Amtsgericht Osnabrück
Urt. v. 11.05.1987, Az.: 14 C 33/87

Mietminderung im Falle der Versorgung mit nitrathaltigem Wasser; Private Wasserversorgung durch grundstückseigene Brunnenanlage; Mietmangel im Falle nicht gewährleisteter Frischwasserversorgung

Bibliographie

Gericht
AG Osnabrück
Datum
11.05.1987
Aktenzeichen
14 C 33/87
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1987, 19722
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGOSNAB:1987:0511.14C33.87.0A

Fundstellen

  • NJW-RR 1987, 971-972 (Volltext mit red. LS)
  • WuM 1989, 12-13 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Forderung

In dem Rechtsstreit
hat das Amtsgericht Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 1987
durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 300,- DM nebst 4 % Zinsen aus jeweils 100,- DM seit dem 3.12.1986, dem 3.1.1987 und dem 3.2.1987 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2/3, die Beklagten zu 1/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 320,- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Beklagten mieteten zum 01.01.1986 mit Mietvertrag vom 05.12.1986 das Haus der Klägerin. Die Beklagten zahlen monatlich 1.500,- DM Mietzins und 120,- DM Nebenkosten. Das Mietobjekt ist nicht an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Wallenhorst angeschlossen, sondern wird über eine grundstückseigene Brunnenanlage versorgt. Diese steht zu 2/3 im Eigentum der Klägerin und beliefert auch ein weiteres, von der Klägerin mit ihrem Ehemann bewohntes Haus sowie ein drittes Hausgrundstück. Das von der Anlage geförderte Wasser weist einen überhöhten, gesundheitsgefährdenden Nitratgehalt auf. Daher haben die Beklagten die Miete monatlich seit Dezember 1986 um 250,- DM und wegen eines feuchten und dadurch nicht benutzbaren Kellerraumes um weitere 50,- DM gemindert. Die Klägerin fordert die Mietrückstände von Dezember 1986 bis einschließlich Februar 1987 nach.

2

Die Klägerin behauptet: Die Mietminderungen seien unbegründet. Die im Mietobjekt verlegten Leitungen und Anlagen seien in Ordnung. Da sie aber keine Verpflichtung; noch irgendeine Verantwortung für die Lieferung des Wassers übernommen habe, das Frischwasser gleichwohl wegen der überdüngten Böden im Umfeld der Brunnenanlage einen überhöhten Nitratgehalt aufweise, handele es sich dabei nicht um einen Mangel der Mietsache.

3

Die Beklagten seien auch deshalb nicht zur Mietkürzung wegen des erhöhten Nitratgehalts des Wassers berechtigt, da sie bei Abschluß des Mietvertrages darüber informiert gewesen seien.

4

Der Keller befinde sich in einem Zustand, wie er dem Alter des Hauses angemessen sei. Er sei nicht feucht und nicht mangelhaft. Auch sei der Zustand den Beklagten bei Abschluß des Mietvertrages bekannt gewesen. Ein nachträglich geringfügiger Mangel im Kellerfensterbereich sei bereits im Oktober 1986 abgestellt worden. Den gleichwohl von den Beklagten erhobenen Rügen wegen des Kellerzustandes habe sie nicht nachgehen können, da die Beklagten einer von ihr vorgeschlagenen Besichtigung nicht zugestimmt hätten. Die vorgenommene Mietkürzung sei sowohl wegen des Nitratgehalts, als auch wegen der Feuchtigkeit im Keller überhöht.

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Sie beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 900,- DM nebst 4 % Zinsen aus jeweils 300,- DM seit dem 03.12.1986, dem 03.01.1987 und dem 03.02.1987 zu zahlen.

