Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 25.02.2009, Az.: 2 A 2389/06
Teilzeitbeschäftigung; Versorgungsabschlag
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 25.02.2009
- Aktenzeichen
- 2 A 2389/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 44181
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2009:0225.2A2389.06.0A
Rechtsgrundlagen
- 14 I BeamtVG
- 85 I 2 BeamtVG
- 51 I Nr 1 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Kein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bei bestandskräftig festgesetztem Versorgungsabschlag wegen Teilzeitbeschäftigung.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen den Versorgungsabschlag nach Teilzeitbeschäftigung.
Sie wurde am D. geboren, war seit dem 1.5.1971 als Beamtin des Landes Niedersachsen tätig und bekleidete zuletzt das Amt einer Realschullehrerin (Besoldungsgruppe A13). Sie war teilzeitbeschäftigt vom 1.2.1977 bis 20.9.1977 zu einem Bruchteil von 20/26, vom 21.3.1978 bis 31.1.1980 zu einem Bruchteil von 13/26, vom 1.2.1980 bis 31.7.1982 ohne Bezüge beurlaubt, sowie dann erneut teilzeitbeschäftigt vom 1.8.1982 bis 31.7.1984 zu einem Bruchteil von 18/27, vom 1.8.1984 bis 31.1.1985 zu einem Bruchteil von 20/27, vom 1.2.1985 bis 31.7.1989 zu einem Bruchteil von 17/27, vom 1.8.1989 bis 31.7.1990 zu einem Bruchteil von 17/26,5, vom 1.8.1990 bis 31.7.1994 zu einem Bruchteil von 18/26,5, vom 1.8.1994 bis 31.3.2002 zu einem Bruchteil von 18/27,5. Mit Ablauf des 31.3.2002 wurde sie wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruht, in den Ruhestand versetzt.
Mit inzwischen bestandskräftigem Bescheid vom 12.4.2002 wurde ihr Ruhegehaltssatz ab 1.4.2002 auf 57,43 v.H. festgesetzt. Bei der Ermittlung des Ruhegehaltssatzes wurde ein Versorgungsabschlag für die nach dem 31.7.1984 bewilligten Teilzeitbeschäftigungen berücksichtigt. Außerdem wurde das Ruhegehalt um einen Abschlag in Höhe von 7,2 v.H. wegen des vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand gekürzt.
Mit Schreiben vom 28.3.2004 legte die Klägerin Widerspruch gegen die weitere Absenkung ihres Versorgungsniveaus ein und beantragte unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover in dem von einer anderen Klägerin betriebenen Verfahren 2 A 936/01 vom 25.3.2004 den Versorgungsabschlag neu zu berechnen und festzusetzen sowie den Differenzbetrag auszuzahlen.
Der Beklagte verstand diesen Schriftsatz vom 28.3.2004 als Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und lehnte dies mit Bescheid vom 8.7.2004 ab. Dagegen erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.7.2004 Widerspruch. Sie machte geltend, die Entscheidung des EuGH vom 23.10.2003 (Rs. C-4/02 ), wonach die Minderung des Ruhegehalts ehemals teilzeitbeschäftigter Beamten und Beamtinnen gegen Art. 141 EGV verstoße, wie sie erheblich mehr Beamtinnen als Beamte betreffe und nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt sei, stelle eine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 VwVfG dar. Ihr Fall sei den bereits entschiedenen gleichzustellen. Mit inzwischen bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 16.8.2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit Schreiben vom 20.9.2005 beantragte die Klägerin erneut, diesmal unter Hinweis auf die Entscheidungen des BVerwG vom 25.5.2005 (Az. 2 C 6/04 und 2 C 14/04 ), ihre Versorgungsbezüge ohne Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags ab Antragstellung am 28.3.2004 neu festzusetzen und ihr die Differenz auszuzahlen. Mit Schreiben vom 8.2.2006 teilte der Beklagte mit, das außergerichtliche Vorverfahren sei mit dem inzwischen bestandskräftigen Widerspruchsbescheid vom 16.8.2004 abgeschlossen und es werde keine erneute rechtsmittelfähige Entscheidung ergehen.
