Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 29.08.2002, Az.: 11 U 307/01

Support-Vertrag zur Veräußerung von Grundstücken; Dienste höherer Art; Außerordentlliche Kündigung ohne Abmahnung; Pflichtverletzung mit geringen Auswirkungen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
29.08.2002
Aktenzeichen
11 U 307/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 20213
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2002:0829.11U307.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 5 O 461/00 vom 06. 09. 2001

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Ein Support-Vertrag zur Veräußerung von Gewerbegrundstücken hat Dienste höherer Art zum Gegenstand

  1. 2.

    Eine außerordentliche Kündigung eines solchen Vertrages kann nicht ohne Abmahnung erfolgen, wenn eine vermeintliche Pflichtverletzung neue geringe Auswirkungen hatte, die durch Klarstellungen beider Vertragspartner rückgängig gemacht werden konnten.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 6. September 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Die Klägerin, eine Kommune mit Stadtrechten, verlangt von der Beklagten, die ihr auf der Grundlage eines 'Support-Vertrages' bei der Vermarktung von Gewerbegrundstücken behilflich sein sollte, die Rückzahlung einer geleisteten Vergütung in Höhe von 20. 000 DM. Dem vorausgegangen war die außerordentliche Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages durch die Klägerin.

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Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

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Es hat gemeint, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vergütung in Höhe von 20. 000 DM zu. Die Klägerin sei nicht zur außerordentlichen Kündigung des sogenannten Support-Vertrages zwischen den Parteien berechtigt gewesen. Die Beklagte habe sich um die Vertragserfüllung bemüht. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass ihr die Beklagte im Einzelnen einen Schaden zugefügt habe. Es sei auch nicht ersichtlich, wieso durch das Verhalten der Beklagten das Vertrauen der Klägerin in ihre Vertragspartnerin insgesamt zerstört worden sein könne. Der Klägerin sei es zuzumuten gewesen, die Beklagte nochmals darauf hinzuweisen, dass die Handelskette ####### sowie gleichartige Unternehmen in dem Gewerbegebiet nicht mit Verkaufsstellen angesiedelt werden sollten. Dementsprechend sei der Klägerin eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien noch zumutbar gewesen.

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Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass der Klägerin ein Kündigungsrecht zugestanden habe, stehe ihr kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vergütung nach § 628 Abs. 1 BGB zu. Es sei nicht ersichtlich, dass die gezahlten 20. 000 DM denjenigen Betrag überschritten, der der Beklagten als ihrer bisherigen Leistung entsprechender Teil der Vergütung zu verbleiben habe.

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Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

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Mit ihr macht sie im Wesentlichen geltend, die Beklagte habe angesichts der Sensibilität des Themas der Gewerbeansiedlung für die Klägerin eine grobe Pflichtverletzung dadurch begangen, dass sie mit der ####### -Warenhandelsgesellschaft nicht etwa, wie sie behaupte, über die Errichtung eines planerisch zulässigen Logistikzentrums, sondern gezielt über die Einrichtung eines großflächigen Lebensmittelmarktes verhandelt habe. Die Klägerin weist darauf hin, dass sie für diese ihre Sachdarstellung bereits in erster Instanz Zeugenbeweis angeboten habe.

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Die Klägerin beantragt,

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unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 10. 225, 84 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Diskontüberleitungsgesetz seit dem 24. Oktober 2000 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Erweiterung und Vertiefung ihres Vorbringens. Sie behauptet unter Berufung auf das Zeugnis ihres Mitarbeiters ####### , mit der ####### -Warenhandelsgesellschaft nur über ein Distributionszentrum verhandelt zu haben. In diesem Zusammenhang sei von der ####### -Kette die Frage, ob auch ein Einzelhandelsmarkt in Betracht komme, an die Beklagte herangetragen und von dieser pflichtgemäß an die Klägerin weitergegeben worden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.

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II.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

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Die Klägerin war zur außerordentlichen Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen Support-Vertrages nicht berechtigt. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte den von der Klägerin behaupteten Pflichtenverstoß begangen hat, der nach Darstellung der Klägerin darin liegen soll, dass die Beklagte mit der Firma ####### -Warenhandelsgesellschaft über die Ansiedlung eines Einzelhandelsmarktes in dem Gewerbegebiet ####### verhandelt hat.

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Selbst wenn dieser Vortrag zuträfe, hätte dies die Klägerin nicht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages berechtigt, ohne zuvor der Beklagten mit einer Abmahnung nachdrücklich vor Augen zu halten, dass die Klägerin ein derartiges Vorgehen der Beklagten nicht wünschte und der Beklagten ferner deutlich zu machen, dass sie etwa bei Grundstücksinteressenten bereits hervorgerufene Missverständnisse oder Fehlverständnisse mit allem Nachdruck auszuräumen habe.

