalten hat, ohne weitere Anhaltspunkte der Opposition zurechnen, gibt es keine zureichenden tatsächlichen Erkenntnisse. Im Gegenteil erscheint dies lebensfremd, da angesichts von fast 5 Millionen Flüchtlingen auch dem syrischen Staat – wie bereits dargelegt – bekannt ist, dass der Großteil der Ausgereisten das Land nicht als Ausdruck politischer Gegnerschaft zum Regime, sondern aus Angst vor dem Bürgerkrieg verlassen hat (so auch in ständiger Rechtsprechung OVG NRW, vgl. zuletzt Beschlüsse vom 6. Oktober 2010 – 14 A 1852/16.A – und vom 5. September 2016 – 14 A 1802/16.A – m. w. N., OVG SH, Urteil vom 23. November 2016 – 3 LB 17/16 –, VG Potsdam, Urteil vom 3. Dezember 2013 – 6 K 3592/13.A –, und VG Düsseldorf, Urteil vom 11. Oktober 2016 – 2 K 9062/16-A –, alle in juris).

Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnisse (a) zur Behandlung von Personen, die bis zum Abschiebestopp im Jahre 2011 nach Syrien abgeschoben worden sind, (b) zur umfassenden Beobachtung von syrischen Staatsangehörigen im Ausland durch die verschiedenen syrischen Geheimdienste, (c) zur Eskalation der innenpolitischen Situation seit März 2011 und (d) zum Umgang der syrischen Behörden mit Personen in Syrien, insbesondere seit Beginn des Jahres 2012, die aus ihrer Sicht verdächtig sind, die Opposition zu unterstützen.

(a) (aa) Das Auswärtige Amt hat in seinem Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien vom 27. September 2010 zur Behandlung von Rückkehrern (S. 19 f.) mitgeteilt, dass zurückgeführte Personen bei ihrer Einreise in der Regel zunächst durch die Geheimdienste über ihren Auslandsaufenthalt und den Grund ihrer Abschiebung befragt würden. Diese Befragungen könnten sich (zwar) über mehrere Stunden hinziehen, in der Regel werde dann jedoch die Einreise ohne weitere Schwierigkeiten gestattet; in manchen Fällen werde der Betroffene für die folgenden Tage nochmals zum Verhör einbestellt. (Lediglich) in Einzelfällen würden Personen für die Dauer einer Identitätsprüfung durch die Einreisebehörden festgehalten; dies dauere in der Regel nicht länger als zwei Wochen. Im Jahr 2009 seien – bei insgesamt 40 in 2009 und dem ersten Quartal 2010 von Deutschland nach Syrien im Rahmen des Anfang 2009 in Kraft getretenen Rückübernahmeabkommens zurückgeführten Personen – in drei Fällen Inhaftierungen unmittelbar bzw. kurz nach der Rückführung bekanntgeworden. In einem Fall könne bestätigt werden, dass eine Inhaftierung über die übliche Befragung durch syrische Behörden nach der Ankunft hinausgegangen sei. Der Betroffene sei unter dem Vorwurf verhaftet worden, in Deutschland Asyl beantragt und „im Ausland bewusst falsche Nachrichten verbreitet zu haben, die das Ansehen des Staates herabzusetzen geeignet sind“. Später sei der auf Kaution freigelassene und sodann ausgereiste Mann in Abwesenheit wegen „Verbreitung bewusst falscher Tatsachen im Ausland, die das Ansehen des Staates herabzusetzen geeignet sind“ zu einer Haftstrafe von 4 Monaten sowie einer Geldstrafe von 80 SYP (1,17 €) verurteilt worden. Eigenen – nicht verifizierbaren – Angaben zufolge sei der Betroffene während seiner Haft durch syrische Behördenmitarbeiter körperlich misshandelt worden.

Für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass dem Kläger im Falle der Rückkehr nach Syrien bereits allein wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung sowie längerem Auslandsaufenthalt beachtlich wahrscheinlich aufgrund einer von den syrischen Behörden vermuteten regimefeindlichen Einstellung die Festnahme und Folter drohe, kann den Feststellungen des Lageberichts letztlich nichts entnommen werden. (…)

Auf der Grundlage einer Gesamtzahl von rund 40 zurückgeführten Personen wird von insgesamt drei Inhaftierungen berichtet. Da nach dem Lagebericht derartige Inhaftierungen zum Zweck einer Identitätsprüfung durch die Einreisebehörden erfolgen können, und in einem der drei berichteten Fälle eine Anklage und Verurteilung wegen Verbreitung falscher, das Ansehen des Staates herabsetzenden Aussagen erfolgt ist, ergibt sich hieraus letztlich bereits keine beachtlich wahrscheinliche Gefährdung von Personen, die derartige Äußerungen im Ausland jedenfalls nicht bekanntermaßen, insbesondere im Rahmen ihrer Asylantragstellung, getätigt haben, überhaupt mit Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des § 3 i. V. m. § 3a AsylG überzogen zu werden. Dies gilt umso mehr, als Rückkehrer aus der Bundesrepublik Deutschland, die – wie der Kläger – ihr Asylbegehren nicht mit einer Verfolgung durch den syrischen Staat, sondern lediglich mit dem in Syrien herrschenden Bürgerkrieg und dessen Folgen begründet haben, dies auch noch zusätzlich durch Vorlage der Anhörungsniederschrift sowie des Bescheides des Bundesamtes und ggfls. der hierauf ergangenen verwaltungsgerichtlichen Urteile belegen können. Erst recht lassen sich dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 27. September 2010 keine Hinweise auf die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer entsprechenden Verfolgung aus einem der in § 3 AsylG genannten Verfolgungsgründe entnehmen.

(bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt seinem Urteil vom 18. Juli 2012 – 3 L 147/12 – zugrunde gelegten Dokumentationen von amnesty international „Menschenrechtskrise in Syrien erfordert Abschiebungsstopp und Aussetzung des Deutsch-Syrischen Rückübernahmeabkommens“ vom 14. März 2012 (https://www.amnesty.de/downloads/download-menschenrechtskrise-syrien-erfordertabschiebungsstopp) und des kurdischen Informationsdienstes KURDWATCH (http://www.kurdwatch.org/?cid=1&z=en) betreffend die Festnahme von Rückkehrern in insgesamt 9 Fällen im Zeitraum von Juni 2009 bis zum 13. April 2011. In jedem dieser Fälle bestehen nämlich besondere Einzelfallumstände, die als eigenständige Erklärung für die Verhaftung bei der Rückkehr nach Syrien dienen können. In einem Fall war der Betroffene bereits 2005 in Syrien in Haft gewesen. In einem anderen Fall – wohl dem, über den auch bereits das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 27. September 2010 berichtet hat – wurden dem Asylbewerber offenbar konkrete Angaben bei seiner Anhörung durch das Bundesamt vorgehalten. Die weiteren Festnahmen erklären sich durch das Engagement als stellvertretender Direktor eines Vereins syrischer Kurden, der auf die Situation der Kurden in Syrien aufmerksam macht, eine den syrischen Behörden bekannt gewordene Straffälligkeit wegen Diebstahls in Deutschland, falsche Altersangaben im Pass und diverse exilpolitische Aktivitäten wie die Teilnahme an Hungerstreiks und das Berichten hierüber.

(cc) Ganz abgesehen davon wäre aber auch selbst eine – nach der Überzeugung des Senats nicht gegebene – beachtliche Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung in Bezug auf bis zum Jahre 2011 nach Syrien abgeschobene abgelehnte Asylbewerber nur ein schwaches Indiz für eine entsprechende Gefährdung bei heutiger fiktiver Rückkehr allein wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung und längerem Auslandsaufenthalt. Bis 2011 gibt es keine Hinweise auf eine größere Anzahl von Flüchtlingen aus Syrien, die im Ausland um politisches Asyl nachgesucht haben; im Gegenteil war Syrien Ende des Jahres 2011 mit 755.400 aufgenommenen Flüchtlingen hinter Pakistan und dem Iran und noch vor der Bundesrepublik Deutschland das drittstärkste Aufnahmeland weltweit (UNHCR, Global Trends 2011 – A Year of Crises, http://www.unhcr.org/statis-tics/country/4fd6f87f9/unhcr-global-trends-2011.html).

Angesichts des Nichtvorliegens von Gründen für eine massenhafte Flucht aus Syrien bis dahin mag es für die syrischen Sicherheitsbehörden damals nach der Lebenserfahrung nahegelegen haben, unter denjenigen, welche gleichwohl im Ausland Asyl beantragt hatten, einen beachtlichen Prozentsatz an dem syrischen System kritisch oder sogar feindlich gegenüber stehenden Personen zu vermuten. Diese Vermutung rechtfertigt sich indessen nicht mehr, nachdem zeitlich zusammentreffend mit der ab Januar 2012 eskalierenden Gewaltanwendung in Syrien (siehe dazu näher Auswärtiges Amt, Ad hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien vom 17. September 2012) im Verlauf von 4 Jahren rund 5 Millionen Menschen aus Syrien geflohen sind; vgl. UNHCR, Global Trends 2012 – Displacement, The New 21st Century Challenge, Global Trends 2013 – Wars’s Human Cost, Global Trends 2014 – World at War, und Global Trends 2015 – Forced Displacement in 2015, http://www.unhcr.org/statistics/country/51bacb0f9/unhcr-global-trends-2012.html,

http://www.unhcr.org/statistics/country/5399a14f9/unhcr-global-trends-2013.html,

http://www.unhcr.org/statistics/country/556725e69/unhcr-global-trends-2014.html

http://www.unhcr.org/statistics/unhcrstats/576408cd7/unhcr-global-trends-2015.html). Dass es sich bei den Geflohenen größtenteils nicht um Oppositionelle handelt, sondern um Bürgerkriegsflüchtlinge, ist – wie bereits eingangs dargelegt – auch den syrischen Behörden bekannt.

(dd) Erheblich lebensnäher als die Annahme, dass die syrischen Behörden allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung sowie längerem Auslandsaufenthalt generell das Vorhandensein einer gegen das derzeitige politische System gerichteten Einstellung vermuten und aufgrund dessen gegen den Betroffenen vorgesehen, erscheint es nach alledem, dass mittels der scharfen Einreisekontrollen mit den zurückkehrenden Flüchtlingen ins Land einsickernde Terroristen und Regimegegner aus der Masse der Flüchtlinge herausgefiltert werden sollen. Möglicherweise mag es auch darum gehen, im Einzelfall vorhandene Wahrnehmungen oder Kenntnisse die Tätigkeit der Exilopposition betreffend „abzuschöpfen“, wobei jedoch auch insoweit angesichts von Millionen im Ausland lebender Flüchtlinge nicht davon ausgegangen werden kann, dass die syrischen Sicherheitsbehörden bei jedem oder auch nur bei einer großen Zahl von Rückkehrern derartiges Wissen vermuten. Insgesamt kann sonach nicht festgestellt werden, dass die Gefahr, bei einer fiktiven Rückkehr nach Syrien festgenommen und unter Anwendung von Folter verhört zu werden, an dem Betroffenen vom syrischen Staat zumindest im Sinne des § 3b Abs. 2 AsylG zugeschriebene Merkmale nach den §§ 3 Abs. 1, 3b Abs.1 AsylG anknüpfen würde. Dafür, dass der syrische Staat bei heutiger Rückkehr in unpolitischen erfolglosen Asylbewerbern mehr sehen würde als bloß potentielle Gegner und bloß potentielle Informationsquellen zur Exilszene, auf die er sodann möglicherweise wahllos-routinemäßig zugreift, um unter Umständen Hinweise auf Terroristen oder Oppositionelle zu gewinnen, lässt sich jedenfalls aus den Erkenntnissen zur Behandlung von Personen, die bis 2011 nach Syrien abgeschoben worden sind, nichts herleiten.

