Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 22.08.2023, Az.: 1 B 23/23

kommunaler Wahlbeamter; Wahl nach Ermessen; Wahlbeamter; Wahl eines kommunalen Wahlbeamten - Einfluss der politischen Position der Bewerber auf die Auswahlentscheidung und Überprüfbarkeit der Wahlentscheidung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
22.08.2023
Aktenzeichen
1 B 23/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 43088
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2023:0822.1B23.23.00

Amtlicher Leitsatz

Bei kommunalen Wahlbeamten sind die Gewährleistungen aus Art. 33 Abs. 2 GG nur eingeschränkt anwendbar.

Gründe

I.

Der Antragsteller und der Beigeladene konkurrieren um den vom Antragsgegner ausgeschriebenen Dienstposten des Ersten Kreisrates (Besoldungsgruppe B4).

Der bisherige Erste Kreisrat des Antragsgegners ist zum 1. Oktober 2022 ausgeschieden, sodass die Stelle neu besetzt werden soll. Der Landrat des Antragsgegners stellte in der Sitzung des Kreisausschusses am 4. Oktober 2022 das Verfahren für die Neubesetzung der Stelle vor (Bl. 13 BA002 zu 1 A 61/23). Daraufhin schrieb der Antragsgegner die Stelle für den Posten "Erste/r Kreisrat/-rätin" im Beamtenverhältnis für eine Wahlzeit von 8 Jahren mit der Besoldung der Besoldungsgruppe B4 aus. Auf diese in verschiedenen Medien veröffentlichte Stellenanzeige bewarb sich der 1972 geborene und bisher als Kreis-Baurat beim Antragsgegner tätige Antragsteller mit E-Mail vom 20. Oktober 2022, der seine Bewerbungsunterlagen beigefügt waren. Aus der Übersicht der eingegangenen Bewerbungen geht hervor, dass sich der Beigeladene nicht beworben hat (vgl. Bl. 34 f. BA002 zu 1 A 61/23).

Von den insgesamt 11 form- und fristgerecht eingegangenen Bewerbungen erfüllten laut eines Schreibens des Amts für Personal und Zentrale Dienste an den Landrat des Antragsgegners grundsätzlich acht Bewerber das in der Stellenausschreibung geforderte Anforderungsprofil (Bl. 33 BA002 zu 1 A 61/23). Der Kreisausschuss des Antragsgegners beschloss daraufhin einstimmig, insgesamt sieben Bewerber - darunter auch den Antragsteller - zum Assessment-Center einzuladen (Bl. 36 BA001 zu 1 B 10/23). Nachdem mehrere Bewerber ihre Bewerbung zurückgezogen hatten, nahmen fünf verbliebene Bewerber - darunter der Antragsteller - am Personalauswahlverfahren durch ein Assessment-Center am 18. bzw. 24. November 2022 teil (Bl. 107 BA002 zu 1 A 61/23). Die Fraktionen des Kreistages des Antragsgegners entsandten verschiedene Beobachter, die in dieser Rolle ebenfalls am Assessment-Center teilnahmen. Laut eines internen Vermerks des Antragsgegners habe das durchgeführte Assessment-Center ergeben, dass insgesamt drei Bewerber - darunter der Antragsteller - grundsätzlich für das Amt geeignet seien, wobei jeder Bewerber als Erster Kreisrat gewisse persönliche Entwicklungsfelder zu bearbeiten hätte. Um das Ergebnis des Assessment-Centers auf Plausibilität hin abzugleichen und zu eruieren, ob das jeweilige Persönlichkeitsprofil die jeweils erforderlichen Entwicklungen als möglich oder wahrscheinlich erscheinen lasse, solle von dem externen Dienstleister E. ein "Persönliches Einsatzprofil" der drei Bewerber erstellt werden (Bl. 156 BA002 zu 1 A 61/23). Nach Erstellung dieser Einsatzprofile zogen zwei Bewerber ihre jeweiligen Bewerbungen gegenüber dem Antragsgegner zurück, sodass der Antragsteller als einziger Bewerber im Bewerbungsverfahren übrigblieb (vgl. Bl. 193 und 195 BA002 zu 1 A 61/23).

Laut Vermerk vom 9. Januar 2023 stellte sich der Antragsteller am 20. Dezember 2022 im Kreisausschuss des Antragsgegners vor und schilderte seinen beruflichen Werdegang (Bl. 196 BA002 zu 1 A 61/23). Nach der Vorstellung im Kreisausschuss hat der Landrat den Antragsteller dem Kreistag des Antragsgegners zur Wahl als Ersten Kreisrat vorgeschlagen. Laut Protokollauszug zur Sitzung des Kreistages vom 20. Dezember 2022 wurde der eingebrachte Vorschlag mit 17 Ja- und 23 Nein-Stimmen abgelehnt (Bl. 198 BA002 zu 1 A 61/23). Laut Vermerk des Landrates sei dieses Auswahlverfahren zum Ersten Kreisrat / zur Ersten Kreisrätin somit erfolglos beendet worden (Rückseite Bl. 197 BA002 zu 1 A 61/23).

Gegen die Entscheidung des Kreistages vom 20. Dezember 2022 hat der Kläger am 5. Januar 2023 Klage erhoben (1 A 61/23), über die noch nicht entschieden worden ist, und einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes gestellt (1 B 10/23), den die Kammer mit rechtskräftigem Beschluss vom 17. März 2023 abgelehnt hat.