Mit Schreiben vom 12.2.2006 forderte die Klägerin den Beklagten nochmals zum Erlass eines Bescheids auf und widersprach der letzten Gehaltsmitteilung. Mit weiterem Schreiben vom 27.2.2006 stellte die Klägerin klar, dass sie begehre, das Festsetzungsverfahren von 2002 wieder aufzugreifen und über ihren Antrag vom 20.9.2005 zu entscheiden. Der Beklagte verstand den Schriftsatz der Klägerin vom 12.2.2006 als Widerspruch gegen den Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 12.4.2002 und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 3.3.2006 als unzulässig zurück, da er zu spät erhoben worden sei.
Die Klägerin hat am 3.4.2006 Klage erhoben und ursprünglich beantragt, ihr Versorgungsbezüge auf der Grundlage eines Ruhegehaltssatzes in Höhe von 65 v.H. zu gewähren. Sie macht geltend, der Versorgungsabschlag nach § 14 Abs. 1 BeamtVG a.F. verstoße gegen das Verbot mittelbarer Diskriminierung gemäß Art. 141 EGV und sei bereits ab der erstmaligen Festsetzung ihrer Versorgungsbezüge durch Bescheid vom 12.4.2002 nicht anzuwenden. Außerdem lägen eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und ein Verstoß gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums vor. Die Aufrechterhaltung des Bescheids vom 12.4.2002 sei schlechthin unerträglich, es müssten gemeinschaftsrechtskonforme Zustände auch für die Vergangenheit hergestellt werden. Im Übrigen sei ihr Antrag vom 20.9.2005 noch nicht beschieden worden.
Nachdem das BVerfG mit Entscheidung vom 18.6.2008 § 85 Abs. 2 S. 2 BeamtVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 S. 1 Teilsätze 2 und 3 BeamtVG für mit Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG nicht vereinbar und nichtig erklärt hatte, änderte der Beklagte mit Bescheid vom 8.8.2008 den Bescheid über die Festsetzung der Versorgung vom 12.4.2002 mit Wirkung vom 18.6.2008 insoweit ab, als bei der Berechnung des für die Versorgung maßgebenden Ruhegehaltssatzes ein Versorgungsabschlag nach § 14 Abs. 1 BeamtVG alter Fassung vorgenommen worden war, und setzte nunmehr einen Ruhegehaltssatz von 57,77 v.H. an. Am 23.8.2008 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 8.8.2008 und verlangte eine Neuberechnung ihrer Versorgungsbezüge spätestens ab dem 28.3.2004. Am 27.8.2008 teilte der Beklagte mit, dass dieses Widerspruchsverfahren bis zur Entscheidung dieses Klageverfahrens ausgesetzt werde.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit die Klägerin einen 57,77 v.H. übersteigenden Ruhegehaltssatz begehrte und soweit für den Zeitraum ab dem 18.6.2008 der Beklagte der Klägerin erhöhtes Ruhegehalt gewährt.
Die Klägerin beantragt jetzt noch,
den Beklagten unter Aufhebung seines Festsetzungsbescheides vom 12.4.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2006 zu verpflichten, ihr für den Zeitraum vom 1.4.2002 bis zum 17.6.2008 Versorgungsbezüge unter außer Achtlassung eines Versorgungsabschlages nach § 14 BeamtVG alter Fassung zu gewähren sowie Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Bestandskraft des Bescheides vom 12.4.2002. Aus der Entscheidung des BVerfG vom 18.6.2008 folge nichts Gegenteiliges, diese setze sich lediglich inhaltlich mit § 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG in der Fassung bis zum 31.12.1991 in Verbindung mit § 85 Abs. 1 S. 2 BeamtVG auseinander, wirke sich aber weder auf die Beurteilung von verfristet eingelegten Rechtsmitteln noch auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze über die Rücknahme rechtswidriger, bestandskräftiger Verwaltungsakte aus. Die Voraussetzungen des Wiederaufgreifens des Verfahrens nach § 51 VwVfG lägen nicht vor, denn eine Änderung der gerichtlichen Spruchpraxis stelle keine nachträgliche Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG dar. Es bestehe für den Zeitraum vor der Entscheidung des BVerfG vom 18.6.2008 auch kein Anspruch auf Rücknahme nach § 48 VwVfG, weil die Aufrechterhaltung des Bescheids vom 12.4.2002 nach Maßgabe der Änderung vom 8.8.2008 nicht schlechthin unerträglich sei. Die Rechtssicherheit sowie das Prinzip der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung geböten, an dem Bescheid vom 12.4.2002 ansonsten festzuhalten. Im Übrigen sei ein etwaiger Nachforderungsanspruch der Klägerin verjährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Soweit die Beteiligten hinsichtlich eines 57,77 v.H. übersteigenden Ruhegehaltssatzes sowie für den Zeitraum ab dem 18.6.2008 übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
Im Übrigen bleibt der Klage der Erfolg versagt. Die Ablehnung der Neufestsetzung der Versorgungsbezüge ohne Berücksichtigung eines Versorgungsabschlages für den Zeitraum ab Eintritt in den Ruhestand am 1.4.2002 bis zu der Entscheidung des BVerfG am 18.6.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der insoweit angefochtene Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 12.4.2002 ist in Bestandskraft erwachsen. Der Bescheid, der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden war, wurde nicht binnen eines Monats nach Bekanntgabe mit einem Widerspruch angegriffen.