(ee) Eine andere Bewertung insoweit legen schließlich auch nicht Berichte jüngeren Datums über die Behandlung von Rückkehrern aus nichteuropäischen Ländern nahe. So führt das US State Department in seinem Menschenrechtsbericht vom 13. April 2016 (http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/in-dex.htm) unter Section 2d zum Thema „Emigration and Repatriation“ zwar aus, dass Personen, welche erfolglos in anderen Ländern um Asyl nachgesucht hätten, strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt seien („On their return to the country, both persons who unsuccessfully sought asylum in other countries and those who had previous connections with the Syrian Muslim Brotherhood faced prosecution.“), erläutert dies jedoch im Folgesatz dahingehend, dass das Gesetz die Verfolgung von Personen vorsehe, welche im Ausland Schutz gesucht hätten, um sich einer Strafe in Syrien zu entziehen („The law provides for the prosecution of any person who attempts to seek refuge in another country to evade penalty in Syria.“). Für das Vorliegen eines derartigen Falles bestehen hier keinerlei Anhaltspunkte. Des Weiteren heißt es im Bericht des State Departments, dass die syrischen Behörden routinemäßig Dissidenten und ehemalige Bürger ohne bekannte politische Zugehörigkeit verhaftet hätten, welche nach Jahren oder gar Jahrzehnten selbstauferlegten Exils nach Syrien zurückgekehrt seien („The government routinely arrested dissidents and former citizens with no known political affiliation who attempted to return to the country after years or even decades of self-imposed exile.“). Insoweit ist dem Bericht indessen bereits nichts dazu entnehmen, ob es sich nach der Dauer der Festnahme und den Umständen der Vernehmung um eine Verfolgungsmaßnahme im Sinne des §§ 3 und 3a AsylG gehandelt hat. Unabhängig davon lässt sich aber auch jedenfalls in Bezug auf die Personen ohne bekannten politischen Hintergrund kein Verfolgungsgrund nach § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3b AsylG feststellen, da die Festnahme dem Bericht zufolge im bereits umschriebenen Sinne wahllos-routinemäßig („routinely“) erfolgt. Das Immigration and Refugee Board of Canada verweist in seinem Jahresbericht Syrien 2015 vom 19. Januar 2016 (Syria: Treatment of returnees upon arrival at Damascus International Airport and international land border crossing points, including failed refugee claimants, people who exited the country illegally, and people who have not completed military service; factors affecting treatment, including age, ethnicity and religion [2014-December 2015], http://www.ecoi. net/local_link/320204/445626_en.html), unter Ziffer 3 „Treatment of Failed Refugee Claimants“ auf einen Fernsehbericht von ABC vom 1. Oktober 2015, dem zufolge ein aus Australien zurückkehrender Asylbewerber nach eigenen Angaben 20 Tage lang festgehalten und durch Schläge misshandelt worden sei. Man habe ihm vorgehalten, aus der Provinz Daara, in der der Bürgerkrieg begonnen habe, zu stammen, und – unter Hinweis auf einen von ihm mitgeführten Geldbetrag – ein Finanzier der Revolution zu sein. Über weitergehende und bestätigende Informationen zu diesem Fall verfüge man nicht. Die dieser Berichterstattung zufolge gegen den Rückkehrer erhobenen Vorwürfe gehen indessen über den bloßen Umstand der illegalen Ausreise und erfolglosen Asylantragstellung im Ausland hinaus. Im Weiteren enthält der Jahresbericht sodann zwar Einschätzungen verschiedener namentlich nicht genannter Personen, u. a. eines emeritierten Professors für Anthropologie und Vertreibung der Universität Oxford und eines „Executive Director of the Syria Justice and Accountability Center“, denen zufolge zurückkehrende erfolglose Asylbewerber mit Festnahme und Haft sowie mit Folter zu rechnen hätten, um den Grund für ihre Ausreise zu erfahren oder Informationen über andere Asylbewerber oder die Opposition erlangen. Konkrete Tatsachen, aus denen diese Einschätzungen abgeleitet werden könnten, werden indessen nicht genannt. Damit fehlte es insoweit selbst dann, wenn man diese Einschätzungen ohne nähere Überprüfung als zutreffend unterstellen wollte, jedenfalls an einem zureichenden Beleg für die Annahme, dass die drohenden Übergriffe regelmäßig durch einen den Betroffenen seitens der syrischen Behörden zumindest zugeschriebenen Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 AsylG motiviert wären und nicht bloß ein wahllos-routinemäßiges „Fischen“ nach möglicherweise verwertbaren Informationen über regimegegnerische Bestrebungen darstellten, wofür wie bereits ausgeführt die Lebenserfahrung spricht.

(b) Tragfähige Anhaltspunkte für eine im Fall der Abschiebung nach Syrien dort allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und eines längeren Auslandsaufenthaltes beachtlich wahrscheinlich drohende politische Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG ergeben sich auch nicht aus den vorliegenden Erkenntnissen zur umfassenden Beobachtung von syrischen Staatsangehörigen im Ausland durch die syrischen Geheimdienste.