Mit Schreiben vom 12. Januar 2023 informierte das Amt für Personal und Zentrale Dienste des Antragsgegners den Antragsteller darüber, dass er als geeigneter Bewerber gemäß § 109 in Verbindung mit § 7 NKomVG dem Kreistag zur Wahl vorgeschlagen worden sei. Der Vorschlag habe in geheimer Wahl jedoch keine Mehrheit gefunden (Bl. 203 BA002 zu 1 A 61/23).

Nachdem der Antragsteller vom Kreistag des Antragsgegners in der Sitzung vom 20. Dezember 2022 nicht gewählt wurde, schrieb der Antragsgegner den Dienstposten des Ersten Kreisrats / der Ersten Kreisrätin im April 2023 erneut aus, woraufhin sich insgesamt 11 Bewerberinnen bzw. Bewerber auf den Dienstposten bewarben, darunter der Antragsteller und der Beigeladene (Übersicht der Bewerbungen Bl. 23 f. BA001 zu 1 B 23/23). Der Antragsteller, der Beigeladene sowie eine weitere Bewerberin wurden vom Antragsgegner daraufhin zum Assessment-Center eingeladen, weil sie die geforderten Voraussetzungen erfüllten. Die Bewerberliste, aus der u.a. Ausbildung, Berufserfahrung und derzeitige Tätigkeit hervorgeht, wurde den Mitgliedern des Kreisausschusses übersandt (Rückseite Bl. 25 BA001 zu 1 B 23/23). Das Assessment-Center wurde am 21. Juni 2023 - wie bereits das vorherige Assessment-Center - durch die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) durchgeführt. Beim Assessment-Center nahmen als wertende Beobachter zwei Mitarbeiter von der KGSt sowie als stille Beobachter von den Fraktionen entsandte Personen, der Landrat, die Gleichstellungsbeauftragte sowie die Personaldezernentin des Antragsgegners teil. Zudem führte der Landrat mit den drei Bewerbern strukturierte Interviews (Bl. 27 ff. BA001 zu 1 B 23/23) und das Unternehmen F. erstellte jeweils ein "Persönliches Einsatzprofil" (PEP) für die Bewerber (Bl. 98 ff. BA001 zu 1 B 23/23). Weil der Antragsteller aus dem Auswahlverfahren im Jahr 2022 die Unterlagen des PEP-Testes gekannt habe, hat der Antragsgegner die Ergebnisse des PEP-Tests aus der Bewertung im Bewerbungsverfahren des Jahres 2023 herausgenommen, um die Objektivität des Verfahrens und die Gleichbehandlung aller Kandidaten zu gewährleisten (Vermerk vom 19.6.2023, Bl. 104 BA001 zu 1 B 23/23).

Die Auswertung der KGSt zum Assessment-Center ergab, dass der Beigeladene der am besten geeignete Bewerber vor dem Antragsteller und schließlich der dritten Bewerberin sei. Der Antragsteller sowie die dritte Bewerberin sind am 22. bzw. 24. Juni 2023 darüber informiert worden, dass sie sich nicht als beste Bewerber hätten durchsetzen können (Bl. 165 BA001 zu 1 B 23/23). Der Beigeladene hat sich am 27. Juni 2023 im Kreisausschuss persönlich vorgestellt. Der Kreistag des Antragsgegners wählte am 4. Juli 2023 den Beigeladenen zum Ersten Kreisrat. Der Antragsgegner hat zugesagt, bis zu einer Entscheidung des Gerichts davon abzusehen, dem Beigeladenen den ausgeschriebenen Dienstposten zu übertragen.

Der Antragsteller hat am 28. Juni 2023 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gestellt und macht mit Blick auf einen Anordnungsanspruch im Wesentlichen geltend, er hätte bei der Wahlentscheidung vom 20. Dezember 2022 als letzter und einziger bestgeeigneter Kandidat gewählt werden müssen. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners sei das Auswahlverfahren aus dem Jahr 2022 nicht abgebrochen worden. Eine Abbruchentscheidung sei jedenfalls nicht bekannt. Einer nochmaligen Ausschreibung habe es nicht bedurft. Das nun erneut durchgeführte Auswahlverfahren sei identisch aufgebaut wie das damalige, sodass sich der Eindruck aufdränge, der Antragsgegner habe nur versucht, einen anderen Kandidaten als den Antragsteller zur Wahl vorschlagen zu können. Sein Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG sei jedoch verletzt, weil er aus dem ursprünglichen Besetzungsverfahren einen Anspruch auf eine positive Wahlentscheidung habe. Als einziger Kandidat sei bei einer dringend zu besetzenden Stelle das Wahlermessen auf Null reduziert. Das Prinzip der Bestenauslese sei verletzt, weil er als einziger Bewerber nach dem Bewerbungsverfahren aus dem ursprünglichen Ausschreibungsverfahren übriggeblieben sei. In diesem Falle sei die Wahlentscheidung eine gebundene Entscheidung, weil die Souveränität der Wahlentscheidung durch den Grundsatz der Bestenauslese begrenzt werde. Weil die Mehrheitsgruppe aus CDU, UWG und FDP im Kreistag bekundet habe, einem etwaigen Wahlvorschlag des Antragstellers nicht zu entsprechen, werde deutlich, dass allein parteipolitische Anschauungen den Grundsatz der Bestenauslese in der Wahlentscheidung verdrängt hätten. Es sei auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Wahl ohne Fraktions-/Gruppenzwang zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Damit sei das Prinzip der freien Wahl verletzt. Es könne nicht mit erforderlicher Sicherheit gesagt werden, dass bei einer freien Wahl nicht doch er gewählt worden wäre. Der Antragsgegner hätte die Ergebnisse des PEP-Verfahrens nicht aus der Bewertung nehmen dürfen, weil sie im ersten Bewerbungsdurchlauf noch als notwendig zur Bestenauslese gegolten hätten. Der Antragsgegner habe die Auswahlentscheidung unzulässigerweise auf einen externen Dienstleister übertragen, weil die wertenden Beobachter allesamt Mitarbeiter der KGSt gewesen seien. Die Bewertung habe damit nicht bei den Fraktionen oder dem Landtag gelegen. Die Grenze zur bloßen Unterstützung und fachlichen Beratung sei überschritten. Die Wahlentscheidung sei aus formellen Gründen rechtswidrig ergangen. Obwohl die Abstimmung in geheimer Wahl erfolgen sollte, seien keine Wahlkabinen vorgehalten worden, sodass die Abgeordneten des Kreistages die Stimmzettel an ihren jeweiligen Plätzen ausgefüllt hätten. Bei der Wahlentscheidung habe es sich um eine Spontanwahl gehandelt, sodass die Kreistagsmitglieder sich nicht ausreichend vorbereiten und eine Abwägung hätten treffen können, weshalb die Wahl insoweit nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Die Abstimmung über die Stellenbesetzung des Ersten Kreisrates als Tagesordnungspunkt 5 sei erst in der Sitzung des Kreisausschusses vom 20. Dezember 2022 wieder auf die Tagesordnung genommen worden, sodass eine hinreichende Vorbereitungs- und Einladungszeit nicht zur Verfügung gestanden habe. Eine Vorberatung des Kreisausschusses sei so nicht möglich gewesen, auch sei eine Beschlussempfehlung des Kreisausschusses nicht erfolgt. Angesichts der Protokolle dränge sich der Eindruck auf, die Beratung und die Wahlentscheidung sei als bloße Formalie zum Abschluss des Verfahrens behandelt worden. So sei im Kreisausschuss am 13. Dezember 2022 keine Anhörung des Antragstellers erfolgt, womit die Vorwegnahme eines negativen Wahlergebnisses postuliert worden sei. Auch am 20. Dezember 2022 sei keine ernsthafte Auseinandersetzung im Kreisausschuss oder im Kreistag zur Auswahl des Kandidaten und eventueller Versagungsgründe erfolgt. Es sei davon auszugehen, dass die unzureichende Vorbereitungsmöglichkeit der Kreistagsmitglieder mitursächlich für das rechtswidrige Wahlergebnis sei. Die Wahlentscheidung sei auch in materieller Hinsicht rechtswidrig. Der ihm aus Art. 33 Abs. 2 GG zustehende Bewerbungsverfahrensanspruch sei verletzt. Die Wahlentscheidung sei daraufhin zu überprüfen, ob das Gremium von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei, die gesetzlichen Bindungen beachtet habe, ob die getroffenen Feststellungen unter Berücksichtigung der originären Entscheidungsspielräume die Wahlentscheidung rechtfertigen könnten und ob Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass unsachgemäße oder willkürliche Erwägungen angestellt worden seien. Es bestehe Unklarheit über Art und Umfang der Kompetenzübertragung an den Dienstleister, der das Assessment-Center im Auftrag des Antragsgegners durchgeführt habe. Aufgrund des Prinzips der Bestenauslese nach Art. 33 GG sei das Ermessen gebunden. Er hätte als bester geeigneter Kandidat festgestanden. Sachliche Gründe, weshalb er nicht gewählt worden sei, seien nicht ersichtlich. Die Wahlentscheidung sei nach dem Prinzip der Bestenauslese durchzuführen. Dieses Prinzip sei verletzt, weil er nach dem Bewerbungsverfahren als einziger geeigneter Bewerber übriggeblieben sei und - obwohl die Stelle des Ersten Kreisrates noch zu besetzen und das Ausschreibungsverfahren nicht zurückgenommen worden sei - er nicht gewählt worden sei. Ein Anordnungsgrund ergebe sich aus der bevorstehenden Besetzung des Postens durch den Beigeladenen und der damit irreversiblen Beeinträchtigung seiner Rechte.