Soweit man mit dem Beklagten in dem Schreiben der Klägerin vom 28.3.2004 einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens erblickt, hat der Beklagte mit Bescheid vom 8.7.2004 zu Recht das Verfahren nicht wieder gemäß § 51 VwVfG; § 1 Abs. 1 NVwVfG aufgenommen. Es fehlte insoweit ein Wiederaufgreifensgrund.
Entgegen der Auffassung der Klägerin stellte die Entscheidung des erkennenden Gerichts vom 25.3.2004 (Az. 2 A 936/01) keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dar. Durch eine solche gerichtliche Entscheidung wird lediglich die bisherige Rechtslage auf eine andere Art und Weise erkannt, aber nicht im Sinne des § 51 VwVfG geändert (ständige Rechtsprechung des BVerwG, zuletzt NVwZ 2002, 548, und h.M. in der Literatur, siehe Kastner in: Fehling / Kastner / Wahrendorf, § 51 VwVfG, Rn. 11, m.w.N.).
Auch aus der Entscheidung des EuGH vom 22.10.2003 (Rs. C-4/02 ), auf die die Klägerin in ihrem Widerspruch vom 17.7.2004 Bezug genommen hat, der mit ebenfalls bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 16.8.2004 zurückgewiesen wurde, kann die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens für die Vergangenheit herleiten. Der in Art. 10 EGV verankerte Grundsatz der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten mit der Europäischen Gemeinschaft verpflichtet den Beklagten als mitgliedstaatliche Behörde lediglich, auf entsprechenden Antrag hin zu überprüfen, ob eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung aufgehoben wird, um der mittlerweile vom EuGH vorgenommenen Auslegung der einschlägigen Bestimmungen Rechnung zu tragen. Indes gehört auch die Rechtssicherheit zu den im Gemeinschaftsrecht anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Das Gemeinschaftsrecht verlangt daher nicht, dass eine mitgliedstaatliche Verwaltungsbehörde verpflichtet ist, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen (vgl. Urteil des EuGH vom 13.1.2004, Rs. C-453/00, Rn. 24).
Soweit die Klägerin mit Schreiben vom 20.9.2005 erneut, diesmal unter Hinweis auf die Entscheidungen des BVerwG vom 25.5.2005 (Az. 2 C 6/04 und 2 C 14/04 ) beantragt hat, ihre Versorgungsbezüge ohne Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags ab Antragstellung am 28.3.2004 neu festzusetzen und ihr die Differenz auszuzahlen, hat der Beklagte auch diesen Antrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Zwar wurde über diesen Antrag entgegen der von dem Beklagten mit Schreiben vom 8.2.2006 vertretenen Rechtsauffassung schon deshalb nicht durch den Widerspruchsbescheid vom 16.8.2004 entschieden, weil dieser Widerspruchsbescheid bereits vor Antragstellung ergangen ist. Das Schreiben des Beklagten vom 8.2.2006 ist aber selbst in der Weise zu verstehen, dass damit eine inhaltliche Entscheidung über den Antrag vom 20.9.2005 abgelehnt wurde. Selbst wenn man in diesem Schreiben noch keinen ablehnenden Bescheid erblickte, so hat der Beklagte zumindest mit dem Widerspruchsbescheid vom 3.3.2006 auch über den Antrag vom 20.9.2005 entschieden, weil der Antrag vom 20.9.2005 auf das gleiche Begehren gerichtet war wie der Antrag vom 12.2.2006 / 27.2.2006, nämlich auf die Neufestsetzung der Versorgungsbezüge ohne Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags wegen Teilzeitbeschäftigung.