6

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

7

Sie behaupten: Die Vermieterin habe ein funktionierendes Frischleitungssystem mit Warm- und Kaltwasser vorzuhalten. Wenn das Frischwasser aufgrund des überhöhten Nitratgehaltes gesundheitsgefährdend sei, sei das Bewohnen des Hauses erschwert, wodurch ein Mietminderungsanspruch gegeben sei. Weiterhin sei die Mietsache als solche mangelhaft, da in den mit der Mietsache verbundenen Leitungen nur gesundheitsgefährdendes Wasser fließe. Denn die Mietsache als solche sei von ihren Leitungssystem sowie dessen Zuleitungssystem nicht trennbar. Auch seien sie bei Abschluß des Mietvertrages über Nitratprobleme und überhöhten Nitratgehalt des Wassers weder informiert, noch sei mit ihnen diese mißliche Situation ausdrücklich erörtert worden. Ferner werde ihnen die Benutzung eines ordnungsgemäßen Kellerraumes vorenthalten, da dieser häufig unter Wasser stehe, wie es zur Zeit auch wieder der Fall sei. Die im Oktober 1986 durchgeführten Sanierungsmaßnahmen hätten zu einem Trockensein des Kellers nicht geführt. Zudem sei die Klägerin mit vorprozeßualen Schreiben aufgefordert worden, die Räumlichkeiten in Augenschein zu nehmen. Bei der Anmietung habe man dem Kellerraum seine Feuchtigkeit nicht angesehen.

8

Wegen dies weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die bis zur letzten mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Ehemanns der Klägerin, ... von Frau ... Herrn ... und Frau ... als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 04. Mai 1987 verwiesen.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage ist zum Teil begründet.

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Unstreitig sind die Beklagten seit 1.12.1986 monatlich mit jeweils 300,- DM des vereinbarten Mietzinses im Rückstand. Zur Minderung gemäß § 537 BGB sind die Beklagten teilweise aber berechtigt.

11

Nach dieser Bestimmung kann der Mieter den Mietzins mindern, wenn die vermietete Fache zur Zeit der Überlassung an ihn mit einem Fehler behaftet ist, der die Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt oder mindert. Maßstab für das Vorliegen eines Mangels ist somit der Zustand der Sache, der erforderlich ist, um dem Mieter uneingeschränkt den ihm zustehenden, vertragsgemäßen Gebrauch zu ermöglichen. Dabei wird dieser sog. subjektive Fehlerbegriff sehr weit ausgelegt (BGHZ 49, 350). Daher bilden auch sämtliche äußere Gefahrenquellen und Immissionen, durch die der Mieter in dem vertragsgemäßen Gebrauch gestört oder beeinträchtigt wird einen Fehler (BGH NJW 1983, 2935 f.).

12

Unbestritten ist, daß die Frischwasserversorgung des Mietobjekts wegen der überhöhten Nitratwerte gesundheitsgefährdend ist. Zwar liegt diese Gefahrenquelle in einem äußeren Umstand, für den die Vermieterin insoweit nicht verantwortlich ist. Gleichwohl liegt hier ein Fehler vor, der den Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt. Denn Räumlichkeiten, die Menschen als Wohnungen dienen sollen, müssen bestimmten Mindestanforderungen genügen, die sich vor allem nach der Verkehrsanschauung richten. Für die Erfüllung dieser Anforderungen muß der Vermieter sorgen; andernfalls befinden sich die Räume nicht in einem vertragsgemäßen Gebrauch als Wohnung geeigneten Zustand (BGH, LM Nr. 22 zu § 537 BGB). Da es heute nach der allgemeinen Lebenserfahrung zum mitteleuropäischen Lebensstandard gehört, daß eine Mietwohnung zumindest mit Frischwasser versorgt ist, das Trinkwasserqualität besitzt, ist das von der Klägerin vermietete Wohnhaus wegen der fehlenden Trinkwasserqualität mangelhaft. Zu den Pflichten der Vermieterin gehört es auch, einer derartigen Wasserversorgung nachzukommen. Denn hätte im vorliegenden Fall etwas anderes gelten sollen, so hätten die Parteien dies in den Mietvertrag aufnehmen müssen. Dies ist aber nicht geschehen. Die Vermieterin kann sich aber nicht darauf berufen, keine Verpflichtung oder Verantwortung zur Belieferung des Mietobjekts mit Frischwasser übernommen zu haben. Die Beklagten sind auch durch die Mangelende Qualität des aus den Leitung des Miethauses kommenden Wassers in dem vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt, da eine Entnahme zum Genuß nicht mehr möglich ist. Sobald aber eine Gesundheitsgefährdung der Mieter aufgrund des Wohnungszustandes möglich ist, liegt immer eine Minderung des Gebrauchswertes der Wohnung vor, wobei sich die Minderung nach der Bruttomiete richtet (AG Hamburg, WuM 1982, 184 [AG Hamburg 30.03.1982 - 46 C 658/81]). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Vermieterin ein Verschulden an dem fraglichen Zustand trifft oder nicht (Emmerich/Sonnenschein, MietKom., § 537 Rdn. 3). Das von den Beklagten gemietete Wohnhaus ist somit mangelhaft i.S.d.. § 537 BGB.