Der Antragsteller beantragt,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Dienstposten "Erster Kreisrat" mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er tritt dem entgegen. Zwar bestehe angesichts der beabsichtigten Ernennung des Beigeladenen zum 1. Oktober 2023 durchaus ein Anordnungsgrund, jedoch kein Anordnungsanspruch, da eine Verletzung des aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers nicht gegeben sei. Die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung sei rechtmäßig. Das Auswahlverfahren im Jahr 2022 sei zulässigerweise abgebrochen worden, sodass der Antragsteller keine Ansprüche in Bezug auf den Dienstposten des Ersten Kreisrates mehr für sich herleiten könne. Der Antragsteller sei über den Grund für den Abbruch des Besetzungsverfahrens - er sei vom Kreistag nicht gewählt worden - mit Schreiben vom 12. Januar 2023 informiert worden. Darin liege auch der sachliche Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens. Zutreffend sei zwar, dass für die geheime Wahl im Jahr 2022 keine Wahlkabinen zur Verfügung gestanden hätten, jedoch habe dieser Fehler keine Bedeutung. Eine Wahl im Sinne von § 109 NKomVG entfalte keine direkte Außenwirkung und sei lediglich Voraussetzung für die Ernennung. Rechtschutz von Dritten gegen Beschlüsse der Vertretung sei daher nicht möglich. Aus dem Fehler könne nicht folgen, dass die Wahl zu wiederholen sei, weil einer solchen Wiederholung regelmäßig ein erneuter Vorschlag des Hauptverwaltungsbeamten vorausgehen müsse, wozu dieser jedoch nicht verpflichtet werden könne. Auch habe der Kreisausschuss sich in den Sitzungen am 4. Oktober, 10. November und 13. sowie 20. Dezember 2022 hinreichend vorbereiten können. Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers sei eine Absetzung des Tagesordnungspunktes in der Sitzung des Kreisausschusses am 13. Dezember 2022 nicht erfolgt. Spätestens dann sei allen Mitgliedern des Kreistagsauschusses bekannt gewesen, dass der Antragsteller der einzig verbliebene Kandidat gewesen sei. Auch habe keine Pflicht bestanden, den Antragsteller anzuhören. Trotzdem sei ihm in der Sitzung am 20. Dezember 2022 die Gelegenheit gegeben worden, sich und seinen Werdegang nochmals vorzustellen. Der Kreistag sei am 20. Dezember 2022 form- und fristgerecht geladen worden. Die Tagesordnung sei allen Mitgliedern des Kreistages rechtzeitig bekannt gewesen. Auch in materieller Hinsicht griffen die Rügen des Antragstellers nicht durch. Art. 33 Abs. 2 GG gelte mit Modifikation auch für die Besetzung der Stellen kommunaler Wahlbeamter. Die eigentliche Wahl sei einer am Prinzip der Bestenauslese zu messenden inhaltlichen gerichtlichen Kontrolle entzogen, lediglich das zur Wahl führende Verfahren sei in einer dem Grundsatz der Bestenauslese genügenden Weise auszugestalten. Der Antragsteller sei im ersten Auswahlverfahren nur deshalb nicht ausgewählt worden, weil sich im Kreistag keine Mehrheit dafür gefunden habe. Die Gründe dafür seien einer gerichtlichen Kontrolle entzogen, zumal die Gründe für eine fehlende Mehrheit unbekannt seien. Es spricht nichts dafür, dass die Mitglieder des Kreistages von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen seien, weil der Antragsteller in exponierter Stellung als Kreis-Baurat persönlich regelmäßig zu den politischen Gremien bis hin zum Kreistag Kontakt pflegte. Auch sei die Vorauswahl im Rahmen des Assessment-Centers unter Berücksichtigung der Bewerbungen mit den im Kreistag vertretenen Gruppen und Fraktionen erfolgt, sodass eine Beurteilung der Leistung, Befähigung und Eignung möglich gewesen sei. Im Kreisausschuss sei regelmäßig während des gesamten Auswahlverfahrens berichtet worden. Anhaltspunkte für unsachgemäße oder willkürliche Erwägungen existierten nicht. Die Wahlentscheidung bei einer Wahl mit nur einem Kandidaten reduziere sich auch nicht zu einer gebundenen Ermessensentscheidung, weil dann eine Wahl überflüssig wäre. Es sei auch zulässig gewesen, die Ergebnisse des PEP-Verfahrens im Rahmen des neuen Auswahlverfahrens nicht zu berücksichtigen, weil eine Pflicht zur Durchführung eines solchen Verfahrens nicht erforderlich sei. Die Entscheidung sei auch nicht auf die KGSt übertragen worden, weil die Ergebnisse von ihm, dem Antragsgegner, kritisch gewürdigt und anschließend als Beitrag zum eigenen umfassenden Eignungsurteil verwendet worden seien.

Der Beigeladene hat weder einen Antrag gestellt, noch inhaltlich Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Das Gericht kann gemäß § 123 Abs. 1 VwGO eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung, § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes zulässig, wenn die Regelung - insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen - zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung, § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Beide Formen der einstweiligen Anordnung setzen voraus, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht werden (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO).

Vorstehende Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO sind nicht erfüllt.

Zwar besteht ein Anordnungsgrund, weil der geltend gemachte Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers mit Ernennung des Beigeladenen unterginge. Nach dem Grundsatz der Ämterstabilität ist ein Amt mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers unwiderruflich vergeben. Da der Antragsgegner erklärt hat, die Amtszeit des Beigeladenen solle am 1. Oktober 2023 beginnen, kann der Ausgang eines Hauptsacheverfahrens nicht abgewartet werden, weil dem Beigeladenen bis dahin der Dienstposten des Ersten Kreisrates bereits übertragen worden wäre.

Einen Anordnungsanspruch hat der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft gemacht, da die Wahl des Beigeladenen nach den hier allein maßgeblichen beamtenrechtlichen Maßstäben nicht zu beanstanden ist. Maßstab für die erforderliche umfassende Prüfung der Auswahlentscheidung ist grundsätzlich Art. 33 Abs. 2 GG. Nach dieser Verfassungsnorm hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. In § 9 BeamtStG ist klargestellt, dass diese Kriterien auch bei einer Ernennung anzuwenden sind. Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Werden subjektive Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder Vergabe des begehrten Dienstpostens. Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint. Anderen als den genannten Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (VG Münster, Beschl. v. 3.1.2012 - 4 L 670/11 -, juris Rn. 25 m.w.N.).