(aa) Zur Intensität und Zielrichtung der Beobachtung führt das Bundesministerium des Innern im Verfassungsschutzbericht 2015 (https://www.verfassungs-schutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/verfassungsschutzberichte/vsbericht-2015) auf Seite 263 f. aus: „Die syrischen Nachrichtendienste verfügen ungeachtet des Bürgerkriegs und damit einhergehender Auflösungserscheinungen in Teilen des Machtapparates unverändert über leistungsfähige Strukturen. Ihr Aufgabenschwerpunkt ist die Ausforschung von Gegnern des syrischen Regimes, zu denen sowohl islamistische und islamistisch-terroristische Gruppierungen als auch die breit gefächerte säkulare und kurdische Opposition zählen. Bei anhaltenden unkontrollierten Einreisen syrischer Staatsangehöriger in die EU ist auch mit weiteren Ausforschungsaktivitäten syrischer Nachrichtendienste zu rechnen.“

(bb) Ausweislich des Verfassungsschutzberichts 2015 (Seite 82) des rheinland-pfälzischen Ministeriums des Innern und für Sport (https://mdi.rlp.de/fileadmin/ isim/Unsere_Themen/Sicherheit/Verfassungsschutz/Dokumente/Verfassungsschutzb_2015_komp_web_neu.pdf) „forcieren“ die Geheimdienste aus den Staaten des Nahen Ostens und aus Nordafrika „ihre Aktivitäten gegen Regimegegner und Oppositionelle in der Bundesrepublik Deutschland“.

(cc) Das sächsische Staatsministerium des Innern stellt in seinem Verfassungsschutzbericht 2015 (http://www.verfassungsschutz.sachsen.de/download/VSB_2015_INTERNET_05_25.pdf) auf Seite 236 fest: „Arabische und nordafrikanische Nachrichtendienste führen in Deutschland in erster Linie Maßnahmen gegen hier lebende Oppositionelle aus ihren Heimatländern durch. Die politischen Veränderungen der letzten Jahre im arabischen und nordafrikanischen Raum haben daran nichts geändert. Damit dürften die in Sachsen lebenden Einwanderer und Flüchtlinge aus den einschlägigen Krisenregionen nach wie vor als Ziel der jeweiligen Nachrichtendienste gelten, insbesondere, wenn sie sich oppositionell betätigt haben. Insbesondere die syrischen Nachrichtendienste dürften starkes Interesse am Verbleib bekannter Oppositioneller und deren Rolle im syrischen Bürgerkrieg haben. Die Ausforschung persönlicher Umstände kann dann zur Repression gegen spätere Rückkehrer oder gegen in der Heimat verbliebene Verwandte genutzt werden.“

(dd) Im Verfassungsschutzbericht 2015 des hamburgischen Landesamtes für Verfassungsschutz (http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/6306408/2016-06-13-bis-pm-verfassungsschutzbericht-2015/) heißt es auf Seite 215: „Verschiedene Nachrichtendienste des Mittleren und Nahen Ostens sowie Afrikas sind in Deutschland und zum Teil auch in Hamburg aktiv. Ein besonderes Interesse haben diese Dienste an oppositionellen Gruppierungen, die als Bedrohung für das eigene Regime angesehen werden. Ein weiterer Schwerpunkt war der Bereich der Proliferation ... Die Nachrichtendienste dieser und weiterer Länder versuchen zudem die jeweiligen Oppositionsgruppen zu überwachen. Dazu werden beispielsweise Hinweisgeber gewonnen oder Informanten in die Gruppen eingeschleust.“

(ee) Der Bericht 2015 „Verfassungsschutz in Hessen“ des dortigen Ministeriums des Innern und für Sport (https://lfv.hessen.de/sites/lfv.hessen.de/files/content-downloads/LfV_Bericht-2015final_screen.pdf) stellt auf Seite 162 zu Flüchtlingen aus Syrien fest: „Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Nachrichtendienste dieser Länder nach wie vor existent sind. Daher gilt für die in Deutschland ankommenden Flüchtlinge: Wer sich im Heimatland gegen das Regime engagierte, gerät eventuell auch in Deutschland in das Visier fremder Nachrichtendienste. Flüchtlinge und deren Familie in der Heimat können ausgespäht werden, gegebenenfalls versuchen fremde Nachrichtendienste, sie als menschliche Quelle zu gewinnen. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass ausländische Nachrichtendienste daran interessiert sind, Informationen über bestimmte Flüchtlingsgruppen und das Agieren der in den Herkunftsländern verbliebenen Opposition zu erhalten.“

(ff) Die nachrichtendienstlichen Aktivitäten richten sich mithin nach übereinstimmender Einschätzung der genannten Dienste in erster Linie gegen Regimegegner und Oppositionelle bzw. Gruppierungen von solchen. Von einer systematischen Beobachtung aller in Deutschland lebenden Syrer ist auch nicht nur andeutungsweise die Rede; angesichts der hohen Flüchtlingszahlen in den letzten Jahren, insbesondere im Jahr 2015, erscheint eine solche auch bereits rein faktisch gar nicht möglich. Soweit eben aus diesem Umstand gefolgert wird, dass Personen, die illegal aus Syrien ausgereist sind, sich längere Zeit im westlichen Ausland aufgehalten und dort um internationalen Schutz nachgesucht haben, seitens der syrischen Behörden allein schon aufgrund deren lückenhafter Erkenntnislage mit hoher Wahrscheinlichkeit verdachtsunabhängig Befragungen und Inhaftierungen unterzogen würden, um die Motive der Ausreise und etwaigen Verbindungen zu oppositionellen Gruppierungen in Erfahrung zu bringen (VG Trier, Urteil vom 7. Oktober 2016 – 1 K 5093/16.TR –, juris), vermag dies den Senat zumindest nicht von einer beachtlich wahrscheinlich drohenden Gefahr politischer Verfolgung zu überzeugen. Ob eine derartige Befragung oder Inhaftierung angesichts der zwischenzeitlichen massenhaften Flucht der syrischen Bevölkerung vor dem Bürgerkrieg überhaupt mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, kann dabei dahinstehen. Wie bereits ausgeführt wäre eine entsprechende Verfolgungsgefahr jedenfalls nicht aus einem der Verfolgungsgründe des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3b AsylG gegeben, sondern mangels zureichender anderer Erkenntnisse als bloßer wahllos-routinemäßiger Zugriff auf potentielle Gegner und bloß potentielle Informationsquellen zur Exilszene zu werten, mit dem möglicherweise einen konkreten Verdacht begründende Hinweise, aufgrund derer sodann eine „Zuschreibung“ von Merkmalen im Sinne des § 3b Abs. 2 AsylG erfolgen könnte, erst gewonnen werden sollen.