Der Beklagte hat mit diesem Widerspruchsbescheid vom 3.3.2006 auch den Rechtsweg nicht von neuem eröffnet. Denn er hat das Begehren der Klägerin vom 12.2.2006 / 27.2.2006 als verfristet zurückgewiesen, ohne die Klägerin erneut inhaltlich zu bescheiden.
Soweit man in den Schreiben der Klägerin vom 20.9.2005, 12.2.2006 und 27.2.2006 zugleich einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens, diesmal gestützt auf die Entscheidungen des BVerwG vom 25.5.2005 erblickt, hat der Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 3.3.2006 zu Recht das Verfahren nicht wieder gemäß § 51 VwVfG; § 1 Abs. 1 NVwVfG aufgegriffen. Es fehlte auch insoweit immer noch ein Rechtsanspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens. Entgegen der Auffassung der Klägerin stellten auch die Entscheidungen des BVerwG vom 25.5.2005 (Az. 2 C 6/04 und 2 C 14/04 ) keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dar. Auch durch diese Entscheidungen des BVerwG wurde lediglich die bisherige Rechtslage auf eine andere Art und Weise erkannt, aber nicht im Sinne des § 51 VwVfG geändert (s.o.).
Eine Änderung der Rechtslage ist erst mit der Entscheidung des BVerfG vom 18.6.2008 (Az. 2 BvL 6/07) eingetreten. Dieser Entscheidung kommt - im Unterschied zu den vorangegangenen Entscheidungen des EuGH vom 23.10.2003, des erkennenden Gerichts vom 25.3.2004 sowie des BVerwG vom 25.5.2005 - gemäß § 31 Abs. 2 BVerfGG Gesetzeskraft zu, so dass mit Verkündung der Entscheidung des BVerfG von einer Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG; § 1 Abs. 1 NVwVfG auszugehen ist. Der Beklagte hat dem indes bereits dadurch Rechnung getragen, dass er mit Bescheid vom 8.8.2008 den Bescheid über die Festsetzung der Versorgung vom 12.4.2002 insoweit aufgehoben hat, als darin ein Versorgungsabschlag für die Zeit ab 18.6.2008 berücksichtigt wurde. Ein anderer Wiederaufgreifensgrund ist für den Zeitraum vor dem 18.6.2008 nicht ersichtlich.
Die Entscheidung des BVerfG vom 18.6.2008 ergreift auch nicht rückwirkend die bereits mit bestandskräftigem Bescheid festgesetzte Versorgung der Klägerin. Eine gesonderte Vollstreckungsregelung hat das BVerfG in dieser Entscheidung nicht getroffen. Es bleibt daher bei den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen über die Wirkungen einer Entscheidung des BVerfG. Gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG i.V.m. § 82 Abs. 1 BVerfGG bleiben aber nicht mehr anfechtbare Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 BVerfGG i.V.m. § 82 Abs. 1 BVerfGG für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Zu den nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen im Sinne dieser Vorschrift zählen auch bereits bestandskräftige Bescheide. Zwar ist gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung unzulässig. Die Auszahlung gekürzter Bezüge in Anwendung der Regelung des Versorgungsfestsetzungsbescheids vom 12.4.2002 stellt indes keine Vollstreckung dieses Bescheids dar.