Bei kommunalen Wahlbeamten sind die Gewährleistungen aus Art. 33 Abs. 2 GG nur eingeschränkt anwendbar. Dadurch, dass der Landesgesetzgeber den Antragsgegner in § 108 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 NKomVG ermächtigt hat, leitende Beamtinnen und Beamte als Erste Kreisrätin bzw. Ersten Kreisrat zu berufen und diese/r nach § 109 Abs. 1 Satz 1 NKomVG auf Vorschlag der Hauptverwaltungsbeamtin oder des Hauptverwaltungsbeamten von der Vertretung für eine Amtszeit von acht Jahren gewählt wird, hat er in Kenntnis der politischen Ausrichtungen der Kommunalvertretungen einen faktischen Einfluss der politischen Position der Bewerber auf die Auswahlentscheidung in Kauf genommen. Die Tätigkeit kommunaler Wahlbeamter ist u. a. durch eine enge Verzahnung mit dem kommunalen politischen Raum gekennzeichnet, ferner durch das Agieren auf der Grundlage eines Vertrauensvorschusses und das Überzeugen und Gewinnen von Mehrheiten. Mit dem Wesen der Wahl als einer freien, nur den Bindungen des Gesetzes und des Gewissens unterworfenen Entscheidung ist es nicht zu vereinbaren, ihr dieselben Grenzen wie einer Ermessensentscheidung zu setzen. Eine Wahl nach Ermessen wäre keine echte Wahl. Ihre Anfechtung wegen Ermessensmissbrauchs ist mit ihrem Wesen unvereinbar (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 25.6.1992 - 5 M 2798/92 -, juris Rn. 24; Thür. VerfGH, Beschl. v. 8.8.2007 - 7/06 -, juris Rn. 24). Die Entscheidungskompetenz des politischen Gremiums schließt es - ausnahmsweise - aus, dieselben Anforderungen an die Begründung für die getroffene Auswahlentscheidung zu stellen wie in sonstigen Auswahlverfahren. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass die Wahlentscheidung eines aus Personen unterschiedlicher politischer Ausrichtung zusammengesetzten Gremiums wie dem Rat oder dem Kreistag nicht näher begründet werden kann. Denn in eine solche Wahlentscheidung gehen die unterschiedlichsten Vorstellungen und Motive ein. Es ist gerade Sinn einer solchen Entscheidung, verschiedenartige Standpunkte und Motive wirksam werden zu lassen. Eine Begründung könnte über die vielfältigen und möglicherweise widersprüchlichen Motive der Mitglieder des Wahlgremiums keinen Aufschluss geben und wäre deshalb wertlos. Es spricht Überwiegendes dafür, dass die Verwaltungsgerichte am Maßstab des Bewerbungsverfahrensanspruchs des unterlegenen Bewerbers nicht daran gehindert sind, derartige Wahlentscheidungen dahingehend zu überprüfen, ob das Gremium von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, die gesetzlichen Bindungen beachtet hat, ob die getroffenen Feststellungen unter Berücksichtigung der originären Entscheidungsspielräume die Wahlentscheidung rechtfertigen können und ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass unsachgemäße oder willkürliche Erwägungen angestellt worden sind. Insbesondere ist die Vertretung gehalten, bei ihrer Entscheidung den Grundsatz der Bestenauslese zu beachten. Sowohl der Hauptverwaltungsbeamte bei seinem Vorschlag als auch die Vertretung bei ihrer Wahl dürfen die gesetzlichen Bindungen und insbesondere das Prinzip der Bestenauslese nicht außer Acht lassen (Nds. OVG, Beschl. v. 22.1.2008 - 5 ME 491/07 -, juris Rn. 20 f. m.w.N.). Dem Gewährleistungsgehalt des Art. 33 Abs. 2 GG ist deswegen dadurch Rechnung zu tragen, dass das zur Wahl führende Verfahren in einer dem Grundsatz der Bestenauslese genügenden Weise ausgestaltet und die Wahl eignungs- und leistungsorientiert "eingehegt" wird. Dies setzt voraus, dass sich der Rat oder der Kreistag in geeigneter Weise, etwa anhand der relevanten Bewerbungsunterlagen, einen Eindruck von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Kandidaten verschaffen kann und er bei seiner Entscheidung von einem richtigen und vollständigen Sachverhalt ausgeht. Dies unterliegt der auch bei sonstigen beamtenrechtlichen Auswahlverfahren gebotenen gerichtlichen Kontrolle. Gerichtlich zu überprüfen ist ferner, ob der Gewählte die gesetzlichen Voraussetzungen für das Wahlamt sowie die ggf. aufgestellten konstitutiven Anforderungsmerkmale erfüllt und ob Anhaltspunkte für willkürliche Erwägungen vorliegen (OVG NRW, Beschl. v. 16.11.2021 - 6 B 1176/21 -, juris Rn. 50 ff. m.w.N.).

Ausgehend hiervon hat der Antragsteller eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nicht glaubhaft gemacht.

Zunächst ist vom Antragsteller nicht vorgetragen noch für das Gericht ersichtlich, dass er besser als der Beigeladene für den zu besetzenden Dienstposten geeignet oder dass durch das Auswahlverfahren nicht die am besten geeignete Person ausgewählt worden wäre. Im diesjährigen Auswahlverfahren hat der Beigeladene Platz 1 der Bewerber erreicht, entsprechend der Bestenauslese hat der Landrat des Antragsgegners den Beigeladenen in nicht zu beanstandender Weise dem Kreistag zur Wahl vorgeschlagen. Auf die Frage, ob das vorangegangene Auswahlverfahren vorliegend rechtmäßig abgebrochen wurde, kommt es entscheidungserheblich nicht an. Offensichtlich war es erforderlich, ein erneutes Auswahlverfahren durchzuführen, nachdem der Antragsteller im Vorjahr als einziger Kandidat im Auswahlverfahren übriggeblieben war, aber am 20. Dezember 2022 nicht vom Kreistag gewählt wurde. Im Übrigen geht aus den Verwaltungsvorgängen hervor, dass das Auswahlverfahren im Jahr 2022 mit dem Wahlergebnis erfolglos beendet worden ist (Rückseite Bl. 197 BA002 zu 1 A 61/23). Eine Besetzung der Stelle des Ersten Kreisrates bedarf der Wahl durch den Kreistag gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 NKomVG, wonach die Person vom Hauptverwaltungsbeamten vorgeschlagen werden muss, wobei - wie dargestellt - der Hauptverwaltungsbeamte bei seiner Wahl das Prinzip der Bestenauslese beachten muss (Nds. OVG, Beschl. v. 22.1.2008 - 5 ME 491/07 -, juris Rn. 21). Ohne die Durchführung eines weiteren, den beschriebenen Grundsätzen entsprechenden Auswahlverfahrens könnte der Dienstposten des Ersten Kreisrates nicht besetzt werden.