(c) Überzeugende Anhaltspunkte für eine erfolglosen Asylbewerbern bei ihrer Rückkehr nach Syrien allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und eines längeren Auslandaufenthaltes beachtlich wahrscheinlich drohenden politische Verfolgung ergeben sich auch nicht aus der Eskalation der innenpolitischen Situation in Syrien seit März 2011 bis hin zum offenen Bürgerkrieg (vgl. zur Entwicklung der innenpolitischen Situation umfänglich OVG S-A, Urteil vom 18. Juli 2012 – 3 L 12 –, juris, Rn. 45 bis 76 ). Aus dem Umstand, dass der syrische Staat als eine der in den Bürgerkrieg involvierten Parteien mit brutaler Härte gegen seine tatsächlichen und scheinbaren Gegner im Landesinnern vorgeht und dabei offensichtlich – etwa beim Einsatz von tausenden von Fassbomben über Oppositionsgebieten seit dem Jahr 2012 – Opfer unter der Zivilbevölkerung zumindest billigend in Kauf nimmt (vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft Beirut an das BAMF zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Syrien vom 3. Februar 2016), lassen sich keine zwingenden Schlüsse auf ein beachtlich wahrscheinlich drohendes politisch motiviertes Vorgehen im Sinne des § 3 AsylG gegen aus dem Ausland nach Syrien zurückkehrende Bürgerkriegsflüchtlinge ziehen. Gegen eine quasi routinemäßige Einstufung dieser Personengruppe als aus der Sicht des Regimes zu bekämpfende mutmaßliche Regimegegner oder Oppositionelle spricht bereits nach der Lebenserfahrung der – wie dargelegt auch den syrischen Machthabern geläufige – Gesichtspunkt, dass diejenigen, die vor dem Bürgerkrieg außer Landes geflohen sind, regelmäßig keine Bedrohung des in Syrien zeitweilig um sein politisches und physisches Überleben kämpfenden Regimes darstellen, sondern aus Angst um ihr Leben und ihre Gesundheit dem Konflikt gerade aus dem Weg gegangen sind. Bereits von daher ist auch die teilweise (VG Regensburg, Urteil vom 29. Juni 2016 – RO 11 K 16.30707 –, und VG Stuttgart, Urteil vom 15. März 2013 – A 7 K 2987/12 –, beide in juris) vertretene Auffassung, dass der syrische Staat Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit einer von außen organisierten und finanzierten Verschwörung gegen das Land zurechnen werde, letztlich nicht mehr als eine bloße Mutmaßung.

(d) Des Weiteren ergeben sich auch aus den Erkenntnissen zum Umgang der syrischen Behörden mit Personen in Syrien, insbesondere seit Anfang 2012, die aus ihrer Sicht verdächtig sind, die Opposition zu unterstützen, keine tragfähigen Anhaltspunkte für die Annahme einer bei Rückkehr nach Syrien allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und einem längerem Auslandsaufenthalt beachtlich wahrscheinlich drohenden politischen Verfolgung. Das Auswärtige Amt beschreibt bereits in seinem Ad hoc-Bericht vom 17. Februar 2012 eine

massive Unterdrückung der syrischen Oppositionsgruppen, die sich für eine Abschaffung des von Staatspräsident Assad geführten Baath-Regimes einsetzen. Seit März habe es eine präzedenzlose Verhaftungswelle gegeben, mit der das Regime gegen die Protestbewegung vorgehe. Die Risiken politischer Oppositionstätigkeit beschränkten sich nicht auf eine mögliche strafrechtliche Verfolgung. Es seien vielmehr zahlreiche Fälle von willkürlicher Verhaftung, Inhaftierung

ohne Gerichtsverfahren, „Verschwindenlassen“, tätlichen Angriffen, Tötungen im Gewahrsam der Sicherheitskräfte und Mordanschlägen belegt. Diese Umstände haben sich offensichtlich bis in das Jahr 2016 hinein nicht geändert. Die Menschenrechtsorganisation amnesty international geht auch in ihrem Bericht „It breaks the human – torture, disease and death in Syria's prisons“ vom 18. August 2016 (https://www.amnesty.org/en/documents/mde24/4508/2016/en/), Ziffer 4.2: „Profiles of people targeted“, davon aus, dass für jedermann, der als oppositionell wahrgenommen werden könnte, die Gefahr bestehe, willkürlich inhaftiert oder „verschwinden gelassen“ zu werden und in der Haft Folter, andere Misshandlung und möglicherweise auch den Tod zu erleiden. Die Gründe hierfür variierten und könnten auch friedlichen Aktivismus wie die Tätigkeit als Menschenrechtsverteidiger, Journalist oder sonstiger Medienschaffender, die Versorgung

der notleidenden Zivilbevölkerung mit humanitärer oder medizinischer Hilfe und die Organisation und Teilnahme an Pro-Reform-Demonstrationen umfassen. Zur Verhaftung könne auch bereits führen, dass ein Verwandter von den Sicherheitskräften gesucht oder man durch einen Denunzianten gemeldet werde – einschließlich von Meldungen, welche durch finanziellen Profit oder persönlichen Groll motiviert seien. Indessen lässt auch der Umstand, dass die syrische Regierung im Inland tatsächliche und vermeintliche Regimegegner und Oppositionelle massiv und in menschenrechtswidriger Weise unterdrückt, keinen hinreichend tragfähigen Schluss auf eine beachtlich wahrscheinliche politische Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG von aus dem Ausland nach Syrien zurückkehrenden Bürgerkriegsflüchtlingen allein wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung und einem längeren Auslandsaufenthalt zu. Insoweit spricht nämlich – wie bereits hinsichtlich der Eskalation der innenpolitischen Situation bis hin zum Bürgerkrieg festgestellt – ebenfalls die Lebenserfahrung dafür, dass diejenigen, die vor dem Bürgerkrieg in das Ausland geflohen sind, auch in den Augen der syrischen Machthaber in aller Regel keine Bedrohung des Regimes darstellen, sondern dem Konflikt vielmehr gerade aus dem Weg gegangen sind.“

