Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 14.03.2007, Az.: 1 A 230/05
Angehöriger; Beihilfe; Besoldung; Dienst; Dienstrecht; Ehe; Ehegatte; Familienzuschlag; Gesetzesvorbehalt; Gleichstellung; Lebenspartner; Nichtberücksichtigung; Offizier; Personenkreis; Soldat; Verwaltungsvorschrift; Weitergeltung; Wohnungsfürsorge
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 14.03.2007
- Aktenzeichen
- 1 A 230/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71692
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 6 Abs 1 GG
- § 31 SG
- § 1 Abs 4 BhV
- § 3 Abs 1 BhV
- § 40 Abs 1 BBesG
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Beihilfe zu krankheitsbedingten Aufwendungen für seinen Lebenspartner.
Er steht als Offizier im Dienst der Beklagten und begehrte mit Anträgen vom 6. Juli 2004 und 21. März 2005 die Gewährung einer Beihilfe zu krankheitsbedingten Aufwendungen für seinen seit dem 4. Januar 2002 eingetragenen Lebenspartner in Höhe von insgesamt 993,89 EUR.
Die Anträge lehnte die Wehrbereichsverwaltung Nord mit Bescheiden vom 16. Juli 2004 und 1. April 2005 mit der Begründung ab, ein Beihilfeanspruch für den eingetragenen Lebenspartner sei trotz des Inkrafttretens des Lebenspartnerschaftsgesetzes zum 1. August 2001 nicht vorgesehen. Eine Beihilfe könne daher nicht gewährt werden.
Der Kläger legte gegen die Bescheide jeweils Beschwerde ein mit der Begründung, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesarbeitsgericht hätten entschieden, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft der klassischen Eheschließung hinsichtlich der Rechtsansprüche auf Geld- und Sachbezüge, auf Versorgung/Beihilfe sowie Reise- und Umzugskosten gleichgestellt sei.
Die Beschwerden wies die Wehrbereichsverwaltung Nord mit Beschwerdebescheid vom 8. Juni 2005 (zugestellt am 22.6.2005) zurück. Darin wurde dargelegt, dass zu den berücksichtigungsfähigen Angehörigen im Sinne des § 3 BhV, die dem Grunde nach beihilfeberechtigt seien, nicht der eingetragene Lebenspartner gehöre. Da es sich bei der Aufzählung in § 3 Abs. 1 BhV um eine abschließende Aufzählung handele, komme die Gewährung einer Beihilfe für den Lebenspartner nicht in Betracht.
Am 19. Juli 2005 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm zu den mit Anträgen vom 6. Juli 2004 und 21. März 2005 geltend gemachten krankheitsbedingten Aufwendungen für seinen Lebenspartner eine Beihilfe in Höhe von 695,72 EUR zu gewähren und die Bescheide der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 16. Juli 2004 und 1. April 2005 in der Gestalt des Beschwerdebescheides vom 8. Juni 2005 aufzuheben, soweit sie dem Begehren entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Beihilfe zu den krankheitsbedingten Aufwendungen für seinen Lebenspartner. Die angefochtenen Bescheide der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 16. Juli 2004 und 1. April 2005 in der Gestalt des Beschwerdebescheides vom 8. Juni 2005 sind mithin rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für den streitigen Anspruch ist Artikel 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 31 des Soldatengesetzes i. V .m. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. November 2001 (GMBl. S. 918), in der hier maßgeblichen zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Fassung der 27. Allgemeinen Verwaltungsvorschrift vom 17. Dezember 2003 (GMBl. 2004, S. 227) - Beihilfevorschriften (in folgenden: BhV). Nach der neuesten Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 17.6.2004 - 2 C 50.02 -, ZBR 2005, 42 = DVBl 2004, 1024) genügen diese Beihilfevorschriften als Verwaltungsvorschriften zwar nicht (mehr) den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts, da die wesentlichen Entscheidungen über Leistungen an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit der Gesetzgeber zu treffen habe. Trotz dieses Defizits normativer Regelungen ist aber hiernach für eine - nicht näher bestimmte - Übergangszeit von der Weitergeltung der Beihilfevorschriften auszugehen.
Nach § 1 Abs. 4 BhV wird Beihilfe nur zu den beihilfefähigen Aufwendungen der beihilfeberechtigten Person und ihrer berücksichtigungsfähigen Angehörigen gewährt. Welcher Personenkreis zu den berücksichtigungsfähigen Angehörigen gehört, ist in § 3 BhV geregelt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BhV sind berücksichtigungsfähige Angehörige nur der Ehegatte des Beihilfeberechtigten (Nr. 1) oder die im Familienzuschlag nach dem Bundesbesoldungsgesetz berücksichtigungsfähigen Kinder des Beihilfeberechtigten (Nr. 2). Der eingetragene Lebenspartner eines Beihilfeberechtigten ist hier nicht benannt. Zu den für diesen getätigten krankheitsbedingten Aufwendungen kann eine Beihilfe daher nach den Beihilfevorschriften nicht gewährt werden.
Diese Regelung verstößt entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen höherrangiges Recht. In der vom Kläger zitierten Entscheidung des 1. Wehrdienstsenates des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 4.3.2004 - 1 WB 32.03 -, NVwZ 2004, 626) ist eine Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der klassischen Ehe hinsichtlich der Rechtsansprüche auf Geld- und Sachbezüge, auf Versorgung/Beihilfe sowie Reise- und Umzugskosten nicht festgestellt worden. Es ist im Beschluss lediglich ausgeführt worden, dass der Familienstand der eingetragenen Lebenspartnerschaft für die rechtliche Situation im Bereich der Besoldung und der Wohnungsfürsorge Bedeutung haben kann. Inwieweit dies tatsächlich der Fall ist, ist nicht näher untersucht und festgelegt worden. Demgegenüber hat nunmehr der für das Recht des öffentlichen Dienstes einschließlich des Dienstrechts der Soldaten zuständige 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 26. Januar 2006 (2 C 43.04 - , NJW 2006, 1828) entschieden, dass die unterschiedliche Behandlung von Ehegatten und Lebenspartnern bei der Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bundesbesoldungsgesetz mit Artikel 3 Abs. 1 GG vereinbar sei, da die alleinige Berücksichtigung von Ehepartnern wegen des durch Artikel 6 Abs. 1 GG angeordneten besonderen Schutzes der Ehe auf einer sachlich gerechtfertigten Unterscheidung beruhe. Die alleinige Berücksichtigung verheirateter Beamter bei der Gewährung eines Familienzuschlags der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bundesbesoldungsgesetz verstoße gegenüber Beamten, die eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet haben, auch nicht gegen die gemeinschaftsrechtliche Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000, weil die Richtlinie die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen nach der Begründungserwägung Nr. 22 unberührt lasse und weil es im Übrigen im europäischen Gemeinschaftsrecht bisher an einer allgemeinen Gleichstellung der hier mit den übrigen Formen gesetzlicher Lebenspartnerschaften fehle. Den hierzu gemachten überzeugenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgericht, die sich auch mit der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 29.4.2004 - 6 AZR 101/03 -, BAGE 110, 277) auseinandersetzen, folgt die Kammer nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage. Die Erwägungen gelten gleichermaßen für die Nichtberücksichtigung der eingetragenen Lebenspartnerschaft bei der Bestimmung in § 3 BhV, wer als Angehöriger bei der Beihilfegewährung berücksichtigt werden kann. Wegen der Begründung im Einzelnen und zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer Bezug auf die Ausführungen in dem den Beteiligten bekannten Urteil des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO zuzulassen, sind nicht gegeben.