Soweit der Antragsteller den Ablauf des Auswahlverfahrens bemängelt, kann dem nicht gefolgt werden. So ist der Grundsatz der Bestenauslese nicht deshalb verletzt, weil die vom Unternehmen E. erstellten "Persönlichen Einsatzprofile" des Antragstellers, des Beigeladenen und der dritten Bewerberin nicht in die Auswahlentscheidung eingeflossen sind. Es ist nicht ersichtlich, warum die Erstellung eines "Persönlichen Einsatzprofils" neben der Durchsicht schriftlicher Bewerbungsunterlagen, der Durchführung von Vorgesprächen mit dem Landrat und einem Assessment-Center zwingend ist, um die besten Bewerber zu ermitteln. Dies folgt auch nicht aus der Tatsache, dass im Auswahlverfahren im Jahr 2022 die Ergebnisse des PEP-Verfahrens in die Auswahlentscheidung eingeflossen ist. Nur weil der Antragsgegner im Jahr 2022 von einem solchen Verfahren Gebrauch gemacht hat, kann daraus nicht gefolgert werden, dass es zwingend notwendig für die Bestenauslese ist. Art. 33 Abs. 2 GG räumt dem Dienstherrn ein aus dem Organisationsrecht abgeleitetes Ermessen hinsichtlich der Art und Weise ein, wie der anstehende Erkenntnisprozess organisatorisch gestaltet werden soll, etwa im Hinblick auf die Einberufung einer Auswahlkommission und ihre personelle Besetzung. Begrenzt wird dieses Organisationsermessen lediglich durch den Willkürgrundsatz. Die organisatorischen Entscheidungen dürfen nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen (OVG NRW, Beschl. v. 16.11.2021 - 6 B 1176/21 -, juris Rn. 57). Es erscheint nicht willkürlich, dass im Auswahlverfahren im Jahr 2023 für alle Bewerber die Ergebnisse des PEP nicht in das Auswahlergebnis eingeflossen sind, nachdem der Verdacht aufgekommen ist, das Ergebnis des PEP-Verfahrens könnte durch die Vorkenntnisse des Antragstellers aus dem Auswahlverfahren aus dem Jahr 2022 verfälscht sein, wie es das Unternehmen G. mit E-Mail vom 16. Juni 2023 dem Antragsgegner mitteilte (Bl. 96 BA001 zu 1 B 23/23). Zu beachten ist auch, dass nicht nur das PEP des Antragstellers, sondern aller verbliebenen Bewerber nicht in das Ergebnis eingeflossen sind und die Bewerber damit nicht unterschiedlich behandelt worden sind.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner die Eignungsbeurteilung auf außenstehende Dritte übertragen und die Auswahlentscheidung aus der Hand gegeben hat. Art. 33 Abs. 2 GG überlässt dem Dienstherren ein aus dem Organisationsrecht abgeleitetes Ermessen hinsichtlich der Ausgestaltung des Auswahlverfahrens. Begrenzt wird dieses Organisationsermessen lediglich durch den Willkürgrundsatz. Wie bereits dargelegt dürfen die organisatorischen Entscheidungen nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen (vgl. hierzu OVG NRW, Beschl. v. 2.4.2020 - 6 B 101/20 -, juris Rn. 33 und v. 9.1.2013 - 6 B 1125/12 -, juris Rn. 2; OVG Bremen, Urt. v. 26.3.2018 - 2 B 199/17 -, juris Rn. 33). Gegen die bloße organisatorische Unterstützung und fachliche Beratung des Kreistages bei der Durchführung des Auswahlverfahrens durch einen externen Dienstleister ist vor diesem Hintergrund in rechtlicher Hinsicht nichts zu erinnern (OVG NRW, Beschl. v. 22.9.2021 - 6 B 583/21 -, juris Rn. 29 f. m. w. N.). Die Gestaltungsfreiheit bei der Ausgestaltung des Entscheidungsprozesses endet aber dort, wo der Dienstherr den Vergleich nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG maßgeblich Dritten überlässt und damit die Auswahlentscheidung aus der Hand gibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.9.1988 - 2 C 35.86 -, juris Rn. 23; OVG NRW, Beschl. v. 2.4.2020 - 6 B 101/20 -, juris Rn. 35, und v. 25.4.2017 - 6 B 480/17 -, juris Rn. 8 ff., sowie Urt. v. 21.6.2012 - 6 A 1991/11 -, juris Rn. 108). Der Dienstherr darf die allein ihm obliegende umfassende Eignungsbeurteilung und die ihm dabei zukommende Beurteilungsermächtigung nicht auf außenstehende Dritte übertragen. Das Ergebnis einer anderweitigen Eignungsfeststellung darf er demnach nicht "blindlings" übernehmen. Eine Verwendung ist jedoch statthaft, wenn der Dienstherr sich das Ergebnis einer extern erfolgten Eignungsbeurteilung in kritischer Auseinandersetzung zu eigen macht und dieses anschließend als Beitrag zu seinem eigenen umfassenden Eignungsurteil verwertet (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.9.1988 - 2 C 35.86 -, juris Rn. 23; OVG NRW, Beschl. v. 2.4.2020 - 6 B 101/20 -, juris Rn. 37, und Urt. v. 21.6.2012 - 6 A 1991/11 -, juris Rn. 108 jeweils m. w. N.). Entscheidet er sich für diesen Weg, gehört zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der extern getroffenen Eignungsfeststellung auch die Prüfung, ob das unter Einbeziehung eines externen Dienstleisters gewählte aussagekräftige und valide, am Anforderungsprofil orientierte Erkenntnisse über die Eignung der Bewerber ermöglicht und die Chancengleichheit der Bewerber gewährleistet; aus Rechtsschutzgründen muss dies nachprüfbar sein. Die Gewährleistung der Chancengleichheit erfordert unter anderem, dass das Verfahren aufgrund seiner formalen und inhaltlichen Gestaltung allen Kandidaten Gelegenheit zur Darstellung ihrer Befähigung und Eignung bietet, eine hinreichende Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherstellt und jedenfalls in Grundzügen dokumentiert wird (OVG NRW, Beschl. v. 16.11.2021 - 6 B 1176/21 -, juris Rn. 57-64; vgl. OVG NRW, Urt. v. 21.6.2012 - 6 A 1991/11 -, juris Rn. 89 m. w. N. zum Eignungsfeststellungsverfahren bei der Vergabe von Schulleiterstellen).

Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner nach diesen Maßstäben die ihm obliegende Eignungsbeurteilung auf außenstehende Dritte übertragen und die Auswahlentscheidung aus der Hand gegeben hat. Die Fraktionen haben Beobachter in das Assessment-Center entsandt, sodass die Wahlentscheidung nicht ausschließlich auf den Ergebnissen des externen Dienstleisters beruhte, sondern auch auf den persönlichen Eindrücken, die im Rahmen des Assessment-Centers gewonnen wurden. Angesichts der Protokolle wurde der Kreisausschuss in den Sitzungen am 10. November sowie 13. und 20. Dezember 2022 über das Verfahren informiert (Bl. 7 ff. BA001 zu 1 A 61/23). Aus dem Protokoll der Sitzung vom 13. Dezember 2022 geht zudem hervor, dass nach Gesprächen zwischen dem Landrat und den Fraktionen der Antragsteller nicht die notwendige Mehrheit im Kreistag finden werde. Auch der Landrat hat als Beobachter am Assessment-Center teilgenommen, sodass sein Vorschlag nach § 109 Abs. 1 Satz 1 NKomVG nicht ausschließlich auf den ermittelten Ergebnissen des Dienstleisters beruhte, sondern auch auf dem Eindruck, den er im Assessment-Center gewonnen hatte. Der Antragsgegner hat die Vorauswahl der Bewerber getroffen und die tauglichen Kriterien dafür aufgestellt. Durchaus hat der Dienstleister KGSt bei der Auswahl der drei von zehn eingeladenen Bewerber umfangreich unterstützt und fachlich beraten. Jedoch sind die von der KGSt für relevant befundenen Kompetenzen der Bewerber, die Beobachtungskriterien, der Ablauf des Assessment-Centers sowie die gefundenen Ergebnisse dem Landrat in umfangreichen Dokumentationen erläutert worden, sodass der Hauptverwaltungsbeamte des Antragsgegners seine Entscheidung nicht allein aufgrund einer Mitteilung getroffen hat, das Assessment-Center habe den Beigeladenen als besten Kandidaten ergeben. Vielmehr hat er seine Entscheidung in Kenntnis der Methoden und Anforderungen des Assessment-Centers getroffen. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, warum der Antragsgegner seine Auswahlentscheidung aus der Hand gegeben haben sollte. Angesichts der umfangreichen Dokumentationen der Methoden und Ergebnisse seitens des Dienstleisters KGSt in den Verwaltungsvorgängen ist dies auch hinreichend dokumentiert und nachprüfbar. Es ist auch nicht vorgetragen oder für das Gericht ersichtlich, dass das Verfahren in seiner Ausgestaltung nicht allen Kandidaten Gelegenheit zur Darstellung ihrer Befähigung und Eignung geboten hat.

Soweit der Antragsteller sich darauf beruft, er hätte als bestgeeigneter Kandidat im Auswahlverfahren im Dezember 2022 einen Anspruch darauf gehabt, gewählt zu werden, kann dem nicht gefolgt werden. Es steht dem Wesen einer Wahl im Sinne von § 109 Abs. 1 Satz 1 NKomVG entgegen, wenn ein politisches Gremium dazu verpflichtet wäre, eine Wahl mit einem vor der Wahl feststehenden Ergebnis zu treffen. Durch die bereits dargelegte besondere Tätigkeit und Stellung kommunaler Wahlbeamter und dem Wesen einer freien, nur den Bindungen des Gesetzes und des Gewissens unterworfenen Wahl wäre eine Wahl nach Ermessen im Sinne von § 40 VwVfG keine echte Wahl (Nds. OVG, Beschl. v. 22.1.2008 - 5 ME 491/07 -, juris Rn. 20). Ebenso ist eine Wahl mit einem vor der Wahl feststehenden Ergebnis keine echte Wahl.