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung der Erkenntnislage an (vgl. auch OVG Schl.-Holst., Urt. v. 23.11.2016 - 3 LB 17/16 - juris; Bay. VGH, Urt. v. 12.12.2016 - 21 ZB 16.30338 und 21 ZB 16.30364 -, juris; OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 06.10.2016 - 14 A 1852/16.A -, juris; OVG Saarland, Urt. v. 02.02.2017 - 2 A 515/16 - juris; a. A. insbes. VG Oldenburg, Urt. v. 18.11.2016 - 2 A 5162/16 - juris; VG Osnabrück, Urt. v. 05.12.2016 - 7 A 35/16 - juris).

Überzeugende Anhaltspunkte für eine Asylbewerbern bei ihrer Rückkehr nach Syrien allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und eines längeren Auslandaufenthaltes beachtlich wahrscheinlich drohende Verfolgung wegen einer (zugeschriebenen) politischen Überzeugung ergeben sich auch nicht aus der aktuellen Erkenntnislage. In seinen jüngsten Auskünften legt das Auswärtige Amt dar, dass keine Kenntnisse zu systematischen Befragungen von unverfolgt ausgereisten Asylbewerbern nach Rückkehr nach Syrien vorlägen. Es fehle zudem an Hinweisen dafür, dass diese Rückkehrer allein aufgrund eines vorausgegangenen Auslandsaufenthaltes Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt seien (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG Schl.-Holst. vom 07.11.2016). Auch gegenüber dem Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigt das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 02. Januar 2017 diese Einschätzung. Es lägen jedenfalls keine Erkenntnisse vor, dass (ausgenommen der Gebiete die der Kontrolle von VN-gelisteten Terrororganisationen wie der Jaish al Fatah und dem IS unterliegen) unverfolgt ausgereiste Rückkehrer allein aufgrund eines vorausgegangenen Auslandsaufenthaltes Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt seien, sofern keine oppositionelle Betätigung stattgefunden habe. Es gäbe Berichte über Befragungen des syrischen Regimes nach einer Rückkehr aus dem Ausland, zu deren Inhalt jedoch keine Aussagen getroffen werden könnten. Zu einer systematischen Anwendung von schwerwiegenden Eingriffen in die Rechtsgüter Leben, körperliche Unversehrtheit oder physische Freiheit bei derartigen Befragungen lägen keine Erkenntnisse vor, obgleich bekannt sei, dass die syrischen Sicherheitsdienste de facto im rechtsfreien Raum agierten und im Allgemeinen Folter in größerem Maßstab anwendeten. Dem Auswärtigen Amt lägen jedoch keine Erkenntnisse dahingehend vor, dass unabhängig von bestimmten Verdachtsmomenten jeder Rückkehrer gefährdet sei, da er als mögliche Informationsquelle zur Exilszene in Frage komme. Personen, die mit keiner oppositionellen Gruppe oder in Oppositionsgebieten aktiven zivilgesellschaftlichen Organisation in Verbindung gebracht würden, seien keinen systematischen Eingriffen in die Rechtsgüter Leben, körperliche Unversehrtheit oder physische Freiheit oder ähnlich gravierenden Übergriffen bei einer unterstellten Rückkehr nach Syrien ausgesetzt (s. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Düsseldorf v. 02.01.2017, GZ: 508-9-516.80/48840; vgl. auch Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Wiesbaden v. 02.01.2017, GZ: 508-9-516.80/).

Selbst wenn trotz dieser Erkenntnislage angenommen würde, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Syrien beachtlich wahrscheinlich eine Verfolgungshandlung i. S. d. § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3a AsylG in der Gestalt drohte, dass sie einer Befragung unterzogen würden, mit der die konkrete Gefahr einer Verhaftung und/oder einer schwerwiegenden Misshandlung bis hin zur Folter oder sogar willkürlichen Tötung einhergehen würde, wäre eine - angenommene - Verfolgungsgefahr jedenfalls nicht aus einem der Verfolgungsgründe des § 3b AsylG gegeben. Es fehlt die nach § 3a Abs. 3 AsylG notwendige Verknüpfung einer möglicherweise allein wegen illegaler Ausreise, Asylantragstellung sowie längerem Auslandsaufenthalt drohenden Verfolgungshandlung mit Verfolgungsgründen i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylG. Ein derartiger Zusammenhang zwischen Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund würde voraussetzen, dass gerade dem Kläger ein entsprechendes Merkmal von den syrischen Regierungsbehörden zumindest zugeschrieben wird (§ 3b Abs. 2 AsylG).

Dafür, dass die syrischen Sicherheitsbehörden jeden Rückkehrer, der Syrien illegal verlassen, einen Asylantrag gestellt und sich längere Zeit im Ausland aufgehalten hat, ohne weitere Anhaltspunkte der Opposition zurechnen, gibt es nach Ansicht der Kammer keine hinreichenden tatsächlichen Erkenntnisse. Eine solche Annahme erscheint - wie erläutert - bereits deshalb unrealistisch, da angesichts der hohen Zahl ausgereister Personen auch dem syrischen Staat bekannt sein muss, dass der Großteil der ausgereisten Personen das Land nicht als Ausdruck einer politischen Gegnerschaft zum syrischen Regime verlassen hat, sondern allein aus Angst vor den Auswirkungen des syrischen Bürgerkrieges.

