Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 27.03.2017, Az.: 4 UF 175/16

Annahme an Kindes statt; Krankheitsbedingtes Fehlverhalten; Keine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
27.03.2017
Aktenzeichen
4 UF 175/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 51566
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Westerstede - 07.10.2016 - AZ: 86 F 6063/16

Redaktioneller Leitsatz

Krankheitsbedingtes Fehlverhalten führt nicht zu einer Verwirkung von Unterhaltsansprüchen.

Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu1) und 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Westerstede vom 7. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1) und 2) tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

Zur Begründung dieser Entscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Hinweisbeschluss Bezug genommen. Der Schriftsatz der Antragsteller vom 3. März 2017 gibt zu einer abweichenden Entscheidung keine Veranlassung.

Die Aufnahme der Beteiligten zu 1) in die Ursprungsfamilie des Beteiligten zu 2) hat der Senat gesehen. Unbestritten ist zwischen den Beteiligten zu 1) und zu 2) auch ein Eltern Kind Verhältnis zu Zeiten der Minderjährigkeit der Beteiligten zu 1) entstanden.

Der Vollzug einer Annahme der Beteiligten zu 1) an Kind statt mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption kann dennoch nicht erfolgen. Nicht nur stehen Interessen der Mutter der Beteiligten zu 1) einer solchen Lösung aller verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Mutter und Tochter entgegen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nicht erkennbar ist, die Voraussetzungen von § 1611 BGB könnten vorliegen. Die Mutter soll nach Angaben der Antragsteller krankheitsbeding nicht in der Lage gewesen sein, ihren mütterlichen Aufgaben und Pflichten hinreichend nachzukommen. Demgegenüber setzt § 1611 BGB hinsichtlich einer Beschränkung oder des Wegfalls von Unterhaltspflichten ein schuldhaftes Verhalten des Unterhaltsverpflichteten voraus. Bei krankheitsbedingtem "Fehlverhalten" hat der Bundesgerichtshof eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen abgelehnt (FamRZ 2010, 1418 m. w. N.)

Auch die verwandtschaftlichen Beziehungen zum Bruder würden im Übrigen gelöst.

Nicht zutreffend ist der Eindruck, der Senat "nehme ausschließlich Rücksicht auf die Mutter". Der Senat ist nach dem Gesetz zu einer die Interessen aller Beteiligter in die Abwägung einstellenden Entscheidung gehalten und verpflichtet. Im Hinblick auf die Volljährigkeit der Beteiligten zu 1) kommen als Abwägungsmaßstab Gesichtspunkte des Kindeswohls vor dem Hintergrund einer zurückliegenden Mangelsituation im Kindesalter nicht in Betracht. Die Aufnahme der Beteiligten zu 1) in die Familie des Beteiligten zu 2) ist auf der tatsächlichen Ebene nicht von der Annahme als Kind abhängig. Eine Volljährigenadoption ohne den Ausspruch der Wirkungen des § 1772 Abs. 1 BGB ist ausdrücklich nicht gewünscht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Entscheidung über den Verfahrenswert auf § 42 Abs. 2 FamGKG.

Verfahrenskostenhilfe konnte nicht bewilligt werden, denn die Rechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg (§§ 76 ff. FamFG, 114 ZPO).