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Bei der Anhörung der in dieser Angelegenheit maßgeblich tätigen Mitarbeiter der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin nicht darzustellen vermocht, was sie gehindert habe, angesichts des nach ihrer Ansicht von der Beklagten begangenen Pflichtverstoßes die Beklagte abzumahnen. Die Klägerin hat allein vorzubringen vermocht, dass Auswirkung des von ihr behaupteten Fehlverhaltens der Beklagten gewesen sei, dass die Firma ####### -Warenhandelsgesellschaft gegenüber der Klägerin geäußert habe, sie werde sich bezüglich der Innenstadtlage ihres Einzelhandelsgeschäftes nicht festlegen, weil man nicht mehr sicher sei, ob die Klägerin an ihrem vorgelegten Einzelhandelskonzept festhalten werde. Die damit von der Firma ####### -Warenhandelsgesellschaft in den Raum gestellte Vermutung, die Klägerin könne ihr Konzept evtl. noch ändern, hätte die Klägerin leicht durch eigene definitive Äußerungen ausräumen können. Die Klägerin hätte auch die Beklagte auffordern können, dieses möglicherweise von der Beklagten hervorgerufene Missverständnis auszuräumen. Einen Anlass, ohne weitere Vorwarnung das Vertragsverhältnis zur Beklagten außerordentlich aufzukündigen, stellte das von der Beklagten nach Darstellung der Klägerin hervorgerufene Missverständnis nicht dar. Die Klägerin hat auch auf nachdrückliches Befragen durch den Senat nicht darzustellen vermocht, dass das Verhalten der Beklagten weitere Außenwirkungen als die Rückäußerung der Firma ####### -Warenhandelsgesellschaft hervorgerufen habe. Dementsprechend bestand auch kein Anlass für die Klägerin, zur Vermeidung weiterer Unzuträglichkeiten im Außenverhältnis gegenüber der Beklagten mit aller Härte vorzugehen.

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Nachdem die Klägerin - wie zuvor dargestellt - zur außerordentlichen Kündigung des Support-Vertrages nicht berechtigt war, blieb ihr jedoch das Kündigungsrecht nach § 627 BGB. Die Vereinbarung zwischen den Parteien, wonach die Beklagte die Klägerin bei der Vermarktung der Grundstücke im Gewerbegebiet ####### unterstützen sollte, hatte eine Dienstleistung höherer Art zum Inhalt, die jederzeit, ohne Angabe von Gründen, aufgekündigt werden konnte.

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Als eine derartige Kündigung ist die als außerordentliche Kündigung unwirksame Beendigung des Vertragsverhältnisses durch die Klägerin anzusehen.

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Diese von der Klägerin ausgesprochene ordentliche Kündigung hat jedoch nicht zur Folge, dass der Klägerin ein Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der vertragsgemäß bereits geleisteten 20. 000 DM ganz oder teilweise zustünde. Gemäß § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB steht dem Dienstverpflichteten im Falle der ordentlichen Kündigung nur derjenige Teil der vereinbarten Vergütung zu, der seiner bisherigen Leistung entspricht. Dies ist im Falle der Überzahlung i. V. m. den Rechtsgedanken aus § 812 BGB bzw. 346 BGB auch dahin auszulegen, dass überzahlte Teile des Entgelts zurückverlangt werden können.

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Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist jedoch, dass sich festmachen lässt, dass und ggf. welcher Teil der Vergütung überzahlt ist. Für den Streitfall lässt sich jedoch nicht, auch nicht unter Heranziehung der Möglichkeiten der gerichtlichen Schätzung gemäß § 287 ZPO feststellen, dass die Beklagte einen Vergütungsteil erhalten hätte, der außer Verhältnis zu der von ihr bereits erbrachten Leistung stünde. Charakteristisch für den Support-Vertrag, den die Parteien miteinander geschlossen hatten, war, dass die Beklagte zu Anfang einen überwiegenden Teil ihrer Leistung zu erbringen hatte. So oblag es ihr, an einer Präsentation, die die Klägerin für ihre neuen Konzepte durchführte, mitzuwirken. Ferner oblag es der Beklagten, Prospektmaterial anzufertigen. Es versteht sich von selbst, dass die Beklagte im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Präsentation versuchen musste, das Projekt in interessierten Kreisen bekannt zu machen. Demgemäß hatte sie besonders in der Anfangsphase der Zusammenarbeit eine erhebliche Tätigkeit zu entfalten. Auf die Dauer gesehen waren zwar ebenfalls noch Tätigkeiten erforderlich, wie das Sichten von Anzeigen in den einschlägigen Publikationen und weitere Versuche, das Projekt interessierten Kreisen zur Kenntnis zu bringen. Die Mehrzahl der diesbezüglichen Tätigkeiten fiel jedoch in die ersten Wochen nach Beginn des Support-Vertrages. Dementsprechend erscheint es angemessen, der Beklagten einen größeren Teil der Vergütung, die vertraglich vereinbart war, zu belassen. Nachdem die erfolgsunabhängige Vergütung von den Parteien auf knapp 33. 000 DM bemessen worden war, vermag der Senat auch bei Heranziehung der Grundsätze des § 287 ZPO nicht festzustellen, dass die bereits gezahlten 20. 000 DM den Erstaufwand der Beklagten im Verhältnis zum noch nicht gezahlten Vergütungsteil unangemessen entgelten würden. Dementsprechend vermag der Senat einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin nicht zuzusprechen.

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III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten und auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit.

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Da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorlagen, war die Revision nicht zuzulassen.

Streitwertbeschluss:

Die Beschwer der Klägerin übersteigt nicht 20. 000 EUR.