Wie vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz überzeugend ausgeführt, erscheint es insofern weitaus realistischer, dass das syrische System nicht sämtliche ins Ausland geflüchteten Rückkehrer als Oppositionelle ansieht, sondern mittels etwaiger Befragungen Regimegegner erst ausgemacht und Informationsquellen gerade erst eröffnet werden sollen. Es ist davon auszugehen, dass mittels „scharfer“ Einreisekontrollen u. a. Gegner des Regimes „herausgefiltert“ werden sollen. Zwar mag es in Einzelfällen auch darum gehen, vorhandene Wahrnehmungen oder Kenntnisse über die Exilopposition „abzuschöpfen“, jedoch kann angesichts von Millionen im Ausland lebender syrischer Flüchtlinge nicht davon ausgegangen werden, dass die syrischen Sicherheitsbehörden bei jedem oder auch nur bei einer großen Zahl von Rückkehrern ein derartiges Wissen vermuten (so auch OVG Saarland, Urt. v. 02.02.2017 - 2 A 515/16 - juris, Rn. 30). Das Handeln des syrischen Regimes stellt sich letztlich als wahllos und schlicht willkürlich dar. Bestätigt wird diese Auffassung durch das Immigration and Refugee Board of Canada, welches in seinem bereits genannten Jahresbericht Syrien 2015 vom 19. Januar 2016 unter Ziffer 2. (Screening Procedures and Treatment by Border Officials) unter Bezugnahme auf verschiedene Quellen ausführt, dass bei Untersuchungen durch Grenzbeamte keine „harten und schnellen Regeln“ hinsichtlich der Art und Weise existieren würden, wie Beamte Rückkehrer behandeln (“..the screening process by border officials may include looking through phones and other personal items to check for any ‘signs of dissent’ that might implicate the person, but that there are ‘no hard and fast rules’ for the way in which officials treat returnees”). Ebenfalls führt der Bericht unter Bezugnahme auf eine Quelle aus, dass Rückkehrer einer Misshandlung unterzogen werden könnten, sofern ein Sicherheitsbeamter eine Abneigung gegen jemanden habe, auch, wenn es keinen Grund hierfür gebe; das System sei sehr unberechenbar, manchmal würden Personen, die nichts mit der Revolution zu tun haben, verhaftet und eingesperrt („The source further stated that, in addition to people wanted by authorities, ‘if a security official takes a dislike to a returnee, the returnee could be subject to mistreatment even if there is no valid reason,‘and that the system is ‘very unpredictable‘“. (…) "Sometimes people who have nothing to do with the revolution get arrested and detained.”).

Die allgemeine, jeden unterschiedslos treffende Gefahr potentieller Befragungen unter Einsatz von Folter ohne jeden erkennbaren individuellen Verfolgungsgrund knüpft jedenfalls nicht an (vorhandene oder zugeschriebene) flüchtlingsrelevante Merkmale an. Zwar kann Folter ein Anhaltspunkt für eine asylrechtsbeachtliche Gerichtetheit der Verfolgung sein, sie führt aber nicht für sich allein  zur Annahme politischer Verfolgung. Eine derartige Gefahr begründet zwar einen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG, nicht jedoch darauf, als Flüchtling i. S. d. § 3 Abs. 1  AsylG anerkannt zu werden (so auch VG Düsseldorf, Urt. v. 24.01.2017 - 17 K 9400/16.A - juris, Rn. 51).

3. Nichts anderes ergibt sich unter Berücksichtigung der kurdischen Volkszugehörigkeit des Klägers. Die Deutsche Orient-Stiftung betrachtet in Syrien wohnhafte Kurden als eine besondere Gruppe und führt dazu aus, nach einem umstrittenen, 1962 durchgeführten Zensus sei rund ein Fünftel dieser im Nordosten des Landes sowie einigen nördlichen Grenzgebieten zur Türkei die Bevölkerungsmehrheit stellenden Gruppe die Staatsbürgerschaft Syriens entzogen worden. Trotz Jahrzehnten des Protests und mehreren Unruhen habe es bis 2011 gedauert, dass ihnen die Staatsbürgerschaft erneut zugesprochen wurde - gewissermaßen als Faustpfand für politische Loyalität zur syrischen Regierung zu Beginn der Unruhen im Jahr 2011. Mittlerweile träten einige kurdische Gruppierungen entschieden gegen die syrische Regierung in Erscheinung. Dies könne zur Folge haben, dass besonders kurdische Männer zwischen 18 und 42 Jahren in von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten aufgrund eines Generalverdachts negativen Maßnahmen ausgesetzt seien (Deutsche Orient-Stiftung, Auskunft an den Hess. VGH vom 01.02.2017; Auskunft an das OVG Schl.-Holst. vom 08.11.2016). Insoweit mag es ein größeres Risiko für kurdische Volkszugehörige bei einer (hypothetischen) Rückkehr nach Syrien geben, weil ihrer Regimetreue traditionell misstraut wurde (vgl. Immigration and Refugee Board of Canada, Syria: Treatment of Returnees upon arrival at Damascus International Airport, 19.01.2016, S. 4). Eine für alle oder zumindest eine erhebliche Zahl der kurdischen Volkszugehörigen bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehende Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes müssen politisch nicht aktive Syrer und Syrerinnen kurdischer Volkszugehörigkeit nicht mit Eingriffen rechnen, die allein an ihre Volkszugehörigkeit anknüpfen (Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Düsseldorf vom 02.01.2017, Az. 508-9-516.80/48840). In gleicher Weise berichtet die Deutsche Botschaft Beirut, dass Kurden nicht per se aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit Übergriffen ausgesetzt seien (Auskunft vom 03.02.2016).

