Landgericht Hildesheim
Urt. v. 13.05.1998, Az.: 2 O 55/98
Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld
Bibliographie
- Gericht
- LG Hildesheim
- Datum
- 13.05.1998
- Aktenzeichen
- 2 O 55/98
- Entscheidungsform
- Schlussurteil
- Referenz
- WKRS 1998, 31983
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHILDE:1998:0513.2O55.98.0A
Rechtsgrundlagen
- § 254 Abs. 1 BGB
- § 823 Abs. 1 BGB
- § 847 BGB
- § 223 StGB
Verfahrensgegenstand
Schadensersatz und Schmerzensgeld
In dem Rechtsstreit
...
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim
aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 22. April 1998
durch
den Richter am Landgericht ... als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.121,59 DM nebst 4 % Zinsen auf 1.121,59 DM seit 21. Januar 1998 und auf weitere 3.000,00 DM seit 18. Februar 1998 zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der diesem in Zukunft aus dem Vorfall vom 2. Oktober 1997 entstehen wird, soweit Ansprüche nicht aufgrund gesetzlicher Bestimmungen auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 45 % und der Beklagte 55 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schmerzensgeld sowie auf Ersatz seiner materiellen Schäden aus einem Vorfall vom 2. Oktober 1997 in Anspruch. Am Nachmittag dieses Tages versetzte der Beklagte dem Kläger mit der rechten Faust einen Schlag gegen den Unterkiefer. Der Kläger erlitt dadurch eine Kontusion des Unterkiefers nebst Platzwunden an der Unterlippe sowie eine Fraktur des ersten und zweiten Schneidezahns des rechten Unterkiefers. Er befand sich bis Mitte Januar 1998 in zahnärztlicher Behandlung. Er trägt seither eine Brücke, weil einer der beiden gebrochenen Schneidezähne entfernt werden mußte. Ihm entstanden durch die Behandlung Kosten von 1.966,53 DM, von denen er 1.081,59 DM selbst zu tragen hat.
Der Kläger beantragt,
- 1.
den Beklagten zu verurteilen,
- a)
an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens 8.000,00 DM, nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- b)
an den Kläger 1.181,59 DM nebst 4 % Zinsen seit 21. Januar 1998 zu zahlen,
- 2.
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der diesem in Zukunft aus dem Vorfall vom 2. Oktober 1997 entstehen wird, soweit Ansprüche nicht aufgrund gesetzlicher Bestimmungen auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Der Beklagte hat zur Klage nicht Stellung genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Schmerzensgeld von 3.000,00 DM (§§ 823 Abs. 1 und 2, 847 BGB, 223 StGB). Bei der Bemessung dieses Betrages hat die Kammer berücksichtigt, daß der Beklagte dem Kläger Verletzungen im Mundbereich zufügte, die nicht nur schmerzhaft waren, sondern auch eine mehrmonatige Heilbehandlung erforderten, die für den Kläger wiederum mit Schmerzen verbunden war. Der Kläger hatte dem Beklagten zu seiner Tat keine Veranlassung gegeben. Weder ging ihr ein Angriff des Klägers voraus noch war aus Sicht des Beklagten mit einem solchen Angriff zu rechnen. Der einige Zeit zuvor erfolgte Wortwechsel zwischen dem Kläger und seinen Freunden einerseits und dem Beklagten und seinen Begleitern andererseits wirkt sich nicht anspruchsmindernd aus (§ 254 Abs. 1 BGB), zumal der Beklagte den Kläger vorsätzlich (dolus directus ersten Grades) verletzte. Andererseits sind die Verletzungen - soweit ersichtlich - folgenlos verheilt. Auch dem Alter des Beklagten und seinen daraus resultierenden wirtschaftlichen Verhältnissen - er ist Schüler - mußte Rechnung getragen werden (vgl. Palandt/Thomas, BGB, 57. Aufl., § 847 Rdnr. 11). Der Beklagte verfügt weder über eigenes Einkommen noch Vermögen. Er wird - weil er vorsätzlich handelte - nicht den Schutz einer etwa bestehenden Haftpflichtversicherung genießen können. Demgemäß kommt hier eine Kompensierung der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers durch Versicherungsschutz (vgl. dazu OLG Köln, NJW - RR 1993, 1498, 1500) nicht in Betracht. Schließlich war zu beachten, daß die Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen ein Schmerzensgeld zugesprochen hat, das - auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich eingetretenen Kaufkraftschwundes - deutlich unter den vom Kläger begehrten 8.000,00 DM liegt (vgl. die bei Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge, 18. Aufl., unter lfd. Nr. 616, 619, 653, 680, 737 und 805 aufgeführten Entscheidungen sowie die Nachweise bei Slizyk, Schmerzensgeldtabelle, 2. Aufl., Seite 109 und 110). Die Kammer hält deshalb ein Schmerzensgeld von 3.000,00 DM zum Ausgleich der bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung eingetretenen immateriellen Schäden für angemessen.
Der Kläger hat ferner Anspruch auf Ersatz der Heilbehandlungskosten in Höhe von 1.081,59 DM sowie auf Ersatz seiner Unkosten von pauschal 40,00 DM (§§ 823 Abs. 1 u. 2 BGB, 223 StGB). Ein Anspruch auf Ersatz von Unkosten von 100,00 DM besteht nicht, weil der Kläger Kosten in dieser Höhe nicht dargetan hat.
Der Beklagte ist schließlich verpflichtet, dem Kläger jeden künftigen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Vorfall vom 2. Oktober 1997 zu ersetzen. Es ist absehbar, daß der noch im Wachstum begriffene Kläger sich in Zukunft weiteren Heilbehandlungsmaßnahmen unterziehen muß, etwa weil die Brücke an die veränderte Form des Unterkiefers angepaßt werden muß. Auch die dadurch entstehenden Kosten, deren Höhe zur Zeit nicht absehbar ist, wird der Beklagte zu tragen haben. Sollte - was wahrscheinlich ist - die Behandlung mit Schmerzen für den Kläger verbunden sein, wird der Beklagte auch dafür ein Schmerzensgeld zahlen müssen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 284 Abs. 1 S. 1 u. 2, 288 Abs. 1 S. 1 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 und 708 Nr. 2 u. 11 ZPO. Da dem Beklagten zweckentsprechende Kosten der Rechtsverteidigung nicht entstanden sind, bestand kein Anlaß, § 711 ZPO anzuwenden.