Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 08.10.2012, Az.: 1 B 240/12

Girokonto; Pfändungs- und Einziehungsverfügung; Pfändungsschutz; Pfändungsschutzkonto

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
08.10.2012
Aktenzeichen
1 B 240/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 44466
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zur Gewährleistung des Pfändungsschutzes für das Guthaben auf einem Girokonto fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn keine Umwandlung des Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto beantragt wurde.

Gründe

Der sach- und interessengerechter Weise in erster Linie als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung der Antragsgegnerin vom 18.09.2012 auszulegende Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg. Zwar ist der Antrag statthaft, denn gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 66 des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG) entfaltet die Klage gegen die auf §§ 45 ff. NVwVG gestützte Pfändungs- und Einziehungsverfügung keine aufschiebende Wirkung. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO sieht vor, dass in diesen Fällen auf Antrag das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung anordnen kann.

Der Antrag ist jedoch unzulässig, da der Antragstellerin das notwendige Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die Antragstellerin kann auf einfachere und effektivere Weise ihre Rechte verwirklichen.

Mit ihrem Antrag verfolgt die Antragstellerin das Ziel, die Antragsgegnerin zur Beachtung der Pfändungsschutzvorschriften für ihr Guthaben bei der Drittschuldnerin, der Sparkasse D., zu verpflichten. Der Antragsgegnerin sei nämlich bekannt, dass nur ihre Rente, ein geringes Arbeitseinkommen aus einem Nebenjob und ergänzende Sozialleistungen, die in der Summe deutlich unter den Pfändungsfreigrenzen lägen, auf ihr Girokonto eingingen. Die Antragsgegnerin hätte den Pfändungsschutz beachten und auf den Erlass einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung verzichten müssen. Die auf ihr Girokonto eingehenden Beträge seien für ihren Lebensunterhalt notwendig.

Die Antragstellerin kann durch Vereinbarung mit der Sparkasse D. ihr Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto gemäß § 850k ZPO umwandeln und so den von ihr begehrten Pfändungsschutz selbst herbeiführen.

Mit Wirkung vom 01.01.2012 ist der Pfändungsschutz für Kontoguthaben neu geregelt worden. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll nur noch das Pfändungsschutzkonto als alternativlose Form des Kontopfändungsschutzes bestehen (s. BT-Drs. 16/12714, S. 16). Mit der Einrichtung des Pfändungsschutzkontos besteht automatischer Pfändungsschutz in Höhe des monatlichen Freibetrages nach § 850c Abs. 1 Nr. 1 ZPO (derzeit 1.028,89 Euro monatlich). Weiterer Schritte, insbesondere der Inanspruchnahme von Gerichten, zur Berücksichtigung des Pfändungsschutzes bedarf es nicht mehr (vgl. BT-Drs. 16/7615, S. 13). Soweit die Antragstellerin die Umwandlung ihres Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto bisher eventuell deshalb nicht vorgenommen hat, weil das Führen eines Pfändungsschutzkontos der Schufa gemeldet wird und sie deshalb Einschränkungen befürchtet, hat sie dies hinzunehmen. Der Gesetzgeber hat im Interesse der Gläubiger in § 850k Abs. 8 Satz 3 ZPO ausdrücklich die Berechtigung der Kreditinstitute zur Mitteilung, dass es für den Kunden ein Pfändungsschutzkonto führt, an Auskunfteien wie die Schufa vorgesehen, und damit Beeinträchtigungen des Betroffenen in Kauf genommen.

Die Antragstellerin kann auch noch nach Erlass der Pfändungs- und Einziehungsverfügung Pfändungsschutz für das Guthaben auf ihrem Girokonto erreichen, wenn sie vor Ablauf von vier Wochen nach Zustellung des Überweisungsbeschlusses an das Kreditinstitut ihr Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umwandelt (§ 850k Abs. 1 Satz 4 ZPO). Da die Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Sparkasse D. als Drittschuldnerin am 18.09.2012 zugestellt wurde, kann die Antragstellerin noch rückwirkenden Pfändungsschutz durch die sofortige Umwandlung ihres Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto erreichen. Gerichtlicher Rechtsschutz ist nicht erforderlich und der Antrag hat deshalb keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den oben genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 3 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 ff.). Danach ist in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Fällen auf bezifferte Geldleistungen gerichteter Verwaltungsakte ¼ des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes festzusetzen, hier also ¼ von 162,55 Euro.