Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 25.03.1974, Az.: III D 9/74
Anforderungen an das Vorliegen eines Anspruchs auf Zuerkennung der fachlichen Eignung zur Ausbildung von Verkäufer/innen im Einzelhandel
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 25.03.1974
- Aktenzeichen
- III D 9/74
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1974, 15193
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:1974:0325.III.D9.74.0A
Rechtsgrundlage
- § 76 Abs. 3 BerBiG
Verfahrensgegenstand
Fachliche Ausbildereignung
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat die III. Kammer Braunschweig des Verwaltungsgerichts Braunschweig
am 25. März 1974
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Gründe
Der Antragsteller hat von 1963 bis 1970 einen nicht stehenden Obst- und Gemüsehandel selbständig betrieben und ist seit 1. Oktober 1971 zunächst als Substitut und seit dem 1. März 1972 als Filialleiter bei dem Selbstbedienungsgroßmarkt tätig. Um unter der Geltung des Berufsbildungsgesetzes ausbilden zu können, hat er an einem Seminar über Arbeits- und Berufspädagogik teilgenommen. Die Industrie- und Handelskammer Braunschweig hat ihm aber die Zulassung zu der entsprechenden Prüfung versagt, weil nach § 8 Abs. 1 der Prüfungsordnung für Ausbilderprüfungen bei der Industrie- und Handelskammer Braunschweig zur Prüfung nur zugelassen werden kann, wer die fachliche Eignung nach § 76 BerBiG nachweist. Das kann der Antragsteller nicht, weil er keine Prüfungen nach § 76 Abs. 1 abgelegt hat und weil der Antragsgegner durch Bescheid vom 4. Januar 1974 und Widerspruchsbescheid vom 15. März 1974 es abgelehnt hat, dem Antragsteller die fachliche Eignung nach § 76 Abs. 3 BerBiG zuzuerkennen.
Der Antragsteller beantragt bei Gericht,
den Antragsgegner anzuweisen, ihm die fachliche Eignung zur Ausbildung von Verkäufer/innen im Einzelhandel widerruflich bis zum 10. Mai 1974 zuzuerkennen.
Er will damit erreichen, daß er für die Zeit der Prüfung (26.3.1974 und mündlich am 8./9. Mai 1974) als fachlich geeignet gilt und somit, zugelassen werden kann.
Dieser Antrag konnte in der Sache keinen Erfolg haben.
Die Kammer konnte dem Kläger die fachliche Eignung jedenfalls deshalb nicht nach § 123 VwGO, § 76 Abs. 3 BerBiG zusprechen (auch nicht befristet), weil die Zuerkennung der fachlichen Eignung nach § 76 Abs. 3 BerBiG im Ermessen der Behörde steht und nicht ersichtlich ist, daß die Behörde ihr Ermessen nur in einem dem Antragsteller günstigen Sinn ausüben könnte (dazu Eyermann-Fröhler VwGO § 123 Rdn. 14 mit weiteren Zitaten). Der Antragsgegner hatte durchaus auch im konkreten Fall Ermessensfreiheit ("kann ... zuerkennen"). Es sind strenge Maßstäbe immerhin denkbar, nach denen die praktische Tätigkeit des Antragstellers als selbständiger Obst- und Gemüsehändler zu einseitig und die Tätigkeit als Filialleiter bei ... zu kurz und vielleicht auch zu einseitig sein können. Diese Maßstäbe aufzustellen, ist Sache des Antragsgegners und nicht des Gerichts, Das Gericht muß die vom Antragsgegner nach Anhörung der Industrie- und Handelskammer aufgestellten Maßstäbe in diesem einzelnen Fall, da sie jedenfalls nicht offensichtlich unsinnig sind, hinnehmen.
Die Kammer hat erwogen, ob der Antrag in einen Antrag gegen die Industrie- und Handelskammer auf Zulassung zur Prüfung umgedeutet werden kann. Sie hat von einer Umdeutung aber Abstand genommen, weil auch ein solcher Antrag keine Aussicht auf Erfolg hatte.
§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO findet keine Anwendung, weil der Antragsteller nicht durch eine "Veränderung des bestehenden Zustandes" bedroht ist, sondern im Gegenteil er es ist, der seine Rechtsposition verändern, nämlich verbessern will.
Auch § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist nicht anwendbar. Er lautet:
"Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint."
Nach Auffassung der Kammer liegt ein "streitiges Rechtsverhältnis" nur vor, wenn auch wirklich Streit bestehen kann. Das ist hier nicht der Fall. Die Entscheidung, den Antragsteller nicht zur Prüfung zuzulassen, war vielmehr eindeutig rechtmäßig. Die Kammer hat keine Zweifel, daß die Regelung in § 8 Abs. 1 der Ausbilderprüfungsordnung rechtmäßig ist, nach der erst die fachliche Eignung im Sinne von § 76 BerBiG gegeben sein muß und dann erst die pädagogische Prüfung abgelegt werden kann. Es ist auch unzweifelhaft, daß dem Antragsteller die fragliche Eignung im Sinne von § 76 BerBiG fehlte weil er die Prüfungen nach Abs. 1 nicht hat und eine Zuerkennungsentscheidung der zuständigen Stelle (die wie dargelegt vom Gericht wegen des Ermessensspielraumes nicht ersetzt werden kann) nicht vorliegt.
Im übrigen erscheint eine Regelung auch nicht nötig "um wesentliche Nachteile abzuwenden". Der Antragsteller hat zwar einen Nachteil, wenn er die berufspädagogische Ausbildung zur Zeit vergebens gemacht hat und sie unter Umständen wiederholen muß, wenn er die fachliche Eignung im Sinne von § 76 BerBiG erworben hat. Dieser Nachteil erscheint aber deshalb nicht als "wesentlich", weil der Antragsteller sich ohne Mühe vor Beginn einer solchen Ausbildung hätte erkundigen können, welche Voraussetzungen für die Prüfungszulassung erforderlich sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft. Sie ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe dieses Beschlusses beim Verwaltungsgericht in Braunschweig schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Oberverwaltungsgericht eingeht.
Radke
Dr. König