13

Für die Anwendung des § 537 BGB ist aber dann kein Raum, wenn den Mietern der Mangel bei Abschluß des Mietvertrages bekannt oder wegen grober Fahrlässigkeit unbekannt war. Die Beweislast dafür trägt der Vermieter (BGH WuM 1962, 1379). Dabei muß sich die Kenntnis des Mieters bei Vertragsabschluß gerade auf die konkreten Mangel und deren Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit der Sache beziehen. Diese Kenntnis sowie deren Auswirkungen hat die Vermieterin nicht bewiesen. Es mag zwar sein, daß mit dem Beklagten zu 2) bei dessen "Probewohnen" vor Vertragsabschluß über das Nitratproblem allgemein gesprochen wurde, wie es der Ehemann der Klägerin als Zeuge ausführte; die weitreichenden Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache, daß nämlich eine Entnahme von, "Genuß"-Wasser aus dem Leitungssystem nicht möglich sein wird, so daß das Trinkwasser anderweitig beschafft werden muß, sind den Mietern nach Überzeugung des Gericht nicht dargelegt worden. Dafür sprechen die Aussagen der ebenfalls an dem Mietobjekt damals interessierten Zeugen. Nach deren Aussagen hat die Vermieterin erst auf Nachfrage den erhöhten Nitratgehalt des Wassers zur Sprache gebracht, zugleich aber darauf hingewiesen, daß sie selbst das Wasser zum Trinken, Kaffekochen u.ä. verwende. Die Glaubhaftigkeit dieser Aussagen kann nicht bezweifelt werden, da ein persönliches Interesse zum Ausgang des Rechtsstreits nicht unterstellt werden kann.

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Die Klägerin räumt im Grunde ja auch ein, daß ihr und ihrem Ehemann der gefährliche Grad der Beeinträchtigung des Trinkwassers im Zeitpunkt der Mietverhandlungen nicht bewußt gewesen sei. Ebenso sieht das Gericht nicht als bewiesen an, daß die Beklagten in der Lage gewesen waren, von dem Aushang des Zeugen Marggraf Kenntnis zu nehmen.

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Die Beklagten haben somit ihr Minderungsrecht nicht nach § 539 BGB eingebüßt, denn die Klägerin hat nicht beweisen können, daß den Beklagten der volle Umfang des Nitratproblems bei Einzug bereits bekannt war oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist und daß sie gleichwohl das Wohnhaus anmieteten.

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Die Beklagten sind daher als Mieter zu einer verhältnismäßigen Mietminderung berechtigt, da der Mange lauch nicht unerheblich ist. Das Gericht sieht für den überhöhten Nitratgehalt jedoch einen monatlichen Abzug von 150,- DM für ausreichend an, was 10 % der Nettomiete ausmacht.

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Wie weiter in der letzten mündlichen Verhandlung unbestritten vorgetragen wurde, steht der einzige Kellerraum zur Zeit unter Wasser. Auch haben die Beklagten die Vermieterin mit ihren Schreiben vom 26.11.1986 und 2.1.1987 aufgefordert, sich durch Augenschein von dem feuchten Zustand des Kellerraumes zu überzeugen und Abhilfe zu schaffen . Dies ist nicht geschehen. Daher haben die Beklagten die Miete rechts wirksam gemindert, § 537 BGB.

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Denn, der von den Beklagten gemietete Kellerraum ist wegen dieser Feuchtigkeit nicht in einem vertragsgemäßen Zustand. Der vertragsgemäße Gebrauch ist durch die Feuchtigkeit erheblich gemindert. Wird aber der zur Wohnung gehörende Kellerraum z.B. nach Regenfällen feucht und in der Gebrauchstauglichkeit gemindert, ist eine Mietminderung von ca. 5 % nicht überhöht (AG Düren, WuM 1983, 30 [AG Düren 16.12.1981 - 8 C 465/81]). Bei einer Nettomiete von 1.500,- DM ist ein monatlicher Minderungsbetrag von 50,- DM im Hinblick darauf, daß dies der einzige, den Beklagten zur Verfügung stehende Kellerraum ist, angemessen.

19

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 91, 100 IV, 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO.