Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 22.06.1998, Az.: 6 B 4160/98
Rechtmäßigkeit eines Ausschlusses vom Unterricht für die Dauer von sechs Wochen; Grobe Pflichtverletzung des Schülers durch großen Alkoholkonsum auf einer Klassenfahrt; Zweck des Ausschlusses vom Unterricht
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 22.06.1998
- Aktenzeichen
- 6 B 4160/98
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 31886
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:1998:0622.6B4160.98.0A
Rechtsgrundlagen
Fundstelle
- SchuR 2003, 22 (Volltext)
Verfahrensgegenstand
Anfechtung einer Schulordnungsmaßnahme - Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO -
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover
am 22. Juni 1998
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000,- Deutsche Mark festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller nahm als Schüler der Klasse 10R3 des Realschulzweigs der Kooperativen Gesamtschule Neustadt am Rübenberge, der Antragsgegnerin, in der Zeit vom 11. bis 16. Mai 1998 an einer Klassenfahrt nach Prag teil.
Am 27. Mai 1998 beschloß die Klassenkonferenz der Klasse 10R3, den Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs ab sofort bis einschließlich Mittwoch, den 8. Juli 1998, vom Unterricht auszuschließen. Der Konferenzentscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Antragsteller hatte während der Klassenfahrt Alkohol getrunken, er war trotz gegenteiliger Weisung nach 23.00 Uhr nicht in seinem Zimmer. Der Antragsteller hatte ferner an einer Geburtstagsfeier teilgenommen, auf der "Deutschland, Deutschland über alles" gesungen und "Heil Hitler" gerufen worden war. Er hatte zudem das in einem Hotelzimmer an die Wand gemalte Hakenkreuz nicht gemeldet sowie an einem Tag der Klassenfahrt verschlafen, so daß die Gruppe eine Stunde länger auf den Bus warten mußte. Er hatte eine Bowlingkugel zerschmettert und einem Mitschüler ein Glas aus der Hand geschlagen, so daß dieses gegen eine dadurch zerstörte Flurtürverglasung geflogen war. In der Nacht zum 13. Mai 1998 war er gegen 2.30 Uhr in eine Türscheibe gestürzt, wobei er nach Angaben der Mitbewohner seines Zimmers volltrunken war, so daß er ärztlich behandelt werden mußte. Den Konferenzbeschluß führte die Antragsgegnerin mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Mai 1998 aus. Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung wies sie darauf hin, daß sich jedes weitere Verbleiben in der Klassen- und Schulgemeinschaft negativ auf das Sozialverhalten aller übrigen Schüler auswirke und daß der Antragsteller die Möglichkeit haben müsse, eine Beziehung zu seinem Fehlverhalten herzustellen. Eile sei daher geboten.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom 29. Mai 1998 für den Antragsteller Widerspruch erhoben, dem die Klassenkonferenz am 3. Juni 1998 nicht abhalf.
Mit dem am 5. Juni 1998 bei Gericht eingegangenen Antrag beansprucht der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz gegen den Sofortvollzug der Ordnungsmaßnahme. Er vertritt die Auffassung, daß die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ausreichend begründet habe. Die Verhängung eines derart langen Unterrichtsausschlusses sei unverhältnismäßig. Die ihm im Bescheid vom 28. Mai 1998 vorgeworfenen Verfehlungen rechtfertigten es nicht, seinen Schulabschluß durch die Maßnahme zu gefährden. Dem pauschalen Vorwurf, Alkohol getrunken zu haben, stehe entgegen, daß der Genuß von Alkohol auf einer Elternversammlung ausdrücklich gebilligt und nach Antritt der Klassenfahrt von den Lehrkräften geduldet worden sei. Teilweise sei der verzehrte Alkohol von den Lehrkräften finanziert und ausgegeben worden. In der letzten Nacht der Klassenfahrt habe die Regelung bestanden, daß die Schüler erst um 2.00 Uhr in ihren Zimmern zu sein brauchten. Soweit auf einer Geburtstagsfeier "Deutschland, Deutschland über alles" gesungen und "Heil Hitler" gerufen worden sei, sei der Antragsteller daran nicht beteiligt gewesen; es müßte von zwei Lehrkräften bezeugt werden können, daß er sich während der Feier mit dem Mitschüler Mark Rudolph in dessen Zimmer aufgehalten habe. Der Vorwurf des Verschlafens könne keine grobe Pflichtverletzung begründen, zumal außer ihm und dem Schüler ... noch weitere drei Schüler an jenem Morgen beim Frühstück gefehlt hätten. Soweit darauf hingewiesen werde, daß er ein Zimmer verlassen habe, in dem eine Hakenkreuzschmiererei entdeckt worden sei, sei nicht ersichtlich, welcher Vorwurf ihm gemacht werden solle. Das Zerschmettern der Bowlingkugel sei ein Mißgeschick gewesen, so daß von der Leistung der Bowlingbahn weder die einbehaltene Pfandgebühr noch die Kugel bei der Endabrechnung in Rechnung gestellt worden sei. Der Vorwurf, einem Mitschüler ein Glas aus der Hand geschlagen zu haben, sei angesichts korrekter Angaben über die Umstände fragwürdig. Das gelte auch für das Stolpern in eine Türverglasung. Er sei nachts bei dem Versuch, das dunkle Zimmer zu verlassen, mit dem Fuß an einem Bettpfosten hängengeblieben und in die Glasfüllung der Tür gefallen. Anschließend habe er sich mit Verbandsmaterial der Rezeption in Gegenwart von drei Lehrkräften selbst verbunden. Wer ihn dabei volltrunken gesehen haben solle, bleibe unerfindlich.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Mai 1998 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie vertritt die Auffassung, ihre Ordnungsmaßnahme sei rechtmäßig. Der Antragsteller habe durch sein Verhalten während der Klassenfahrt den Unterricht nachhaltig und schwer beeinträchtigt, obwohl er schon zuvor wegen Übertretens der Schulordnung Ordnungsdienste habe leisten müssen. Der Antragsteller habe übermäßig Alkohol getrunken, wobei es nicht zutreffe, daß der Alkoholgenuß auf einer Elternversammlung oder während der Klassenfahrt erlaubt worden sei. Zwar habe eine Lehrkraft auf die Bitte der Schüler den Teilnehmern einer Geburtstagsfeier jeweils ein Bier ausgegeben. Wie sich später herausstellte, hätten sich die Schüler aber weiteren Alkohol besorgt. Dem Antragsteller sei außerdem vorzuwerfen, daß er nicht zu der Aufklärung des Vorfalls bei der Geburtstagsfeier beigetragen habe, obwohl ihm aus dem Geschichtsunterricht bekannt sein müßte, an welchen Gewalttaten Nationalsozialisten gerade in Prag beteiligt gewesen seien. Indem er durch Verschlafen die gesamte Gruppe eine Stunde habe warten lassen, habe er sich nicht an die für eine Klassenfahrt unerläßlichen Verabredungen gehalten. Seine Unbeherrschtheit zeige sich in dem Zerstören einer Bowlingkugel. Besonders schwerwiegend sei die bezeugte Tatsache, daß er einem Mitschüler ein Glas aus der Hand geschlagen habe, so daß eine Türglasscheibe zersprungen sei. Dem Antragsteller müsse deutlich gemacht werden, daß sein Verhalten Konsequenzen habe. Die bloße Androhung eines Unterrichtsausschlusses reiche dafür nicht aus. Der Schulabschluß des Antragstellers sei nicht gefährdet, weil dieser an den Klausuren teilnehmen dürfe und die Unterrichtsinhalte in der relativ kurzen Zeitspanne den Schulbüchern entnehmen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verweist die Kammer auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der für die Entscheidung beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin.
II.
Der gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO zulässige Antrag ist nicht begründet.
Im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs wiederherstellen, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes im besonderen öffentlichen Interesse nicht gerechtfertigt ist. Danach setzt der Erfolg des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, vor einer Entscheidung über seinen Widerspruch vom Vollzug des angegriffenen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben, gegen das öffentliche Interesse an dessen sofortiger Durchsetzung voraus. Für den Ausgang dieser Interessenabwägung können auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Widerspruchs berücksichtigt werden.
Entgegen der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung entsprechen die Ausführungen der Antragsgegnerin zur Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ordnungsmaßnahme dem Begründungszwang des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Dabei kommt es nicht darauf an, daß die im Bescheid genannten Gründe eine Anordnung des Sofortvollzugs tragen können. Entscheidend ist allein, daß sie einen Bezug zum konkreten Vollzugsinteresse erkennen lassen und den Antragsteller in die Lage versetzen, die Anordnung der sofortigen Vollziehung gerichtlich nachprüfen zu lassen. Im übrigen ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz unbegründet, weil der Widerspruch des Antragstellers aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird und das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des offensichtlich rechtmäßigen Bescheides vom 28. Mai 1998 unter diesen Umständen dem vorläufigen Rechtsschutzinteresse des Antragstellers vorgeht:
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Mai 1998 ist auf der Grundlage des bisher bekannten Sachverhalts rechtlich nicht zu beanstanden. Die Entscheidung, den Antragsteller für die Dauer von sechs Wochen vom Unterricht auszuschließen, findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 61 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 4 Niedersächsisches Schulgesetz - NSchG -. Danach kann die zuständige Klassenkonferenz einen Schüler bis zu drei Monate vom Unterricht ausschließen, wenn dieser seine Pflichten grob verletzt, indem er zum Beispiel gegen rechtliche Vorschriften verstößt oder die Unterrichtsarbeit nachhaltig stört. Der gesetzliche Zweck des § 61 Abs. 2 NSchG erschöpft sich nicht darin, repressiv Sanktionen für schülerisches Fehlverhalten zu ermöglichen. Vielmehr dient die Anwendung von Ordnungsmaßnahmen dem Ziel, die Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrages der Schule (§ 2 NSchG) und den Schutz der Lehrkräfte sowie der Schülerinnen und Schülern sicherzustellen. Sie soll die durch das persönliche Fehlverhalten des Einzelnen und das daraus möglicherweise resultierende Verhalten Anderer gefährdete Sicherheit und Ordnung des Schulbetriebs erhalten und andere vor Schaden bewahren.
Nach dem der Kammer vorliegenden Sachverhalt sind die für den vorübergehenden Ausschluß vom Unterricht vorgeschriebenen Form- und Verfahrensregeln eingehalten worden. Der Konferenzbeschluß vom 28. Mai 1998 ist auch inhaltlich rechtmäßig. Die obengenannten Tatbestandsvoraussetzungen des § 61 Abs. 2 NSchG sind zweifelsfrei erfüllt. Sie erfassen auch Verhaltensweisen von Schülern bei schulischen Veranstaltungen außerhalb des Schulgeländes, wobei es keinen Unterschied macht, ob es sich dabei um auswärtigen Unterricht, Unterrichtsgänge oder wie hier um eine Klassenfahrt handelt. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Antragsteller im Zusammenhang mit dem Zerstören einer Bowlingkugel, dem Überschreiten der Zeit der Nachtruhe und dem Verschlafen eine nennenswerte Pflichtverletzung zur Last fällt. Jedenfalls hat der Antragsteller während der Klassenfahrt nach Prag seine Pflichten als Schüler dadurch grob verletzt, daß er große Mengen Alkohol konsumiert hat und nach den Angaben anderer Schüler betrunken war, so daß er nachts in eine Türverglasung gefallen ist und sich dabei Schnittverletzungen zugezogen hat. Nach den Feststellungen der Antragsgegnerin hat der beteiligte Schüler ... erklärt, daß der Antragsteller bei seinem Sturz in die Türverglasung "voll besoffen" gewesen sei. Betrunken war der Antragsteller nach Angaben seiner Mitschülerin ... auch, als er seinem Mitschüler ... ein Trinkglas so aus der Hand schlug, daß eine weiter Türverglasung beschädigt wurde. Daß der Antragsteller dem Mitschüler das Trinkglas aus der Hand geschlagen hat, ist auch keinesfalls "fragwürdig", wie der Antragsteller meint, sondern wird durch zwei weitere schriftliche Erklärungen ... bestätigt. Die im gerichtlichen Verfahren aufgestellte Behauptung, daß der Alkoholkonsum generell von Eltern erlaubt und von Lehrkräften geduldet worden sei, hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Ihre Richtigkeit ist angesichts des Alters der an der Klassenfahrt teilnehmenden Schülerinnen und Schüler und des offensichtlichen Grades der Trunkenheit des Antragstellers auch nicht vorstellbar.
Ob derartige Pflichtverletzungen bei isolierter Betrachtung in jedem Fall einen sechswöchigen Unterrichtsausschluß ohne vorherige Androhung dieser Maßnahme (§ 61 Abs. 3 Satz 3 NSchG) als unverhältnismäßig erscheinen lassen, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls läßt sich die Anwendung von Ordnungsmaßnahmen nicht generalisieren. Als pädagogische Reaktion muß sie die besonderen Umstände des Einzelfalls und ihre Auswirkungen auf den geordneten Schulbetrieb, insbesondere die Gefährdung anderer Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte, berücksichtigen. Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin zu Recht berücksichtigt, daß das Verhalten des Antragstellers Teil eines Gesamtgeschehens war, in dessen Verlauf von den Mitschülern des Antragstellers - offenbar ebenfalls unter einem erheblichen Alkoholeinfluß - weitere Sachbeschädigungen und andere Pflichtverletzungen begangen worden sind, wie das Zeichnen eines Hakenkreuzes und den sog. Hitlergruß an die Wand eines Hotelzimmers, das Anbrennen eines Teppichbodens und einer Gardine, die zweimalige Zertrümmerung einer Fahrstuhlverglasung, die Zerstörung eines Spiegels und einer Lampe, das Hinauswerfen von gefährlichen Gegenständen (Glasscherben) aus einem Hotelfenster und das Demolieren einer Türklinke. Diese Vorkommnisse lassen deutlich die Züge eines exzessiven und ungehemmten Verhaltens erkennen, das durch gruppendynamische Abläufe (sog. "Randale") eskalieren und, wie die von dem Antragsteller erlittenen Verletzungen zeigen, konkrete Gefahren für die Gesundheit der beteiligten Schülerinnen und Schüler mit sich bringen kann.
Die Ordnungsmaßnahme des vorübergehenden Ausschlusses vom Unterricht ist zwar keine zwingende Folge der groben Pflichtverletzungen des Antragstellers; vielmehr ist sie nach § 61 Abs. 2 NSchG in das pflichtgemäße Ermessen der Konferenz gestellt. Daß die Klassenkonferenz von ihrem Ermessen in einer der gesetzlichen Ermächtigung des § 61 Abs. 2 NSchG widersprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (§ 40 VwVfG), ist nicht ersichtlich. Die Konferenz hat sich, wie der Inhalt der Niederschrift vom 3. Juni 1998 zeigt, aus Anlaß des Widerspruchs des Antragstellers noch einmal mit dem vor und während der Klassenfahrt gezeigten Verhalten und der festgestellten Grundeinstellung des Antragstellers auseinandergesetzt. Sie hat dabei auch auf die Häufung von mit Erziehungsmitteln begegneten Pflichtverstößen des Antragstellers in der Schule abgestellt. Diese Erwägungen der Klassenkonferenz lassen eine einzelfallbezogene Ermessensausübung erkennen; sie sind im Hinblick auf den gesetzlichen Zweck des § 61 Abs. 2 NSchG nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden. Dafür, daß im Fall des Antragstellers und der übrigen Beteiligten ein überzogenes Exempel statuiert werden soll oder eine unzulässige Kollektivbestrafung beabsichtigt ist, liegen keine greifbaren Tatsachen vor. Der Umstand, daß die Pflichtverletzungen des Antragstellers Teil eines kollektiven und damit in seiner negativen Vorbildwirkung wesentlich gefährlicheren Schülerverhaltens waren, macht die Reaktion darauf noch nicht zur Kollektivmaßnahme. Bei der zeitlichen Bemessung der Ordnungsmaßnahme durfte die Antragsgegnerin berücksichtigen, daß der Antragsteller als Schüler des 10. Schuljahrgangs ein Alter erreicht hat, in dem Jugendliche bereits eine erste Berufsausbildung beginnen und in die Selbständigkeit hineinwachsen. Auch in der Schule können sie daher ihre Situation weitestgehend selbst erkennen und für ihr eigenes Verhalten Verantwortung übernehmen. Das gilt auch für die Verantwortung grob pflichtwidrigen Verhaltens. Den Umstand, daß der Antragsteller als Schüler des 10. Jahrgangs unmittelbar vor dem Erwerb eines Schulabschlusses steht, hat die Antragsgegnerin ebenfalls berücksichtigt, indem sie bereit ist, den Antragsteller an den dafür während des Unterrichtsausschlusses veranstalteten Klausuren teilnehmen zu lassen.
Es besteht schließlich auch ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der offensichtlich rechtmäßigen Ordnungsmaßnahme. Angesichts der Häufung der Vorfälle bei der im vergangenen Monat durchgeführten Klassenfahrt der Klassen 10R1 und 10R3 und der Vielzahl der daran beteiligten Schüler ist eine Sachlage gegeben, die sofortiges Handeln der Schule rechtfertigt und das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers einstweilen zurücktreten läßt. Liegt wie hier ein Fall vor, der schulintern große Aufmerksamkeit auf sich zieht und deshalb Präzedenzwirkung erzeugt, spricht Überwiegendes dafür, daß die angewandten Ordnungsmaßnahmen nur im Fall ihrer sofortigen Vollziehung effektiv etwas bewirken können, zumal alle Betroffenen ihre gesetzliche Schulpflicht im Sekundarbereich I bereits erfüllt haben (§ 66 Satz 1 NSchG) und damit kurz vor dem Verlassen der Schule stehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000,- Deutsche Mark festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des festgesetzten Streitwertes geht von dem in § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG gesetzlich vorgesehenen Auffangwert von 8.000 DM aus, weil sich die aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebende Bedeutung der Sache nicht hinreichend sicher bestimmen läßt.
Neugebauer
Littmann