Der Beklagte hat auch nicht dadurch rechtswidrig gehandelt, dass er für den Zeitraum vor dem 18.6.2008 den Festsetzungsbescheid vom 12.4.2002 nicht gemäß § 48 VwVfG; § 1 Abs. 1 NVwVfG aufgehoben hat. Die Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts steht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG; § 1 Abs. 1 NVwVfG im Ermessen der Behörde. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte dadurch ermessensfehlerhaft handelte, dass er nach der Entscheidung des BVerwG vom 25.5.2005 zwar bei neu eintretenden Versorgungsfällen keinen Versorgungsabschlag wegen Teilzeitbeschäftigung mehr festsetzte, bei den durch einen bestandskräftigen Bescheid aber bereits abgeschlossenen "Altfällen" keine Änderung der Versorgungsfestsetzung trotz der Entscheidung des BVerwG mehr vornahm. Der Beklagte hat mit dieser Ermessenspraxis insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Denn die Bestandskraft eines vor der Entscheidung des BVerwG vom 25.5.2005 ergangenen Versorgungsfestsetzungsbescheides stellt einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung beider Gruppen von Versorgungsempfängern dar.
Auch die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn gemäß § 87 Abs. 1 NBG reduziert nicht das dem Beklagten zukommende Aufhebungsermessen in der Weise, dass lediglich die Aufhebung der einen Versorgungsabschlag festsetzenden Bescheide in den bereits bestandskräftig abgeschlossenen Versorgungsfällen die einzig mögliche Entscheidung darstellte. Nähme man eine solche generelle Ermessensbindung des Beklagten an, widerspräche dies der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, wonach nicht mehr anfechtbare Entscheidungen gerade unberührt bleiben. Auch im Fall der Klägerin sind keine Besonderheiten von solchem Umfang oder solchem Gewicht erkennbar, die jede andere Entscheidung als die (teilweise) Aufhebung des einen Versorgungsabschlag festsetzenden Bescheids vom 12.4.2002 ermessensfehlerhaft erschienen ließen.
Die Ermessenspraxis des Beklagten, bestandskräftig gewordene Festsetzungen des Versorgungsabschlags wegen Teilzeitbeschäftigung erst mit Entscheidung des BVerfG vom 18.6.2008 aufzuheben, bei neu eintretenden Versorgungsfällen aber bereits seit den Entscheidungen des BVerwG vom 25.5.2005 keinen Versorgungsabschlag mehr festzusetzen, verstößt auch nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Dazu zählen nur solche Grundsätze, die zumindest bei In-Kraft-Treten des Grundgesetzes bereits das Beamtenverhältnis prägten. Die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung von Beamten wurde aber erst nach In-Kraft-Treten des Grundgesetzes eingeführt, so dass die versorgungsrechtliche Behandlung der Teilzeitbeschäftigung auch keinen Gegenstand eines hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums darstellen kann.
Da der Klägerin bereits dem Grunde nach für den Zeitraum vor dem 18.6.2008 kein Anspruch auf Aufhebung des festgesetzten Versorgungsabschlages sowie Nachzahlung etwa noch ausstehender Bezüge zusteht, bedarf es keiner gerichtlichen Entscheidung, ob entsprechende Ansprüche der Klägerin bereits verjährt sind.
Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entscheidet das Gericht gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens. Billigem Ermessen entspricht es, die Kosten des Verfahrens insoweit der Klägerin aufzuerlegen. Zwar hat der Beklagte für den Zeitraum ab 18.6.2008 dem Begehren der Klägerin abgeholfen. Die Klägerin erhält ab 18.6.2008 aber lediglich Versorgungsbezüge in Höhe von 57,77 v.H. statt wie bisher in Höhe von 57,43 v.H., was eine Steigerung um bloß 0,34 v.H. darstellt. Demgegenüber verfolgt die Klägerin in diesem Verfahren ihr ursprüngliches Begehren, ab ihrem Eintritt in den Ruhestand am 1.4.2002 Versorgungsbezüge über 57,77 v.H. hinaus in Höhe von 65 v.H. (also in Höhe von weiteren 7,23 v.H.) zu erhalten, weder für die Zeit vor dem 18.6.2008 noch nach diesem Zeitpunkt weiter. Unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, wonach einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden können, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, erscheint es daher angebracht, hinsichtlich des erledigten Verfahrensteils der Klägerin die Kosten vollständig aufzuerlegen. Auch hinsichtlich des streitig entschiedenen Teils hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen, da sie insoweit unterlegen ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 ZPO.