Auch mit seiner Behauptung, es habe keine hinreichende Vorbereitung der Sitzung des Kreistages gegeben, weshalb die abstimmenden Kreistagsmitglieder nicht hinreichend informiert gewesen seien, dringt der Antragsteller nicht durch. Er trägt selbst vor, die Kreispolitik sei in das Auswahlverfahren fortlaufend einbezogen worden und habe es aktiv mitbegleitet. Angesichts der Sitzungsprotokolle wurde der Kreisausschuss laufend über das Bewerbungsverfahren informiert. Überdies haben Fraktionen Beobachter zum Assessment-Center entsandt, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Fraktionen und Kreistagsmitglieder hinreichend über die Abläufe beim Assessment-Center informiert waren. Der Antragsteller konnte sich sogar persönlich dem Kreisausschuss am 20. Dezember 2022 vorstellen - obwohl er als Kreis-Baurat den Mitgliedern hinlänglich bekannt sein dürfte - und Person und Werdegang vorstellen. Vor diesem Hintergrund ist der Vortrag des Antragstellers, er sei im Kreisausschuss nicht angehört worden, nicht nachvollziehbar.

Es bedurfte entgegen der Ansicht des Antragstellers auch keiner Begründung, warum er vom Kreistag am 20. Dezember 2022 nicht gewählt worden ist. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und den zuvor ausgeführten Gewährleistungen aus Art. 33 Abs. 2 GG im Anwendungsbereich kommunaler Wahlbeamten bedarf die Wahl ebenso wenig wie das Vorschlagsrecht des Hauptverwaltungsbeamten als solche keiner Begründung, weil die Entscheidungsbefugnis über die Besetzung des freien Dienstpostens einem politisch zusammengesetzten, demokratisch legitimierten Wahlgremium - hier dem Kreistag - übertragen ist (Nds. OVG, Beschl. v. 22.1.2008 - 5 ME 491/07 -, juris Rn. 19; ebenso OVG NRW; Beschl. v. 16.11.2021 - 6 B 1176/21 -, juris Rn. 45 m.w.N.). Soweit der Antragsteller meint, die Wahl am 20. Dezember 2022 sei durch Gruppen- bzw. Fraktionszwang zu seinen Ungunsten beeinflusst worden, stellt dies eine bloße Vermutung dar, die einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen kann.

Soweit der Antragsteller die Frage aufwirft, warum er nicht zusätzlich zum Beigeladenen zur Wahl dem Kreistag vorgeschlagen wurde, eröffnet § 109 Abs. 1 Satz 1 NKomVG diese Möglichkeit nicht. Der Vertretung ist nur eine Person vorzuschlagen, die in der sodann folgenden Wahl die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen kann, anderenfalls die Wahl jedoch erfolglos bleibt (BeckOK Niedersächsisches Kommunalrecht, Stand 1.7.2023, § 109 Rn. 16). Es findet keine Wahl zwischen konkurrierenden Bewerbern statt.

Schließlich kann sich der Antragsteller auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass der Kreistag ohne Wahlkabinen abgestimmt hat, obwohl eine geheime Wahl - soweit zwischen den Beteiligten unstreitig - beantragt gewesen ist. Nach § 16 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Kreistages wird über eine geheime Abstimmung mit Mehrheit beschlossen. Auch wenn das Aufstellen von Wahlkabinen für die Durchführung einer geheimen Wahl nicht zwingend erscheint, ist erforderlich, dass die Stimmabgabe so erfolgt, dass die Vertraulichkeit gewährleistet ist (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 28.2.1984 - 2 A 37/82 -, NVwZ 1985, 850-852 [OVG Niedersachsen 28.02.1984 - 2 A 37/83]). Entscheidungserheblich kommt es nicht darauf an, ob diese Grundsätze bei der Wahl am 20. Dezember 2022 beachtet wurden, weil der Antragsteller aus einer Verletzung von § 16 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Kreistages in Verbindung mit § 67 Satz 2 NKomVG keine Rechte für sich herleiten kann. Der Antragsteller ist kein Mitglied der Vertretung, das aus seinem Mitgliedschaftsrecht ein subjektives Recht auf die ordnungsgemäße, eine den einschlägigen rechtlichen Vorgaben entsprechende Durchführung von Wahlen hat, was nur im Rahmen eines Kommunalverfassungsstreits überprüft werden könnte (BeckOK Kommunalrecht Niedersachsen, Stand 1.7.2023, § 67 Rn. 10). Die Geschäftsordnung ist nach der Konzeption des NKomVG kein Rechtssatz mit Außenrechtswirkung (Nds. OVG, Urt. v. 31.7.1984 - 2 A 90/80 -, NVwZ 1986, 496), sodass der Antragsteller diese Verletzung - so sie sich zugetragen haben mag - geltend machen könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil dieser weder einen eigenen Antrag gestellt noch das Verfahren wesentlich gefördert hat. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG (Gehaltsstufe B4 = 9.177,73 EUR x 6). Da hier nicht ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit Verfahrensgegenstand ist, ist der Anwendungsbereich von § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG nicht eröffnet, sodass sich die Festsetzung des Streitwertes nach Nr. 2 richtet. Danach ist in Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, der Streitwert im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen. Eine Halbierung des so ermittelten Streitwertes für das Eilverfahren findet nicht statt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.05.2013 - 5 ME 92/13 -, juris Rn. 29).