4. Weitere die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründende besondere Umstände des Einzelfalls, die ggf. eine andere Einschätzung rechtfertigen könnten, sind für den Kläger ebenfalls nicht ersichtlich. Die Herkunft aus der Provinz Hama bzw. aus der Nähe zur Stadt Hama genügt insoweit nicht. Das Schicksal, aus einer umkämpften Region zu stammen, teilt der Kläger mit einer unüberschaubaren Zahl anderer Bürgerkriegsopfer, ohne dass hinreichende Erkenntnisse für eine politische Verfolgung dieser Gruppe vorlägen (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urt. v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A -, juris). Das kanadische Immigration and Refugee Board berichtet zwar darüber, dass Quellen ein größeres Risiko für eine menschenrechtswidrige Behandlung annähmen für Rückkehrer aus Regionen, in denen die Opposition stärker aktiv sei bzw. die umkämpft seien, wie etwa Homs oder die Provinz Daraa (Immigration and Refugee Board of Canada, a. a. O., S. 4 f.). Hinreichende tatsächliche Grundlagen für die Annahme einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit für alle aus derartigen Gebieten stammenden Rückkehrer aus dem Ausland bestehenden Verfolgungsgefahr enthält der Bericht aber nicht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Westen Syriens, zu dem umkämpfte oder umkämpft gewesene Orte bzw. Gebiete wie Aleppo, Hama, Homs, Idlib und Daraa zählen, den bevölkerungsreichsten Teil Syriens bildet. Soweit der UNHCR berichtet, dass die Konfliktparteien Personen aus Regionen, aus denen sich Gegner rekrutieren, eine entsprechende Meinung zuschreiben, und beispielsweise ganzen Gemeinden eine bestimmte politische Meinung oder die Unterstützung einer bestimmten Konfliktpartei unterstellt wird, lassen die beschriebenen Folgen, wie Luftangriffe, Beschießungen, Belagerungen, Selbstmordattentate und Autobomben, willkürliche Verhaftungen, Geiselnahmen, Folterungen, Vergewaltigungen und sonstige Formen sexueller Gewalt sowie extralegale Hinrichtungen (UNHCR, a. a. O., Rn. 17), erkennen, dass von derlei Maßnahmen in erster Linie Personen betroffen sind, die sich in einem umkämpften Gebiet oder in dessen Umfeld aufhalten und als potentielle Unterstützer oppositioneller bzw. regierungsfeindlicher Gruppen auftreten könnten. Zivilisten in solchen Gebieten können demzufolge von unterschiedlichen Strafmaßnahmen durch Regierungskräfte im Rahmen von Bodenoffensiven, Hausdurchsuchungen und an Kontrollstellen betroffen sein (UNHCR, a. a. O., Fn. 78; vgl. auch Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Düsseldorf vom 2.1.2017, Az. 508-9-516.80/48840, S. 5). Für (hypothetische) Rückkehrer aus dem Ausland, die durch die Ausreise gerade zu erkennen gegeben haben, dass sie nicht bereit sind, sich aktiv für eine der Konfliktparteien einzusetzen, ist eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende menschenrechtswidrige Behandlung anknüpfend an ihren früheren Herkunftsort jedoch nicht hinreichend erkennbar. Dem syrischen Regime dürfte ebenso wie nichtstaatlichen Akteuren vor Augen stehen, dass in Anbetracht von allein 6,5 Millionen Binnenflüchtlingen und annähernd 5 Millionen Auslandsflüchtlingen es sich nicht mehrheitlich um zurückkehrende kampfbereite Personen, sondern schlichtweg um Bewegungen von Flüchtlingen im Rahmen eines Bürgerkriegs handeln würde, die wieder in ihre angestammte Heimat und gegebenenfalls zu ihren dort noch verbliebenen restlichen Familienmitgliedern oder Besitztümern zurückkehren wollen (so auch: VG Düsseldorf, Urt. v. 24.1.2017 - 17 K 9400/16.A -, juris).

5. Auch der Umstand, dass der Kläger sunnitischen Glaubens ist, vermag die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht zu stützen. Die Kammer folgt insoweit dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, das mit Urteil vom 21.2.2017 (- 14 A 2316/16.A -, juris) ausgeführt hat:

„Soweit der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen in seinen Schutzbedarfserwägungen der Auffassung ist, Mitglieder religiöser Gruppen wie der Sunniten erfüllten ein Risikoprofil (vgl. UNHCR, Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen. 4. aktualisierte Fassung, November 2015, Rn. 38), folgt daraus keine beachtliche Wahrscheinlichkeit asylrechtlich relevanter Verfolgung durch den syrischen Staat. Der UNHCR erfasst mit seinem religiösen Risikoprofil (Sunniten, Alawiten, Ismailis, Zwölfer-Schiiten, Drusen, Christen, Jesiden) praktisch die gesamte Bevölkerung. Erkennbar ist dies allein darauf bezogen, dass einzelne religiös-fundamentalis-tische Rebellengruppen in ihrem Herrschaftsgebiet Angehörige bestimmter anderer Religionen verfolgen. Erkenntnisse darüber, dass der syrische Staat Sunniten, also die Anhänger der Mehrheitsreligion, verfolgt, gibt es nicht. Zwar gehört der Staatspräsident der Religionsgemeinschaft der Alawiten an, jedoch sind Sunniten sowohl im Regime als auch in den Streitkräften vertreten (Gerlach, Was in Syrien geschieht, in: Bundeszentrale für politische Bildung, Aus Politik und Zeitgeschichte 8/2016, S. 10, 13).“

Andere Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen könnten, sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger darauf verweist, dass seine Mutter Lehrerin gewesen und er damit Mitglied einer Familie sei, die Teil der politischen und adminis-trativen Klasse in Syrien gewesen sei, weshalb der syrische Staat von einem Loyalitätsbruch ausgehen werde, lässt dies eine hinreichend konkrete Verfolgungsgefahr nicht erkennen, zumal die Mutter nach den Angaben des Klägers bereits in den Ruhestand getreten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.